Aufsätze

Finanztransaktionssteuer - ein Blick auf die Erfahrungen anderer Länder

"The introduction of a substantial government transfer tax on all transactions might prove the most serviceable reform available, with a view of mitigating the predominance of speculation over enterprise." Dieses Zitat stammt von keinem geringeren als John Maynard Keynes, (General Theory of Employment, Interest and Money, 2006, reprint, Chapter 12 Long-Term Expectation, VI, S. 143). Seit dem Ausbruch der Weltfinanzkrise 2007 hat die Diskussion über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer (FTS) zunehmend an Relevanz gewonnen.1) So erwägen neben der Bundesregierung, die EU sowie zahlreiche andere Staaten und Institutionen die Erhebung einer Steuer auf Finanztransaktionen.

Eindämmung kurzfristig-spekulativer Handelsaktivitäten

Das Hauptziel der Einführung einer FTS ist in der Eindämmung der als unerwünscht und schädlich erachteten Finanzmarktspekulation zu sehen. So sollen durch die Erhebung einer Steuer auf Finanztransaktionen kurzfristig-spekulative Handelsaktivitäten eingedämmt und somit ein (vermeintlicher) Betrag zur Stabilität des Finanzsystems geleistet werden.2) Zugleich soll das Steueraufkommen dazu beitragen, die finanziellen Folgen der Finanzkrise für den Staat zu mindern und zugleich zukünftige Budgetdefizite zu verringern.

Es handelt sich bei der Finanztransaktionssteuer um eine Kapitalverkehrsteuer, die ihren Ursprung in der vom Nobelpreisträger James Tobin nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems 1972 veröffentlichten Idee der Einführung einer (sehr niedrigen) Steuer auf sämtliche internationalen Devisengeschäfte hat. Während die sogenannte Tobin-Steuer zum Ziel hatte, kurzfristige Spekulationen auf Währungsschwankungen durch eine internationale und multilaterale Lenkungsabgabe auf alle Devisentransaktionen einzudämmen, sieht die gegenwärtig diskutierte generelle Finanztransaktionssteuer eine hoheitlich auferlegte Abgabe auf börsliche und außerbörsliche Transaktionen vor.3) Es handelt sich bei der Tobin-Steuer insofern um eine Steuer auf spezifische Finanztransaktionen, wohingegen die generelle FTS sämtliche Transaktionen mit Finanzwerten wie Aktien, Renten, Finanz- und Rohstoffderivaten sowie Devisen mit einer Steuer belastet, sodass deren Anwendungsbereich deutlich weiter ist.

Eine FTS ist in Deutschland nicht unbekannt. So existierte in der Bundesrepublik bis einschließlich 1990 mit der Börsenumsatzsteuer eine spezielle Form einer FTS, die auf Umsätze mit Gesellschaftsrechten an Kapitalgesellschaften im Sekundärmarkt (zum Beispiel Aktienerwerb an Börsen, Erwerb von GmbH-Anteilen vom Vorbesitzer) erhoben wurde.4) Die Börsenumsatzsteuer wurde vor dem Hintergrund eines möglichen Wettbewerbsnachteils für den Finanzplatz Deutschland durch das Finanzmarktförderungsgesetz 1991 in Deutschland abgeschafft. Auch hier ist der Anwendungsbereich der generellen FTS deutlich weiter.

Abgrenzung von der Bankenabgabe

Es kommt bei der generellen FTS somit nicht zu einer Besteuerung der Finanzinstitutionen, sondern vielmehr zu einer Besteuerung der einzelnen Transaktionen. Dies grenzt insofern die FTS von der Bankenabgabe ab. Die Bankenabgabe belastet demzufolge Kreditinstitute, während die FTS einzelne Transaktionen belastet. In der politischen Diskussion ist man sich einig, dass eine Bankenabgabe der Einführung einer FTS nicht entgegensteht. Vielmehr soll die Bankenabgabe durch eine generelle FTS ergänzt werden (Abbildung).

Die generelle FTS steht gewissermaßen in Konkurrenz zu der vom IWF favorisierten Finanzaktivitätssteuer, die eine spezifische Steuer nur auf Gewinne aus einzelnen Aktivitäten und Vergütungen der Kreditinstitute darstellt.5) Die Finanzaktivitätssteuer führt wie die Bankenabgabe zu einer Belastung des Eigenkapitals der Banken und träfe insofern nicht direkt den Privatanleger. Es wird hierbei ein Steuersatz von zwei Prozent diskutiert.6) Zu befürchten ist jedoch, dass die Kreditinstitute diese Abgabe auf ihre Kunden umlegen würden.

Die Auflistung in Tabelle 1 zeigt eindrucksvoll, dass die FTS alles andere als eine exotische Steuer darstellt. Ein Großteil der Staaten hat in der ein oder anderen Form eine Transaktionssteuer auf Geschäfte mit Wertpapieren aller Art. Bedeutende Ausnahmen hiervon bilden jedoch Deutschland, Japan und insbesondere die USA. Ob eine FTS auch in Deutschland oder Europa eingeführt werden könnte, wie aktuell diskutiert wird, und welche Gefahren und Probleme dabei beachtet werden müssen soll im Folgenden anhand eines negativen Beispiels (Schweden) und eines positiven Beispiels (Großbritannien) erläutert werden, um aus den dort gemachten Erfahrungen Rückschlüsse zu ziehen.

Erfahrungen in Schweden

In Schweden gab es von 1984 bis 1991 eine FTS, die in dieser Zeit mehrmals geändert und angepasst wurde. Die Einführung erfolgte damals auf Druck von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern; Unternehmensvertreter und das schwedische Finanzministerium waren zwar gegen die Steuer, konnten sich aber gegen das Argument der Befürworter, den "exorbitanten" Gehältern für "unproduktive" Tätigkeiten in der Finanzbranche Einhalt zu gebieten, nicht durchsetzen.7)

Zunächst umfasste die Steuer nur den Aktienhandel und Derivatetransaktionen. Aktienkäufe und -verkäufe wurden jeweils mit einer Steuer in Höhe von 0,5 Prozent belastet, sodass die gesamte Transaktion mit 1 Prozent besteuert wurde. Da der Handel mit Aktienoptionen als besonders nutzlos eingestuft wurde, betrug die Steuer auf Aktienoptionen zum einen 2 Prozent des Optionspreises und auf der anderen Seite wurde bei Ausübung der Option zusätzlich noch die Steuer in Höhe von 1Prozent auf Aktienkauf und -verkauf fällig. Da die schwedische FTS einer Art Verbrauchssteuer gleichen sollte, sollte auch nur der "finale Handel" besteuert werden. Handelsaktivitäten zwischen Händlern wurden demgemäß freigestellt.8) Zum 1. Juli 1986 wurde der Gesamtsteuersatz schließlich auf nunmehr 2 Prozent erhöht. Später wurde dann auch noch die Bemessungsgrundlage deutlich ausgeweitet. So unterlagen ab 1987 zunächst auch Transaktionen zwischen Händlern der Steuer, und 1989 wurde die FTS sodann auch auf festverzinsliche Wertpapiere ausgeweitet. Erfasst waren danach auch Staatspapiere und Wertpapiere, die in irgendeiner Weise auf Staatspapieren basierten. Jedoch war der Steuersatz für festverzinsliche Wertpapiere auf höchstens 0,15 Prozent des Nominalwertes begrenzt; um eine Laufzeitenneutralität herzustellen wurden die festverzinslichen Papiere in Abhängigkeit von ihrer Fälligkeit besteuert. Je länger die Laufzeit, desto höher der Steuersatz. Die Entwicklung des Steueraufkommens Schwedens ist aus Tabelle 2 ersichtlich.

Durch die Verdopplung des Steuersatzes in Schweden kam es entgegen der Erwartungen nur zu einer Erhöhung des Steueraufkommens um 22 Prozent.9) Als Hauptursache dafür wurden starke Vermeidungsreaktionen der an den Finanzmärkten aktiven Personen und Unternehmen ausgemacht. Insbesondere wurden große Teile des Handels nach London ausgelagert. So soll bereits kurz nach der Verdopplung des Steuersatzes im Jahr 1986 bereits 60 Prozent des Handelsvolumens der elf größten schwedischen Aktien nach London abgewandert sein, was über 30 Prozent des gesamten schwedischen Handelsvolumens entsprach. Bis 1990 verringerte sich das Handelsvolumen in Schweden sogar um fast 50 Prozent.10) Auch für andere Steuern, wie etwa die Kapitalertragsteuer blieb dies nicht folgenlos; die Steuereinnahmen gingen hier nämlich so deutlich zurück, dass die Steuereinnahmen aus der FTS teilweise überkompensiert wurden.11)Eine weitere Konsequenz der schwedischen FTS bestand darin, dass besteuerte Wertpapiere zunehmend durch Wertpapiere substituiert wurden, die nicht der FTS unterlagen.

Besonders die Ausweitung der Bemessungsgrundlage auf festverzinsliche Wertpapiere brachte die schwedischen Finanzmärkte fast ganz zum Erliegen. Nach dieser Ausweitung ab 1989 brach das Handelsvolumen mit festverzinslichen Wertpapieren gegenüber dem Niveau von 1987 innerhalb einer Woche um zirka 85 Prozent ein, der Handel mit Futures auf diese Papiere sogar um 98 Prozent und das Optionsgeschäft existierte praktisch nicht mehr.12) Die schwedische Notenbank war hierdurch nicht mehr befähigt, eine effektive Geldpolitik durchzuführen.13) Gleichzeitig erhöhten sich die staatlichen Refinanzierungskosten spürbar.

Aufgrund dieser negativen Folgewirkungen ging die Unterstützung für die FTS sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung dramatisch zurück. Mit Beginn im Frühjahr 1990 wurde bis Ende 1991 die schwedische FTS auf Finanzmarktinstrumente schrittweise wieder abgeschafft. In den Folgejahren kehrte das Handelsvolumen schließlich wieder nach Schweden zurück.14) Schweden hat seither keine Bestrebungen unternommen eine FTS wieder einzuführen. Auch im Hinblick auf die derzeitige Diskussion über die Einführung einer europäischen FTS ist Schweden äußerst skeptisch.

Im Rahmen der Diskussion um die Einführung einer FTS wird häufig die Börsenumsatzsteuer in Großbritannien als Erfolgsbeispiel angeführt. So wird in England neben der bereits seit 1694 bestehenden, jedoch in 2003 bis auf wenige Ausnahmen weitestgehend abgeschafften Stamp Duty auch die im Rahmen des Finance Act 1986 eingeführte sogenannte Stamp Duty Reserve Tax (SDRT) bei der Übertragung von Geschäftsanteilen und Wertpapieren zusätzlich erhoben. Während die Stamp Duty als eine Stempelsteuer bei der Übertragung von Geschäftsanteilen und Wertpapieren die in einer zertifizierten Form gehalten werden und deren Transfer nur mittels eines physischen Formulars (Stock Transfer Form) möglich ist, erhoben wird, beschränkt sich die SDRT auf den Kauf von Aktien, börsenfähigen Wertpapieren und bestimmten Geschäftsanteilen bei elektronischen Transaktionen. Trotz der Bezeichnung als Stempelsteuer handelt es sich bei der SDRT um eine reine Transfersteuer.

Da es sich bei der Übertragung von Wertpapieren und Geschäftsanteilen üblicherweise um elektronische Transaktionen ohne die Notwendigkeit eines physischen Übertragungsformulars handelt, nimmt die SDRT im Verhältnis zur Stamp Duty die bedeutendere Rolle ein. Dies spiegelt sich nicht zuletzt auch im Steueraufkommen der SDRT im Verhältnis zur Stamp Duty wider. Steuersätze der Stempel- und Stempelersatzsteuer (in Prozent des Kaufpreises) sind der Tabelle 3 zu entnehmen. Die Sätze der SDRT wurden seit 1986 nicht geändert. Der Satz von 1,5 Prozent gilt quasi als "exit charge" und kommt unter anderem dann zur Geltung, wenn auf Finanzprodukte umgestiegen wird, auf die keine SDRT anfällt.

Zahlreiche Ausnahmen vom Anwendungsbereich

SDRT wird generell nur auf das Eigentum von einer Finanzanlage erhoben. Es handelt sich um eine Transaktionssteuer, die unabhängig vom Ort der Transaktion und der Ansässigkeit des Erwerbers erhoben wird. Maßgeblich ist lediglich, ob es sich bei dem erworbenen Anteil um den eines in Großbritannien ansässigen Unternehmens handelt. Demnach sind alle Transaktionen mit Aktien oder Wertpapieren, die nicht von in Großbritannien ansässigen Unternehmen stammen, vom Anwendungsbereich der SDRT ausgenommen, unabhängig davon, ob die Transaktion in Großbritannien stattfindet.

Es bestehen zahlreiche Ausnahmen vom Anwendungsbereich der SDRT. Hierbei handelt es sich unter anderem um britische Staatspapiere, von Gebietskörperschaften ausgegebene Wertpapiere, ausländische Wertpapiere, Transaktionen wohltätiger Einrichtungen und durch zugelassene Vermittler einschließlich Wertpapierhändler, Investmentbanken sowie anderen Mitgliedern der London Stock Exchange, Inhaberanleihen und CFD-Transaktionen. Transaktionen von Derivaten unterliegen ebenfalls nicht der SDRT. Steuersubjekt der SDRT ist der Käufer der Anteile. Nur im Falle der Erstemission hat der Emittent der Wertpapiere die Steuerbelastung der SDRT zu tragen.

Die Steuererhebung erfolgt im Zuge des elektronischen Transaktionssystems der Londoner Stock Exchange automatisch. Dies ist auch der Grund für die äußerst niedrigen administrativen Kosten für die Erhebung der SDRT.15) Die Entwicklung des Steueraufkommens in Großbritannien ist aus Tabelle 4 ersichtlich.

Die Beurteilung der FTS in Großbritannien fällt unterschiedlich aus. So erscheint zum einen die SDRT mit ihrer nun fast 25-jährigen Geschichte und der ungebrochenen Bedeutung des Finanzplatzes London als internationalem Finanzzentrum, als das Musterbeispiel für die erfolgreiche Umsetzung einer Steuer auf Finanztransaktionen. Auch das Steueraufkommen von mehr als drei Milliarden GBP sowie die Einfachheit der administrativen Umsetzung der SDRT sprechen für den Erfolg der Steuer.16)

Die SDRT ist jedoch insbesondere von Seiten verschiedener Finanzmarktakteure in Großbritannien zum Teil erheblicher Kritik ausgesetzt worden. So hat nicht zuletzt die London Stock Exchange bereits mehrfach die britische Regierung aufgefordert, die Besteuerung von Finanztransaktionen zu beseitigen. Es bestehen in Bezug auf die SDRT Bedenken, dass diese zu einer schädlichen Reduzierung der Marktliquidität sowie zu einer allgemeinen Absenkung der Aktien- und Wertpapier-Kurse führt.17)

Schlussfolgerungen für Deutschland und die EU

Die Vorbehalte gegenüber der SDRT sind nicht unbegründet. Dennoch haben sich in Großbritannien die negativen Auswirkungen der Steuer auf Finanztransaktionen auf den Finanzplatz London offensichtlich jedoch nicht eingestellt. Grund hierfür ist wohl auch in den umfangreichen Ausnahmeregelungen der SDRT sowie der Stamp Duty zu sehen. Die Nichterfassung von Derivaten unter die FTS allein schließt einen signifikanten Anteil der Transaktionen aus dem Anwendungsbereich der Steuer aus. So haben Investoren zunehmend nach Ausweichhandlungen gesucht und diese in Derivaten, wie insbesondere in dem wachsenden Markt an CFDs gefunden.

Die Erfahrungen aus Großbritannien zeigen, dass administrative Bedenken unbegründet sind und dass kaum negative Konsequenzen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erwarten wären. Andererseits zeigt das Beispiel von Schweden, dass es für eine deutsche oder europäische FTS entscheidend ist, Ausweichmöglichkeiten auf Substitute signifikant einzuschränken. So konnten etwa die Aktien schwedischer Unternehmen über ausländische Broker steuerfrei gehandelt werden, über schwedische aber nicht. Dies führte zur Abwanderung ins Ausland.

Eine FTS muss somit auf Wertpapiere eines Unternehmens angewandt werden, unabhängig davon, wo diese gehandelt werden. Vorgeschlagen wird hierbei, die Steuerpflicht für eine FTS zum einen an den Sitz des Unternehmens, dessen Wertpapiere gehandelt werden und zum anderen an die Staatsangehörigkeit18) des Käufers/Verkäufers zu knüpfen. Für Ausweichhandlungen bestünden somit hohe und kostspielige Hürden (Sitzverlegung für Unternehmen beziehungsweise Wechsel der Staatsangehörigkeit). Einfacher ist die Umgehung der FTS durch andere, steuerfreie Wertpapiere im Inland. Werden nicht alle Produkte von der FTS erfasst, so werden stets Anreize gesetzt, auf die steuerfreien Aktien oder Wertpapiere auszuweichen. Die Bemessungsgrundlage sollte somit möglichst umfassend sein; insbesondere Finanzprodukte, die gegeneinander substituiert werden können, dürfen im Hinblick auf die Erfassung durch die FTS nicht unterschiedlich behandelt werden, da anderenfalls gravierende Verzerrungen eintreten könnten.

Werden also Ausweichanreize durch die oben angedeuteten Maßnahmen minimiert, so ist eine Einführung einer FTS innerhalb der EU beziehungsweise auch nur in Deutschland möglich, auch wenn eine FTS die ihr zugedachten Ziele natürlich dann am besten erreichen kann, wenn diese zumindest auf europäischer, bestenfalls auf globaler Ebene umgesetzt wird. Jedoch spricht auch die Tatsache, dass bereits jetzt viele andere bedeutende Länder und Wirtschaftsregionen auf dieses Mittel zurückgreifen (vgl. Tabelle 1) dafür, dass Wettbewerbsbeeinträchtigungen oder andere Gefahren einer FTS häufig stark dramatisiert werden und übertrieben sind. Denn jede Steuer geht mit negativen Konsequenzen einher. Die einer FTS sind überschaubar, möglicherweise sogar lenkungstechnisch gewollt und ökonomisch sinnvoll.19)

Eine Differenzierung des Steuersatzes zwischen verschiedenen Arten von Finanzprodukten sowie Ausnahmen von der Anwendung der FTS sollten stark eingeschränkt sein, um Ausweichhandlungen zu vermeiden. Fraglich ist jedoch, wie der Erfolg der Besteuerung von Finanztransaktionen in Großbritannien auf die Eindämmung der Finanzspekulation zu werten ist. Dies ist zwar nicht erklärtes Ziel der SDRT oder der Stamp Duty, muss jedoch bei der Einführung einer deutschen beziehungsweise europäischen Steuer auf Finanztransaktionen bedacht werden, da die dortige Zielsetzung dies verlangt.

Widerstand Großbritanniens überraschend

Nicht zufällig wurden hier die Länder Schweden und Großbritannien als Beispiele herangezogen. Denn in den aktuellen Bestrebungen zu einer EU-weiten Einführung einer FTS stellen diese beiden Länder die entscheidenden Gegner einer solchen Steuer dar.20) Im Falle von Schweden ist diese kritische Haltung gegenüber einer europäischen FTS durchaus verständlich, da die eigenen Erfahrungen wenig erfolgreich waren. Jedoch können ähnliche schädliche Ausweichreaktionen wie in den achtziger Jahren die Abwanderungsströme nach London durch eine sinnvollere Ausgestaltung der Steuer vermieden werden, wie aufgezeigt wurde.

Der Widerstand Großbritanniens gegen eine europaweite FTS ist dagegen überraschend, da es in diesem Land bereits seit Jahrzehnten eine solche Steuer - zugegebenermaßen mit einigen Löchern in der Bemessungsgrundlage - gibt, mit einem durchaus signifikanten Steueraufkommen und ohne offensichtlichen Schaden für den Finanzplatz London. Möglicherweise geht es hier jedoch insbesondere um Kompetenzstreitigkeiten zwischen nationalen und europäischen Behörden und speziell um die Frage, welchem Haushalt, dem nationalen oder dem europäischen, das Steueraufkommen zustehen soll. Ob eine Einführung aber auf Ebene der EU möglich ist, scheint nach den jüngsten Entwicklungen fraglich.21)

Fußnoten

1) Vgl. Gerke, BB Nr. 18/2010, S. 1; von Rosen, BB Nr.27/2010, S. 1.

2) Vgl. Wahl/Waldow, Devisenumsatzsteuer - Ein Konzept mit Zukunft, 2001, S. 5ff.; Schulmeister, Overcoming Short-termism, 09/2009, S. 1ff.

3) Vgl. Schulmeister, in: WIFO (Hrsg.), Eine generelle Finanztransaktionssteuer, 2009, S. 2f.

4) Vgl. Strodthoff, Die Börsenumsatzsteuer - ein Grundriss, 3. Auflage 1976, S. 5ff.

5) Vgl. IMF, A fair and substantial contribution by the financial sector, 06/2010.

6)Vgl. Bühl, Bank und Markt 2010, S. 14ff.

7) Vgl. Campbell/Froot, in: Frankel, The Internationalization of Equity Markets 1994, S. 277 (280).

8) Vgl. Campbell/Froot, in: Frankel, The Internationalization of Equity Markets 1994, S. 277 (281).

9) Vgl. Habermeier/Kirilenko, in: Honohan, Taxation of Financial Intermediation, 2003, S. 325 (331).

10) Vgl. Umlauf, Journal of Financial Economics 1993, S. 227 (229f.).

11)Vgl. Tewari, Economic and Political Weekly 2004, S. 4406 (4409).

12) Vgl. Campbell/Froot, in: Frankel, The Internationalization of Equity Markets 1994, S. 277 (288).

13) Vgl. Tewari, Economic and Political Weekly 2004, S. 4406 (4409).

14) Vgl. Campbell/Froot, in: Frankel, The Internationalization of Equity Markets 1994, S. 277 (288).

15) Vgl. Hawkins/McCrae, Stamp Duty on Share Transactions: Is there a Case for Change?, The Institute for Fiscal Studies Commentary, 2002 (89).

16) Vgl. Baker, The Benefits of a Financial Transactions Tax, cepr. 12/2008, S. 1.

17) Vgl. Hawkins/McCrae, Stamp Duty on share transactions: is there a case for change?, Institute for Fiscal Studies, 06/2002.

18) So Summers/Summers, Journal of Financial Services Research 1989, S. 261 (280).

19) Vgl. zur ökonomischen Wünschbarkeit einer FTS: Stiglitz, Journal of Financial Services Research 1989, S. 101ff. und Summers/Summers, Journal of Financial Services Research 1989, S. 261ff.

20) Vgl. Handelsblatt vom 25. August 2010, S. 10. 21) So sind nach dem EU-Gipfel vom 7. September 2010 die Chancen einer europäischen FTS weiter gesunken, vgl. Handelsblatt vom 8. September 2010, S.13.

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