Energiewende im Bankgeschäft

"Bei der Photovoltaik-Finanzierung ist die Nachfrage eingebrochen" Interview mit Sylke Schröder

Die Ethik-Bank ist eine Tochter der Volksbank Eisenberg. Wie kommt eine Volksbank zu einer Direktbanktochter, die sich auf eine so spitze Zielgruppe wie ethisch-ökologisch orientierte Anleger konzentriert?

Mit etwa 360 Millionen Euro Bilanzsumme liegt die Volksbank Eisenberg heute im Mittelfeld der deutschen Genossenschaftsbanken. Als wir die Ethik-Bank gründeten, zählte die Bank aber sicher noch zu den kleineren Instituten.

Mitte der neunziger Jahre, als die Direktbanken wie Pilze aus dem Boden schossen, gehörte die Volksbank Eisenberg zu einem kleinen, innovativen Rechenzentrum, dem genossenschaftlichen Rechenzentrum Kassel, das später mit der Fiducia fusionierte. Dieses Rechenzentrum suchte für den Aufbau eines Callcenters eine Pilotbank. Dabei hat die Bank mitgemacht - aber nicht nur, um einen neuen Kanal mit hinzuzunehmen, sondern mit dem Ziel, einen neuen Markt zu erschließen.

So wurde damals die Direktbank Volksbank Eisenberg Direkt gegründet. Die gibt es auch heute noch, allerdings ist dieser Vertriebszweig strategisch nicht positioniert, sodass wir dort kaum noch Kunden hinzugewinnen. Das liegt daran, dass wir alle Ressourcen und damit auch jegliche Vertriebsaktivität in die Ethik-Bank lenken.

Die Ethik-Bank, die wir 2002 gegründet haben, hatte ihre Wurzeln in der Volksbank Eisenberg Direkt. Dort wurden Tagesgeldkonten als Fördervariante implementiert, hinter denen jeweils ein konkretes Projekt aus den Bereichen Frauen, Ethik und Umwelt stand. Diese Konten, die wir auch heute noch anbieten, geben Kunden, die bereit sind, auf einen Teil ihrer Zinsen zu verzichten, die Möglichkeit, diese Projekte zu unterstützen. Das war letzten Endes der Anfang der Ethik-Bank.

Von einer ethischen Geldanlage kann man jedoch erst sprechen, wenn man auch die Mittelverwendung ethischen Kriterien unterwirft. Dieser Gedanke führte im Februar 2002 zur Gründung der Ethik-Bank. Das organisatorische Gerüst der Direktbankorganisation stand ja bereits. Hier hatten wir sieben Jahre Erfahrung und sogar ein Gütesiegel von der Stiftung Warentest für unser Tagesgeldkonto erhalten. Das waren denkbar günstige Voraussetzungen. So konnten wir uns im Jahr 2002 mit ganzer Kraft auf die Inhalte der Ethik-Bank konzentrieren. Und das war anspruchsvoll genug. Ganz wichtig: Auch die Volksbank Eisenberg funktioniert nach den gleichen Kriterien wie die Ethik-Bank.

Das heißt: Die Direktbank brauchen Sie eigentlich nur für die Reichweite auch jenseits des Geschäftsgebiets der Volksbank?

Das Direktbankgeschäft hat das Filialgeschäft im Volumen längst überholt - jedenfalls bei den Einlagen. Weil wir in der Organisationsstruktur einer Direktbank arbeiten, haben wir einen ganz anderen Marktzugang: deutschlandweit und auch in Österreich. Dagegen leben im ursprünglichen Marktgebiet der Filialbank, also in Eisenberg und Umgebung, gerade einmal um die 30 000 Menschen - zu wenig für unser ethisch-ökologisches Geschäftsmodell. Die Zielgruppe der Ethik-Bank lebt primär in urbanen Zentren, überwiegend in Berlin, in Frankfurt oder anderen Großstädten. Diese Kunden könnten wir über die Filialbank nicht erreichen.

Durch unsere regionale Präsenz in Thüringen haben wir dort proportional mehr Kunden als etwa in NRW oder Schleswig-Holstein. Doch selbst diese Kunden kommen dann nicht aus Eisenberg, sondern aus den größeren Thüringer Städten, etwa Jena, Weimar oder Erfurt.

Wie wird die Ethik-Bank in der genossenschaftlichen Finanzgruppe gesehen?

Meiner Wahrnehmung nach war die mit der Gründung der Ethik-Bank verbundene Geisteshaltung und das Ausbrechen aus dem Regionalprinzip für den Genossenschaftsverband zunächst befremdlich. Mittlerweile ist die genossenschaftliche Organisation jedoch stolz auf die Ethik-Bank. Der frühere Chef der genossenschaftlichen Bildungseinrichtung in Baunatal hat sogar einmal gesagt, die Ethik-Bank sei eine Fortführung des Genossenschaftsprinzip, wie es Raiffeisen und Schulze-Delitzsch gewollt hätten.

Wir stehen auch nicht in echter Konkurrenz zu den genossenschaftlichen Primärbanken, da wir uns auf ein ganz spezielles Segment konzentrieren, in dem wir im Wettbewerb mit den anderen Spezialanbietern stehen. Unsere Kunden haben einen ausgeprägt ethisch-ökologischen Lebensstil und suchen sich auch eine dazu passende Bank. Mit anderen Worten: Der Kunde beispielsweise aus Berlin, der zur Ethik-Bank kommt, hätte sich ansonsten nicht für die örtliche Volksbank entschieden, sondern für die GLS Bank oder die Umweltbank.

Eine Kooperation mit anderen Genossenschaftsbanken, beispielsweise in Form der Vermittlung entsprechend interessierter Kunden, gibt es aber bislang nicht?

Bisher ist noch niemand an uns herangetreten. Ich glaube nicht, dass es Ambitionen im Hinblick auf eine vertiefende Zusammenarbeit gibt. Wenn der Verband mit solchen Vorschlägen an uns herantreten würde, würden wir uns diesen Gesprächen jedoch sicher nicht verschließen.

Viele "normale" Volksbanken sind ja inzwischen auf den Trend zu mehr Umweltbewusstsein auch im Bankgeschäft aufgesprungen und bieten zum Beispiel Bürgerbeteiligungen an Energiegenossenschaften oder spezielle Kreditprogramme für ökologisches Bauen oder energetische Sanierung an. Tragen solche Angebote dazu bei, den Markt, in dem Sie sich bewegen, zu entwickeln - oder werden sie irgendwann die Ethik-Bank überflüssig machen?

Einer Studie zufolge gibt es in Deutschland 16 Millionen Verbraucher, die affin sind für eine alternative Bank. Hier ist der Markt noch groß genug. Insofern ist grundsätzlich alles, was Genossenschaftsbanken tun, um zum Beispiel regionale Energieprojekte zu unterstützen, absolut begrüßenswert.

Was man sicher kritisch sehen muss, ist die uneingeschränkte Finanzierung von Biomasseanlagen. Manche Genossenschaftsbanken finanzieren hier zu unkritisch auch solche Anlagen, mit denen man die Monokultur in der Landwirtschaft weiter forciert und der Lebensmittelproduktion weitere Flächen entzieht. Deshalb differenzieren wir danach, ob es sich um Anlagen handelt, für die ganz gezielt Mais angepflanzt wird. Ökologisch unbedenklicher sind solche Anlagen, die mit Gülle oder anderen organischen Abfallprodukten, die ohnehin anfallen, betrieben werden.

In der neuen Legislaturperiode steht die EEG-Novelle an. Was bedeuten die damit verbundenen Unwägbarkeiten für die Projektfinanzierung oder auch für Anleger, die sich für den Bereich erneuerbare Energien interessieren?

Bei der Finanzierung von Photovoltaikanlagen sind wir in der Bewertung ohnehin sehr konservativ. Viele Anfragen haben wir in letzter Zeit aus Bonitätsgründen abgelehnt. Aktuell ist die Nachfrage jedoch so eingebrochen, dass sich in diesem Bereich derzeit gar nichts tut.

Bei der Photovoltaikfinanzierung bieten wir neben der Projektfinanzierung für Projektgesellschaften den Ökokredit für kleine Photovoltaikanlagen meist auf dem Dach des eigenen Hauses an. Auch dabei spüren wir in letzter Zeit eine deutliche Zurückhaltung.

Das ist aber auch nicht schlimm. Denn gesellschaftlich ist es ja durchaus infrage zu stellen, wenn Anlagen nur unter Renditegesichtspunkten gebaut werden und die Technik für die Einspeisung ins öffentliche Netz noch gar nicht steht.

Gesellschaftlich sinnvoller ist es aus unserer Sicht, erneuerbare Energien zu erzeugen und ohne den Umweg über das öffentliche Netz zu nutzen. Die Zukunft geht in Richtung Eigenverbrauch. Darauf haben wir uns mit unserem Öko-Baukredit ausgerichtet. Bisher hatte der Öko-Baukredit - nicht anders als der KfW-Kredit - nur nach Energie-Effizienz gefragt. 2013 haben wir einen dreiteiligen Förderbonus eingeführt. Jetzt gibt es für Energieeffizienz nur noch einen Förderbonus.

Den zweiten kann sich der Kunde mit dem Einsatz regenerativer Energien für den Eigenverbrauch verdienen und für ökologische oder wohngesunde Baumaterialien den dritten. Insgesamt kann man damit 0,3 Prozentpunkte an Zinsen sparen, wenn man alle drei Förderstufen erreicht.

Dieser neu ausgerichtete Öko-Baukredit ist im Kreditgeschäft unser Hoffnungsträger bei aktuell zurückgehender Nachfrage im reinen Photovoltaikbereich.

Der Öko-Kredit - ein Kleinkredit bis zu 40 000 Euro für private Kunden - wird primär als Solarkredit für Kleinanlagen wahrgenommen. Hier wird es sicher darum gehen, ökologische Umbaumaßnahmen im Bereich Wärmedämmung, CO2 -Reduzierung, Denkmalschutz, ökologische Außengestaltung (zum Beispiel Begrünung von Dachterrassen) oder auch senioren- oder behindertengerechter Umbau stärker herauszustellen. Auch die Anschaffung von Elektroautos kann mit dem Öko-Kredit finanziert werden.

Wie verteilt sich das Kreditvolumen auf die einzelnen Kreditarten?

Den größten Bestand haben wir historisch bedingt im Öko-Kredit, den wir seit 2007 anbieten. Der Öko-Baukredit kommt erst seit dem Relaunch 2013 richtig ins Rollen. Die Photovoltaikfinanzierung bewegt sich in etwa in der gleichen Größenordnung.

Die Geschäftskredite entwickeln sich derzeit noch verhalten. Hier werden sowohl beim Betriebsmittelkredit als auch beim Investitionskredit nur sehr kleine Größenordnungen nachgefragt.

Insgesamt sprechen wir über einen Bestand von etwa 13 Millionen Euro. Historisch bedingt sind wir immer noch sehr stark einlagenlastig. Denn wir sind als Bank für Einlagen gestartet, weil wir uns damals noch nicht vorstellen konnten, dass auch Kredite direktbankfähig sind. Erst 2007 hatte sich der Bedarf für den Öko-Kredit stark herauskristallisiert. Inzwischen sind alle strategischen Weichen dahingehend ausgerichtet, dass das Kreditgeschäft stark wächst.

Aus welchen Bereichen kommen Ihre Geschäftskunden?

Unsere Kunden sind Klein- und Kleinstunternehmen mit durchschnittlich zehn Mitarbeitern sowie Vereine und gemeinnützige Organisationen. Ein Großteil unserer Firmenkunden hat einen ausgeprägten ethisch-ökologischen Anspruch ans eigene Unternehmen. Viele Kunden kommen aber einfach auch auf Empfehlung. Denn obwohl wir eine Direktbank sind, werden wir als sehr persönlich wahrgenommen. Die Qualität des Kundenservice wird gerade von Geschäftskunden sehr geschätzt. Im Zahlungsverkehr wachsen wir stark bei Girokonten und Geschäftskonten. 2013 hatten wir in beiden Bereichen volumenmäßig ein Wachstum von 65 Prozent.

Wie viele Kunden entscheiden sich bei Geldanlagen für die Fördervariante?

Das sind nur die Idealisten, die Zahlen schwanken zwischen etwa drei bis fünf Prozent der Kunden. Das berührt auch nicht das Herz der Ethik-Bank.

Inwieweit ist für eine "Gesinnungsbank" wie die Ethik-Bank der Preiswettbewerb ein Thema?

Der Preiswettbewerb ist für uns kein vordergründiges Problem. Natürlich gibt es Produkte, bei denen man permanent den Markt beobachten muss. Das gilt zum Beispiel für den Öko-Baukredit. Dabei orientieren wir uns aber vor allem an den anderen Alternativbanken. Im Vordergrund steht bei uns beim Stichwort Konditionen die Frage, was wir brauchen, um einen Deckungsbeitrag zu erzielen. Zinsvergleiche im Internet sind für uns kein typisches Thema. Im vergangenen Jahr hatten wir allerdings etliche Nachfragen zum Thema, wo wir den Kunden erklärt haben, wie Zinsen zustande kommen.

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