Partnervermittlung für Business Angels und Start-ups

Kooperatives Finanzierungsinstrument für die digitale Wirtschaft

Michael Stölting, Mitglied des Vorstands, NRW.BANK, Düsseldorf - Die Motivationslage zur Förderung beziehungsweise Unterstützung von jungen Unternehmen ist in der Wirtschaft höchst unterschiedlich ausgeprägt. Und die Grundidee ist beileibe auch kein neuer Trend. Hierzulande spielen sogenannte Business Angels allerdings traditionell eine weitaus geringere Rolle als beispielsweise in den USA. In Nordrhein-Westfalen kann die Initiative der landeseigenen Förderbank inzwischen gleichwohl auf eine Erfahrung von fast zwei Jahrzehnten zurückblicken, in denen sie Gründer mit passenden Förderern und Investoren zusammenzubringen sucht. Aufbauend auf der Grundidee des Projektes geht der Autor auf weiterführende Initiativen seines Hauses ein, um guten Geschäftsideen die notwendige Finanzierungsgrundlage zu sichern. Seine Botschaft: Eine echte Gründungs- und Investitionskultur in den Köpfen der Menschen zu schaffen, kann den notwendigen Strukturwandel unterstützen und auf lange Sicht das Wachstum beleben. (Red.)

In Nordrhein-Westfalen gibt es eine lange Tradition von Business Angels. Die Mannesmannröhren-Werke sollen beispielsweise auf diese Art gegründet worden sein: Vater Reinhard Mannesmann ließ seine Söhne Max und Reinhard jun. in der von ihm geleiteten Feilenfabrik in Remscheid jahrelang experimentieren. Ihre Erfindung des Schrägwalzverfahrens überzeugte ihn. Erstmals konnten damit nahtlose Stahlrohre durch Walzen hergestellt werden. Gemeinsam mit verschiedenen Geldgebern und deren Erfindungen als Einlage legte Vater Mannesmann 1895 den Grundstein zu einem Industriekonzern, der später zu den weltgrößten zählen sollte.

Unterschiedliche Motivationslage der Förderer

Hätte man damals Mannesmann Senior gefragt, ob er ein Business Angel ist, dann hätte er das sicher verneint. Doch die Mannesmann-Historie weist viele Parallelen zu den Aktivitäten moderner Business Angel auf. Auch heute ist es vielen nicht bewusst, dass sie unter die Definition "Business Angel" fallen. Genau wie bei Mannesmann gehört für sie das Fördern junger Unternehmen und innovativer Geschäftsideen zum Unternehmertum schlichtweg dazu.

Die Gründe, weshalb ein gestandener Unternehmer eine junge Geschäftsidee mit seinem Kapital, Erfahrungsschatz und Netzwerk unterstützt, sind vielfältig. Altruistische Motive gehen mit handfesten Geschäftsinteressen Hand in Hand. Manche engagieren sich, weil sie mit dem Start-up einen Mehrwert für ihr eigenes Unternehmen schaffen wollen. Andere wollen mit ihrem Unternehmen auf diese Weise in einen neuen Markt eintreten. Wieder andere finden die Geschäftsidee privat spannend. Manche wollen einfach die jungen Gründer fördern, weil diese ihnen sympathisch sind und weil sie den Wunsch haben, ihr über die Jahre erworbenes Wissen weiterzugeben. Oft kommt der Business Angel auch aus dem näheren Umfeld - ein Freund der Familie etwa.

Transparenz im informellen Kapitalmarkt erhöhen

Nicht jeder Gründer hat jedoch einen derartigen Bekanntenkreis. Damit gute Geschäftsideen dennoch den zu ihnen passenden Partner finden, sind gute Marktkenntnisse erforderlich. Denn den informellen Kapitalmarkt, zu dem Beteiligungen durch Privatinvestoren zählen, kennzeichnet gerade seine Intransparenz.

Die NRW-Bank trägt mit ihren vielfältigen Initiativen zu der notwendigen Marktkenntnis bei. Mit ihrer Business Angels Initiative bringt sie Kapital suchende Gründer mit Privatinvestoren zusammen. Die 1997 als Tochtergesellschaft der Düsseldorfer Börse ins Leben gerufene und ab 2006 von der NRW-Bank als Projekt weitergeführte Organisation gilt als stärkstes Netzwerk von privaten Kapitalgebern in Nordrhein-Westfalen. Sie kann inzwischen auf mehr als 200 Investoren zurückgreifen - Tendenz weiter steigend.

Die Business-Angels-Initiative ergänzt sinnvoll die Unterstützung der NRW-Bank durch Förderkredite und Beteiligungen. In den meisten Fällen geht es um Beträge im unteren sechsstelligen Bereich. Doch die Finanzierung ist nicht alles. Kaum mit Geld aufzuwiegen ist die Erfahrung, die die privaten Kapitalgeber in das jeweilige Investment stecken.

Die Business Angels bringen ihr Knowhow, ihre Marktkenntnis und das persönliche Netzwerk ein, beraten die Gründer intensiv, sind kritische Hinterfrager und wohlgesonnene Sparringspartner gleichermaßen und führen so ihre Investition und damit das Start-up zu einem Erfolg.

Verständnis für das Geschäftsmodell hinter der Idee

Aufgrund der intransparenten Strukturen des informellen Kapitalmarkts gibt es auch keine gesicherten Zahlen, wie viele Business Angels in Deutschland derzeit aktiv sind. Die Schätzungen schwanken zwischen 1 510, wie im "Statistic Compendium 2014" des "European Trad Association for Business Angels, Seed Funds and other Early Stage Market Players" (EBAN) genannt, und 9 000. Diese Zahl hält das ZEW Mannheim für möglich.

Aber wie finden Netzwerke wie die Win NRW-Bank Business-Angels-Initiative die richtigen Geschäftsideen für die in ihnen vernetzten Investoren? Möglichkeiten bieten hier Beratungstage in den unterschiedlichen Technologiezentren und Universitäten. Zudem sitzen Vertreter der Bank in der Jury von Business-Plan-Wettbewerben und sind ganz allgemein möglichst dort präsent, wo sich innovative Gründer treffen. Dabei greifen die Mitarbeiter auch auf Empfehlungen aus dem Netzwerk der gesamten Bank zurück.

Anfragen von kapitalsuchenden Unternehmen selektieren die Mitarbeiter der Business-Angels-Initiative vor. Stoßen sie auf eine Geschäftsidee, die das Interesse eines bestimmten "Business Angel" wecken könnte, vermitteln sie direkt eine Beteiligungsmöglichkeit. Dies ist zumeist dann der Fall, wenn sich die Geschäftsidee auf einen Spezialbereich bezieht, zum Beispiel auf die Finanzindustrie oder die Medizintechnik. Schließlich kennen die Mitarbeiter die vorrangigen Interessensgebiete aller Investoren in ihrer Datenbank. Manchmal geben sie die Informationen aber auch in das gesamte Netzwerk. Dann handelt es sich beispielsweise um Geschäftsideen aus dem Konsumgüter-Bereich, die im Grunde jeden interessieren könnten.

Kennenlernen auf dem Marktplatz - Netzwerken als A und O

Um das Potenzial einer Geschäftsidee zu ergründen, muss man den Blick hinter die Kulissen wagen. Egal ob Ingenieurbüro oder Tüftlerkeller, ob IT-Unternehmen oder Baufirma: Ausgeschlossen wird fast nichts. Wichtig bei der Auswahl ist es, dass das Unternehmen innovativ und nachhaltig ist, ein Alleinstellungsmerkmal besitzt und etwas anders und besser als die Mitbewerber macht. Idealerweise sollten rund um den Ideengeber schon ein gutes Team und das relevante Know-how zu erkennen sein. Wenn zum Beispiel zwei Kaufleute sagen, dass sie ein Ingenieurbüro aufmachen und die Ingenieure einfach einstellen wollen, dann wird das Geschäftsmodell besonders intensiv hinterfragt. Die Privatinvestoren schätzen diese intensive Vorauswahl bei ihrer Suche nach lukrativen Beteiligungen an innovativen Wachstums- oder Technologieunternehmen.

An acht Standorten veranstaltet die NRW-Bank regelmäßige Business-Angels-Marktplätze. Neben Düsseldorf finden diese Foren unter anderem in Münster, Wuppertal, Bielefeld und Köln statt. Auf ihnen kommen meist zwischen 15 und 25 private Investoren zusammen und junge Unternehmen können sich ihnen vorstellen, selbst für ihr Projekt werben und Nachfragen beantworten.

Interessant ist der Unterschied zwischen dem Fokus von Venture-Capital-Gesellschaften und Privatinvestoren. Während für erstere zumeist nur hochskalierbare Geschäftsmodelle interessant sind, begeistern sich Business Angels durchaus für inkrementelle technologische Weiterentwicklungen. Für sie ist eine weniger grundlegende Innovation oft ebenso interessant.

Damit Gründer und Business Angel zusammenfinden, ist Netzwerken das A und O. Schließlich muss nicht nur die professionelle Herangehensweise beider übereinstimmen. Es muss auch die Chemie stimmen zwischen Gründer und Angel. Denn zumeist engagieren sich die Investoren sehr früh in einem Start-up und bleiben lange dabei. Angels brauchen daher einen langen Atem. Damit ein einzelnes Investment nicht zu viel Kapital aus dem privaten Vermögen bindet und damit die Flexibilität einschränkt, bauen viele Privatinvestoren im Laufe der Zeit ein Portfolio an Beteiligungen auf. Durch diese Vielfalt gleichen sie ihr Risiko aus, denn viele Investments werden nicht dauerhaft erfolgreich sein. Mit ihrer Business-Angels-Initiative ist die NRW-Bank selbst Mitglied im Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND), das seit 2001 der Dachverband der deutschen Business Angels und ihrer Netzwerke ist.

Investitionen auch im Team

Das Netzwerken zielt nicht nur darauf, dass Gründer Investoren finden. Häufig kommen Investments erst dann zustande, wenn sich mehrere Investoren zusammentun. Auch hier hilft es, wenn Privatinvestoren mit einem aktiven Portfolio unter einander sehr gut vernetzt sind. Viele haben schon gemeinsam Investitionen geprüft oder sind bereits zusammen investiert. Das sogenannte Pooling von solchen Investitionen ist gar nicht so selten. Das ZEW Mannheim führte Anfang 2016 eine Sonderauswertung aus dem KfW/ZEW-Gründungspanel 2014 durch, die zeigt, dass bei etwa einem Drittel der jungen Hightech-Unternehmen der Gründungsjahrgänge 2009 bis 2012, bei denen sich Privatinvestoren beteiligt haben, mehr als ein Business Angel beteiligt waren. Im Nicht-Hightech-Sektor lag die Quote bei 20 Prozent.

Bei gut vier Prozent der jungen Unternehmen aus den Hightech-Bereichen des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors waren laut dem KfW/ ZEW-Gründungspanel 2014 auch Business Angels engagiert. In anderen Branchengruppen waren die Anteile der Unternehmen mit einem Business-Angels-Engagement zwar etwas kleiner. Da hier die Anzahl der Gründungen allerdings deutlich höher ist, werden insgesamt rund acht Mal so viele Unternehmen aus Nicht-Hightech-Branchen von Business Angels unterstützt wie in den Hightech-Branchen. Im Studienzeitraum gab es 18 200 deutsche Gründungsunternehmen, die durch echte Business Angels unterstützt wurden, das heißt bei denen Privatinvestoren sowohl Kapital als auch Know-how einbrachten.

Ein neues Kapitel in der Kooperation mit Business Angels hat die NRW-Bank mit dem NRW-Seed-Cap Digitale Wirtschaft aufgestoßen. Diese spezielle Art eines Co-Ventures mit Business Angels ist in seiner Form deutschlandweit einzigartig. Unter Business Angels wird dieses neue Co-Finanzierungsinstrument als "mutiger Schritt" anerkannt. Durch diesen Seed- Cap-Fonds schießt die Bank digitalen Start-ups aus Nordrhein-Westfalen ein Drittel der Finanzierung bis zu 25 000 Euro zu, wenn ein Business Angel mitfinanziert (siehe Abbildung).

Die Bank betraut in diesem Fall den Business Angel mit der Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte für alle Entscheidungen mit Ausnahme derjenigen zur Erhöhung des Gesellschaftskapitals und zur Standortverlagerung. Im Gegenzug verpflichtet sich der Angel, die Förderbank alle sechs Monate durch einen kurzen Report über die Entwicklung des Beteiligungsunternehmens zu informieren. Voraussetzung ist, dass der Business Angel als Lead-Investor beim ERP-Start-Fonds der KfW aktuell oder in der Vergangenheit tätig gewesen oder entweder beim Business Angels Netzwerk Deutschland oder direkt bei der Win NRW-Bank Business-Angels-Initiative registriert sein. Mit diesem Co-Investoren-Produkt setzt die Bank nun deutlich früher an und unterstützt auch die ganz frühe Phase, also die ersten Schritte einer Unternehmensgründung.

Wissenschaftler als Gründer

Da Business Angels gerne sehr frühzeitig in ein Unternehmen einsteigen, interessieren sie sich auch für die Arbeit des NRW-Bank-Venture-Centers. Diese spezialisierte Beratungsstelle begleitet wissenschaftliche Teams langfristig auf dem Weg aus dem Labor hinein in das Gründerbusiness. Im Fokus stehen dabei diejenigen Hochschulen und Forschungsinstitute, die keine oder nur eine schwache eigene Infrastruktur für Technologietransfer in Gründungen haben.

Im Rahmen des wissenschaftlichen Transferprozesses spielen Ausgründungen oft nur eine untergeordnete Rolle. Mitunter werden Projekte, die für eine Ausgründung höchst interessant wären, gar nicht als solche wahrgenommen. Auch auf dem Weg vom Labor zum Start-up lässt sich beobachten, dass der Übergang vom Wissenschaftler zum Unternehmer oftmals schwierig ist. Denn kaum ein Forscher spürt von Anfang an einen Gründerinstinkt in sich selbst. Nicht nur deshalb sind die Beratungen des Venture Centers deutlich zeitintensiver pro Fall als in anderen Beratungssituationen.

Zwischen seiner Gründung Ende 2014 und Ende Februar 2016 beriet das Venture Center insgesamt 127 potenzielle Gründer aus dem universitären Umfeld. In 27 Fällen entstand ein intensives Betreuungsverhältnis. Grundsätzlich ist das Venture Center offen für alle innovativen Themenbereiche. Die aktuell betreuten Projekte stammen aus den Gebieten Messtechnik, innovative Werkstoffe und Energietechnik.

Ziel ist es, mit Hilfe von Netzwerkpartnern und Multiplikatoren im Forschungs- und Gründungssektor spannende Forschungsprojekte auf dem Weg zur Ausgründung und im Aufbau eines technologieorientierten Unternehmens zunächst zu finden. Die Mitarbeiter des Venture Centers schauen nach Vorhaben, die ein dynamisches wirtschaftliches Wachstum vermuten lassen. Haben sie ein solches identifiziert und der Wissenschaftler entdeckt seinen Gründergeist, dann unterstützt die Bank die gründungswilligen Forscher langfristig. Dabei beginnen die Aktivitäten des Venture Centers meist deutlich vor der formalen Gründung, denn seine Mitarbeiter helfen vor allem auch dabei, Geschäftsmodell und Strategie zu entwickeln und Wachstumsziele zu definieren.

Es geht dem Venture Center darum, ein Projekt überhaupt erst einmal finanzierungsfähig zu machen. Förderangebote werden ebenso eingebunden wie die Expertise weiterer Netzwerkpartner. So schafft das Venture Center gute Voraussetzungen für die angehenden Gründungen. Mit zunehmender Reife des Projekts kommt auch die Beratung rund um das Thema Finanzierung hinzu. Zumindest die Gründungsreife muss ein angehendes Start-up erreicht haben, um für Privatinvestoren interessant zu sein. In diesem Stadium wird dann auch der Kontakt zu den infrage kommenden Business Angels vermittelt.

Ganzheitliche Unterstützung

Durch all diese Initiativen trägt die NRW-Bank dazu bei, in Deutschland eine echte Gründungs- und Investitionskultur in den Köpfen der Menschen zu schaffen. Sie unterstützt mit ihren vielen verschiedenen Initiativen sehr engagiert, dass mehr Unternehmen gegründet und durch Investoren unterstützt werden. Der Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen soll vorankommen und der Standort Deutschland attraktiv bleiben. Und vor allem soll keine gute Geschäftsidee an der Finanzierung scheitern.

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