Blickpunkte

Lobbyarbeit - Keine "Kampagne" seitens Mastercard

Es war schon starker Tobak, was sich Michel Barnier anlässlich der Vorstellung des EU-Kommissionsentwurfs zur Regelung des elektronischen Zahlungsverkehrs in Europa (siehe Rote Seiten) geleistet hat. Zweifellos hat sich Mastercard in Sachen Interchange zum Fürsprecher der Kartenbranche gemacht und vor der Veröffentlichung des Kommissionsentwurfs noch einmal die Gelegenheit genutzt, die eigene Position in den Medien zu lancieren, und das mit Erfolg. Solchermaßen die Kontakte zu den Medien zu nutzen ist ein legitimes Mittel der Öffentlichkeitsarbeit, das jedem Marktteilnehmer offen steht. Dies als "Kampagne" abzuqualifizieren ist insofern kaum angemessen.

Vollends über das Ziel hinaus schoss die Kommission mit dem Vorwurf, Mastercard habe interessengesteuerte wissenschaftliche Studien gefördert. Gemeint war die von drei spanischen Universitäten durchgeführte Untersuchung zu den Auswirkungen der Interchange-Regulierung in Spanien, die von Mastercard nach ihrer Veröffentlichung kräftig publik gemacht wurde. Natürlich kamen die Ergebnisse dieser Studie, wonach eben nicht die von den Regulatoren erhoffte Preissenkung für die Karteninhaber, sondern vielmehr neue Kartengebühren die Folge waren, der Kartenbranche zupass. Deshalb aber gewissermaßen zu unterstellen, dass die Ergebnisse quasi gekauft waren, ist eine Frechheit nicht nur gegenüber der Kartenorganisation, sondern auch gegenüber den beteiligten Wissenschaftlern.

So müssen sich die Eurokraten fragen lassen, weshalb eine Kommission, die die vorliegenden Studien zum Thema aus den verschiedensten Gründen sämtlich für ungeeignet hält, nicht längst eine eigene Untersuchung aufgesetzt hat, deren Ergebnisse man dann als Grundlage für eine gesetzliche Regulierung hätte heranziehen können. Auch die hätten die Medien sicher genau zur Kenntnis genommen.

Empirische Untersuchungen sind nun einmal ein beliebtes Mittel der Lobbyarbeit, mit denen die einzelnen Parteien ihre Position untermauern. Wenn eine Seite dieses Mittel nutzt, die andere hingegen nicht, ist das kein Grund, dem aktiven Part deshalb eine "Kampagne" vorzuwerfen. Red.

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