Energiewende im Bankgeschäft

"Ethik-Banker" - von den Banken vernachlässigt

Windkraft oder Solaranlagen standen in den vergangenen Jahren häufig in den Schlagzeilen. Jeder Bürger kann inzwischen finanziell an der Entwicklung regenerativer Energien Teil haben. Nachhaltige Fonds erfreuen sich bei Investoren zunehmender Beliebtheit. Seit Corporate Social Responsibility von immer mehr Unternehmen gelebt wird, sind ethische Geldanlagen kein Nischenthema mehr. Sie werden jedoch von den Banken als solches behandelt.

Die Idee ethischen Investments begann bereits im 18. Jahrhundert. In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde diese Idee von politisch Engagierten wieder aufgegriffen und sie entwickelte sich weiter. Inzwischen beurteilen spezielle Ratingagenturen Unternehmen, Staaten oder Organisationen auf die Einhaltung bestimmter ökologischer und sozialer Kriterien. Laut der Studie "Bankzielgruppe Ethik-Banker 2012"*) liegt das Potenzial für ethisches Investment bei 10,5 Millionen Bundesbürgern. Diese 15 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung sind stark daran interessiert, ihr Geld nach moralischen Grundsätzen anzulegen.

Die meisten sind ihrer Hausbank noch treu geblieben

Die Zielgruppe ist insofern für viele Banken interessant, weil Ethik-Interessierte ihrer Hausbank zumeist treu geblieben sind und bisher dem Lockruf der speziell auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Institute widerstanden. Diese "Noch-Kunden" mit umfassenden Angeboten und Möglichkeiten an das eigene Institut zu binden ist deshalb eine profitable, aber auch herausfordernde Aufgabe.

Insgesamt gesehen liegt das Interesse der Gesamtbevölkerung an ethisch vertretbaren Geldanlagen höher als 15 Prozent. Weitere 45 Prozent der Bundesbürger befürworten moralische Grundsätze bei der Geldanlage. Nur 40 Prozent der Gesamtbevölkerung haben kein Interesse an diesem Thema.

Sparda-Banken haben ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft

Die Analyse der Anteile der Ethik-Interessierten an den jeweiligen Banken beziehungsweise Bankengruppe ergibt, dass 42 Prozent der Ethik-Banker Sparkassenkunden sind. 29 Prozent sind Kunden bei Großbanken, wobei hier die Postbank und die Deutsche Bank führen. In der Bankengruppe Genossenschaftsbanken tätigen 18 Prozent die Bankgeschäfte bei einer Volksund Raiffeisenbank und die Anteile der Direktbanken summieren sich auf einen fünfprozentigen Anteil.

Die Anteile der Ethik-Banker an der Gesamtkundschaft ergeben bei der ING-Diba mit 21 Prozent den höchsten Wert. Hypovereinsbank und Deutsche Bank verfügen über leicht erhöhte Anteile. Sparda-Banken haben ihr Potenzial in dieser Kundensparte mit einem Anteil von zwölf Prozent noch nicht voll ausgeschöpft.

Auch für "Ethik-Banker" spielen Konditionen eine Rolle

Die Analyse der Wechsler und Nicht-wechsler unter den Ethik-Bankern ergibt, dass die Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken die treuesten Kunden haben. 80 Prozent der Kunden dieser Institute haben ihre Bankverbindung noch nicht gewechselt. Bei ING-Diba und Sparda-Banken hat annähernd die Hälfte der Kunden schon einmal das Bankinstitut gewechselt. Comdirect hat von den untersuchten Banken mit über 60 Prozent die höchste Wechselrate. Eine hohe Wechselkundschaft mag bedeuten, dass das Kreditinstitut in der Vergangenheit attraktiv für Wechselwillige gewesen ist. Andererseits mag dieser Kunde ebenso schnell weiter zum nächsten Kreditinstitut wechseln.

Ergänzend zu den ethischen Grundsätzen haben auch Ethik-Banker überaus gewöhnliche monetäre Interessen. Bankkonditionen spielen hier eine nicht unerhebliche Rolle. Insgesamt 57 Prozent der Ethik-Banker äußern die Bereitschaft, bei günstigeren Konditionen mit einer anderen Bank zusammenzuarbeiten. In der Gesamtbevölkerung liegt der Vergleichswert mit 51 Prozent deutlich darunter.

Überdurchschnittlich intensive Nutzung von Geldanlagen

Sowohl der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit als auch eine hohe Sparquote ist bei Ethik-Bankern weit verbreitet. Beide Werte liegen deutlich über denen der Gesamtbevölkerung. Bemerkenswerte 54 Prozent der Ethik-Banker überlassen es am liebsten einem Fachmann, ihr Geld anzulegen.

Insgesamt gesehen haben Ethik-Banker eine intensivere Geldanlagennutzung als die Gesamtbevölkerung. Alle untersuchten Geldanlageformen weisen einen höheren Nutzungsgrad auf, wobei sich besonders bei Immobilien und Grundbesitz, Sparplänen beziehungsweise Sparverträgen und der Festgeldanlage größere Unterschiede zeigen. Auch das Tagesgeldkonto und der Sparbrief wird von den Ethik-Bankern häufiger zur Geldanlage genutzt.

Die Bankprodukte Sparbuch und Sparbrief sind besonders bei den weiblichen Ethik-Bankern beliebt, während männliche eher in Aktien und Aktienfonds investieren und ihr Geld auf Tagesgeldkonten anlegen. Aktien- und Aktienfondsbesitzer weisen ein höheres Durchschnittsalter auf. Jüngere Ethik-Banker interessieren sich eher für Bausparverträge, Rentenfonds und Sparbriefe.

Hohe Werbeakzeptanz

Ethik-Banker lesen viel häufiger als die Gesamtbevölkerung Printmedien wie Tageszeitungen, Zeitschriften und Bücher. Hingegen liegen die Nutzungsintensitäten des Mediums Computer deutlich unter denen der Gesamtbevölkerung. Der Fernseher wird ebenso häufig wie in der Gesamtbevölkerung genutzt, wobei Ethik-Banker sich verstärkt für Nachrichtensendungen, Nachrichten- und Wissensmagazine interessieren.

Werbung wird in fast allen medialen Bereichen von den Ethik-Bankern positiver gesehen als von der Gesamtbevölkerung, insbesondere die Werbung in Tageszeitungen und Zeitschriften. Hier wird Werbung als überaus nützlich und informativ, in Zeitschriften überdies als sehr unterhaltend empfunden.

Von den insgesamt 60 Prozent Ethik-Bankern, die das Internet beruflich oder privat nutzen, ist etwa ein Drittel täglich online. Ebenfalls etwa ein Drittel sucht im Internet nach Bankangeboten oder stöbert nach Informationen über den Finanz-, Börsen- oder Aktienmarkt. In der Gesamtbevölkerung liegen die Werte leicht darunter.

Keine weltfremden Idealisten

In der Zielgruppe Ethik-Banker sind alle Altersgruppen, Bildungsgruppen, Berufsgruppen und Einkommensgruppen vertreten. Im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung ist die Gruppe dieser Bankkunden durch einen etwas höheren Frauenanteil und durch einen höheren Anteil an über 40-Jährigen gekennzeichnet. Zusätzlich sind Akademiker, Rentner, voll Berufstätige und besser Verdienende etwas häufiger repräsentiert. 40 Prozent der Ethik-Banker leben in Haushalten mit zwei Personen.

Ethik-Banker sind engagiert, interessiert und übernehmen Verantwortung. Eine besondere Bedeutung in ihrem Leben spielt für über die Hälfte von ihnen eine gesunde Umwelt und eine sichere Zukunft. Ein Fünftel engagiert sich in sozialen Bereichen. Alle diese Werte liegen deutlich über denen der Gesamtbevölkerung.

Ethik-Banker sind somit keine weltfremden Idealisten, sondern eine pragmatische und kaufkräftige Kundschaft. Potenzial ist folglich vorhanden.

Kaum ein Bankkunde wechselt allein wegen seines Nachhaltigkeitsanspruchs die Bankverbindung. Der Wunsch nach verantwortlichem Einsatz der Geldeinlagen ist gleichwohl weit verbreitet. Wer aber kümmert sich um die große Mehrheit der Ethik-Banker, die nach wie vor ihrer Hausbank die Treue halten?

Fußnote

*) Basis der Studie sind Interviews mit über 30 000 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Personen, davon rund 4700 aus der betrachteten Zielgruppe.

Uwe Matzner , Geschäftsführer , research tools
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