Mittelstandsgeschäft

Energiewende finanzieren: kommunale Unternehmen unter Druck

Die Energiepolitik der Bundesregierung in den vergangenen Jahren war alles andere als stringent. Allein der Zickzack-Kurs zum Atomausstieg hat sowohl im In- als auch im Ausland Zweifel an der Durchsetzungskraft der jeweiligen amtierenden Regierung aufkommen lassen. Umso mehr hat das selbstbewusste und resolute Vorgehen der Bundesregierung nach den Ereignissen im japanischen Fukushima erstaunt und sogleich auch die ersten Zweifler auf den Plan gerufen. Schien noch Anfang 2011 ein Ausstieg aus der Atomenergie in absehbarer Zukunft undenkbar, so hat das Reaktorunglück einen plötzlichen Sinneswandel eingeleitet.

Im absoluten Eiltempo wurden daraufhin Gesetze erlassen, die den Weg für die Energiewende geebnet haben. Bereits zu diesem Zeitpunkt waren die drei wichtigsten Parameter für deren Erfolg klar:

Erstens brauchen wir eine zügige Ausgestaltung und Umsetzung notwendiger Gesetze.

Zweitens müssen wir die Mammutaufgabe der technologischen Umgestaltung des Energiesystems bewältigen.

Und drittens müssen wir den Umbau auch finanziell stemmen. Verschiedene Studien errechneten allein dafür bis 2020 ein Volumen von rund 200 Milliarden Euro. Der DSGV geht gar von einem Investitionsvolumen von rund 370 Milliarden aus.

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang immer wieder stellte: Wie soll der Umbau konkret finanziert werden? Schon allein die fehlenden politischen Rahmenbedingungen führen die Umbaudiskussionen ad absurdum.

Schwierige Finanzierungssituation

Wichtige Entscheidungen wie zum Kraftwerksförderprogramm, zur Einspeisevergütung oder auch zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sind bis heute noch nicht abschließend geklärt oder stehen gar in Frage. Diese bilden jedoch eine wichtige Grundlage für langfristige Finanzierungen sowohl für kommunale Unternehmen, als auch für die geldgebenden Finanzinstitute.

Die meisten Infrastrukturprojekte werden zu einem großen Teil über Finanzierungslösungen von Kreditinstituten getragen, die damit eine wichtige strategische Rolle bei der Ausgestaltung der Energiewende spielen. Jedoch zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, dass insbesondere seit der Finanzkrise 2008/09 die Finanzierung von großen Infrastrukturprojekten deutlich schwieriger geworden ist. Banken, Landesbanken und auch Sparkassen stellen zunehmend höhere Anforderungen an die Kreditvergabe. Das stellt kommunale Unternehmen vor Herausforderungen.

Gerade die rückläufige Bereitschaft zur Konsortialführerschaft erhöht für die Unternehmen den Aufwand auf administrativer Seite erheblich. Zudem führt dies in aller Regel zu einer enormen Verteuerung der Kredite. Die Kreditvergabe bei großen Projekten erfolgt in der Regel nicht über eine Bank, sondern über ein Bankenkonsortium. Da sich die einzelnen Kredithäuser mit jeweils immer geringeren Volumina in einem solchen Konsortium beteiligen, sind die Finanzierungsgespräche mit einer immer größer werden Anzahl an Banken zu führen. Dies erschwert die Verhandlungen immens.

Hohe Auflagen der Kreditinstitute als Herausforderung

Hinzu kommt, dass die vor einigen Jahren noch gängige Praxis, wonach eine Bank als Konsortialführer bereitsteht und das Syndikat anderer Banken steuert, heute kaum noch existiert. Vielmehr wollen immer öfter alle Bankinstitute zu gleichen Teilen ihre Ansprüche geltend machen.

Die Gründe dafür sind wohl vielfältig.

Zum einen macht sich offenbar bemerkbar, dass ehemals gewichtige Projektfinanzierer wie die WestLB ausfallen beziehungsweise ihr Engagement deutlich zurückfahren.

Ein weiterer wesentlicher Grund könnte im stark gesunkenen Vertrauen der Kreditinstitute untereinander liegen.

Für die Unternehmen hat dies zur Folge, dass sie nicht mehr mit einem Konsortialführer in Verhandlung treten, sondern mit einer Vielzahl gleichberechtigter Kreditinstitute. Dies macht vor allem die Finanzierung von Großprojekten außerordentlich schwierig. So verschlechtern sich dabei oft die Konditionen für den Kunden erheblich, da der Investor gezwungen ist, Zugeständnisse zu machen, um das Konsortium zusammenzuhalten.

In der letzten Zeit mit großer Sorge beobachten wir die stetig steigenden Auflagen der Kreditinstitute bei der Vergabe von Krediten, die sich auf Unternehmen auswirken. Es ist immer stärker zu spüren, dass die Institute seit den Erfahrungen der Finanzkrise deutlich weniger Risiken eingehen und zunehmend höhere Sicherungsansprüche stellen.

Die geringere Risikobereitschaft ist gerade bei Erneuerbaren-Energie-Projekten zu spüren, vor allem, wenn kaum Erfahrungswerte bestehen, wie zum Beispiel für große Offshore-Windparks. Für Kreditinstitute sind solche Projekte dann oft eine Rechnung mit zu vielen Unbekannten. Weder die genaue Investitionshöhe noch die Betriebs- oder Wartungskosten sind genau kalkulierbar. Dementsprechend hoch ist auch die Risikobewertung.

Dafür werden den kommunalen Unternehmen oft zahlreiche, kaum noch leistbare Risikoübernahmen - wie etwa der Abschluss von Lieferverträgen mit nicht zwingend marktgerechten Preisvereinbarungen - abverlangt. Diese sichern der Projektgesellschaft hohe Cash-Flows, um unter anderem die Kreditverbindlichkeiten erfüllen zu können.

Bei allem Verständnis dafür, dass Fremdkapitalgeber unternehmerische Risiken des Investors nicht mittragen sollen, kann man durchaus den Eindruck gewinnen, dass in einigen Fällen übertriebene Sicherungsanforderungen gestellt wurden. Sollte dies gängige Praxis werden, kann dies möglicherweise eine Gefahr für die Energiewende darstellen.

Basel III erschwert Projektfinanzierungen

Weiter erschwerend auf die Vergabe von Krediten dürften die ab 2013 geltenden Basel III Richtlinien wirken. Die darin enthaltenen, erhöhten Eigenkapitalhinterlegungsanforderungen für Banken werden insbesondere bei Projektfinanzierungen zu höheren Zinsen führen. Die bislang regelmäßig noch günstigeren Unternehmensfinanzierungen drohen zudem angesichts einer möglichen risikounabhängigen Begrenzung der Kreditvergabe (Leverage Ratio) für die Finanzinstitute unattraktiv zu werden.

Aus diesem Grund schließen sich immer mehr Unternehmen zu Kooperationen zusammen, um gemeinsam eine solidere Ausgangsbasis zu schaffen. Jedoch ist die Energiewende eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und kann nicht nur von einigen Wenigen getragen werden.

Stabile politische Rahmenbedingungen sind Voraussetzung für Finanzierung

Gerade deshalb ist für solche energiepolitisch relevanten Fragen auch der Gesetzgeber stärker gefragt. Denn Grundvoraussetzungen für jede Finanzierung, ob sie von einer Bank, Landesbank oder Sparkasse kommt, sind langfristig stabile gesetzliche Rahmenbedingungen.

So sind beispielsweise einige erneuerbare Energien heute noch ohne staatliche Förderprogramme nicht rentabel beziehungsweise mit konventionellen Energieerzeugern kaum konkurrenzfähig. Gesetzlich verbindliche Entscheidungen bei Anreizprogrammen sind deshalb unerlässlich.

Auch eine verlässliche Festlegung der Einspeisevergütung ist wichtig. Sie muss dabei so gestaltet sein, dass sich die Kosten eines Projektes innerhalb seiner technischen Lebensdauer amortisieren lassen.

Gerade in Bezug auf den Neubau von Gaskraftwerken sehen wir hier die Regierung stärker in der Pflicht. Gaskraftwerke sollen vor allem die Versorgungssicherheit in der Übergangszeit des Atomausstiegs gewährleisten. Mit dem Einspeisevorrang für er neuerbare Energien sind Neubauprojekte ohne staatliche Förderung jedoch kaum wirtschaftlich umsetzbar. Und für die Versorgungssicherheit in Zukunft sind sie nahezu unabdingbar.

Ähnliches gilt für den Bau von KWK-Anlagen, eine der effizientesten Möglichkeiten heute Strom zu erzeugen, die sich jedoch ohne eine weitere Verbesserung der Fördermöglichkeiten heute noch nicht rechnen. Deshalb brauchen wir auch hier dringend politische Unterstützung. Die anstehende Novellierung des KWK-Gesetzes bietet jetzt die Chance, die Zurückhaltung bei Kraftwerksinvestitionen zu überwinden.

Solange hier politisch verlässliche Rahmenbedingungen fehlen, wird es schwierig, tragfähige Finanzierungslösungen zu bekommen. Denn Banken und Sparkassen vergeben verständlicherweise keine Kredite, die sich innerhalb der Laufzeit nicht amortisieren.

Darüber hinaus sehen wir weiteren Handlungsbedarf für den dringend notwenigen Aus- und Umbau der Netzinfrastruktur. Hier ist eine schnellere Abwicklung von Planungs- und Genehmigungsverfahren notwendig sowie stabile Netzentgelte, die sich am Markt orientieren.

Sparkassen-Finanzgruppe ist wichtiger Partner

Trotz aller bürokratischen Hemmnisse und Hürden sind insbesondere Sparkassen und Landesbanken für kommunale Unternehmen wichtige Partner bei der Umsetzung der Energiewende. Mit ihrem mittelständisch geprägten und gemeinwohlorientierten Geschäftsmodell und ihrer regionalen Verankerung sind sie gut positioniert, um die Energiewende in den Kommunen zu begleiten.

Sparkassen sind dabei vor Ort und in der Region verankert, arbeiten in überschaubaren Strukturen und stehen auf kommunaler Ebene mit den Bürgern, ebenso wie den Stadtwerken, in direktem Kontakt. Gemeinsam mit den Landesbanken finanzieren sie in vielen Orten Projekte der dezentralen Energieversorgung in Kooperation mit Stadtwerken.

Alternative Wege der Finanzierung durch Bürgerbeteiligung

Alternative Wege zur Finanzierung der Energiewende gehen Stadtwerke und Sparkassen seit längerer Zeit erfolgreich über neue Formen der Bürgerbeteiligung. Beide Partner ermöglichen den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort den Erwerb von Kapitalanlagen, vom Klimasparbrief bis hin zum Erwerb von Genossenschaftsanteilen. Die so angelegten Beträge werden dann als Kredite zur Finanzierung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien ausgegeben. Bürgerinnen und Bürger werden damit nicht nur zu Kapitalanlegern in der Region, sondern erhalten zudem eine attraktive Verzinsung ihrer Anlage und einen besonderen Mehrwert: Sie fördern die Energiewende sichtbar vor Ort und partizipieren an regionalen Projekten.

Diese können von der Realisierung kleiner Photovoltaikprojekte auf öffentlichen Gebäuden, über den Neubau von Biomasseheizkraftwerken wie bei den Stadtwerken Aschaffenburg bis hin zu Offshore-Windparks in der Nordsee durch die Stadtwerke München reichen. Aber auch der Ausbau neuer Geschäftsfelder wie Elektromobilität wird damit zunehmend forciert.

Der Vorteil für kommunale Unternehmen, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort ist, dass die Sparkassen durch ihren lokalen Bezug nah am Bürger sind. Die Bürger vertrauen den Sparkassen, wie auch die aktuelle Umfrage von Forsa im Auftrag des VKU belegt. Demnach haben 48 Prozent der Bevölkerung sehr großes Vertrauen zu den örtlichen Sparkassen. Das liegt zum einem an der örtlichen Nähe und den direkten Ansprechpartnern vor Ort, aber auch an den überschaubaren Strukturen. Allein die Tatsache, dass die meisten Fonds und Sparbriefe nach wenigen Tagen überzeichnet sind, zeigt das Interesse der Bürger, regionale Erzeugungsanlagen zu unterstützen, wenn sie in die entsprechenden Projekte eingebunden werden. Ener gieprojekte werden auf diese Art zu Bürgerprojekten, mit denen sich die Menschen identifizieren können.

Auch auf größere Projekte übertragbar

Die Erfahrungen der letzten Jahre, gerade bei großen Infrastrukturprojekten hat gezeigt, dass mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung oft ein wesentlicher Grund für das Scheitern von Projekten ist. Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger durch Sparkassen und Stadtwerke bei der Finanzierung und Ausgestaltung der Energiewende ist ein wegweisender Schritt, der in Zukunft auch auf größere Projekte übertragen werden kann. Dennoch sehen wir es als dringend erforderlich, auch die Finanzierungsbereitschaft durch klassische Finanzmodelle zu überdenken und bessere Zugänge, nicht nur für kommunale Unternehmen, zu ermöglichen.

Investitionen in die Infrastrukturen Deutschlands sind lohnende Investments für Banken und Sparkassen. Kommunale Unternehmen verfügen dabei oft über eine hohe Bonität und langjährige Erfahrungen, gerade im Bereich erneuerbare Energien und mindern so das Risiko für Kreditinstitute. Wenn alle notwenigen gesellschaftlichen Kräfte, wie Unternehmen, Politik und Finanzinstitute an einem Strang ziehen und ihren Beitrag zur Energiewende leisten, haben wir damit die einzigartige Möglichkeit, Deutschland zum Vorreiter neuer Umwelttechnologien zu machen, die gleichzeitig den Wirtschaftsstandort stärken und nicht zuletzt Vorbildcharakter für andere Nationen haben.

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