Leserbrief

Verlustquoten im Leasinggeschäft

Im Jahre 2009 wurde die Kölner Dissertation von Martin Honal "Loss Given Default von Mobilien-Leasingverträgen" in den "Leasingstudien" des Forschungsinstituts für Leasing an der Universität zu Köln - Herausgegeben von Hans E. Büschgen und Klaus Feinen - Gabler Edition Wissenschaft - veröffentlicht. Schon in der Arbeit von Honal steht im Geleitwort von Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels: "Der Verlust im Insolvenzfall (Loss Given Default, LGD) ist neben der Ausfallwahrscheinlichkeit die zentrale Größe im Management von Adressenausfallrisiken. Während die Schätzung von Ausfallwahrscheinlichkeiten mit Hilfe statistischer Methoden auf eine lange Tradition zurückblicken kann, ist der Schätzung von Verlustquoten im Insolvenzfall vergleichsweise wenig Beachtung geschenkt worden. Diese Vernachlässigung steht in krassem Gegensatz zu der Bedeutung, die der LGD für Leasinggesellschaften hat. Für den Leasinggeber ist die Schätzung von Verlustquoten besonders wichtig, weil er juristischer Eigentümer des Leasingobjektes bleibt und deshalb bei Nichterfüllung des Leasingvertrags durch den Leasingnehmer sehr zügig auf das Objekt zugreifen und es selbständig verwerten kann. Leasinggeber können somit durch den Aufbau von Verwertungskompetenz den LGD erheblich beeinflussen."

Auch im Artikel von Pfingsten et al. (ZfgK 5-2016 - Red.) wird die Tatsache, dass aufgrund bisheriger Studien die Verlustquoten im Leasinggeschäft niedriger ausfallen als im Kreditgeschäft, insbesondere auf die besondere rechtliche Stellung des Leasinggebers, der während der Vertragslaufzeit weiterhin rechtlicher Eigentümer des Leasingobjekts bleibt, zurückgeführt. Faktisch bestätigen die Ausführungen die bereits von Honal gewonnenen theoretischen Erkenntnisse und Notwendigkeiten. Auch bestätigt das Ergebnis der Verfasser, wonach "der dieser Untersuchung zugrunde liegende Datensatz, der das Leasingportfolio einer mittelgroßen deutschen Bank mit insgesamt 1 185 im gesamten Bundesgebiet im Zeitraum April 2009 bis Dezember 2014 ausgefallenen Leasingverträgen umfasst", der durchschnittliche LGD 36,6 Prozent beträgt und damit in einer für Leasinggeschäfte in anderen Studien festgestellten Größenordnung liegt - vergleiche Hartmann-Wendels et al. - die bisherigen Erkenntnisse. Bereits vor rund 20 Jahren hat der seinerzeit von mir geführte Europäische Leasingverband erste Umfragen zum Ausfall beziehungsweise zu Verlusten aus Leasinggeschäften in zahlreichen Ländern durchführen lassen. Die Ergebnisse von damals werden durch die heute gewonnenen Erkenntnisse eindrucksvoll bestätigt.

Das Ausfallrisiko bei Leasinggeschäften ist in vielfältiger Weise wesentlich geringer als das bei den Kreditgeschäften. Auch die Tatsache, dass Leasingunternehmen häufig einen "negativen LGD" - also einen eindeutigen Gewinn, der über die ursprünglich vereinbarten Mietzahlungen hinausgeht - trotz Insolvenz ihrer Leasingnehmer generieren, ist eindeutig auf den unterschiedlichen Rechtsbezug zurückzuführen. Der Leasingvertrag ist zivilrechtlich ein Mietvertrag. Es wird also kein Kredit - der ein Geldgeschäft ist und zu 100 Prozent nebst Zinsen zurückzuzahlen ist, wobei die Bank dann alle Sicherheiten unverzüglich an den ehemaligen Kreditnehmer zurückzugeben hat - gewährt, sondern ein exakt beschriebenes Wirtschaftsgut für eine bestimmte Zeit gegen ein konkretes Entgelt zur Nutzung überlassen. Eigentümer ist und bleibt der Leasinggeber, wenn nicht besondere Kaufoptionen zu festgelegten Preisen vereinbart wurden, die aber im Insolvenzfall des Leasingnehmers rechtlich erlöschen.

So ermittelten Hartmann-Wendels und Honal einen Anteil der Leasingverträge mit "negativem LGD von 22 Prozent." Zu Recht weisen Pfingsten et al. im vorliegenden Artikel darauf hin, dass "für Bankkredite eine vermehrte Realisierung negativer LGDs nicht nachgewiesen werden kann. Somit stellt dies eine typische Eigenschaft von Leasingverträgen in Abgrenzung zu Krediten dar." Leider fehlt hier der Hinweis, dass für eine kreditgewährende Bank ein "negativer LGD" schon aus rechtlichen Gründen überhaupt nicht erzielt werden kann, sodass eine solche Untersuchung völlig überflüssig war und ist. Wenn der Bankkredit zu 100 Prozent nebst allen Zinsen und nachgewiesenen Kosten aus der Insolvenzmasse bedient ist, steht den anderen Gläubigern oder dem ehemaligen Kreditnehmer ein zusätzlicher Verwertungsgewinn aus den Sicherheiten zu. Das ist eben der ganz entscheidende Unterschied zwischen einem Leasinggeschäft mit unverrückbarem Eigentum des vermieteten Objekts beim Leasinggeber und einem Kreditgeschäft, das auf Basis pfandrechtlicher Gestaltungen abgesichert ist und "nur" eine Geldleihe über einen ganz bestimmten Betrag nebst Zinsanspruch auf Zeit ist.

Ich bin überzeugt, dass auch die von den Verfassern angeregten weiteren Studien die seit Jahrzehnten gewonnenen Erkenntnisse - basierend auf den völlig unterschiedlichen rechtlichen Gestaltungen und zusätzlichen Markterfahrungen zahlreicher Leasinggeber, dass der LGD bei Leasinggeschäften signifikant geringer als bei Kreditgeschäften ist - bestätigen werden.

Prof. Dr. h.c. Klaus Feinen, Köln

Prof. Dr. h.c. Klaus Feinen † , Ehrenpräsident des Fördervereins des Forschungsinstituts für Leasing an der Universität zu Köln
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