Leitartikel

Auf Eis gelegt

sb - In Sachen Energiewende herrscht allgemeine Unsicherheit. Längst ist die anfängliche Euphorie über den Ausstieg aus der Atomenergie verflogen, ist man in der Realität angekommen. Lange vor der Bundestagswahl im vergangenen September stand fest, dass die neue Bundesregierung die Förderung der erneuerbaren Energien auf eine neue Grundlage stellen müsse. Die Einschätzung der Rabatte für Unternehmen bei der EEG-Umlage seitens der EU als wettbewerbsverzerrend hat den Handlungsdruck nur zusätzlich verstärkt. Doch jede Form der Neuregelung wird Gruppierungen treffen, die sich dadurch benachteiligt sehen. Dass die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel angekündigten Pläne von vielen Seiten Kritik ernten, muss deshalb nicht wundernehmen.

Die Kreditwirtschaft scheint dabei glimpflich davonzukommen. Ihre wesentliche Forderung wird den bisher vorgestellten Plänen zufolge erfüllt: Die angekündigte Deckelung der Ökostrom-Förderung wird es nur für neue Anlagen geben. Für solche Projekte, die nach Maßgabe der bisherigen Förderbedingungen gebaut, geplant und finanziert wurden beziehungsweise in diesem Jahr noch werden, bleibt es bei den bisherigen Sätzen. Damit ist der vielfach geforderte Investitionsschutz für die Betreiber der Anlagen und ihre Kreditgeber gewährleistet. Alles andere hätte unabsehbare Folgen.

Zum 1. August soll es nach den Vorstellungen der Bundesregierung rechtliche Klarheit geben. Bis dahin dürfte die Nachfrage nach Finanzierung von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien weitgehend ruhen, wie es Sylke Schröder von der Ethik-Bank berichtet. Ein regelrechter Boom wird vermutlich auch nach der EEG-Novelle nicht (wieder) ausbrechen. Denn eines ist klar: Ökostrom-Anlagen, die allein unter Renditegesichtspunkten gebaut werden, sind gesellschaftlich nicht mehr gewollt.

Auch aus Anlegersicht hat das Thema nicht nur der angekündigten neuen Regelungen wegen vermutlich an Reiz verloren. Die jüngste Insolvenz der Solarworld AG und der Prokon AG haben in aller Deutlichkeit gezeigt, dass das Stichwort "Öko" weder Unternehmenserfolg noch sichere Geldanlage garantiert, wie es die in öffentlichen Verkehrsmitteln nahezu omnipräsente Genussrechts-Werbung des Windparkbetreibers Prokon glauben machte. Private Anleger werden also künftig auch bei Projekten der Energiewende noch genauer hinschauen, wem sie ihre Gelder anvertrauen. Lokale Energiegenossenschaften werden dabei vermutlich auch weiterhin vergleichsweise hohes Vertrauen genießen. Doch auch deren Rentabilität wird in hohem Maße davon abhängen, wie die Regelungen der EEG-Novelle im Detail aussehen. Namentlich die Genossenschaftsorganisation hat deshalb wiederholt angemahnt, Dezentralität zu stärken anstatt solche Projekte mit dem (grundsätzlich befürworteten) Ansatz "mehr Markt" im Wettbewerb zu benachteiligen. Sonst drohen Produkte wie "Energiesparbriefe" für die Emittenten zum Problem zu werden. Und die Pleite von Energiegenossenschaften würde den kooperierenden (Genossenschafts)Banken nicht zuletzt ein neues Imageproblem bescheren.

Es gibt indessen auch Möglichkeiten, wie Banken und Sparkassen sich in Sachen Energiewende engagieren können, ohne damit zu sehr am Tropf politischer Entscheidungen zu hängen. Statt auf große, gewerbliche Photovoltaik-, Windkraft- oder Biomasseanlagen zu setzen, die ihre Energie ins öffentliche Netz einspeisen, das dazu auch erst einmal (gegen alle Widerstände) ausgebaut werden muss, könnte künftig der Eigenverbrauch stärker im Fokus stehen. Das muss nicht auf Eigenheimbesitzer beschränkt sein, sondern ließe sich auch bei öffentlichen Bauten wie Schulen oder Rathäusern oder auch Gebäuden von Unternehmen umsetzen. Gut möglich, dass dabei das Bankgeschäft mit den erneuerbaren Energien in Zukunft an vielen Stellen kleinteiliger wird. Es könnte dadurch aber auch ein gutes Stück mehr an Berechenbarkeit entwickeln.

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