Apotheker- und Ärztebank

Welches Kernbankensystem?

Der Provisionsüberschuss ist im Berichtsjahr 2015 um 7,7 Prozent gestiegen. Und auch im laufenden Jahr wird der Fokus auf das provisionsgetriebene Geschäft gelegt. Auf den ersten Blick sollte man bei einer Bestandsaufnahme und einem Ausblick solcher Art ein Kreditinstitut erwarten, das ein recht brauchbares Rezept gegen die Ertragsbelastungen des Niedrigzinsumfeldes gefunden hat. Doch im Falle der deutschen Apotheker- und Ärztebank spiegeln diese Erfolgsmeldung sowie der Hinweis auf das beratungsintensive Wertpapiergeschäft mit Privatkunden und Institutionellen als Zukunftspotenzial keinesfalls den Weg zu einer künftig entspannten Ertragsrechnung wider. Sondern sie skizzieren lediglich kleine Schritte, um auf mittlere und längere Sicht wenigstens eine kleine Verlagerung weg von der massiven Abhängigkeit vom Zinsgeschäft zu erlangen. Dass Letzteres in der GuV-Rechnung des Berichtsjahres einen Anteil von 83,5 (85,0) Prozent erreicht und damit höher ausfällt als in vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, liegt keineswegs an der wenig wert papieraffinen Klientel der Apobank, sondern an der traditionell großen Bedeutung des institutionellen Geschäftes der Düsseldorfer Spezialbank.

Anders als man das bei dieser Kundschaft vermuten kann, liegt der Schwerpunkt der Geschäftsbeziehungen keineswegs in dem attraktiven Passivgeschäft und/oder der Wertpapierberatung. Vielmehr weist die Bank mit Kundenkrediten von 27,9 (27,0) Milliarden Euro und Kundeneinlagen von 23,6 (21,7) Milliarden Euro traditionell einen klaren Überhang der Aktivseite aus. Die noch einmal deutlich angestiegenen 6,3 (5,2) Milliarden Euro an Neuausleihungen im Berichtsjahr dokumentieren trotz der zuletzt vergleichsweise hohen Tilgungen das anhaltend große Gewicht der Bankenfinanzierung im Gesundheitswesen. Unter diesen Bedingungen sind in den vergangenen vier Jahren die Kundeneinlagen um 20,4 Prozent und die (Firmen-)Kundenkredite um knapp 3 Prozent gewachsen.

Größere Sorgen als die Gewichtung von Kundeneinlagen und Kundenkrediten macht den Verantwortlichen allerdings die technische Zukunftsfähigkeit der Bank. Denn an dieser Stelle zeichnet sich ein überraschender Engpass ab. Ausgerechnet wegen eines IT-Projekts, das in der Genossenschaftsorganisation insgesamt als wegweisend gefeiert wird, muss die Apobank Abstriche bei der notwendigen Pflege ihres Kernbankensystems befürchten. Angesichts der 2015 beschlossenen und nun laufenden Umsetzung der Fusion der beiden ehemaligen genossenschaftlichen Rechenzentren zur Fiducia & GAD IT beansprucht die Migration der früheren GAD-Banken auf die neue weiterentwickelte Fiducia-Lösung Agree 21 eine gewohnt lange Übergangszeit. Dem bisherigen Zeitplan nach soll sich die Düsseldorfer Spezialbank hinten anstellen, bis die Anbindung der genossenschaftlichen Primärbanken abgeschlossen ist.

Dem Vorstand der Apobank indes ist die damit absehbare Anpassungszeit bis 2019 eindeutig zu lang, zumal daran anschließend noch eine möglicherweise aufwendige Weiterentwicklung ansteht, um die Meldeanforderungen der EZB zu erfüllen. Denn die Aufsicht akzeptiert zwar formal die Bilanzierung nach HGB. Aber allen bisherigen Erfahrungen nach werden einer Bank dieser Größenordnung - mit einer Bilanzsumme von heute 36,4 Milliarden Euro gehört sie zum Kreis der deutschen Banken unter direkter EZB-Aufsicht - Berichtspflichten auferlegt, die auf Dauer eine IFRS-Bilanzierung nahelegen. Aufgrund der Größe und Komplexität sowie der damit verbundenen Anforderungen an die IT-Systeme hat der Vorstandsvorsitzende Herbert Pfennig bei der Bilanzpressekonferenz denn auch unmissverständlich deutlich gemacht, aus geschäftspolitischen Gründen keinesfalls so lange warten zu können und sich grundsätzlich nach einem konkurrenzfähigen und schneller verfügbaren IT-System umschauen zu müssen. Ein Ausschreibungsverfahren läuft bereits.

Innerhalb der genossenschaftlichen Organisation ist die Dringlichkeit des Anliegens von der Verbandsspitze des BVR über die gruppeneigenen Technik-Anbieter bis hin in die Gremien schon kommuniziert. Ob es angesichts der dezentralen Entscheidungsstrukturen der Genossenschaftsorganisation aber eine Revision der zeitlichen Abläufe geben wird, ist noch nicht entschieden. Sollte sich die Apotheker- und Ärztebank in dieser wichtigen Frage einem anderen Kernbankenanbieter wie etwa Kordoba zuwenden oder auf eine SAP-Lösung zurückgreifen, bedeutet das für das künftige genossenschaftliche Rechenzentrum gerade beim Werben um Kunden aus dem Kreis der privaten Banken auf absehbare Zeit einen erheblichen Dämpfer.

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