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Börsensteuer- besteht jetzt Handlungsbedar für Berater und Anleger?

Nachdem die Bundesregierung seit einiger Zeit überlegt, ob und in welcher Weise eine über die Bankenabgabe hinausgehende Besteuerung von Finanzgeschäften in Deutschland eingeführt werden soll, stellt sich für die Kundengruppe der Privatanleger die Frage, in welcher Weise sie von einer solchen Besteuerung persönlich betroffen sein könnten.

Zu einer zusätzlichen Verunsicherung der Anleger dürften das umfangreiche Medienecho für solche Pläne ebenso beigetragen haben wie konträre Ansichten in der Regierungskoalition zu den beiden Alternativkonzepten: Finanzaktivitätssteuer (FAS) sowie Finanztransaktionsteuer (FTS) vor dem Hintergrund der uneinheitlichen Beurteilung der Konzepte auch durch die Kreditwirtschaft.

Internationaler Währungsfonds favorisiert Finanzaktivitätssteuer

Vor dem Hintergrund dieser für den Bankkunden schwer zu bewertenden, ihn aber beunruhigenden Diskussionen werden nachfolgend zunächst die beiden Konzepte kurz erörtert, der derzeitige Stand der Umsetzungspläne der Bundesregierung dargestellt und anschließend die möglichen Auswirkungen für die Privatanleger diskutiert.

Bei der vom Internationalen Währungsfonds (IWF) favorisierten FAS handelt es sich um eine "Sondersteuer" auf die Gewinne und Gehaltszahlungen von Finanzinstitutionen, mit der diese an den Kosten der Finanzmarktkrise beteiligt werden sollen. Hierbei wird ein Steuersatz von zwei Prozent diskutiert. Daneben könnte die FAS mit einer Lenkungsfunktion versehen werden, um die Finanzinstitutionen von risikoreichen Geschäften abzuhalten. Dies würde voraussetzen, dass sie nicht als pauschale Abgabe auf den Gesamtgewinn erhoben wird, sondern gezielt Gewinne aus einzelnen Geschäftstätigkeiten besteuert werden. Im Gespräch ist auch, die FAS nur "überhöhte" Gewinne erfassen zu lassen.

Finanztransaktionssteuer soll spekulative Aktivitäten eindämmen

Bei der FTS, die derzeit das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) vehement vertritt, soll auf Transaktionen mit Wertpapieren sowie Anteile an Investmentfonds, Devisen und Derivaten eine Steuer erhoben werden, um hektische, spekulative Finanzaktivitäten einzudämmen. Im Gespräch sind hierbei Steuersätze von 0,01 bis 0,1 Prozent. Hierbei wird auch vorgeschlagen, Transaktionen von Privatanlegern von der FTS auszunehmen.

Die Vertreterin des WIFO hat bei der Anhörung zur FTS vor dem Deutschen Bundestag am 17. Mai 2010 das jährliche Steueraufkommen für Deutschland bei einem Steuersatz von 0,01 Prozent auf rund zwölf Milliarden Euro geschätzt. Das konkrete Steueraufkommen hängt neben dem Steuersatz auch davon ab, ob Ausweichmöglichkeiten in einzelne Länder verbleiben.

Das Bundeskabinett hat auf seiner Sparklausur am 6. und 7. Juni dieses Jahres auch zwei konkrete Vorhaben angekündigt, mit der eine Haftung der Finanzmarktbranche angesichts der Finanzmarktkrisen erreicht werden soll. Zum einen will die Bundesregierung jetzt zügig die gesetzlichen Voraussetzungen für die bereits im März beschlossene Bankenabgabe schaffen, die in einen Restrukturierungsfonds einfließen soll. Zum anderen sollen weitere Maßnahmen zur Kostenbeteiligung der Finanzmarktbranche auf den Weg gebracht werden.

Umsetzung in Deutschland bis 1. Januar 2012

Da die Bundesregierung eine internationale Vorgehensweise für sinnvoll hält, hat sie sich einen großzügigen Zeithorizont gesetzt und strebt die Umsetzung einer Lösung erst bis 1. Januar 2012 an. Die Bundesregierung setzt das jährliche Aufkommen aus dieser "Beteiligung des Bankensektors an den Kosten der Finanzmarktkrise" auf zwei Milliarden Euro ab dem Jahr 2012 an. Beobachter gehen davon aus, dass es sich bei dieser Maßnahme um die Transaktionssteuer handeln wird.

Eine einvernehmliche Lösung auf internationaler Ebene ist allerdings unwahrscheinlich, da die Regierungen die einzelnen Konzepte sehr unterschiedlich beurteilen. Nach dem jetzigen Diskussionstand dürfte sich damit die FTS allenfalls EU-weit realisieren lassen. Denkbar wäre auch ein kombinierter Einsatz von FTS, FAS und Bankenabgabe: Die Regierungen könnten versucht sein, die Finanzmärkte über die Einführung der FTS zu regulieren und zusätzlich über die FAS oder Bankenabgabe die Finanzinstitutionen bei den Krisenkosten mit in die Pflicht zu nehmen. Diesen Weg scheint die Bundesregierung derzeit gehen zu wollen.

Da die Bundesregierung eine über die Bankenabgabe hinausgehende Besteuerung von Finanzgeschäften frühestens zum 1. Januar 2012 vorgesehen hat und die konkrete Ausgestaltung völlig offen ist, besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf für den Privatanleger.

Zu den Auswirkungen der diskutierten Konzepte sind jedoch folgende generelle Aussagen aus Sicht des deutschen Anlegers möglich: Wird - wie jetzt von der Bundesregierung vorgesehen - lediglich eine Abgabe von den Finanzinstituten erhoben, ergeben sich keine direkten Auswirkungen für den Anleger. Dies gilt gleichermaßen für eine Bankenabgabe, die FAS oder eine auf Banken beschränkte FTS. Eine solche Abgabe hat damit keine unmittelbare Bedeutung für Anlageentscheidung und Anlagerendite der Anleger.

Angesichts der Finanznöte der öffentlichen Kassen kann nicht ausgeschlossen werden, dass es doch zur Einführung einer FTS kommt, die auch Transaktionen von Privatanlegern umfasst. Eine solche Abgabe würde zwar eine Zusatzbelastung für den Anleger darstellen. Allerdings dürfte diese bei einem Steuersatz von 0,01 bis 0,1 Prozent kaum ins Gewicht fallen - falls der Anleger nicht rein kurzfristig orientiert ist.

Auswirkungen für das Kundengeschäft nicht zu erwarten

Auswirkungen für das Kundengeschäft der Kreditinstitute sind daher durch die FTS insoweit nicht zu erwarten, da das zur Verfügung stehende Anlagenspektrum aus steuerlicher Sicht unverändert angeboten werden kann. Die FTS kann im Übrigen bei einem späteren Verkauf des Anlageprodukts bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns eines deutschen Anlegers gewinnmindernd berücksichtigt werden.

Bankkunden, die im erheblichen Umfang Daytrading betreiben, könnten erwägen, solche Geschäfte künftig über eine Bank an einem Finanzplatz abzuwickeln, an dem keine FTS erhoben wird - um trotz der geringen Margen bei solchen Geschäften noch eine ausreichende Rendite zu erzielen.

Neben den möglichen Zusatzkosten muss der Anleger hierbei auch steuerliche Konsequenzen bedenken: Daytrading-Einkünfte unterliegen der Abgeltungssteuer, soweit die Grenze zur Gewerblichkeit nicht über schritten wird.

Verlagerung der Daytrading-Aktivitäten ohne materielle Bedeutung

Erfolgen die Transaktionen über ein inländisches Kreditinstitut, führt die Bank die Abgeltungsteuer automatisch ab, sodass der Anleger in der Regel kaum Deklarationspflichten zu erfüllen hat. Bei Abwicklung über eine ausländische Bank wird hingegen keine Abgeltungsteuer einbehalten: Der Anleger muss die steuerpflichtigen Einkünfte selbst ermitteln und deklarieren, damit das Finanzamt im Nachhinein die Abgeltungsteuer erheben kann. Nach unserer Beurteilung dürfte die mögliche Ver lagerung von Daytrading-Aktivitäten dieser speziellen Kundengruppe keine materielle Bedeutung für die deutsche Kreditwirtschaft haben.

Kommt es bei Einführung der FTS tatsächlich zu dem gewünschten Rückgang des Handelsvolumens, können sich dadurch Preisreaktionen ergeben. Empirische Studien lassen allerdings bislang keinen Rückschluss darauf zu, ob und in welchem Umfang die FTS etwa zu sinkenden oder steigenden Wertpapierkursen führen wird. Des Weiteren könnte die FTS die Rendite spezifischer Anlageprodukte negativ beeinflussen. Nicht auszuschließen ist, dass die Kreditinstitute die Konditionen ihrer Leistungen für Privatanleger zulasten der Bankkunden anpassen müssen, wenn sich die neu eingeführten Abgaben spür bar auf ihre Rahmenbedingungen auswirken.

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