Smava ist jetzt fünf Jahre am Markt. Wie hat sich in dieser Zeit der Markt beziehungsweise das Umfeld verändert?
Ein großer Markttrend war, dass immer mehr Menschen online einen Kredit aufnehmen. Der Online-Kreditmarkt ist weiter kräftig gewachsen, mit Wachstumsraten zwischen 25 und 30 Prozent pro Jahr.
Der zweite große Trend ist eine hohe Dynamik auf der Bankenseite. Einige Banken sind gegangen - wie beispielsweise Fortis im Rahmen der Finanzkrise -, andere sind neu hinzugekommen. Und nicht zuletzt haben sich immer mehr Menschen gezielt Online-Kreditmarkt plätzen wie Smava zugewandt.
Welchen Anteil am Kreditmarkt haben Online-Kreditmarktplätze heute?
Ich schätze, dass der Anteil am Online-Kreditmarkt bei ein bis zwei Prozent liegen dürfte.
Wie viele Kredite wurden bisher über Smava vergeben?
Im privaten Segment haben wir ungefähr 70 Millionen Euro an Finanzierungen vergeben. Das ist aber nur ein Teilausschnitt.
Wer sind die Kunden, die über Smava einen Kredit aufnehmen?
Anfangs hatten wir einen sehr hohen Teil von Selbstständigen unter unseren Kunden. Das waren vor allem kleine Gewerbetreibende, die sich trotz guter Bonität schwer taten, einen Kredit von 10 000 oder 15 000 Euro aufzunehmen.
In den letzten Monaten haben wir eine sehr starke Veränderung in unserer Kundschaft gesehen. Jetzt sprechen wir den klassischen Bankkunden an, der online einen günstigen Kredit abschließen und dabei verschiedene Angebote einholen möchte. Damit adressieren wir inzwischen den Massenmarkt.
Die meisten Kunden kommen zu uns, weil es bei uns einfach günstiger ist, einen Kredit abzuschließen.
Wie sieht die Aufsicht für Kredite von privaten Anlegern wie bei Smava-Privat aus?
Hier muss man als Anbieter mit einer Bank zusammenarbeiten, die für den privaten Anleger die rechtliche Infrastruktur bietet. Auf unserer Plattform werden sich Anleger und Kreditnehmer über Betrag, Laufzeit und Konditionen einig. Die Anleger haben das Geld vorab bei unserer Partnerbank, der Fidor Bank, eingezahlt. Diese wiederum vergibt formaljuristisch den Kredit und gibt ihn im Sinn einer Forderungsabtretung an den privaten Anleger weiter. Dadurch betreibt der private Anleger rechtlich gesehen kein Kreditgeschäft.
Seit einiger Zeit bieten Sie auch gewerbliche Kredite an. Wie hat sich dieses Geschäftsfeld verändert?
Ursprünglich lagen Privatpersonen als Kreditnehmer im Fokus. Die Entwicklung auf dem Marktplatz hat dann aber einen hohen Bedarf an Kleinkrediten bei Selbstständigen gezeigt. Daher haben wir unser Angebot im Lauf der Zeit auch stärker auf die Kundengruppe der Selbstständigen ausgerichtet. Beispielsweise wurden die Kreditbeträge auf bis zu 50 000 Euro angehoben, um den Selbstständigen eine günstige Alternative zu Betriebsmittel- oder Kontokorrentkrediten anbieten zu können. Das Angebot wird gerne genutzt.
Welchen Anteil am gesamten Kreditgeschäft haben die gewerblichen Kredite?
Als wir uns noch nicht für Banken geöffnet hatten, lag der Anteil der gewerblichen Kredite bei etwa 40 bis 45 Prozent. Das hat sich aber mittlerweile deutlich verändert. Inzwischen ist der Anteil der gewerblichen Kredite durch die neue Ausrichtung auf den Massenmarkt gesunken.
Auch mit Blick auf die Kreditgeberseite hat sich das Geschäftsmodell von Smava verändert. Seit wann bieten Sie auch Bankkredite an? Und mit wie vielen Banken arbeiten Sie mittlerweile zusammen?
Bankkredite bieten wir seit Mitte letzten Jahres an. Mittlerweile arbeitet der Marktplatz mit knapp zehn Kreditinstituten zusammen, darunter die Postbank, Targobank oder die SWK Bank.
Was war der Grund für die Zusammenarbeit mit Kreditinstituten?
Wir haben gesehen, dass Kreditangebote von Banken in einigen Fällen durchaus günstiger sind als die von privaten Anlegern. Und unser Ziel ist es, für den Kunden immer das günstigste Angebot bereitzustellen.
Zudem konnten wir mit der Begrenzung auf private Kredite nicht die gesamte Produktkonfiguration anbieten, die ein Kredit institut hat. Beispielsweise sind Privatanleger nicht so gerne bereit, längere Laufzeiten bis zu 84 Monaten zu finanzieren. Hier liegt die Grenze üblicherweise bei 36 oder 60 Monaten. Durch die Öffnung für Bankkredite können wir nun alle Laufzeiten und auch mehr Bonitätsklassen anbieten. Dieses erweiterte Angebot hat zu einer deutlich erhöhten Konversionsrate geführt.
Welcher Anteil der Kredite kommt jetzt noch von Privatpersonen, welcher über Banken?
Gestartet sind wir als Plattform, die nur Privatkredite vergeben hat. Seit einiger Zeit haben wir unser Angebot auch für Bankkredite geöffnet. Das Geschäft ist in den letzten zwölf Monaten insgesamt sehr stark gewachsen. Darüber, wie sich das verteilt, machen wir keine Angaben.
Im Januar haben Sie mit der Schufa eine neue Scorekarte eingeführt. Wo liegen die Unterschiede beziehungsweise Vorteile gegenüber der vorher benutzten Standard-Scorekarte?
Der Unterschied liegt vor allem darin, dass wir erstmals Daten unserer eigenen Grundgesamtheit aus den vergangenen fünf Jahren mit integriert haben, sodass die Scorekarte besser auf eine Online-Kreditnehmergruppe abgestimmt ist. Damit können wir eine höhere Trennschärfe anbieten. Als Konsequenz erhalten die Anleger eine präzisere Risikosteuerung, die Kreditnehmer besser auf sie zugeschnittene und daher meist günstigere Konditionen.
Die eigene Scorekarte kommt aber vermutlich nur für Smava-Privat zum Einsatz? Bei Bankkrediten macht sicher die kreditgebende Bank das Scoring selbst?
Das ist richtig. Unser eigenes Scoring kommt tatsächlich nur bei privaten Kreditgebern zum Einsatz.
Wie hoch sind die Ausfallquoten bei Krediten von privat an privat?
Die Ausfallquoten liegen im Schnitt zwischen vier und fünf Prozent. Im Vergleich zu einer klassischen Ausfalldefinition einer Bank verkauft Smava die Kredite zu einem relativ frühen Zeitpunkt. Beispielsweise gibt es bei Krediten von privaten Kreditgebern keine Stundung oder Laufzeitverlängerung. Deshalb lässt sich die Ausfalldefinition und somit auch die Ausfallquote nicht eins zu eins mit der von Banken vergleichen.
Viel wichtiger ist in dem Kontext ohnehin die Höhe der Nettorendite für den Anleger. Jeder Anleger ist automatisch mit allen Anlegern in einer Bonitätsklasse in einem Pool, der im Fall eines Ausfalls den auftretenden Verlust übernimmt. Die Anlagesumme fließt also nicht komplett in einen Kredit, sondern der Anleger ist an vielen Krediten beteiligt. Im Ergebnis erleidet er somit keinen Totalverlust, sondern nur einen Renditeverlust. Die Nettorendite der privaten Kreditgeber abzüglich der Ausfälle lag in den letzten fünf Jahren im Schnitt bei rund fünf Prozent.
Wie hat sich das Interesse privater Anleger an Smava entwickelt?
Das Interesse ist gleichbleibend hoch. Wir haben immer ausreichend Anbieter auf dem Marktplatz. Die Finanzierungsquote liegt seit Start fast durchgehend bei 95 Prozent, wobei die schlechtesten Bonitätsklassen gar nicht erst zugelassen werden. Das heißt, fast alle Kreditnehmer, die auf den Marktplatz gelangen, werden tatsächlich finanziert. Mit dieser Situation sind wir sehr zufrieden. Andere Anbieter im Peer-to-Peer-Umfeld liegen hier bei etwa 20 Prozent. Diejenigen, die bei uns nicht finanziert werden, scheitern in der Regel daran, dass sie unrealistische oder völlig bonitätsunübliche Zinsvorschläge unterbreiten, die die Anleger nicht akzeptieren.