Aus der Finanzwerbung

bum-Analyse: Finanzwerbung in Krisenzeiten

Die Inhalte bleiben gleich

Von Werner Netzel, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V., Berlin - Die aktuelle Finanzmarktkrise und ihre Bedeutung für die Markenführung in der Finanzmarktbranche lassen sich gut mit dem Sprichwort "Bäume wachsen nicht in den Himmel" und dem Schlagwort "Back to the roots" auf den Punkt bringen. Nur wer eine starke Marke mit klaren Werten besitzt oder sich auf die Werte besinnt, die die Marke stark gemacht haben, wird aus der Finanzmarktkrise ohne langfristige Blessuren hervorgehen.

Markenführungsinstrumente als Frühwarnsysteme

Wir glauben, dass die Sparkassen die Krise auch dank ihrer erfolgreichen Markenstrategie bislang gut überstanden haben. Dies zeigen nicht zuletzt die Ergebnisse der aktuellen Umfragen, nach denen die Marke Sparkasse auch und gerade in der Finanzmarktkrise das größte Vertrauen unter den Finanzdienstleistern genießt (siehe Abbildung 1).

Warum wird der Marke Sparkasse so viel Vertrauen entgegen gebracht? Weil die Sparkassen es geschafft haben, ihrem Selbstverständnis seit ihren Ursprüngen vor über 200 Jahren treu zu bleiben und ihre Marke jeweils zeitgemäß so weiterzuentwickeln, dass ihre Identität nicht verloren geht. Während früher die Marke eher "intuitiv" geführt wurde, kommen heute moderne Markenführungsinstrumente zum Einsatz:

So haben die Sparkassen ihr langjähriges Erfolgsmuster mit Hilfe des Modells des "Genetischen Codes" entschlüsseln lassen. Ergebnis sind einzelne genetische Bausteine, die jeweils durch aktuelle, ganz konkrete Leistungen der Sparkassen mit Leben erfüllt werden. Das Modell ermöglicht es den Sparkassen, die Marke stringent zu führen und kann verhindern, dass Leistungen angeboten werden, die der Marke schaden. In diesem Sinne ist es auch ein Instrument zur Krisenprävention.

Darüber hinaus bildet die Markensatzung ein wichtiges Markenführungsinstrument. Sie legt beispielsweise fest, wer die Kollektivmarken des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes nutzen darf. Dadurch kann sichergestellt werden, dass dort wo "Sparkasse drauf steht, auch Sparkasse drin ist".

Zuwachssparen ist nicht sexy, aber verlässlich

Gerade in Krisenzeiten zeichnet sich eine gute klassische Werbung durch Glaubwürdigkeit aus. Die Sparkassen bewerben auf der Grundlage ihrer bereits im vergangenen Jahr beschlossenen Jahresplanung zurzeit das Thema Altersvorsorge und das Sparprodukt "Sparkassen-Zuwachssparen". Wenngleich der Werbeauftritt der Sparkassen hinsichtlich Kreation und Effizienz in der Branche immer wieder Maßstäbe setzt - so wurde beispielsweise die Kampagne "Sparkassen-Finanzkonzept/Helikopter" in diesem Jahr mit dem begehrten Werbepreis, dem Effie, ausgezeichnet -, bleiben die Inhalte die seit jeher typischen Themen der Sparkasse: sichere Vorsorge und Vermögensbildung.

Das "Zuwachssparen" besteht aus einer Einmalanlage mit steigendem Zinssatz. Dieses klassische Sparprodukt wird von vielen Sparkassen bereits seit Jahrzehnten angeboten. Es ist nicht unbedingt "sexy", aber verlässlich und nachvollziehbar. Eigenschaften, die heute aufgrund des gestiegenen Sicherheitsbedürfnisses der Kunden, wieder im Vordergrund stehen (siehe Abbildung 2).

Das Thema Altersvorsorge zählt angesichts der zunehmend weiter auseinandergehenden Schere zwischen Arm und Reich zu einer der wichtigsten gesellschaftspolitischen Herausforderungen. Gerade in Krisenzeiten haben die Sparkassen dabei eine besondere Verantwortung: Gehört es doch zur Sparkassenidee, insbesondere einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen eine sichere finanzielle Vorsorge für das Alter zu bieten.

Akute Krisen stellen immer auch besondere Anforderungen an Information und Kommunikation. Dies gilt im besonderen Maße für die internationale Finanzmarktkrise. Auch in den Geschäftsstellen der Sparkassen erkundigten sich Kunden unter anderem danach, wie sicher ihre Einlagen sind. Von Mitte September an wurde daher zentral ein umfassendes Kommunikationsangebot für die Sparkassen vor Ort entwickelt. Dazu zählen sowohl Materialien für die interne Kommunikation als auch Publikationen für die Kunden der Sparkassen sowie Multiplikatoren aus Politik, Wirtschaft und den Medien.

Informationsbroschüren zum Haftungsverbund stark nachgefragt

Derzeit werden insbesondere die aktuellen Informationsbroschüren für die Kunden der Sparkassen-Finanzgruppe stark abgerufen. Viele Sparkassen stellen diese Publikationen auch zum Download auf ihrer Homepage bereit.

Inhaltliche Schwerpunkte in den Publikationen bilden der Haftungsverbund der Sparkassen-Finanzgruppe sowie das solide Geschäftsmodell der Sparkassen. Der Haftungsverbund sichert die Einlagen der Kunden in vollem Umfang. Und das Geschäftsmodell der Sparkassen richtet sich auf private Kunden und den wirtschaftlichen Mittelstand in den Regionen.

Auf dieser Grundlage erzielen die Sparkassen stabile Eigenkapitalrenditen bei überschaubaren Risiken. Da sie mit ihrem Geschäftsmodell in der realen Wirtschaft verwurzelt sind, sind sie von den Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten nur wenig betroffen.

Kurshalten in der Markenführung

Gerade in den vergangenen Wochen entwickelte die Finanzmarktkrise eine eigene Dynamik. Nachrichten von gestern waren häufig am nächsten Tag schon wieder überholt. Kommunikationsinstrumente wurden daher kontinuierlich angepasst, weiterentwickelt und per E-Mail verschickt beziehungsweise online gestellt. Denn in Zeiten wie diesen kommt es auf fundierte Aussagen, Verständlichkeit und vor allem Schnelligkeit an.

Konsequentes Kurshalten in der Markenführung bewährt sich gerade in einem schwierigen Umfeld: Nachhaltige Investitionen in die Marke stellen eine gute Grundlage dar, um erfolgreich und glaubwürdig mit den Kunden in der Krise zu kommunizieren. Das Profil der Marke stand immer konsequent für eine langfristige Kundenorientierung und Verantwortung für die Region und ihre Bürger. Was gestern vielleicht noch etwas konservativ und traditionell daherkam, ist jetzt topmodisch: Sparkasse.

Geradlinigkeit und Durchhaltevermögen erforderlich

Von Yvonne Zimmermann, Abteilungsleiterin Markt, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. (BVR), Berlin - Ein Markenimage und Vertrauen in eine Marke aufzubauen ist ein langwieriger Prozess: Die Stärke einer Marke ist für die glaubwürdige interne wie externe Kommunikation von Unternehmenswerten von steigender Bedeutung. Für die Marke der Volksbanken Raiffeisenbanken ist die langfristige Mitglieder- und Kundenbindung ein zentraler Bestandteil und elementar für die strategische Ausrichtung des genossenschaftlichen Finanzverbunds. Die aktuelle Finanzmarktkrise stellt die Kommunikation aller Finanzdienstleister in ein anderes Licht und vor bisher unbekannte Herausforderungen.

Generell gilt: Zukunftsfähigkeit und langfristige Existenzsicherung für ein Unternehmen erfordern die Orientierung an einem transparenten Unternehmenszweck (Warum gibt es uns?), Unternehmenswerten (Für was stehen wir?), einer Vision (Was wollen wir erreichen?) und den daraus abgeleiteten Unternehmensleitsätzen (Wie erreichen wir unser Ziel?). Orientierung an transparentem Unternehmenszweck

Die Antworten auf diese Fragen und die Beweisführung einer Nachvollziehbarkeit können die Volksbanken und Raiffeisenbanken geben: Sie verfügen über ein klares Geschäftsmodell. Sie stehen aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und ihres genossenschaftlichen Förderauftrages auch heute für Vertrauen, Verantwortung, Unabhängigkeit, Stabilität, regionale Nähe - und sie sind als dezentrales Netzwerk "stark in der Gemeinschaft".

Dieser "genetische Code" bedingt und prägt die Unternehmensstrategie der genossenschaftlichen Organisation, Mitglieder und Kunden sowie deren Wünsche und Ziele in den Mittelpunkt der Finanzberatung zu stellen. Es ist der Mensch, der zählt. Die Optimierung der finanziellen Spielräume zur Verwirklichung seiner Lebensziele und seine Zufriedenheit sind der Auftrag an die Mitarbeiter der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Die Art der Beratung dabei ist individuell, qualitativ hochwertig und verlässlich; es werden passende Lösungen aus einem Finanzverbund geboten.

Durchhaltevermögen als Erfolgsfaktor

Die Führung einer Marke erfordert Geradlinigkeit und Durchhaltevermögen. Dies gilt für ein Umfeld des starken Wettbewerbs, gesättigter Märkte und ganz besonders in der Finanzmarktkrise. Hier muss es gelingen, eine Nutzenstiftung für den Kunden zu erzielen, die Unternehmensspezifität herauszuarbeiten, eine Nicht-Imitierbarkeit zu erreichen und Nicht-Substituierbarkeit zu schaffen.

Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben sich der gebotenen Kontinuität gestellt und dabei durchaus schwierige Jahre durchlebt: Preis- und Konditionenwettkämpfe, Globalisierungseffekte, Direktbanken et cetera erschwerten Marktanteilsgewinne. Das Halten der Marktanteile ging bisweilen zulasten der Ertragssituation. Eine Organisation, welche auf die persönliche Beratung setzt und damit auch gleichzeitig höhere Kosten für den stationären Vertrieb und die Mitarbeiter generiert, hat es in diesem wirtschaftlichen Umfeld doppelt schwer. So ist es nicht verwunderlich, dass in der Vergangenheit die genossenschaftlichen Werte eher milde belächelt wurden und es oft zu Rechtfertigungen für genau diese traditionelle Art und Weise Bankgeschäfte zu tätigen, kam.

Die Nähe zu den regionalen Wirtschaftsräumen, zu den Menschen vor Ort, schien plötzlich an Bedeutung zu verlieren. Eine Bewerbung dieser Werte schien nicht mehr auf Interesse zu stoßen, da der Markt mit immer pfiffigeren Finanzinnovationen, Konditionen und Lockangeboten überschwemmt wurde. In diesen Zeiten an den Markenwerten festzuhalten, gar die Stellgrößen Kommunikation, Vertrieb, Service sowie Kundenorientierung der Mitarbeiter als markenbildende Elemente beizubehalten, erschien geradezu töricht.

Glaubwürdigkeit der Kommunikation ist essenziell

Die Kontinuität, mit der die genossenschaftliche Bankengruppe ihre Werte lebt und kommuniziert, erweist sich aber als der richtige Weg. Die Finanzkrise hat zu einer Besinnung auf die fundamentalen Werte des Bankgeschäfts geführt. Als Chance sehen die Volksbanken und Raiffeisenbanken es deshalb an, ihre traditionellen Werte der Unternehmensstrategie und der Marke in der Öffentlichkeit mit einem neuen Selbstbewusstsein und Selbstverständnis zu kommunizieren.

Es dürfte hingegen für Verbraucher schwer nachvollziehbar sein, wenn jetzt Marktteilnehmer der Verunsicherung der Menschen durch eine vertrauensbildende Kommunikation und Werbung in einer Weise entgegenwirken wollen, die nichts mit den bisherigen Markenwerten dieser Unternehmen gemein hat. Für viele Anbieter ist es schwierig, glaubwürdig von einer vormals aggressiven Preisstrategie auf Aussagen umzuschwenken, die Begriffe wie Qualität oder das Argument der langfristigen, vertrauensvollen Kundenbeziehung enthalten.

Die Beweisführung dürfte in diesen Fällen durchaus schwer fallen, doch gerade diese braucht es, um die Menschen zu überzeugen und das verlorene Vertrauen wieder herzustellen. So verwundert es wenig, dass Versuche einiger Institute, eine zu den bisherigen Positionierungen differente Aussage zu platzieren, über ein Strapazieren der Begriffe Sicherheit und Vertrauen nicht hinaus führen. Hier ist Vorsicht geboten, will man das Image bei den Verbrauchern nicht gefährden.

Neues Wir-Gefühl unter den Genossenschaftsbanken

Wie eine aktuelle Studie der Psychonomics AG aufzeigt, haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken derzeit das beste Markenimage in der Bankenbranche. Wie kommt es gerade in den letzten drei Monaten zu solch einer positiven Veränderung der Wahrnehmung? Das Rezept ist einfach: Die Volksbanken und Raiffeisenbanken können mit Recht und mit der entsprechenden Beweisführung in der Werbung darstellen, welche Stärken dafür sprechen, Kunde bei einem dieser Institute zu sein.

Ganz nebenbei macht sich auch innerhalb der genossenschaftlichen Organisation ein wenig Stolz breit, nachhaltig auf die traditionellen Werte gesetzt, diese beibehalten und modernisiert zu haben. Das neue Wir-Gefühl: Genossenschaften. Nie war Nachhaltigkeit attraktiver. Diese Erkenntnis dringt zunehmend ins Bewusstsein der Verbraucher. Bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass auch auf lange Sicht dieses Bewusstsein für Qualität versus kurzfristige Renditegelüste anhält.

Der Blick auf Renditen wird realistischer

Von Barbara Lutz, Leiterin Marketing Privatkundengeschäft, Commerzbank AG, Frankfurt am Main - Die seit Monaten andauernde Finanzmarktkrise hat zu Kursverlusten an den Börsen und bei Anlegern zu erheblichen Unsicherheiten geführt. Die Berichterstattung der Medien ist geprägt von großer Dramatik. Zweifellos hat das Image der Banken ernsthafte Kratzer bekommen. Und wer wollte leugnen, dass das Vertrauen in das globale Finanzsystem stark gelitten hat? Aber ist deshalb das Vertrauen in die eigene Hausbank erschüttert? Ziehen die Kunden in Deutschland ihr Geld ab?

Die Einlagen bei der Commerzbank jedenfalls sind auch in den vergangenen Wochen weiter gestiegen, kaum ein Kunde legt sein Geld unter die Matratze. Allein im Oktober wurden wöchentlich mehr als 10 000 neue Kunden gewonnen. Das Verhalten der Kunden zeigt sich im Krisenverlauf konstant unaufgeregt und wird nicht unmittelbar von der Nachrichtenlage beeinflusst. Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem in der Öffentlichkeit gefühlten Drama auf der einen und der tatsächlichen, stabilen Beziehung der Kunden zu ihrer Hausbank auf der anderen Seite (siehe Grafik 1).

Wie stellt sich die aktuelle Situation für die Finanzdienstleistungsbranche dar? Es ist weiterhin viel Geld im Markt, für das Anlagemöglichkeiten gesucht werden. Die Sparquote in Deutschland ist und bleibt hoch. Klar ist auch: Derzeit geht Sicherheit vor, darum setzen Kunden im Moment verstärkt auf Tages- und Festgeldangebote. Die Finanzmarktkrise führt auch dazu, dass sich die Kunden wieder stärker für ihre Geldanlage interessieren und der Blick auf Renditen realistischer wird.

Hinweis auf Sicherheit der Gelder ruft noch mehr Misstrauen hervor

Wie verändern diese aktuellen Marktentwicklungen nun die Anforderungen an das Finanzmarketing? Kann die Krise schlicht ausgeblendet und weiter gemacht werden wie bisher? Sicherlich nicht. Gefragt sind vielmehr integrierte und sorgfältig aufeinander abgestimmte Ansätze, bei denen alle relevanten Abteilungen und Geschäftsbereiche konsequentes "Kundendenken" betreiben.

Bezogen auf unsere Branche bedeutet dies, dass das Marketing in der jetzigen Marktlage zwei Funktionen übernehmen muss: Einerseits sollte es kurzfristig den Zeitgeist treffen, also das Bedürfnis der Kunden nach Sicherheit aufgreifen und entsprechende Anlageformen in den Vordergrund rücken. Zum anderen haben die Marketingverantwortlichen die langfristig und strategisch wichtige Aufgabe, das Vertrauen ihrer Kunden in renditeträchtigere Anlageformen wieder zu stärken.

Dabei besteht jedoch kein Anlass für Aktionismus und Schnellschüsse - etwa für wortreiche Anzeigen, in denen versprochen wird: "Bei uns ist Ihr Geld sicher! " Vertrauenskrisen lassen sich nicht durch Imagekampagnen "wegwerben" - im Gegenteil: Wer in kritischen Situationen mit bunten Bildern und vielen Worten um Vertrauen wirbt, ruft nur noch mehr Misstrauen hervor. Vertrauen entsteht durch Transparenz und vor allem durch vertrauenswürdiges Verhalten - nachhaltiges Handeln, das klare Haltungen und wirkliches Interesse für die Bedürfnisse des Kunden zum Ausdruck bringt.

Verhalten der Kunden in der Krise analysieren

Wer Marketing macht, muss die Bedürfnisse seiner Kunden genau kennen. Diese Binsenweisheit gilt in Zeiten der Finanzmarktkrise mit ihren schnell wechselnden Szenarien noch mehr als sonst. Die Commerzbank hat ihre Marktforschung vor diesem Hintergrund in den vergangenen Wochen daraufhin ausgerichtet, das kurz- und mittelfristige Verhalten der Kunden und ihre Reaktion auf die Krise zu analysieren. Die Ergebnisse dieser Customer Insights zeigen, dass sich das Verhältnis zwischen Sicherheitsbedürfnis und Renditeerwartung derzeit neu austariert.

Es geht aber nicht nur um Sicherheit und Rendite. Zentrale Kundenbedürfnisse sind ebenso, von der eigenen Bank in die Lage versetzt zu werden, beim Kauf von Bankprodukten sicher entscheiden zu können und die Kontrolle zu behalten. Ebenso wichtig ist die von der Bank dem Kunden entgegengebrachte Wertschätzung und sein Bedürfnis, mit seinem individuellen Anliegen ernst genommen und verstanden zu werden. Im Vordergrund steht der Wunsch nach einer engeren Beziehung zum eigenen Bankberater. Daraus ergibt sich wiederum für die Banken die Chance für eine verstärkte und intensivere Beratung ihrer Kunden.

Kundenbeirat bringt Bedürfnisse der Verbraucher ein

Finanzmarketing sollte sich hier als Anwalt des Kunden verstehen. Der Kunde will stärker als früher involviert und seiner Lebenssituation entsprechend beraten werden. Er erwartet Transparenz in den Geschäftsprozessen seiner Bank. Und er will verstehen, was mit seinem Geld passiert. So werden in unseren Filialen derzeit mehr Beratungsgespräche geführt als zuvor. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Thema "Investor Education" nochmals an Gewicht.

Nicht hektischer Werbe-Aktionismus, sondern tiefgreifendes Kundenverständnis bildet die Erfolgsbasis für den Weg zu einer besseren Bank. Grundlage ist ein detailliertes Know-how über die aktuellen, aber auch die langfristig relevanten bankbezogenen Kundenbedürfnisse. Nur so können kurzfristig erfolgreiche wie auch langfristig nachhaltige, auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zugeschnittene Angebote entwickelt werden.

Zu einem integrierten Finanzmarketing gehören auch Kommunikationsplattformen, die Transparenz und Involvement der Kunden fördern. Deshalb hat die Commerzbank beispielsweise den Kundenbeirat für das Privatkundengeschäft ins Leben gerufen.

Mit dem Kundenbeirat für private Kunden will die Commerzbank die Kunden aktiver in die Gestaltung ihrer Leistungen und ihres Angebotes einbeziehen und damit die Kundenorientierung und die Kundenzufriedenheit langfristig steigern. Außerdem soll der Kundenbeirat einen wichtigen Beitrag zur Integration der Dresdner Bank und ihrer Kunden in die Commerzbank leisten, indem er die Perspektive, die Bedürfnisse und Belange aller privaten Kunden in den Prozess einbringt.

"Business as unusual"

Von Alexander Maresch, Head of European Marketing and Public Distribution, DWS Investment GmbH, Frankfurt am Main - "Weiter so, Deutschland" - für die CDU im Bundestagswahlkampf 1987 ein erfolgreicher Slogan. Für die Marketingabteilungen der Finanzbranche aktuell aber kein gangbarer Weg. Aus der Defensive heraus aktiv für Vertrauen werben zu müssen, ist kein leichtes Unterfangen. In Zeiten, in denen Emotion die Regie führt, gewinnen Worte an Gewicht. Das erhöht - analog zur Situation an den Märkten - die Chance und das Risiko: die Chance, das eigene Bild des verlässlichen Partners beim Kunden zu schärfen, und das Risiko, mit missverständlicher Kommunikation aufgewühlten Anlegern vor den Kopf zu stoßen.

Wer in diesem sensiblen Umfeld in Schockstarre verfällt und seine Kommunikation nicht anpasst, läuft Gefahr, eine Möglichkeit der Kundenansprache auf Augenhöhe zu verpassen. Immer noch sind Finanzdienstleister mit Kampagnen am Markt, die bereits zu Anfang oder Mitte des Jahres gestartet wurden und folglich keinerlei Bezug zur aktuellen Situation nehmen oder - noch schlimmer - Themen kommunizieren, die mittlerweile irrelevant bis falsch sind.

Finanzwerbung in Echtzeit

Business as usual ist nicht angebracht. Geschwindigkeit hat deutlich an Bedeutung gewonnen. Denn: Über Finanzmärkte wird in den Medien in Echtzeit berichtet. Das war vor Jahren anders. Inzwischen haben aber Nachrichtensender und Internetportale den Takt erhöht. Das heißt aber auch, dass sich Marketing diesem Tempo anpassen muss. Finanzmarketing ist ebenfalls zur Echtzeit-Kommunikation geworden. Und das beschränkt sich nicht nur auf die Produkt- und Imagewerbung, sondern lässt sich bis zum Produktdesign herunterbrechen.

Ein Beispiel dafür, wie auf der Produkt seite den Bedürfnissen der Kunden entsprochen und marketingseitig der Prozess begleitet wird, ist die Einführung der Produktplattform DWS Go Safe. Die DWS hat bei der neuartigen Konstruktion von strukturierten Produkten das in den Medien sehr kritisch diskutierte Emittentenrisiko eliminiert. Das Plus an Sicherheit wurde umgehend in einer Kampagne herausgestellt und die Innovationskraft der DWS untermauert. Gleichzeitig reagierte die DWS auf das gesteigerte Informationsinteresse der Anleger. Mit allen zur Verfügung stehenden Publikationen, vom Kundenmagazin über den Internetauftritt bis hin zum Bewegtbild, verfolgte die DWS die Geschehnisse am Markt, um sie umgehend zu dokumentieren und zu kommentieren.

Bereich Marketing gewinnt nach Krise weiter an Gewicht

Neben allgemeinen Marktinformationen wurden gezielt Informationen zur Sicherheit von Fonds und den Produkten des Hauses zur Verfügung gestellt. Zudem wurde die Werbung zum Thema Abgeltungsteuer um den Aspekt der turbulenten Finanzmarktsituation und das daraus resultierende, ermäßigte Kursniveau erweitert.

Die oben beschriebene Kombination aus angepasster Kommunikation, offensiver Informationspolitik und einem aktualisierten Produktangebot kann helfen, die Marke trotz eines negativen Umfeldes positiv aufzuladen. Das scheint notwendig, denn in den ersten Monaten und vielleicht auch Jahren nach Ende der Finanzkrise dürfte der Bereich Marketing innerhalb der Finanzbranche sogar noch an Gewicht gewinnen. Schließlich müssen Finanzdienstleister das Vertrauen der Anleger und Investoren zurückgewinnen. Gleichzeitig kann aber das Gros der Akteure dabei nur noch auf kleinere Budgets zurückgreifen. Schon jetzt zum Ende des Jahres 2008 zeichnet sich ab, dass die in 2009 zur Verfügung stehenden Mittel für Finanzwerbung für eine Ansprache breiterer Zielgruppen nicht ausreichen werden. Vor allem die gründliche Analyse der Zielgruppen, die man in Zukunft adressieren möchte, dürfte sich als essenziell erweisen. Ein effizienter und kreativer Einsatz der Mittel ist somit unabdingbar.

Kunden erwarten kurze und einfache Kommunikation

Von Silke Otte, Leiterin Vermarktungsmanagement, Union Investment Privatfonds GmbH, Frankfurt am Main - Vereinzelt wurden Stimmen laut, dass trotz Finanzmarktkrise die Werbebotschaften deutscher Finanzdienstleister unverändert seien: So wird weiterhin mit Zinskonditionen, kostenlosen Konten und der Abgeltungssteuer geworben. Doch wenn man genau hinhört, taucht neuerdings das Wort "Sicherheit" in der Tonspur auf. Weiterhin findet man auf den Internetseiten vereinzelt gezielte Informationen zur Krise - vor allem bei den Fondsgesellschaften. Dies soll das Vertrauen einer breiten Zielgruppe zurückgewinnen. Doch reicht das aus? Was sollte jetzt und zukünftig beachtet werden?

Im Jahr 2005 hatte Union Investment gemeinsam mit Roland Berger eine Studie zum Thema: "Eigenverantwortung statt Anspruchsdenken - Deutschland auf dem Weg zu mehr Investmentkultur?" erstellt. Dabei wurde untersucht, wie etabliert es ist, sich über Geldanlagen zu informieren, auszutauschen, am Kapitalmarkt zu agieren und für das eigene Handeln Verantwortung zu übernehmen. Es zeigte sich, dass die Deutschen wissen, dass sie aktiv werden sollten. Wesentlich dazu beigetragen hatte die Debatte über die Altersvorsorge.

Allerdings machte die ausgesprochen starke Sicherheitsorientierung deutlich, dass sich viele mit der Verantwortung für die eigene Geldanlage überfordert fühlten. Die Deutschen betrachten Investitionen grundsätzlich mehr unter dem Risiko- als unter dem Chanceaspekt. Sicherheit geht vor und siegt deutlich vor Ertrag. Wir können davon ausgehen, dass die aktuelle Finanzmarktkrise diese Einstellung noch einmal verstärkt hat.

Transparenz macht Geldanlage attraktiv

Denn in Krisensituationen verlieren wir unser Vertrauen. Begleitende Gefühle sind Hilflosigkeit und Hektik. Die Wende beginnt erst mit der zweiten Bewertung der Situation: der Suche nach Auswegen und Handlungsalternativen. Für die Kommunikation bedeutet dies: Ereignisse müssen für den Kunden interpretiert und Veränderungen angekündigt werden. Wichtig hierbei ist, klar, verständlich, konkret und vor allem zeitnah zu kommunizieren. In einer Krise werden mehr denn je Hilfestellungen für Handlungsentscheidungen erwartet.

Die Aufgabe der Finanzbranche ist es, Privatpersonen zu unterstützen und zu begleiten, damit sie erfolgreiche Entscheidungen für ihre finanzielle Zukunft treffen können. Hierbei geht es nicht allein um günstige Konditionen und Zinssätze. Auch der Begriff Sicherheit reicht nicht, dem Anleger die Komplexität der unterschiedlichen Geldanlagemöglichkeiten nachvollziehbar zu erläutern. Erst die Transparenz macht eine Geldanlage attraktiv: Je größer die Transparenz einer Geldanlageform eingeschätzt wird, desto sicherer wird sie empfunden.

Großteil der Kunden reagiert gelassen

Die Ergebnisse zahlreicher aktueller Marktforschungen sind erstaunlich: Anleger sind in der jetzigen Finanzkrise gelassen und eher passiv.

Dies belegt unter anderem eine von Union Investment beauftragte Infratest-Studie vom Oktober 2008: Über 85 Prozent der befragten Kunden von Genossenschaftsbanken schichten nicht um. Wenn doch, dann wird zu je 29 Prozent in Sparbuch und Girokonto eingezahlt und zu zehn Prozent das Geld mit nach Hause genommen. Die Finanzmarktkrise wird eher verdrängt, da man sich nicht mit der eigenen "Hilflosigkeit" beschäftigen möchte.

Eine Auffälligkeit in der Krise gibt es aber doch: die verstärkte Suche nach persönlicher Beratung und größtmöglicher Transparenz. Der Bankberater hat in dieser Situation eine zentrale Rolle, da er bei den meisten Anlegern eine Entscheidung anstoßen und begleiten muss. Somit sollte ein Schwerpunkt der Kommunikation auf der Unterstützung der Berater und der indirekten Werbung liegen.

Bildliche Sprache nutzen

Bei der Frage, wie eine Finanzwerbung in der Krise aussehen muss, gibt es einen entscheidenden Punkt: die Sprache. Daher hat die Union Investment unterschiedliche Werbemittel getestet. Dabei wurde deutlich: Kunden möchten ihrer Bank weiterhin vertrauen und sich sicher fühlen. Die Botschaft muss also lauten: "Bei uns ist wie gewohnt alles in Ordnung" - vorausgesetzt, dass die Fakten dies auch hergeben.

Kunden erwarten von ihrer Bank eine kurze und einfache Kommunikation, zum Beispiel in Form eines Briefes in unaufgeregter Stimmung - gern auch in bildlicher Sprache. Dies hilft, eine sehr abstrakte Finanzwelt greifbar zu machen. Besonders gut sind Grafiken geeignet. Inhaltlich muss dem Anleger erläutert werden, welche Auswirkung die Krise auf ihn persönlich hat. Fremdworte und negative Vokabeln sind zu vermeiden.

Erfolgreiche Marken binden ihre Kunden emotional und schaffen eindeutige Kaufpräferenzen. Sie erleichtern es den Konsumenten, Informationen über Produkte besser zu interpretieren und zu verarbeiten. Zur Bildung einer Marke sind Beständigkeit und Vorhersagbarkeit wichtige Voraussetzungen. Zudem muss eine Marke langfristig und regelmäßig präsent sein.

Stärkung der Marke als entscheidender Faktor

Die Kombination einer starken Marke, guter Produkte und eines aktiven Vertriebes hat sich in allen Wirtschaftszweigen als Erfolgsmodell herausgestellt - ganz besonders in Krisenzeiten. Marken geben Sicherheit und Orientierung.

Daher wird gerade das Jahr 2009 interessant, denn auch ohne Finanzmarktkrise werden sich die Marken im Finanzdienstleistungssektor verändern: Citibank verschwindet und Credit Mutuel wird eine neue Marke schaffen. Dresdner Bank und Commerzbank werden zu einer Marke. Was aus den Marken Postbank und Deutsche Bank wird, ist noch offen. Diese Veränderungen können Chancen sein, sich neu zu positionieren. Nach einer Finanzmarktkrise, die auch eine Bankenkrise war, wird die Herausforderung darin liegen, das richtige Maß an Nachvollziehbarkeit und Transparenz zu erreichen. Die Stärkung der Marke und das damit verbundene Vertrauen der Anleger wird der entscheidende Faktor in der Finanzwerbung der nächsten Jahre werden.

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