Kreditgenossenschaften

Gute Zahlen, durchwachsene Stimmungslage

Milliardengewinn gemacht, widrigen Rahmenbedingungen getrotzt, Marktanteile gewonnen und Funktionsfähigkeit des Geschäftsmodells nachhaltig unter Beweis gestellt. Doch trotz all der Erfolge des vergangenen und der vorvergangenen Jahre trübt sich die Stimmungslage bei den deutschen Kreditgenossenschaften ein, wie der BVR-Präsident anlässlich der Veröffentlichung des Jahresergebnisses verdeutlichte. Bei manchen Instituten sei die Stimmung trotz guter Zahlen richtig schlecht, weil die Verantwortlichen spürten, dass durch die Rahmenbedingungen aus niedrigen Zinsen und steigendem regulatorischen Aufwand ein gut funktionierendes Geschäftsmodell zu Veränderungen gezwungen wird. Das Problem: Deutschland habe das mit Abstand diversifizierteste Bankensystem weltweit, dadurch seien kleine Banken hierzulande besonders von den Vorschriften betroffen.

Das Verständnis für diese Themen sieht der BVR-Präsident in Brüssel zwar stetig wachsen und auch der Unterstützung der deutschen Politik kann er sich sicher sein, allerdings mahnt er diese Erkenntnisse auch bei der Umsetzung der Regulatorik an, wo davon noch zu wenig zu spüren ist. Ein aktuelles Beispiel führte BVR-Vorstandsmitglied Gerhard Hofmann an: Sollte bei der Überarbeitung des Kreditrisikostandardansatzes, dessen Risikosensitivität größer werden soll, tatsächlich ein rein quantitatives Granularitätskriterium bei der Zuordnung von Krediten in die Klasse "Mengengeschäft" eingeführt werden, träfe das die Volks- und Raiffeisenbanken besonders hart. Denn je kleiner das Retailportfolio des betroffenen Institutes, desto niedriger sei die "Retailschwelle" und umso schneller sei ein größerer Kredit nicht mehr regulatorisch als Retail eingestuft. Für diese müsste dann eine höhere Eigenkapitalunterlegung vorgehalten werden.

Die Verantwortlichen hoffen, bei diesem wie anderen Vorhaben, beispielsweise der EU-Einlagensicherung, Erleichterungen aushandeln zu können. Gute Argumente hat die Gruppe genug: Im vergangenen Jahr wurden 505 Milliarden Euro an Krediten neu ausgelegt, eine Steigerung um 4,8 Prozent, 264 Milliarden Euro (plus 4,8 Prozent) entfielen davon auf Privatkunden, 220 Milliarden Euro (plus 4,7 Prozent) auf Firmenkundenkredite. Von der von der EZB angeprangerten Zurückhaltung der Kreditwirtschaft bei der Kreditvergabe kann hier also keine Rede sein. Und auch bei den Sparern erfreuen sich die Kreditgenossenschaften unverändert hoher Beliebtheit: Die Kundeneinlagen stiegen um 4,5 Prozent auf stolze 608 Milliarden Euro, der Einlagenüberhang von mehr als hundert Milliarden Euro lässt auch weiterhin ausreichend Spielraum bei der Vergabe neuer Kredite. Und das Eigenkapital stieg durch Gewinnthesaurierungen im vergangenen Geschäftsjahr um weitere 4,8 Milliarden Euro auf 62,9 Milliarden Euro, was einer Kernkapitalquote von 14,1 und einer Gesamtkennziffer von 17,7 Prozent entspricht.

Doch nicht nur die Stimmung trübt sich ein, auch die Ertragsperspektiven sinken weiter. Im Ausblick räumte Fröhlich ein, dass sich das leicht rückläufige Ergebnis auch 2016 fortsetzen werde. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten die Volks- und Raiffeisenbanken immerhin noch einen Jahresüberschuss nach Steuern von 2,1 Milliarden Euro. Große Sorgen macht sich der Präsident allerdings nicht. Die Reservetöpfe sind gefüllt, der Zuspruch der Kunden stimmt und im Verbund wird mit Hochdruck an weiteren Möglichkeiten der Kosteneinsparung und der besseren Marktausschöpfung mit einem Omnikanalangebot gearbeitet. Schwächeperioden mancher Wettbewerber sieht der BVR-Anführer dabei keineswegs als gute Nachrichten, denn Deutschland brauche ein gut funktionierendes und breit aufgestelltes Bankensystem. Unternehmerisch denkende Kreditgenossen gehören da auf jeden Fall dazu.

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