Notenbanken

Der nicht erklärte (Währungs-)Krieg

Fast scheint es so, als wäre den Zentralbanken dieser Welt jedes Mittel recht, die vermeintliche Gefahr einer sich anbahnenden Deflation zu bannen. So etwa Zinssenkungen: Diese sollten zunächst Ansteckungseffekte der Finanzkrise auf die Realwirtschaft abmildern; vor allem jedoch das Wirtschaftswachstum begünstigen. Doch was einst das bedeutendste, weil schlagkräftigste, geldpolitische Instrument darstellte, heizt dieser Tage das Phänomen eines weltweiten Abwertungswettbewerbs an.

Nachdem sowohl die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve, die Bank of England oder, bereits vor geraumer Zeit, die Bank of Japan ihre Leitzinsen auf historische Tiefststände senkten, folgten alleine seit Jahresbeginn mehr als ein Dutzend weiterer Zentralbanken, davon einige gleich mehrfach. Neben Schweden zählen hierzu Norwegen, Australien, Singapur oder Kanada. In Dänemark liegt der Hauptrefinanzierungszinssatz seit Ende Januar 2015 bei rekordverdächtigen minus 0,75 Prozent. All diese Zinsschritte liegen in der Stimulierung der Nachfrage beziehungsweise dem Abwenden deflationärer Tendenzen begründet. Dennoch spricht einiges dafür, dass die Zinssenkungen erfolgen, um einem vermehrten Kapitalzufluss und dem damit einhergehenden Aufwertungsdruck entgegenzuwirken. Mit anderen Worten: Die Zentralbanken konkurrieren dieser Tage darum, ihre Währungen möglichst rasch zu schwächen. In der Folge kommt es zu einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, das heißt einer Verbilligung der Exporte, was wiederum das Wirtschaftswachstum ankurbelt. Abwertung, so wirkt es, ist die neue Wachstumspolitik geworden.

Doch ungeachtet kurzfristig positiver Konsequenzen sowie einer im Vergleich zu früher weitaus geringeren Stigmatisierung einer solchen Politik sollten derartige Maßnahmen nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Abwertungswettbewerb kein Nullsummenspiel ist. Auch wenn der Nachteil zunächst bei jener Zentralbank liegt, die ihren Leitzins als letzte senkt, gibt es mehr Verlierer als Gewinner. Wenn sukzessive alle Zentralbanken auf eine derartige Geldpolitik einschwenkten, stünde am Ende lediglich eine Zunahme der Volatilität der Wechselkurse. Bereits heute steht diese, Krisenzeiten einmal ausgenommen, auf dem höchsten Stand der vergangenen 20 Jahre. Die Kosten grenzüberschreitender Transaktionen erhöhten sich: Steigende Hedgingkosten führten zu einem jähen Einbruch des weltweiten Handels. Kapitalflüsse versandeten und statt auf Exporte könnten Volkswirtschaften ihren Fokus vermehrt auf die Binnennachfrage richten. Es drohen Wohlfahrtsverluste.

Um dieser Entwicklung entschieden entgegenzuwirken, wären einige Zentralbanken gut beraten, Währungspolitik nicht länger als Mittel der Exportförderung zu verstehen. Dies ist nicht ihre Aufgabe. Und selbst wenn außergewöhnliche Umstände außergewöhnliche Maßnahmen rechtfertigen, sollte, ja muss am Ende dieses Prozesses die Rückkehr zu einer adäquaten Geldpolitik stehen.

Prof. Dr. Leef H. Dierks, Professur für Finanzierung und Internationale Kapitalmärkte Fachhochschule Lübeck

Noch keine Bewertungen vorhanden


X