Bankenaufsicht

Zwischen Handeln und Abwägen

Foto: © Kai Hartmann Photography / BaFin

"Ständig steigende Anforderungen der Bankenaufsicht." "Der erhöhte Aufwand ist nicht mehr zu bewältigen." "Bürokratie, Wettbewerb und Kostendruck." "Größere Bankeinheiten sind unabdingbar, um langfristig ein adäquater und leistungsfähiger Partner zu sein." So oder so ähnlich hört es der Chronist dieser Tage immer wieder, wenn sich landauf, landab Sparkassen und Volksbanken/ Raiffeisenbanken zu einer Fusion entschließen. Auch wenn es nicht das primäre Ziel der Aufsicht ist, so führt aufsichtliches Handeln doch mehr und mehr zu einer Marktbereinigung gerade bei den kleineren Banken der Bundesrepublik. Laut Jahresbericht der BaFin sank die Zahl der Volks- und Raiffeisenbanken in den vergangenen beiden Jahren bis Ende 2016 um insgesamt 76 Institute auf 976, die der Sparkassen um 13 auf nunmehr 412 Häuser. Im laufenden Jahr verstärken sich die Fusionstendenzen sogar noch, allein die Frankfurter Volksbank hat in den vergangenen Wochen zwei Übernahmen angekündigt.

Das zeigt, wie wichtig der deutsche Ruf nach einer größeren Proportionalität in der europäischen Regulierung ist. Und der Zeitpunkt ist günstig. "Derzeit führt die EU-Kommission den Review-Prozess hinsichtlich der CRD IV und der CRR durch. Das ist das gesetzgeberische Fenster, durch das man hindurch muss", erläuterte Felix Hufeld anlässlich der Jahres-Pressekonferenz, der eine stärkere Aufsplittung der Vorschriften für richtig und sinnvoll hält und sich nachhaltig dafür einsetzen will. Aber der BaFin-Präsident mahnt auch zu größtmöglicher Einigkeit und Geschlossenheit: "Alles andere als eine einheitliche deutsche Position wäre mit Blick auf die europäische Gesetzgebung nicht vorteilhaft. Es bedarf einer gewaltigen Kraftanstrengung, die anderen Länder von der Bedeutung der Proportionalität zu überzeugen." Klar ist, in anderen Ländern gibt es ein ähnlich kleinteiliges Bankensystem wie in Deutschland nicht. Hier herrschen andere Probleme wie beispielsweise die sehr hohe NPL-Quote gerade bei Teilen der südeuropäischen Banken. Klar ist auch, wie immer in europäischen Verhandlungen ist es ein Geben und Nehmen, wie immer werden Zugeständnisse an die Deutschen an anderer Stelle etwas kosten.

Die sinkende Anzahl der Institute ist aber nur eines der derzeit brennenden Themen für die deutsche Bankenaufsichtsbehörde BaFin. Ein weiteres ist die Geldpolitik der EZB und ihre unangenehmen Folgen. "Mehr als die Hälfte aller Banken haben den Schwellenwert gerissen, den wir mit Blick auf die Zinsänderungsrisiken als kritisch ansehen", so Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht der Behörde, durchaus besorgt. Um sich ein genaues Bild der Dramatik machen zu können, führen Bundesbank und BaFin derzeit einen erneuten Stresstest zu den Zinsänderungsrisiken durch. Banken müssen in den kommenden zwei Monaten explizite Antworten auf die Auswirkungen bestimmter Modellszenarien geben. Die Ergebnisse werden Folgen haben, Röseler kündigte jetzt schon an, dass alle Institute mit erhöhten Zinsänderungsrisiken im Rahmen des deutschen SREP mit einem Kapitalaufschlag rechnen müssen.

Etwas weniger rigide ist die BaFin bei der allgemeinen Beurteilung und den speziellen Fit & Propper-Beurteilungen von Aufsichtsräten. Einerseits ist Hufeld die besondere Bedeutung qualifizierter Aufsichtsräte natürlich bewusst, erst recht in Zeiten wachsender regulatorischer und damit auch rechtlicher Anforderungen. Und der BaFin-Präsident kann auch schon ein erstes ungestütztes positives Fazit der höheren Anforderungen an die Qualifikation ziehen: "Die Qualität der Aufsichtsräte entwickelt sich gefühlt positiv." Aber der gelernte Jurist ist klug und erfahren genug, die Gefahren einer zu stringenten Anwendung der Vorschriften zu sehen. "Wir dürfen die Daumenschrauben nicht überdrehen, denn man muss bedenken, dass es auch immer noch genug Menschen geben muss, die diesen Job machen wollen. Kein anderes Land in Europa hat einen ähnlich hohen Bedarf an Aufsichtsräten in der Finanzbranche wie Deutschland." Spötter könnten jetzt anmerken, dass die anhaltende Fusionswelle den Bedarf ja verringert. Arme Aufsicht.

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