Honorarberatung

Freie Berater nicht benachteiligen

Die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) am 13. Juli 2011 veröffentlichten zehn Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung des Berufsbildes der Honorarberatung sind in deutscher Sprache gehalten und klar formuliert. Das Papier sorgte für zahlreiche Wortmeldungen diverser Interessensvertreter sowie zum Teil auch für Fehlinterpretationen und Verwirrung.

Der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) möchte als Teilnehmer der Fachtagungen im BMELV entsprechend für Klarheit sorgen: Unterschiedlichste lobbyistische Bestrebungen der seit Jahrzehnten vom Provisionsmodell partizipierenden Interessengruppen haben sich zumindest aktuell - nicht durchsetzen können.

Grundsätzliche Wahlmöglichkeit

In der Anlagepraxis ist es in jedem Fall sinnvoll, wenn Verbraucher zwischen den klassischen Provisionsmodellen und einem Honorarberatungsmodell wählen können. Besonders wichtig ist hier, dass der Verbraucher jeweils unmittelbar erkennen kann, mit wem er es zu tun hat und wie er die Interessenlage des Beraters einzuschätzen hat. Diese zu erkennen ist für private Anleger oftmals nicht so einfach, denn derzeit agieren etliche unterschiedliche "Berater" in der Finanzbranche.

Für Verbraucher hängt es vielfach vom Zufall ab, ob sie an einen seriösen Berater geraten oder an einen als "Berater" getarnten Produktverkäufer. Deshalb ist es generell zu befürworten, dass für jede Vertriebsform ein einheitlicher Begriff gesetzlich normiert wird, der dann auch zwingend gegenüber den Verbrauchern verwandt werden muss.

Das Mittel der Wahl: eindeutige Berater- und Vermittler-Kennzeichnung

Ob das im Eckpunktepapier des Verbraucherschutzministeriums vorgeschlagene Begriffssystem mehr Klarheit schafft, bleibt abzuwarten. Vorgesehen ist hier, dass es neben dem Versicherungs- noch den Anlage- und den Darlehensberater geben soll.

Als Oberbegriff für Berater, die alle Sparten anbieten, soll der Begriff des "Finanzberaters" eingeführt werden. Der Bundesverband Deutscher Honorarberater (BVDH) favorisiert den Begriff des Honorarberaters als Oberbegriff jeweils mit einem Klammerzusatz, für welche Produktgruppen eine Spezialisierung vorliegt. Ausreichend wären danach der Honorarberater (Versicherungen) sowie der Honorarberater (Finanzanlagen), wobei letztgenannter auch den Bereich der Darlehensberatung abdecken sollte. Daneben wäre es sinnvoll, wenn sich Versicherungsvermittler und Finanzanlagenvermittler ebenfalls nur noch als solche bezeichnen dürften.

Provisionsabgabeverbot nur für Honorarberater

Die Erfahrungen der Versicherungsberater haben gezeigt, dass es lebensfremd ist, Beratung und Produktverkauf vollständig trennen zu wollen. Sofern eine objektive - an den Interessen des Verbrauchers ausgerichtete - Beratung einen Produktbedarf erkennen lässt, muss auch ein Berater in der Lage sein, diesen Bedarf zu er füllen. Entscheidend für den Honorarberater ist, dass seine Vergütung nicht von der Vermittlung eines Produkts abhängt, sprich er muss kein Produkt verkaufen, um etwas zu verdienen. Aus diesem Grund ist es nur konsequent, dass er sämtliche Provisionen, die er gegebenenfalls von dritter Seite für die Vermittlung eines Produktes bekommt, komplett an den Kunden weiterreichen muss. Nur so kann ein Missbrauch vermieden werden. Vor diesem Hintergrund ist es auch gerechtfertigt, dass im Versicherungsbereich das Provisionsabgabeverbot nur für Honorarberater fällt. Andernfalls würden verbraucherunfreundliche Mischmodelle etabliert.

Regulierung in der Gewerbeordnung wäre kontraproduktiv

Für Versicherungen existiert mit dem Versicherungsberater bereits eine Regulierung. Hier ist lediglich die Begrifflichkeit anzupassen. Für den Bereich der sogenannten freien Anlageberatung ist nur eine Regulierung sinnvoll, die den Honorarberatern die Möglichkeit verschafft, zu sämtlichen Finanzinstrumenten beraten zu dürfen. Eine Regulierung in der Gewerbeordnung wäre absolut kontraproduktiv, weil danach nur Empfehlungen zu Investmentfonds getätigt werden dürften.

Die aktuellen Diskussionen im Rahmen der Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts zeigen aber, dass die freien Finanzberater zukünftig nahezu die gleichen Pflichten zu erfüllen haben wie nach dem Kreditwesengesetz regulierte Finanzdienstleistungsinstitute.

Sie werden zukünftig die Wohlverhaltens- und Organisationspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) einzuhalten haben und jährlich durch einen Wirtschaftprüfer geprüft werden.

Auch werden sie künftig zwingend eine Sachkundeprüfung ablegen und eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung vorhalten müssen.

Trotz dieses massiven Mehrs an Pflichten werden sie allerdings bei einer Regulierung in der Gewerbeordnung nach wie vor die gleichen Rechte wie zuvor haben. Sie dürfen nur zu Investmentfondsprodukten und geschlossenen Beteiligungen beraten. Dies ist für Honorarberater und deren ganzzeitlichen Beratungsansatz zu wenig.

Bank und Honorarberatung

Zu begrüßen ist, dass das Ministerium sich in dem Eckpunktepapier des Problems der Honorarberatung durch Banken angenommen hat und eine praktikable Lösung in die Diskussion einbringt. So sollen Banken, die die Honorarberatung anbieten wollen, entweder einen strikt getrennten Geschäftsbereich oder ein Tochterunternehmen gründen.

Zusätzlich müssen angemessene Grundsätze aufgestellt werden, um zu verhindern, dass haus- und konzerneigene Produkte nicht bevorzugt werden.

Auch hier gilt, dass ein als Beratung getarnter Produktverkauf schwerlich im objektiven Anlegerinteresse liegen kann. Dies gilt erst recht, wenn nur hauseigene Produkte zum Einsatz kommen. Dieser systemimmanente Widerspruch kann nur durch eine strikte Trennung der unter schiedlichen Vertriebssysteme erreicht werden.

Information der Öffentlichkeit

Im Rahmen der Qualitätsoffensive Verbraucherfinanz war es einhellige Meinung aller Branchenvertreter, dass Verbraucher über Finanzthemen besser aufgeklärt und umfassend informiert werden müssen. Vor diesem Hintergrund ist es als erster Schritt in diese Richtung zu begrüßen, wenn die Öffentlichkeit über die Wesensmerkmale und Vorteile der Honorarberatung aufgeklärt wird.

Das Eckpunktepapier enthält insgesamt gute Ansätze, dieses Ziel zu erreichen und zugleich für die betroffenen Berater mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Ob sich die Honorarberatung langfristig gegen die klassische Provisionsvermittlung durchsetzen kann, wird der Markt entscheiden.

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