bm-Interview

"Wir sind bestrebt, unser Partnernetzwerk zu erweitern"

Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Western Union im vergangenen Jahr?

Wir waren zufrieden mit der Entwicklung in Deutschland, europaweit und weltweit. Wir haben unsere Ziele erreicht. Darüber hinaus sehen wir aber noch deutliches Potenzial hier im Markt. In diesem und den folgenden Jahren wollen wir versuchen, dieses Potenzial noch weiter für uns zu erschließen.

Die operative Gewinnmarge des Unternehmens ist im Jahr 2006 von 31,8 Prozent auf 29,3 Prozent gesunken. Worauf führen sie das zurück?

Western Union hat in unterschiedliche Aktivitäten investiert. Das Unternehmen ist inzwischen mit 15 Filialen der Western Union Bank in Deutschland vertreten. Das ist für uns ein strategisches Investment gewesen, genauso wie es langfristige Investitionen in Ländern wie China oder Indien gibt. Dort engagieren wir uns stark im Netzwerkaufbau.

Wie hoch ist Ihr Marktanteil im Bargeldtransfer?

Der weltweite Marktanteil am gesamten Bargeldtransfer liegt etwa bei 17,4 Prozent. Weltweit wurden im Jahr 2005 von allen Anbietern etwa 250 Milliarden Euro transferiert (laut Aite Group). Im Jahr 2007 sollen es ungefähr 290 Milliarden sein.

Wer sind Ihre Wettbewerber?

Unsere Hauptwettbewerber sind die Global Player im Markt und kleine Anbieter für einzelne Korridore, aber auch sich neu entwickelnde Technologien und Banken. Die Bargeldtransfer-Branche zeichnet sich durch einen hohen Wettbewerb aus - was wir begrüßen. Denn dieser Wettbewerb treibt uns an, den einfachsten, zuverlässigsten und schnellsten Bargeldtransfer anzubieten, auf den sich die Kunden verlassen können. Schlussendlich ist Wettbewerb für die Kunden am besten, denn er sorgt für mehr Auswahl und bessere Preise. Auch wir können sehr viel zielorientierter in unserer Preisgestaltung sein.

Wie schätzen Sie das Potenzial am deutschen Markt genau ein?

In Deutschland leben rund zehn Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Viele von ihnen haben Beziehungen in ihre Heimatländern beispielsweise eine Familie, die dort lebt.

Unser Service wird dafür genutzt, diese Familien zu unterstützen, entweder mit monatlich regelmäßigen Zahlungen zum Beispiel für Miete oder Ausbildung oder auch im Notfall, wenn jemand medizinische Betreuung benötigt. Wir sind noch weit davon entfernt, dass jeder dieser zehn Millionen Menschen mit uns regelmäßig Transaktionen durchführt. Von daher sehen wir hier durchaus Potenzial.

In welchen Regionen vermuten Sie die Zielgruppe Migranten?

Im Hinblick auf die Struktur der Zielgruppe unterscheidet sich Deutschland stark von anderen Ländern wie beispielsweise dem Nachbarland Frankreich. In Frankreich leben die meisten Migranten in Paris und Marseille, daher konzentrieren wir unsere Aktivitäten auf diese Standorte. In Deutschland hingegen muss man versuchen, überall präsent zu sein. Es gibt keine bestimmte Stadt, in der besonders viele Menschen mit türkischem oder polnischem Hintergrund leben, sondern sie sind in allen mittelgroßen Städten vertreten.

Trotzdem gibt es Schwerpunkte. Eine Filiale unserer Western Union Bank haben wir beispielsweise in einem ethnischen Wohnviertel in Duisburg eröffnet. Dort leben in einem Stadtteil besonders viele Menschen mit türkischem Migrationshintergrund.

Bei welchem Ihrer Vertriebspartner vermuten Sie die Zielgruppe Migranten am ehesten?

Die Post wird überall auf der Welt gerne angenommen. Sie hat einen hohen Bekanntheitsgrad, sowohl auf der Sender-Seite in Deutschland, aber auch auf der Empfängerseite.

Sprechen Sie unter den Migranten eine bestimmte Gruppe besonders an? Ihre französischen Kollegen konzentrieren sich stark auf die türkische Zielgruppe.

Auch in Deutschland bilden die Menschen mit türkischem Migrationshintergrund die größte Bevölkerungsgruppe. Mehr als eine Million Türken, die in Deutschland leben, bieten ein großes Potenzial. Dennoch gilt, dass die Gruppe der Migranten in Deutschland sehr heterogen zusammengesetzt ist, stärker als in anderen Ländern. Wir konzentrieren uns momentan auf etwa 57 Nationalitäten und kommunizieren in ungefähr 24 Sprachen.

Welches zielgruppenspezifische Marketing betreiben Sie?

Weltweit werden etwa sieben Prozent der Einnahmen für das Marketing ausgegeben. Wir sehen uns als Spezialisten im Bereich des ethnischen Marketing. Das fängt bei ganz klassischen Dingen in den einzelnen Printmedien an: Die ethnischen Gruppen haben hier in Deutschland eigene Publikationen, in denen wir vertreten sein wollen. Darüber hinaus betreiben wir Eventmarketing. Zum Beispiel haben wir uns im vergangenen Jahr die Aufführungsrechte an einem serbischen

Film gesichert. Die Filmvorführungen wurden für Marketingaktivitäten genutzt.

Angelehnt an nationale oder religiöse Feiertage veranstalten wir Feste, zum Beispiel haben wir eine Thai Celebration durchgeführt und eine russische Messe in Frankfurt am Main begleitet, bei der russische Händler zusammentreffen und ihre Produkte präsentieren. Zu diesen Veranstaltungen gibt es dann wiederum viele Publikationen in den ethnischen Medien.

Wie thematisieren Sie die Sicherheitsprobleme, die bei Bezahlungen im Internet, zum Beispiel bei Ebay auftreten?

Ein Blick auf unsere Internetseite zeigt, dass wir dem Verbraucherschutz einen großen Raum einräumen. Schon auf der Startseite unseres Webauftritts bekommen Sie Hinweise dazu, die dann auf den folgenden Seiten detailliert werden. Wir raten allen Verbrauchern davon ab, über unser System Geld an Menschen zu transferieren, die sie nicht persönlich kennen. Unter anderem bei den Portalen Ebay und Mobile.de sind wir mit entsprechenden Aufklärungshinweisen vertreten.

Welche neuen Produkte sollen im Bereich Bargeldtransfer in Deutschland zukünftig angeboten werden?

Wir denken insbesondere an den Bargeldtransfer übers Internet. Als Inhaber einer

Kreditkarte, die in Deutschland herausgegeben wurde, haben Sie seit diesem Jahr die Möglichkeit, über unser deutsches Webportal schnell und unkompliziert Bargeld zu transferieren. Damit verfügt Western Union über einen zusätzlichen Distributionskanal.

Hiermit können auch Personen erreicht werden, die bisher nicht zur Kernzielgruppe gehörten: Deutsche, die Familienangehörigen oder Freunden Geld schicken, wenn diese es im Urlaub benötigen.

Planen Sie weitere Produkte?

In der Produktgestaltung gilt es immer wieder zu berücksichtigen, welche Bedarfssituation beim Kunden konkret besteht. Seit kurzem bieten wir zusammen mit der Postbank unseren neuen Service "Western Union direkt" an, ein in Deutschland bislang einzigartiger Online-Service: Mit "Western Union direkt" können Postbank-Kunden von ihrem Girokonto aus weltweit bequem per Online-Banking Bargeld verschicken. In der Schweiz wird dieses Angebot bereits seit 2003 in Kooperation mit Post-Finance praktiziert.

Ganz neu gestartet ist unser Kundenbindungsprogramm, die Western-Union-Gold-Card. Unsere Kunden sammeln mit jedem Geldtransfer Bonuspunkte. Diese Punkte können dann eingelöst werden, um in Zukunft vergünstigt Transaktionen durchzuführen, oder aber sie werden in Telefonminuten umgetauscht. Solch ein Produkt ist auch für den deutschen Markt denkbar.

Wieso hat sich die Zahl Ihrer Vertriebsstellen in den letzten Jahren von 5100 auf 3600 reduziert?

Der Unterschied resultiert aus dem Auseinanderdividieren der Postbank- und Postgeschäftsstellen. Wir haben aber keine relevanten Vertriebsstandorte aufgegeben.

Wie viele Standorte möchten Sie in diesem Jahr hinzugewinnen?

Die Anzahl unserer Vertriebspartner ist für unseren geschäftlichen Erfolg relevant. Denn auch für Menschen mit Migrationshintergrund ist Bequemlichkeit ein ausschlaggebender Faktor. Sie möchten nicht 20 bis 30 Kilometer fahren, um Transaktionen durchzuführen, sondern in vernünftiger Entfernung unser Angebot vorfinden.

Deswegen sind wir bestrebt, unser Netzwerk kontinuierlich zu erweitern, neue Partner zu gewinnen, aber auch das bestehende Netzwerk stärker zu nutzen.

Bevorzugte Partner sind für uns vor allem Retail-Banken, die entweder bundesweit aufgestellt sind oder auch lokal agieren, wie beispielsweise die Sparkassen. In den Ballungsgebieten möchten wir stark vertreten sein. Unser Ziel ist es, in diesem Jahr fünf bis sechs neue Partner zu gewinnen.

Wie definieren Sie eine "vernünftige Entfernung"?

Eine vernünftige Entfernung bedeutet für uns, dass die Kunden einen Vertriebsstandort bequem erreichen können, zum Beispiel zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Unser Ziel ist es, die Kunden dort abzuholen, wo sie sich aufhalten: An Bahnhöfen und Flughäfen, so genannten Travelchannels und in Innenstädten. In dem Umfeld, in dem sie sich für gewöhnlich aufhalten und auch ihre täglichen Besorgungen erledigen, sollen sie auch die Möglichkeit haben, einen unserer Vertriebsstandorte zu besuchen und Geld zu versenden.

Was ist aus Ihrer Zusammenarbeit mit American Express geworden?

American Express ist seit diesem Jahr kein Vertriebspartner mehr von Western Union in Deutschland. Die Amex-Standorte in mehreren europäischen Ländern wurden an ein Unternehmen verkauft, das Money-Gram als Partner hat.

Sie sind im Jahr 2004 eine Kooperation mit dem DSGV eingegangen. Bisher sind jedoch nur sieben deutsche Sparkassen zu Partnerinstituten geworden. Woran liegt das?

Mit dem DSGV haben wir die Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit festgelegt, die als Muster für die einzelnen Sparkassen Gültigkeit haben. Nun müssen

wir uns fragen, welche Sparkassen für unser Geschäft relevant sind. Da ist zum Beispiel die Sparkasse Düsseldorf, die sicher in einem besonders attraktiven Markt aktiv ist. Wir konnten das Institut im vergangenen Jahr als Vertriebspartner gewinnen.

Sparkassen in Großstädten gehören durchaus zu unserer Zielgruppe und wir führen hier auch diverse Gespräche. Jedoch brauchen Entscheidungsprozesse im Sparkassenbereich einfach ihre Zeit. Vom Erstkontakt bis zur Entscheidungsfindung braucht es durchaus mal ein Jahr oder mitunter sogar noch länger.

Außerdem haben wir uns sehr stark auf die Western Union Bank konzentriert, um deren Filialen im Markt zu positionieren.

Sie arbeiten im Bereich der Kreditgenossen mit der Reisebank zusammen. Gibt es Pläne, weitere Vertriebspartner unter den Kreditgenossen zu gewinnen?

Immer dann wenn Institute in attraktiven Bereichen tätig sind, kommen sie auch als Partner in Frage. Einen Wettbewerb zwischen der Reisebank und den VR-Banken sehen wir in diesem Bereich nicht. Die Reisebank ist an bestimmten Standorten vertreten, aber der Markt gibt noch sehr viel mehr Möglichkeiten her. Selbst wenn wir eine weitere Genossenschaftsbank in Frankfurt als Partner hätten, dann würde das keine weitere Konkurrenz bedeuten.

Natürlich stimmen wir auch mit unseren Partnern ab, wenn wir neue interessante Standorte planen. Die Reisebank hat beispielsweise im letzten Jahr neue Standorte eröffnet, ebenso die Western Union Bank, das ist natürlich eng abgestimmt. Es ist nicht sinnvoll, die Konkurrenz dort zu haben, wo der Markt nicht ist. Das heißt wir wissen genau, wo Potenzial ist, wo Migrantengruppen leben, und unterstützen unsere Partner dann auch hier bei der Standortwahl.

Wozu braucht Western Union eine eigene Bank?

Die Western Union Bank entwickelt hauptsächlich Finanzdienstleistungen und -produkte, die auf die Hauptzielgruppe von Western Union zugeschnitten sind: Migranten, die kürzlich in die EU gekommen sind.

Neben dem reinen Bargeldtransfer können hier also mehr Leistungen angeboten werden. Die Bank fügt innovative Finanzprodukte zum Portfolio von Western Union hinzu, um den sich ändernden Lebensumständen der Migranten gerecht zu werden. Dabei ist uns wichtig zu betonen, dass die Western Union Bank keine Konkurrenz zu klassischen Filialbanken darstellen soll.

Wir verstehen die Western Union Bank als eine Ergänzung in der Bankenlandschaft, und als ein weiterer Vertriebspartner in unserem weltweiten Netzwerk, der den Bar-geldtransfer-Service von Western Union anbietet. Wir bieten in den Bankfilialen bisher ausschließlich den Bargeldtransfer an.

Welche Pläne haben Sie für die Western Union Bank?

Für die nächsten fünf Jahre verfolgt Western Union eine Expansionsstrategie, die die Eröffnung von zirka 200 Filialen in mehreren europäischen Ländern vorsieht. Der Service der Bank wird von den Western Union Vertriebsstandorten in Zukunft ebenfalls angeboten.

Planen Sie die Eröffnung weiterer Filialen?

In Deutschland betreiben wir bisher 14 Filialen. Wir haben jetzt beispielsweise in Berlin vier Filialen eröffnet, in Hannover ist ebenfalls eine neue Filiale eröffnet worden. Bisher sind wir mit neun Filialen sehr stark in Nordrhein-Westfalen vertreten. Unser Netzwerk soll sukzessive erweitert werden, immer dort, wo uns Standorte attraktiv erscheinen.

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