Private Banking

Wie sich Margen im Private Banking steigern lassen

Die goldenen Zeiten im Geschäft mit vermögenden Privatkunden sind vorbei. In den vergangenen fünf Jahren brachen die durchschnittlichen Einnahmen je Mitarbeiter im Private Banking um 26 Prozent ein. Die durchschnittlichen Kosten je Mitarbeiter konnten im selben Zeitraum jedoch nur um 14 Prozent gesenkt werden. Dies ergab die "europäische Private-Banking-Studie 2012" von Eurogroup Consulting (EGC). Institute, die fünf Tipps beherzigen, können den Sinkflug der Margen stoppen.

Die meisten Private-Banking-Institute sind geprägt von kostenintensiven Strukturen. Diese wurden etabliert, als die Einnahmen noch eine konstante Größe waren. Das ist vorbei. Die Einnahmen gehen spürbar zurück, und die Kosten erweisen sich als zunehmende Belastung, allen voran die IT. Mit mehr als 27 Prozent ist sie laut EGC-Studie einer der größten Ausgabenblöcke im Private Banking. Dabei war es den Instituten gelungen, den IT-Anteil an den Gesamtkosten von 31,5 Prozent im Jahr 2002 auf 23 Prozent im Jahr 2007 zu reduzieren. Seit der Finanzkrise konnten die Einnahmen jedoch nicht signifikant gesteigert werden. Gleichzeitig wurden die IT-Kosten nicht proportional gesenkt.

Belastende IT-Kosten

Dies ist zum einen den regulatorischen Anforderungen geschuldet, die als Ergebnis der Finanzkrise eingeführt wurden und deren Implementierung die IT belastet. Die Zunahme der IT-Kosten ist aber auch das Ergebnis einer gewissen Sorglosigkeit. Denn viele Institute sahen bis zur Finanzkrise wegen der hohen Erträge keine Notwendigkeit, ihre IT zu modernisieren und damit die Kosten in diesem Bereich zu senken. Sie sind deshalb gezwungen, einen Großteil ihres Budgets in die Sicherstellung des laufenden Betriebs zu investieren. Allein durch die Modernisierung der IT lassen sich die sinkenden Margen im Geschäft mit vermögenden Privatkunden jedoch nicht stoppen. Denn die veraltete IT ist nur einer von mehreren Faktoren, die die Profitabilität im Private Banking belasten. Weitere Gründe sind

die Zurückhaltung der Kunden, überhaupt Bankleistungen in Anspruch zu nehmen,

eine neue Klientel mit veränderten Bedürfnissen, der verschärfte Wettbewerb durch neue Anbieter

und nicht zuletzt die gestiegenen Kapital- und Liquiditätsvorgaben.

Kundenbindung gewinnt an Bedeutung

Angesichts der Vielzahl der Entwicklungen greift die Optimierung einzelner Bereiche wie der IT zu kurz. Die veränderten Rahmenbedingungen stellen vielmehr das Geschäftsmodell der Privatbanken als Ganzes infrage. Maßnahmen zur Effizienzsteigerung müssen dementsprechend immer im Kontext einer übergreifenden Strategie erfolgen, die sämtliche Bereiche der Institute umfasst. Neben den monetären Faktoren Kosten und Ertrag müs sen dabei auch Möglichkeiten zur Kundenbindung berücksichtigt werden. Denn gerade in Zeiten, in denen die Vermögenden zunehmend defensiv agieren und der Wettbewerb im Private Banking damit an Schärfe gewinnt, ist es wichtig, die Bestandskunden an sich zu binden und gegenüber der Konkurrenz abzusichern.

Wie aber gelingt es den Geldhäusern, ihr Geschäft trotz dieser veränderten gesellschaftlichen und regulatorischen Bedingungen profitabel zu gestalten? Im Wesentlichen gibt es dafür fünf Möglichkeiten, die im Rahmen einer integrierten Strategie geprüft und umgesetzt werden sollten.

Tipp 1: Potenzial bei Familienunternehmen erschließen

In den meisten Banken und Sparkassen werden die kleinen und mittelständischen Unternehmenskunden dem Firmenkundengeschäft zugeordnet. Meist werden sie dort in einer eigenen Einheit gebündelt, die auf deren Bedürfnisse spezialisiert ist. Der Geschäftskontakt ist oft geprägt von einer intensiven, persönlichen Beziehung zwischen Berater und Unternehmer. Trotzdem sind die Firmenbesitzer in vielen Fällen nicht Kunden des Private-Banking-Bereichs. Die angebotenen Finanzdienstleistungen konzentrieren sich stattdessen auf das Firmenkundengeschäft.

Dies hat in der Regel drei Gründe: Die KMU-Berater haben kaum Kontakt zu ihren Kollegen aus dem Private-Banking-Bereich. Sollte es doch zu einer überschneidenden Kundenbetreuung kommen, in der die Privatperson im Private-Banking- und der Unternehmer im Firmenkundenbereich betreut werden, wären die Kosten und Erträge auf beide Bereiche aufzuteilen. Dies würde die Gewinn- und Verlustrechnung des Gesamthauses verkomplizieren. Familienunternehmen möchten bewusst das Firmenengagement getrennt von der Verwaltung des Privatvermögens führen. Das Motto "Nicht alles in einer Hand" ist dabei durchaus plausibel und nachvollziehbar. Um zumindest den ersten beiden Gründen entgegen zu wirken, sollten die Kreditinstitute die Private-Banking-Einheiten mit dem Firmenkundenbereich enger verzahnen.

So erhalten die Banken und Sparkassen über den Firmenkundenkontakt Zugang zum Privatvermögen des Unternehmers. Erträge und Kosten fallen nur noch in einem Bereich an und sind daher leichter in die Gewinn- und Verlustrechnung des Hauses aufzunehmen. Außerdem wird die tägliche Arbeit erleichtert, da Vermögensund Firmenkundenbetreuer eng zusammenarbeiten und lediglich an ein Vorstandsmitglied berichten müssen.

Tipp 2: Produkt- und Beratungstransparenz steigern

Die Finanzkrise hat die Bedürfnisse der Anleger verändert. Viele Vermögenskunden sehnen sich nach realen und beständigen Werten. Immobilien, Kunstobjekte und Oldtimer rücken daher stärker in den Blick der Anleger. Darüber hinaus möchten sie die Anlageprodukte verstehen, die ihnen angeboten werden. Damit ziehen sie die Lehren aus den Pleiten von Unternehmen wie Lehman Brothers und AIG, die mit undurchsichtigen Finanzprodukten einen Kollaps auf den weltweiten Finanzmärkten hervorgerufen und Milliarden an Kundengeldern vernichtet haben.

Die Privatbanken müssen noch stärker als bisher auf diese Entwicklung reagieren und ihre Angebote und Preise an die neuen Bedürfnisse der Kunden nach Verlässlichkeit und Transparenz anpassen. Eine gute Möglichkeit dazu bietet ein transparentes Preismodell wie zum Beispiel ein sogenanntes Festpreismodell, das die Produkte und die Beratung umfasst. Kunden sind damit in der Lage, die Preisge staltung direkt nachzuvollziehen, was das Vertrauen gegenüber der Bank erhöht.

Die Finanzkrise hat jedoch nicht nur die Bedürfnisse der Kunden, sondern auch die Art der Beratung verändert. Grund sind die vom Gesetzgeber erlassenen strengeren Dokumentationsvorschriften. Die oft mehr als 100 Seiten langen Dokumente stellen Berater und Kunde gleichermaßen vor große Herausforderungen. Beim Berater führen sie dazu, dass der administrative Aufwand wächst und damit weniger Zeit für die eigentliche Beratung bleibt. Der Kunde ist in der Regel nicht gewillt, die Dokumente in Gänze zu lesen und zu verstehen. Dies erzeugt Skepsis und das Gefühl, dass die Dokumente lediglich den Berater absichern.

Abhilfe schaffen standardisierte, schlank gehaltene Beratungstools und Musterdokumente. Diese reduzieren den administrativen Aufwand und schaffen gleichzeitig Vertrauen beim Kunden, weil er die Dokumentation leichter nachvollziehen kann. Durch feste Preise und schlanke Dokumentationsprozesse kann somit die Beziehung zum Kunden gestärkt werden. Und dies ist ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in einer Zeit, in der es im Geschäft mit Vermögenskunden kaum noch neue Marktanteile zu gewinnen gibt.

Tipp 3: Nicht nur nach dem liquiden Vermögen segmentieren

Bislang werden Kunden in vielen Private-Banking-Häusern vor allem anhand ihres liquiden Vermögens in Segmente eingeteilt. Diese Einteilung bestimmt über den Grad der Betreuung und ist Grundlage für strategische Überlegungen, etwa zur Akquisition neuer Kunden. Diese vorrangige Segmentierung nach dem liquiden Kundenvermögen reicht für eine umfassende Betreuung der Bestands- und Zielkunden jedoch nicht aus, vielmehr ist eine gesamthafte Betrachtung des Kundenvermögens entscheidend. Denn die Zeiten, in denen es lediglich um den Aufbau von Vermögenswerten ging, sind vorbei. Viele Kunden legen zunehmend Wert darauf, wie ihr Geld angelegt wird.

Darüber hinaus ist das Bild des typischen Privatbankkunden vielfältiger geworden. So haben Kunden, die aus den osteuropäischen Ländern zugezogen sind, andere Bedürfnisse als Muslime, die ihr Geld nach den Regeln des sogenannten "Islamic Banking" anlegen möchten. Und Freiberufler erwarten zu Recht eine andere Beratung als junge Erben, die kurz vor der Übernahme des Unternehmens ihrer Eltern stehen. Privatbanken sind daher gut beraten, diese Kriterien in ihre Kundensegmentierung aufzunehmen und ihr Beratungsangebot entsprechend zu erweitern. Die Bandbreite der Möglichkeiten reicht dabei von fremdsprachigen Mitarbeitern, die bei Bedarf zur Beratung hinzugezogen werden, bis zur Herausbildung von Fachteams, die sich schwerpunktmäßig um bestimmte Kundengruppen wie Freiberufler oder die "Next Generation" kümmern. Wie intensiv die Beratung anhand dieser thematischen Kundensegmentierung erfolgt, kann erst nach einer Analyse der Bestands- und Zielgruppen festgelegt werden.

Tipp 4: Produktangebot differenzieren

Nicht nur in der Betreuung, auch bei ihren Produktangeboten sollten Vermögensverwalter stärker nach den einzelnen Kundengruppen unterscheiden. Bislang gibt es hier bei vielen Banken im Private Banking keine Unterschiede, das vorhandene Produktportfolio steht allen Kunden gleichermaßen offen. Bei aufwendigen Produkten und Dienstleistungen führt dies bis zu einem gewissen Anlagevolumen zu einem ungünstigeren Verhältnis von Ausgaben und Ertrag, da den Kosten eine niedrigere Anlagesumme und damit Provision gegenüber steht. Ausnahmen bestehen hier natürlich zum Family Office.

Die Private-Banking-Institute sollten ihre Produkte und Dienstleistungen daher stärker anhand des Kundenvermögens differenzieren. Denkbar ist zum Beispiel, dass sie bei Kunden mit einem Vermögen unter einer Million Euro (Affluents) stärker auf standardisierte Produkte setzen. Je höher das Vermögen, desto individueller wird dann das Produktangebot. Die Ausrichtung auf automatisierte Strukturen bei den Affluents und auf individuelle Produkte in den profitableren Kundensegmenten stärkt die Effizienz des Instituts.

Die wesentliche Herausforderung in diesem Modell ist, Kunden mit geringerem Vermögen weiterhin attraktive Produkte anzubieten. Dies wird zum Beispiel durch die stärkere Segmentierung anhand der Kundenbedürfnisse möglich. Dadurch können die Institute standardisierte Produkte erstellen, die gleichzeitig die individuellen Wünsche der Kunden berücksichtigen. Durch das skizzierte Festpreismodell kann zudem die Transparenz gegenüber dem Kunden erhöht und damit ein weiterer Wettbewerbsvorteil geschaffen werden.

Tipp 5: Nicht wertschöpfende Prozesse auslagern

Banken und Sparkassen erzielen ihre Wertschöpfung in der Regel im Front-Office, also im direkten Kundenkontakt. Hier werden die Leistungen erzielt, mit denen sich das Institut von seinen Mitbewerbern abgrenzt. Das gilt besonders für das Geschäft mit Vermögenskunden, wo Kriterien wie Exklusivität, Nähe und Vertrauen wichtiger sind als der aktuell gültige Zinssatz.

In den Middle- und Back-Office-Bereichen nimmt der Grad der Wertschöpfung laut EGC-Studie hingegen sukzessive ab. Diese Bereiche sind zwar wichtig für die Leistungsfähigkeit der Institute, bieten aber oft keinen vom Kunden wahrgenommenen Wettbewerbsvorteil. Privatbanken sollten daher prüfen, ob sie Leistungen mit einer geringen Wertschöpfung auslagern können, um das Aufwand-Gewinn-Verhältnis zu verbessern.

Denkbar ist zum Beispiel die Schaffung eines Kompetenzzentrums Regulatorik, in dem sich mehrere Banken zusammenschließen. Das Zentrum prüft im Auftrag der Institute, ob diese von den zahlreichen regulatorischen Vorgaben wie Basel III, EMIR, AIFMD, FATCA oder MiFID II betroffen sind und wie sie diese umsetzen können. Durch die Bündelung der Kompetenz können die Finanzhäuser Kosten sparen in einem Bereich, in dem es ohnehin keine Differenzierungsmerkmale gegenüber der Konkurrenz gibt, die für den Kunden sichtbar sind.

Daneben bietet auch die Zusammenlegung der Back-Office-Aktivitäten von Privatbanken eine gute Möglichkeit, die Kosten zu reduzieren. Im Private Banking wurde ein solcher Schritt immer wieder diskutiert, aber noch nicht vollzogen. Ein Beispiel bietet sich jedoch aus dem Asset Management an. Hier sind die Deka-Bank und Allianz Global Investors 2009 mit der Ausgliederung ihrer Back-Office-Dienstleistung und der Zusammenlegung und Gründung der Dealis einen guten Weg vorangeschritten. Zu achten ist dabei natürlich auf die Dienstleistungsbreite der ausgegliederten Gesellschaft und die Möglichkeit, eine Vielzahl von Kundenwelten im eigenen System darzustellen.

Im Kern gehen die skizzierten Maßnahmen alle in dieselbe Richtung: Private-Banking-Institute müssen besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und diese unter Berücksichtigung der Wertschöpfungspotenziale in die Gestaltung ihrer Produkte und Dienstleistungen einbinden. Dabei ist es erforderlich, die vorgestellten Tipps als Bestandteile einer integrierten Strategie zu sehen und entsprechend umzusetzen. So kann es gelingen, das Geschäft mit vermögenden Privatkunden trotz der ungünstigeren Rahmenbedingungen auch weiterhin profitabler zu gestalten.

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