Redaktionsgespräch mit Werner Schuster

"Regulierung und Digitalisierung sind ohne funktionierende und durchdachte IT-Architekturen nicht zu bewältigen"

Werner Schuster, Persönlich haftender Gesellschafter, Bankhaus Lampe KG, Bielefeld

Auch in dem traditionell stark vom persönlichen Kontakt geprägten Geschäft der Privatbankiers wird der Einfluss der IT immer wichtiger. Ohne Digitalisierung, so eine Botschaft von Werner Schuster, würde auch in dieser Bankengruppe heute keine Bank mehr funktionieren. Insofern bekundet der für die technischen Abläufe in seinem Haus verantwortliche persönlich haftende Gesellschafter des Bankhauses Lampe im Redaktionsgespräch durchaus Bereitschaft, sich mit den Aktivitäten der sogenannten Fintechs intensiv zu beschäftigen und schließt selbst Kooperationen nicht rundweg aus. Aber bei allen Anwendungen im eigenen Haus legt er besonderen Wert auf hohe Sicherheitsstandards und die Betonung der individuellen Kundenberatung. Einen wesentlichen Teil seiner Arbeit sieht er in einer effizienten Nutzung der vorhandenen Daten zur aufsichtsrechtlichen Meldung wie auch zur bankinternen Steuerung. (Red.)

Wie sind im Bankhaus Lampe im zu Ende gehenden Jahr 2015 die Geschäfte gelaufen?

Wir können von einer guten Geschäftsentwicklung, insbesondere im Provisionsgeschäft, berichten, auch wenn wir das wie üblich unterjährig nicht mit konkreten Zahlen belegen. Nicht zuletzt das seit drei Jahren deutlich ausgebaute Kapitalmarktgeschäft steuert mittlerweile einen wesentlichen Beitrag zum Provisionsüberschuss bei. Das Gleiche gilt für das Niederlassungsgeschäft.

Auf welches Kernbankensystem greift das Bankhaus Lampe zurück? Hat sich das in den vergangenen Jahren geändert?

Seit rund 20 Jahren arbeiten wir mit dem Kernbankensystem Kordoba. Entwickelt wurde dieses ursprünglich von Siemens. Vor rund elf Jahren ist eine eigens dafür gegründete GmbH dann an den amerikanischen IT-Dienstleister FIS Fidelity Information Systems übergegangen. Dieser pflegt seither das System und entwickelt es gemäß den aktuellen technischen und regulatorischen Anforderungen weiter.

An einen Wechsel des Systems denken wir nicht, einen solchen vollzieht man ohnehin nur in dringenden Fällen, etwa wenn man berechtigte Zweifel an einer wettbewerbsfähigen Weiterentwicklung haben muss. Solche Bedenken haben wir nicht, der Großkonzern FIS hat sich ausdrücklich zu Kordoba bekannt.

Die Zusammenarbeit läuft gut. In der Regel können wir nach sorgfältigen Tests im eigenen Haus jedes Jahr zwei Releases einsetzen, in denen die jeweils aktuellen Anforderungen realisiert sind. Auf Wunsch werden von FIS auch individuelle funktionale Erweiterungen für unser Haus angeboten. Das können Tools sein, die allgemein in den Standard übernommen werden, es können aber auch speziell auf das Bankhaus Lampe zugeschnittene Anwendungen sein.

Welche Anregungen kommen aus Ihrem Haus?

In unserem Haus werden Fachkonzepte mit speziellen Anforderungen geschrieben und an Kordoba zur Realisierung weitergereicht. Die Umsetzung erhalten wir dann zum Test zurück. Wir selbst können uns dadurch auf eine IT-Mannschaft von lediglich 45 Mitarbeiterkapazitäten beschränken, die sich im Wesentlichen mit der Beratung der Fachbereiche beschäftigt sowie mit der Ausrichtung auf langfristige Architekturkonzepte. Eigene Entwickler haben wir nur noch wenige.

Lohnt es sich, wenn eine Anregung aus Ihrem Haus in den Kordoba-Standard aufgenommen wird?

Klar, man zahlt dann weniger. Ein Beispiel dazu: Das Bankhaus Lampe hat vor zweieinhalb Jahren den Kordoba-Anwender kreis davon zu überzeugen versucht, die Abbildung von negativen Zinsen umsetzen zu lassen. Erst einmal fand dieser Vorschlag bei den andern Beteiligten keine große Zustimmung. Als dann die Zinsen immer weiter gesunken sind, haben wir bei Kordoba eigeninitiativ ein Fachkonzept in Auftrag gegeben, für den Einlagenbereich, den Kontokorrentbereich und den Termingeldbereich ein Konzept zu schreiben, wie negative Zinsen abgebildet werden können. Dieses auf eigene Kosten erstellte Fachkonzept ist dann von der Kordoba-Gemeinschaft übernommen worden und mit dem jüngsten Release wurde vollumfänglich ein Modul für die Berechnung von negativen Zinsen für alle Kontenbereiche ausgeliefert.

Wieso sind Sie so frühzeitig auf diese Anforderung gekommen?

Treiber für dieses Projekt sind die Repogeschäfte unseres Hauses im Wertpapierbereich. Die Reposätze haben schon vor zweieinhalb Jahren langsam ins Negative gedreht. Wir haben uns frühzeitig und intensiv mit dem Thema negative Zinsen beschäftigt. Nach der bankinternen Beratung mit unserem Risikocontrolling und den IT-Verantwortlichen ging das Anliegen an Kordoba und wurde umgesetzt. Zuvor haben wir für große Einlagen teilweise manuell negative Zinsen gerechnet, jetzt läuft das vollautomatisch. Was ist passiert? Kordoba hat das Modul in den Standard übernommen, sprich auf eigene Kosten entwickelt. Lediglich das Fachkonzept haben die Banken mitfinanziert. Das ist der Vorteil einer funktionierenden Kooperation zwischen Bank und Provider.

Ein Verzicht auf Eigenentwicklung bedeutet allerdings größere Abhängigkeit von wenigen Technikanbietern ...

Klar, da gibt es Zusammenhänge. Wir sind von Kordoba insofern abhängig, als wir die Erfüllung der gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen faktisch nicht mehr selbst leisten könnten. Aber diese Abhängigkeit ist relativ und gilt für alle Banken. Auf der anderen Seite haben wir einen mehrjährigen Vertrag mit entsprechender Absicherung durch FIS, der uns relative Sicherheit gibt.

Wie lange laufen solche Verträge?

Üblicherweise sind das bei Standardverträgen mindestens fünf Jahre. Es gibt aber auch Vereinbarungen über zehn Jahre, wie wir sie beispielsweise gerade für ein anderes Softwareprodukt abgeschlossen haben. Solche längeren Verträge bringen beiden Seiten eine gewisse Stabilität.

Zurück zu Kordoba: Gab es nicht zeitweilig Unsicherheiten über die Zukunft des Kernbankensystems?

Richtig, es gab eine schwierige Phase, als erst die Postbank ausgestiegen ist und sich dann auch die Apotheker- und Ärztebank als damals zweitgrößter Kunde für einen Wechsel entschieden hat. Für das Bankhaus Lampe ist Kordoba von der Größe und von den Funktionen her aber absolut ausreichend, zumal wir und die anderen Anwender mit Kordoba in ständigem Austausch stehen. Es gibt Facharbeitskreise und Lenkungsausschüsse, die darüber entscheiden, welche Entwicklungen in Angriff genommen werden sollen. Darüber hinaus haben wir einen Sprecherkreis der Anwenderbanken eingerichtet, der letztlich die Entscheidung über die Weiterentwicklung trifft. Funktionen, die nicht in den Standard übernommen werden, können wir quasi als verlängerte Werkbank bei Kordoba entwickeln lassen. Unserem Haus sichert diese Struktur einerseits Unabhängigkeit. Andererseits haben wir direkten Einfluss auf die Entwicklung und bringen ein Volumen ein, das Kordoba nur ungern verlieren würde. Das verschafft uns Gehör.

Mit dem genossenschaftlichen Rechenzentrum Fiducia/GAD kommen Sie anders als rund 100 andere private Banken folglich nicht ins Gespräch?

Richtig, zurzeit sind die beiden Häuser ohnehin stark mit der eigenen Fusion beschäftigt. Sie müssen aus zwei Kernbankensystemen eins machen.

Und wie sieht es mit dem Kernbankensystem Avaloq aus? Die Schweizer werben ausdrücklich mit einem starken Wertpapierschwerpunkt ...

In der Tat ist dieses System im Ursprungsland Schweiz stark verbreitet und versucht nun in Deutschland Fuß zu fassen. Den Status des Projekts kann ich natürlich nicht beurteilen, allerdings sollen schon geplante Einführungstermine verschoben worden sein. Aber natürlich wird ein solches Projekt in unserem Haus ebenso wie in vielen andern Banken mit Interesse beobachtet, weil dieses Kernbankensystem moderner Prägung den Anspruch hat, die gesamte Dienstleistungspalette abzudecken, also neben dem Wertpapier- auch das Einlagen- und Kreditgeschäft.

Welche Softwarepakete sind über das Kernbankensystem hinaus für Ihr Haus von besonderer Bedeutung?

Ganz prominent nutzen wir seit einigen Jahren eine relativ weitverbreitete Lösung der vereinigten Wirtschaftsdienste für die Vermögensverwaltung, namens VWD-Portfoliomanger, und neuerdings auch die vwd advisory solution. Das erste ist speziell für das Management von großen Wertpapierportfolios gedacht, etwa zur Erzeugung von Blockorders, zur Strukturierung und Umstrukturierung von Portolios, zur Portfoliobewertung und zur Vermögensverwaltung für Wertpapiere. Das zweite unterstützt die Vermögensberater.

Zudem implementieren wir gerade eine neue Lösung zur Handelsarchitektur. Mit dem System Front Arena von Sungard decken wir künftig die gesamte Prozesskette ab: vom Frontoffice über die Handelsabwicklung und das Risikocontrolling bis hin zum Rechnungswesen. Momentan sind wir mitten in dem Projekt. Die Zinsderivate haben wir schon in time und im Budgetbewältigt. Jetzt arbeiten wir am Devisengeschäft, das im März kommenden Jahres zum Einsatz kommen wird. Wir wickeln damit im Prinzip künftig das gesamte Handelsgeschäft der Bank über alle Assetklassen hinweg mehr oder weniger vollautomatisch ab. Die Daten werden erfasst, in der Handelsabwicklung, soweit notwendig, noch einmal bestätigt und der Rest läuft dann automatisch ab.

Die große Kunst dabei ist, das System nicht isoliert einzusetzen, sondern Schnittstellen zum Buchungssystem und zum Risikocontrolling zu schaffen, um die Daten aus einer Quelle in alle Richtungen weiterzuverarbeiten.

Sie haben betont, möglichst viel Standardsoftware nutzen zu wollen. Hat das Bankhaus Lampe anders als andere Privatbankiers keine speziellen Anforderungen an die IT, die nur im eigenen Haus bewältigt werden können?

Es gibt in der Tat einige Privatbanken, die ihre IT-Systeme maßgeblich in Eigenregie entwickelt haben. Das wollen und können wir unter den verschärften Anforderungen der Regulierung heute gar nicht mehr. Insbesondere unsere Daten, aber auch die Infrastruktur benötigen ein Hochsicherheitsumfeld und spezielle Backup-Funktionen, die wir mit unseren internen Ressourcen alleine nicht mehr gewährleisten können.

In den Jahren 2011 bis 2013 haben wir uns im Rahmen der IT-Strategie für ein Qutsourcing entschieden, um die gewachsenen Anforderungen an die IT-Sicherheit zu gewährleisten. Nach einer Ausschreibung hat Wincor Nixdorf diesen Auftrag gewonnen. Wir selbst haben seither den Betrieb der dezentralen Systeme komplett abgegeben. Das betrifft die Netzwerkinfrastruktur, die Telefonie und die gesamte Software außer dem Kernbanksystem, das ja im Full Outsourcing bei FIS Kordoba betrieben wird, einschließlich der angesprochenen VWD-Anwendung. Das alles ist in Rechenzen tren mit modernster Infrastruktur und Backup-Absicherung ausgelagert. Wir entwickeln in überschaubarem Umfang eigene Programme nur noch für spezielle Themen. Diese werden allerdings ebenfalls im Rechenzentrum unseres Providers betrieben.

Wie hoch ist der Anteil der IT-Kosten (Personal- und Sachkosten) an den Gesamtkosten im Bankhaus Lampe und wie hat er sich im vergangenen Jahrzehnt entwickelt?

In den vergangenen zehn Jahren ist er von über 20 Prozent auf rund 17 Prozent rückläufig. Angesichts der erhöhten Anforderungen an die IT ist das bemerkenswert.

Was sagt Ihnen Ihre Erfahrung bezüglich der Entwicklung dieser Quote in der Zukunft?

Sie wird sicherlich in der gesamten Branche höher werden. Die Regulatorik wird zwangsläufig zu erheblichen IT-Investitionen führen. Außerdem müssen Anwendungen und technische Infrastruktur ständig funktional erweitert und modernisiert werden.

Seit mindestens zwei Jahren ist überall in der Finanzbranche von Digitalisierung die Rede. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf eine Privatbank wie Lampe? Gibt es konkrete IT-Projekte in diesem Bereich? Wie lange dauert gegebenenfalls die Einbindung in die Kernbankensoftware?

Kurz gesagt: Ohne Digitalisierung würde heute keine Bank mehr funktionieren. Es gibt keine Prozesse mehr in einer Bank, bei denen nicht unmittelbar oder mittelbar IT-Technologie zum Einsatz kommt. Die sogenannten Fintechs geben dem Thema jetzt eine neue Geschwindigkeit.

Welche Bedrohungen erwachsen einer Privatbank möglicherweise von technikaffinen Fintechs? Sind diese für Privatbankiers überhaupt ein Thema?

Wir haben diese Dinge genau im Blick. Fintechs greifen sich heute bestimmte Prozesse aus einer Wertschöpfungskette heraus und decken diese mit intelligent gebauter Software ab. Das hat vor Jahren im Zahlungsverkehr angefangen und ist an den Banken lange vorbeigegangen. Jetzt geht es in den Kredit- und den Anlagenbereich hinein und auch die Vermögensberatung ist betroffen. Spätestens hier wird es für uns interessant. Fintechs haben mittlerweile Programme entwickelt, die auf Basis einer vorzugebenden Vermögensstruktur vollautomatisch einen Vorschlag zur Optimierung erstellen. Nimmt man alle Aktivitäten zusammen, werden inzwischen weltweit Milliardensummen in solche Programme investiert. Wir als Privatbank bieten natürlich andere Beratungsleistungen bei komplexen Fragestellungen an, die man nicht ausschließlich technisch abbilden kann. Aber insgesamt stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung, die eine zunehmende Gefahr für etablierte Prozesse und Strukturen darstellt.

Wie halten Sie dagegen?

Zum einen sind wir gerade dabei unseren elektronischen Auftritt neu auszurichten und mit neuen Funktionen auszustatten. Das betrifft unser Onlinebanking, das noch traditionell orientiert ist, sowie allgemein unseren Internetauftritt, den wir modernisieren und aktiver und kommunikativer ausgestalten. Wir müssen an diesen und vielen anderen Stellen unseren Kunden signalisieren, dass wir mit der Zeit gehen und auf der Höhe der technischen Entwicklung sind. Wir werden allerdings zum Beispiel keine ausschließlich elektronische Vermögensverwaltung anbieten, das würde unserem individuellen Beratungsansatz zuwiderlaufen.

Um nachhaltig Erfolg zu haben, muss die Bank in der Vermögensverwaltung nach Abzug von Gebühren und Kosten am Ende eine bessere Performance bieten ...

Richtig, das ist und bleibt unser Anspruch, dafür haben wir unsere Fachleute. Wir sehen die technischen Möglichkeiten als Ergänzung zur persönlichen Beratung, nicht als eigenständiges Geschäftsmodell.

Kommt für das Bankhaus Lampe auch eine Kooperation mit Fintechs infrage?

Es gibt keine konkreten Pläne, aber grundsätzlich sind wir diesem Gedanken aufgeschlossen. Um für Fintech-Plattformen interessant zu sein, haben wir allerdings in vielen Bereichen nicht die notwendige Marktdurchdringung. Momentan tummeln sich Fintechs überwiegend im mengenorientierten Geschäft. Ob sich das einmal zum Individualgeschäft hin entwickelt, lässt sich im heutigen Stadium noch nicht abschließend beurteilen. Freilich sind einige Fintech-Geschäftsmodelle ohne eine Bank im Hintergrund gar nicht umzusetzen.

Welche Geschäftsfelder Ihres Hauses sehen Sie konkret von Fintechs bedroht?

Wenn man sich die Geschäfte des Bankhauses Lampe anschaut, vom Kreditbereich über das Kapitalmarktgeschäft bis hin zur Vermögensberatung und Vermögensverwaltung, dann sehe ich ein gewisses Langfristrisiko für die Vermögensberatung, also für die Vermögensanlage, bei der Anleger aktiv eingreifen. Für die Vermögensverwaltung gilt das eher nicht, da man hier sein Vermögen zur Verwaltung in die Hände einer Bank übergibt. Für weniger betroffen halte ich auch den Kapitalmarktbereich, trotz aller öffentlichen Wahrnehmung einzelner Crowdfunding-Projekte. Das mag für eine moderne Form von Risikofinanzierung funktionieren. Ob sich ein Mittelständler bei der Strukturierung und Optimierung seiner Kapitalstruktur auf ein Fintech-Modell verlässt, wage ich derzeit noch zu bezweifeln.

Inwieweit setzt das Bankhaus Lampe moderne Vertriebssysteme wie Videoberatung ein? Wird es mittelfristig ohne solche Instrumente auskommen, die auf den ersten Blick nicht wirklich zu einem Privatbankhaus passen?

Auch an dieser Stelle beobachten wir genau die Entwicklung. Intern arbeiten wir zum Beispiel daran, Skype for Business einzusetzen. Das allerdings ausschließlich über unsere Server und mit unseren Sicherheitsstandards. Die Öffnung solcher Systeme für den Kundenkontakt, wie sie beim Retailgeschäft teilweise praktiziert wird, halte ich für unser Geschäftsmodell für heikel. Das wirft in der Welt der Smartphones und sozialen Medien ernste Sicherheitsfragen auf. Unter den künftigen Bedingungen von MiFID II werden beispielsweise die Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten von Beratungsgesprächen weiter verschärft. Stand heute glaube ich deshalb nicht, dass wir Videoberatung zum Beispiel über Skype auf absehbare Zeit einsetzen werden.

Wie beurteilen Sie allgemein die Rolle der IT als Wettbewerbsfaktor im Bankgeschäft?

Eine moderne IT-Ausstattung wird im Bankgeschäft allein schon deshalb ein immer wichtigerer Wettbewerbsfaktor, weil sich die bereits umzusetzenden und noch kommenden Regulierungsanforderungen und die oben genannten Entwicklungen der Digitalisierung ohne funktionierende IT und

durchdachte IT-Architekturen gar nicht mehr bewältigen lassen. Angefangen von MiFID II über Ana-Credit bis hin zu diversen Statistiken und den Architekturanforderungen von BCBS 239 bedarf es einer gut organisierten IT, um alles zu bewältigen.

Ich gehe davon aus, dass die Anforderungen, die derzeit nur für systemrelevante Banken relevant sind, in abgeschwächter Form für alle Banken gelten werden. Das Meldewesen wird zukünftig einzeldatenorientiert stattfinden. An dieser Stelle wird sich erweisen, ob jemand seine Datenlandschaft im Griff hat.

Wie weit ist das Bankhaus Lampe an dieser Stelle?

Die Architekturkonzepte, die wir im IT-Bereich erarbeiten, gehen schon heute genau in diese Richtung. Im Zentrum steht die Pflege und der Ausbau eines zentralen Data Ware houses, in dem wir alle rechnungslegungsrelevanten Daten, alle Kundendaten und alle Risikodaten in einem Datenhaushalt bündeln. Wir sorgen damit für eine Datenarchitektur, die es erlaubt, alle Anforderungen der Zukunft zu erfüllen, von welcher Aufsichtsbehörde auch immer diese gestellt werden. Gleichzeitig wollen wir im eigenen Data Warehouse, quasi als Mittelpunkt aller IT-Systeme, alle notwendigen Daten in einer strukturierten Form vorhalten und sie auch für die interne Steuerung nutzen. Es gehört zu meinen wichtigsten Aufgaben, darauf zu achten, dass die notwendigen Schnittstellen möglichst integriert sind.

Das setzt im eigenen Haus aber Leute voraus, die das Gesamtsystem und die Abläufe richtig gut verstehen und kontrollieren können ...

Absolut, unsere Leute sind allesamt Experten, die mit den Fachbereichen auf Augenhöhe über Architekturen und mittelfristige IT-Umsetzungsfahrpläne sprechen und die Abläufe in unserer Bank genau kennen. Extrem wichtig für diese Arbeit ist eine exakte Dokumentation der Daten, Funktionen und Schnittstellen. Natürlich muss man bei diesen komplexen Anforderungen im Blick haben, dass ein stabiler Mitarbeiterstab in diesem Bereich vorhanden ist.

Lassen Sie uns den Blick noch ein wenig auf die Gruppe der privaten Banken richten. Welche Rolle spielt der BdB hinsichtlich einer leistungsfähigen technischen Infrastruktur für die Privatbankiers und die Regionalbanken? Auf welche Angebote greift Ihr Haus zurück?

Wir arbeiten in einigen IT-Themen mit dem Bankverlag eng zusammen, zum Beispiel im Onlinebanking.

Wie steht es um das Risikomanagementsystem des privaten Bankensektors?

Die heutige Creda-Rate mit ihrem Rating-System ist aus einer Entwicklung des BdB entstanden. Maßgebliche Gesellschafter sind heute die Banken, die das System nutzen, und der Bankverlag.

Frage am Rande: Kann Creda-Rate bei den Volumina der eingebrachten Daten in der Qualität mit den Systemen der Verbünde mithalten, die auf viel größere Datenmengen zurückgreifen können?

Das System ist von der Aufsicht abgenommen und wird sowohl für den Standardansatz als auch von IRB-Banken genutzt. Es stützt sich auf eine Datengrundlage von Fällen ganz unterschiedlicher Banken. Die Datenmenge reicht aus, um die relevanten Kundengruppen angemessen zu bewerten und die Ratings zu validieren. Zudem wird das Produkt- und Dienstleistungsangebot weiterentwickelt und an die regulatorischen Anforderungen angepasst.

Erwarten Sie größere Aktivitäten vom BdB im IT-Bereich?

Hinsichtlich konkreter IT-Anwendungen derzeit nicht, aber natürlich erwarte ich eine gute Vertretung in aufsichtsrechtlichen und regulatorischen Fragen, die dann ihrerseits wieder große Auswirkungen auf die IT haben können. Besonders angewiesen sind wir Banken auf aktuelle Informationen über neue gesetzliche Auswirkungen. Diese Dienstleistung erbringt der Bankverlag über sein Fachinformationssystem BV Compliance Cockpit MaRisk sehr gut. Kleinen Banken fällt es zunehmend schwer, hier den Überblick zu behalten.

Was wird die größte IT-technische Herausforderung für Banken in den kommenden Jahren sein?

Aus Sicht einer Bank unserer Größenordnung konkurrieren die regulatorischen Anforderungen mit denen unserer Fachbereiche nach dem funktionalen Ausbau und der Erweiterung unserer IT-Systeme. Konkret sind im Bankhaus Lampe im IT-Budget für das kommende Jahr fünfzehn Projekte geplant, von denen neun aufsichtsrechtlich getrieben sind. Das mag einen Eindruck von den momentanen Wechselwirkungen von Regulatorik und IT geben.

Schon die Steuerung der IT in Häusern Ihrer Größenordnung ist enorm schwierig. Wie sieht der Fachmann die IT-Steuerung bei Global Playern?

Über die IT-Strukturen in einzelnen Häusern weiß ich natürlich nicht Bescheid. Aber generell ist die Steuerung der IT in diesen Dimensionen schon eine große Aufgabe.

Wie steht es generell um die Sicher heitsstandards im Bankgeschäft? Erfüllen die aktuellen Entwicklungen Sie mit Sorge?

Es ist schon ein wenig besorgniserregend zu beobachten, wie gerade junge Menschen im Umgang mit elektronischen Geräten jedes Problembewusstsein für Sicherheitsaspekte vermissen lassen. Das beinhaltet ein großes zukünftiges Risiko.

Wie handhaben Sie das Thema Sicherheit in der eigenen Bank?

Die Themen Datenschutz und Informationssicherheit der Systeme stehen auf der Agenda ganz weit oben. Alle technischen Anwendungen müssen strengen Sicherheitsvorkehrungen genügen und werden ständig überprüft. Mit sogenannten Penetration Tests lassen wir regelmäßig professionelle Hacker an unser Systeme, um zu prüfen, ob Externe in unsere Architektur eindringen können. Damit gewinnen wir neue Erkenntnisse und verbessern die Sicherheit. Wir erleben sehr häufig unterschiedlichste Angriffe durch Schadsoftware auf unsere Systeme, was uns die Notwendigkeit der IT-Sicherheitsvorkehrungen immer wieder aufs neue vor Augen führt.

Wird es durch den Wettbewerbsdruck und die neuen technischen Möglichkeiten nicht immer schwieriger, die gewohnten Vorstellungen von Sicherheitsstandards zu halten?

Die Zahl der Endgeräte und Softwareprodukte wird größer und vielfältiger. Damit ergeben sich immer wieder neue Einfallstore für Eindringlinge. Die Anstrengungen für höchste IT-Sicherheitsstandards sind für Banken alternativlos.

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