Deutsche Börse

Viele kleine Schritte

Quelle: Deutsche Börse

Die Worte waren natürlich wohlgewählt: Das Jahr 2018 soll für die Deutsche Börse AG zu einem Jahr des Neubeginns werden. Man sei "zum Wachstum verdammt". Börse müsse wieder erlebbar werden, "Listed in Frankfurt" zu einem Qualitätssiegel. Und die Gefahr einer Übernahme durch einen Konkurrenten bestehe nicht. Theodor Weimar hat auf seiner ersten Pressekonferenz als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse AG alle Register gezogen. Es gab Streicheleinheiten wie Kritik für die Mitarbeiter ebenso wie die Regulatoren oder die Politik. Er hat manches aus der Vergangenheit verteidigt, anderes kritisiert, aber alles ohne den Vorgänger bloßzustellen. Gleichzeitig hat er auch schon erste eigene Ideen und Weichenstellungen aufblitzen lassen, ohne aber zu viel zu verraten, schließlich will und muss er das Unternehmen erst noch besser kennenlernen. Es hat ihm sichtlich Spaß gemacht, wieder an entscheidender Stelle schalten und walten zu können und darüber auch sprechen zu dürfen. Und es tut der Deutschen Börse gut, wieder ein Gesicht zu haben, dem die Öffentlichkeit das Gesagte auch abnimmt, obwohl auch Weimer natürlich an seinen Taten gemessen werden will und muss.

Der erste Aufschlag ist vielversprechend. Die neue Segmentstruktur schafft mehr Transparenz nach außen und klare Verantwortlichkeiten nach innen. So lassen sich künftige Wachstumsfelder und Geschäftsfelder mit Stagnationsgefahr eindeutiger und schneller identifizieren. Vielleicht gelingt es so auch, das Silodenken aufzubrechen. "Die Eurex hat eine eigene Identität, Clearstream hat eine eigene Identität. Es ist nun unsere Aufgabe vom Silodenken weg eine gemeinsame übergreifende Identität zu schaffen", so Weimer.

Der Vorstoß in Sachen Euro-Clearing wird bei den politisch Verantwortlichen ebenso wie den Finanzplatzakteuren gerne gehört werden. Weimer will alles tun, um einen Teil der Geschäfte nach einem Brexit auf das kontinentaleuropäische Festland und am besten natürlich nach Frankfurt zu ziehen. Bereits jetzt habe sich die im vergangenen Jahr geschlossene Partnerschaft mit 25 Großbanken ausgezahlt: Das von der Deutschen Börse betreute Volumen stieg von 3,5 auf rund 40 Milliarden Euro. Weimer hält bei Verlagerung zur Deutschen Börse sogar einen Marktanteil von 25 Prozent für möglich, das entspricht einem Volumen von 250 Milliarden Euro. Doch auch ohne einen solchen Schritt sieht er allein durch die Zusammenarbeit mit den Banken ordentliche Wachstumspotenziale für sein Haus.

Ein striktes Kostenmanagement soll die Effizienz erhöhen und auch in Zeiten eher stabiler Umsätze das Konzernergebnis nach oben bringen, ohne sich "kaputtzusparen". So müsste es schließlich nicht drei Managing Directors im Bereich Kommunikation oder 450 Veranstaltungen geben. 250 täten es schließlich auch. Für 2018 geht Weimer von einem strukturellen Umsatzplus von 5 Prozent, aber einem Zuwachs des Konzernergebnisses um 10 Prozent aus. Das alles aus eigener Kraft ohne Rückenwind der Märkte oder durch Zukäufe. Diese schließt der Konzernchef keineswegs aus, sieht sie sogar als zwingend notwendig an, um die zukünftigen Wachstumsfelder wie das Investmentfondsgeschäft, das Datengeschäft oder das FX-Trading auszubauen. Hierfür steht eine Kriegskasse von rund 1,3 Milliarden Euro zu Verfügung. Die Zeit der Mega-Merger sieht Weimer dagegen als abgelaufen an, hat auch keine Angst vor einer Übernahme, auch wenn die Konkurrenz über den doppelt so hohen Marktwert verfügt.

All das klingt anders als die großen Pläne einer Fusion mit London, klingt eher nach einer Politik der kleinen Schritte, statt nach dem großen Wurf. Aber vielleicht ist es genau das, was die Deutsche Börse nun braucht. Verlässliches Arbeiten an realistischen Zielen mit den entsprechenden Erfolgserlebnissen.

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