Konjunktur

Der Konsum als Wachstumsmotor

Dass die Volkswirte der Allianz die Wachstumsprognose für die deutsche Volkswirtschaft für das laufende Jahr auf 2 Prozent und arbeitstäglich bereinigt auf 2,2 Prozent angehoben haben und auch für 2018 von 2 Prozent ausgehen, ist nach dem bisherigen Jahresverlauf keine wirkliche Überraschung mehr. Just am gleichen Tag haben auch die EZB und die KfW ihre Erwartungen nach oben korrigiert und bewegen sich in ähnlichen Dimensionen. Bemerkenswert an der Analyse des größten deutschen Versicherers sind allerdings einige Details, die der Chefvolkswirt Michael Heise und sein Team präsentiert haben. So läuft der deutsche Export zwar im laufenden Jahr mit einem absehbaren realen Plus von 4 Prozent wieder rund und hat auch im kommenden Jahr gute Chancen, dieses Wachstumstempo beizubehalten. Und auch für das globale Wachstum wird zum ersten Mal nach der Lehman-Pleite wieder ein Wert von 3 Prozent erwartet. Aber als Treiber in Deutschland haben sich in den vergangenen zehn Jahren - trotz des international so vielgescholtenen Leistungsbilanzüberschusses - keineswegs die Exporte erwiesen und auch nicht die Investitionsfreudigkeit der Wirtschaft, sondern ganz entscheidend die Konsumfreude der Inländer.

Die Allianzstudie schreibt satte 8,9 Prozentpunkte an den 10,9 Prozentpunkten des kumulierten Wachstums des BIP in den vergangenen zehn Jahren den Konsumausgaben zu und nur 1,2 Prozentpunkte dem Außenbeitrag. Grund für dessen überraschend geringen Wachstumsbeitrag sind im Wesentlichen Preiseffekte. Angesichts des zeitweiligen starken Preisverfalls an den Ölmärkten sowie anderen Rohstoffen hat der Außenbeitrag in den vergangenen fünf Jahren das Wachstum fast überhaupt nicht beflügelt. Der Konsum hingegen erweist sich angesichts der messbaren beziehungsweise prognostizierten Wachstumsraten der verfügbaren Realeinkommen für 2016 und 2017 um 2,5 beziehungsweise 1,9 Prozent als Impulsgeber. Mit 1,7 Prozent, 2,1 Prozent und 1,8 Prozent wird auf der Basis des Jahres 2010 für die Jahre 2015 bis 2017 der saison- und kalenderbereinigte Anstieg der privaten Konsumausgaben errechnet beziehungsweise prognostiziert. Die Geldpolitik hat also, ganz wie es die EZB wünscht, den privaten Verbrauch begünstigt.

Neben dem Konsum und dem Außenbeitrag bleibt für die Bruttoinvestitionen als dritte Wachstumskomponente in den vergangenen zehn Jahren ein bedenklich niedriger Wachstumsimpuls. Lediglich 0,8 Prozentpunkte haben die Volkswirte der Allianz errechnet. Und diese schwache Entwicklung trübt auch ihre Gesamteinschätzung. Denn auf mittlere und lange Sicht gefährden ausbleibende Ausrüstungsinvestitionen den Erfolg und die Wachstumsaussichten der deutschen Volkswirtschaft. Auf Basis des Jahres 2010 gemessen werden die Ausrüstungsinvestitionen im laufenden Jahr den Stand von 2008 gerade erreichen. Auch an dieser Stelle sind die Ursachen freilich nachvollziehbar und decken sich ihrer Grundtendenz nach mit den Analysen, die das Ifo-Institut regelmäßig für die deutsche Leasingbranche veröffentlicht. Nach dem massiven Einbruch der Ausrüstungsinvestitionen nach der Lehman-Pleite im Herbst 2008 sowie im Jahr 2009 (minus 22,2 Prozent beim saison- und kalenderbereinigten Index) wurde die leichte Erholung der Jahre 2010 und 2011 in den beiden Folgejahren durch die massive Verunsicherung infolge der Eurokrise wieder zunichte gemacht und dann folgten in vielen Branchen bereits neue Irritationen mangels belastbarer Strategien zur angemessenen Reaktion auf die Anforderungen der Digitalisierung.

Für das Jahr 2018 sagen die Volkswirte der Allianz angesichts der weitgehenden Auslastung und dem Nachholbedarf in Richtung Digitalisierung für Deutschland nun aber wieder ein passables Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen von 5,4 Prozent voraus. Und als maßgebliche Ursache nennen sie eine messbare Belebung des Welthandels, wie sie angesichts der Befürchtungen von protektionistischen Maßnahmen nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl insbesondere zur Jahreswende 2016/2017 nicht zu erwarten waren. Zwar hat man bei der Welthandelsorganisation eine leichte Zunahme von protektionistischen Einzelmaßnahmen registriert, doch hierzulade werden diese Effekte durch die positive Entwicklung der Baubranche und den aufgestauten Nachholbedarf bei Ausrüstungsinvestitionen überkompensiert. Der Optimismus der Allianz reicht sogar über das laufende Jahr hinaus. "Deutsche Wirtschaft auf dem Weg in die Hochkonjunktur" betiteln sie ihre aktuelle Prognose. Angesicht ihrer abwartenden Haltung dürften die Geldpolitiker der EZB diesen Zyklus zumindest für ganz Europa längst noch nicht sehen.

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