Bankenaufsicht

Viel Neuland

Foto: © Kai Hartmann Photography / BaFin

Das Bankgeschäft befindet sich in einen fortwährenden Umbruch, der in den vergangenen Jahren um einiges an Fahrt aufgenommen hat. Wer daran noch zweifelt, muss sich nur einmal die Organisationsstruktur der BaFin etwas genauer anschauen. Aus den neben dem Präsidenten aktiven ehemals drei Exekutivdirektoren sind mittlerweile derer fünf geworden. Die klassischen "Geschäftsfelder" Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht wurden Stück für Stück ergänzt um die ehemals im SoFFin angesiedelte Abwicklung, um die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung - hier kann aktuell die Deutsche Bank ein Lied von singen, sowie den Verbraucherschutz und die Abteilung Integrität des Finanzsystems. All der Wandel und Ausbau folgt dem Grundauftrag der Behörde, der da lautet: "Oberstes Ziel der BaFin als integrierte Aufsichtsbehörde für den Finanzmarkt Deutschland ist es, die Funktionsfähigkeit, Stabilität und Integrität des deutschen Finanzplatzes zu sichern."

Im laufenden Jahr gibt es zwei wesentliche Aufsichts-Schwerpunkte - Brexit und Digitalisierung. Beim Abschied Großbritanniens von der EU muss man sich nicht nur als Bankenaufseher mittlerweile mehr und mehr auf den Worst Case einstellen. Für die BaFin gilt es hierbei auf der operativen Ebene, einen Umzug von Instituten nach Deutschland möglichst pragmatisch anzugehen. Dabei gibt es viel Neuland zu bedenken und zu betreten: "Der Brexit stellt uns vor Herausforderungen, die nicht nach Handbuch abgearbeitet werden könnten. Ein solches Handbuch gibt es für einen Vorgang wie den Brexit auch gar nicht. Dialog- und lösungsorientiert und flexibel zu sein, ohne dabei aufsichtliche Geschenke zu machen - diesen schmalen Grat galt und gilt es zu finden", so BaFin-Präsident Felix Hufeld. Dass mehr als 45 Finanzinstitute ihre Präsenz in Deutschland neu etablieren oder signifikant stärken wollen, will er "bei aller Bescheidenheit" auch als Vertrauensbeweis in die Arbeit der BaFin verstanden wissen. Daneben gilt es Clearing und Vertragskontinuität nach einem Ausstieg der Briten sicherzustellen. Beides scheint laut Hufeld gelungen zu ein: Durch den kurz vor Weihnachten erlassenen Durchführungsbeschluss der EU-Kommission werden die britischen Vorgaben als den EU-Regelungen entsprechend angesehen und Zentrale Kontrahenten - mit Genehmigung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA - für ein Jahr zeitlich begrenzt in gewohntem Umfang in der Europäischen Union aktiv werden können. Mit Blick auf die Vertragskontinuität entwickelt die Bafin laut Hufeld auf nationaler Ebene eine Fallback-Lösung, die es erlauben würde, zeitlich bis Ende 2020 begrenzt Zulassungen in dem Umfang zu erteilen, wie dies notwendig ist, um die Finanzmärkte funktionsfähig zu halten beziehungsweise um Nachteile für inländische Versicherungsnehmer zu vermeiden.

Nicht minder herausfordernd wie der Brexit ist für den BaFin-Präsidenten der Umgang mit Unternehmen, die keine klassischen Banken und Versicherer sind, die aber zunehmend ins Finanzgeschäft vordringen. Hufeld rechnet damit, dass sich dieser Trend weiter beschleunigen wird, wobei mehr und mehr auch Bigtechs wie Google, Amazon & Co., die nicht der unmittelbaren BaFin-Aufsicht unterliegen, auf den Plan treten. Auch wenn eine Aufsicht dieser Unternehmen als Ganzes nicht möglich ist, will Hufeld, der geübten Praxis bei Industrieunternehmen folgend, diejenigen Geschäftssparten und spezifischen Verhaltensweisen besonders in Augenschein nehmen, die für das Marktgeschehen relevant sind.

Für die BaFin heißt all das, dass sie sich schon wieder und ständig weiterentwickeln muss. Aber wie heißt es so schön: Stillstand ist Rückschritt, offensichtlich auch in der Finanzaufsicht.

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