Private Banking

Die Performance ist verbesserungswürdig

Im Grundsatz ist das Private Banking eines der attraktivsten, wenn nicht sogar das attraktivste Geschäftsfeld im Banking. Das liegt vor allem an relativ ge ringen Kapitalanforderungen sowie stabilen Ertragsaussichten. Zudem zeigt eine Analyse der Unternehmensberatung McKinsey & Company, dass Privatbanken die höchsten P/E Multiples der Branche auf weisen.1)

Trotz dieser positiven Grundvoraussetzungen hat die Finanzkrise auch im Private Banking deutlich ihre Spuren hinterlassen. Ein nennenswerter Beweis hierfür ist, dass die Profitabilität im europäischen Private Banking derzeit auf einem Niveau stagniert, das zirka 30 Prozent unter dem Vor-Krisen-Niveau liegt.2) Darüber hinaus existieren am Markt auffallende Unterschiede zwischen einzelnen Anbietern bei der Nettoneugeldgewinnung. Dieser Umstand wird insbesondere dadurch deutlich, dass im Jahr 2011, trotz eines leichten Plus auf aggregierter Ebene, etwa 40 Prozent der europäischen Privatbanken Nettoabflüsse verzeichnen mussten.3)

Als Ursache sind insbesondere zwei komplementäre Entwicklungen auf Seiten des Kunden verantwortlich. Zum einen eine höhere Erwartungshaltung an die Qualität und Transparenz der Dienstleistung. Zum anderen ein spürbarer Rückgang in der Zufriedenheit und Loyalität von Private- Banking-Kunden. In der Tat haben viele Vermögende seit Beginn der Krise ihren Anbieter gewechselt oder planen diesen Schritt noch aktiv.4)

Fasst man diese Marktsituation zusammen, so kann konstatiert werden, dass sich die Qualität und Transparenz der Dienstleistung sowie die Kundenzufriedenheit als zentrale Herausforderungen im Private Banking offenbaren. Der Kunde hat den Wunsch nach mehr Transparenz über die Qualität der Anbieter, denn er stellt sich die Frage, welcher Anbieter am besten zu ihm passt. Zusätzlich haben auch die Anbieter den Wunsch nach mehr Transparenz, denn sie benötigen die Sicht des Kunden auf die entscheidenden Einflussfaktoren zur langfristigen Festigung und/oder Steigerung der Kundenzufriedenheit.

Transparenz auf Basis wissenschaftlicher Bewertungsverfahren

Um dieser Situation zu begegnen, hat das Center of Private Banking der WHU - Otto Beisheim School of Management ein Verfahren entwickelt, mit dem die Kundenzufriedenheit im deutschsprachigen Private-Banking-Markt empirisch untersucht werden kann. Als Grundlage für das Bewertungsverfahren mit Namen "Private Banking Rating" wurde ein wissenschaftliches Kundenzufriedenheitsmodell entwickelt, dessen Variablen speziell auf das Private Banking ausgerichtet sind.5)

Konkret handelt es sich bei den Variablen um neun Faktoren, welche die Kundenzufriedenheit im Private Banking direkt beeinflussen: (1) Erreichbarkeit, (2) räumliche Umgebung, (3) Produktangebot, (4) Anlagevorschlag, (5) Reporting, (6) Anlageperformance, (7) Berater, (8) Beziehung zum Anbieter, und (9) Preis-/Leistungsverhältnis. Bei den Einflussfaktoren handelt es sich jedoch um latente, also nicht direkt messbare Variablen. Für die empirische Untersuchung muss das theoretische Modell folglich unter Verwendung eines Fragebogens operationalisiert werden. Die dazugehörigen Fragen werden vornehmlich auf einer Likert-Skala von 1 bis 5 beantwortet, wobei 5 für den besten Wert und 1 für den schlechtesten Wert steht.

Die statistische Untersuchung des Modells basiert auf einer Strukturgleichungsanalyse, zur Bestimmung (quasi) kausaler Beziehungen zwischen den Variablen. Hierbei geht es insbesondere um die Bestimmung der statistischen Signifikanz und der Erklärungsbeiträge der jeweiligen Einflussfaktoren auf die Gesamtzufriedenheit. Das übergeordnete Ziel der Analyse ist dann die Entwicklung eines Kundenzufriedenheitsindexes, der auf Basis der relativen Wichtigkeit der Einflussfaktoren gebildet wird.

Entsprechend der Likert-Skala bewegt sich das Gesamtergebnis auf einer Bandbreite zwischen 1 und 5. Zur anschaulichen Interpretation der Ergebnisse wird die Bandbreite in Kategorien eingeteilt und mit einer Rating-Kodierung versehen. Diese Kodierung ist vergleichbar mit der von Standard & Poor's. Ein beispielsweise besonders gutes Ergebnis von 5 erhält die Bewertung AAA, ein besonders schlechtes Ergebnis von 1 erhält die Bewertung E, was gleichzeitig einem Default entsprechen würde.

Die Bewertung der Anbieter erfolgt direkt durch den Kunden. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass die Generierung von Kundendaten eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellt. Das liegt vor allem daran, dass Private-Banking-Kunden besonders schwierig zu identifizieren und nicht leicht für eine Umfrageteilnahme zu gewinnen sind.

Hinzu kommt die Tatsache, dass der Anteil von High Net Worth Individuals (HNWIs) bemessen an der deutschen Gesamtbevölkerung nur knapp über einem Prozent liegt und dadurch verhältnismäßig klein ist.6) Nichtsdestotrotz konnte das Center of Private Banking bis zum Ende des Jahres 2011 insgesamt 559 aussagekräftige Datensätze generieren. 483 davon konnten eindeutig einem bestimmten Private-Banking-Anbieter zugeordnet werden.

Im Ganzen umfasst die Stichprobe Bewertungen für 79 verschiedene Anbieter. Darunter befinden sich Bewertungen für neun Universalbanken mit Private-Banking-Sparte, 22 klassische Privatbanken, 34 Sparkassen, Landes- und Genossenschaftsbanken, zehn unabhängige Vermögensverwalter und vier An bieter, die als Direktbanken eingestuft werden.

Beim soziodemografischen Profil zeigen männliche Probanden einen dominierenden Anteil von 75 Prozent. Bei den Berufsgruppen bilden Selbstständige/Unternehmer die größte Einheit (37 Prozent), gefolgt von Angestellten (30 Prozent) und Pensionären (16 Prozent). Das Durchschnittsalter der teilnehmenden Private-Banking-Kunden beträgt 54 Jahre und das durchschnittliche liquide Anlagevermögen zirka 2,5 Millionen Euro. Insgesamt bildet die Datengrundlage eine gute Ausgangsposition, um repräsentative Rückschlüsse über die Kundenzufriedenheit im deutschsprachigen Private-Banking-Markt zu ziehen.

Mäßige Gesamtzufriedenheit

Die Ergebnisse des Private-Banking-Ratings lassen sich in drei Stufen gliedern. In der ersten Stufe wird die relative Wichtigkeit der einzelnen Einflussfaktoren näher beleuchtet. In der zweiten Stufe erfolgt die Betrachtung der Ergebnisse zur Kundenzufriedenheitsmessung auf Gesamtmarktebene. In der letzten Stufe erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse zwischen den Anbietergruppen.

Mit Blick auf die erste Stufe zeigt sich, dass sieben von neun Einflussfaktoren einen signifikanten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben (siehe Abbildung 1). Mit einem relativen Gewicht von 24 Prozent stellt der Berater den wichtigsten Einflussfaktor dar. Das Preis-/Leistungsverhältnis folgt mit 19 Prozent und die Wahrnehmung der Anlageperformance mit 13 Prozent. Die restlichen 44 Prozent verteilen sich auf das Produktangebot (zwölf Prozent), die Beziehung zum Anbieter (zwölf Prozent), den Anlagevorschlag (elf Prozent), das Reporting (sieben Prozent) und sonstige, nicht signifikante Faktoren wie räumliche Umgebung und Erreichbarkeit (zwei Prozent).

Bei Betrachtung des Kundenzufriedenheitsindex auf Gesamtmarktebene zeigt sich ein sehr heterogenes Bild (siehe Abbildung 2). Die durchschnittliche Zufriedenheit für alle Kunden, die sich einem Anbieter zuordnen lassen, liegt bei einem Wert von 3,48 und entspricht gemäß der Rating-Kodierung einem B-Rating. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die allgemeine Kundenzufriedenheit im deutschsprachigen Private-Banking-Markt eher mäßig aus geprägt ist. Bei der Frage nach der Ursache ist ein Blick auf die Ausprägung der einzelnen Einflussfaktoren erforderlich (siehe Abbildung 3). Zusätzlich sollte berücksichtigt werden, dass die Kombination aus Ausprägung und relativer Wichtigkeit für die Gesamtzufriedenheit entscheidend ist.

Verbesserungspotenzial beim Preis-/ Leistungsverhältnis

Trotz mäßiger Gesamtzufriedenheit zeigt sich eine relativ hohe durchschnittliche Zufriedenheit mit dem wichtigsten Faktor Berater (Wert: 3,88). Auch mit der räumlichen Umgebung wird eine relativ hohe Zufriedenheit assoziiert (Wert: 3,83). Jedoch hat die räumliche Umgebung keinen entscheidenden Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit. Im Unterschied dazu haben die Faktoren Preis-/ Leistung und Anlageperformance einen hohen Einfluss. Sie schneiden jedoch im direkten Vergleich am schwächsten ab, mit Durchschnittswerten von 3,19 respektive 3,16.

Aus dieser Beobachtung lässt sich schließen: Beim Preis-/ Leistungsverhältnis und der Anlageperformance liegt im Private Banking das höchste Verbesserungspotenzial und gleichzeitig auch ein großer Hebel zur Steigerung der Gesamtzufriedenheit. Ein weiteres heterogenes Bild zeichnet sich beim Vergleich der Anbietergruppen ab (siehe Abbildung 4). Für die vorliegende Stichprobe konnten insgesamt 162 Datensätze für Universalbanken, 185 für klassische Privatbanken, 109 für Sparkassen, Landes- und Genossenschaftsbanken und 19 für unabhängige Vermögensverwalter generiert werden.7) Es zeigt sich, dass klassische Privatbanken und unabhängige Vermögensverwalter eine Durchschnittsbewertung von 3,72 respektive 3,81 erhalten und damit im Vergleich am besten abschneiden.

Beide Gruppen erhalten ein BB-Rating. Universalbanken kommen auf eine Durchschnittsbewertung von 3,23 und Sparkassen, Landes- und Genossenschaftsbanken auf 3,43. Beiden Gruppen erhalten von ihren Kunden jeweils ein B-Rating.

Verbünde mit Aufholpotenzial bei der Performance

Ein Vergleich der Ausprägungen der Einflussfaktoren zeigt, dass

unabhängige Vermögensverwalter bei den entscheidenden Faktoren Berater, Preis-/Leistungsverhältnis und Anlageperformance relativ gut abschneiden (siehe Abbildung 5).

Klassische Privatbanken überzeugen insbesondere bei den Beratern und der räumlichen Umgebung.

Für Sparkassen, Landes- und Genossenschaftsbanken besteht vor allem Aufholbedarf bei der Performance und beim Produktangebot.

Universalbanken fallen vor allem durch ein relativ schwaches Abschneiden beim Preis-/Leistungsverhältnis auf.

Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass die Ergebnisse für alle Anbietergruppen keine besonders hohe Zufriedenheit signalisieren. Vornehmlich in den Bereichen Preis-/Leistungsverhältnis und der Anlageperformance besteht Potenzial zur Verbesserung. Offen bleibt die Frage, in welche Richtung sich die Zufriedenheit im Private Banking zukünftig entwickeln wird. Aus diesem Grund plant das Center of Private Banking eine Neuauflage des Ratings für den Zeitraum 2012/2013. Mit mindestens 400 zusätzlichen Datensätzen ist neben einer Aktualisierung der vorliegenden Ergebnisse ein Vergleich der Entwicklungen über Jahre geplant. Erste Ergebnisse deuten bereits auf eine positive Entwicklung in der Gesamtzufriedenheit seit 2009 hin.

Referenzen

Capgemini, & Merrill Lynch. (2009). World Wealth Report 2009.

Capgemini, & Merrill Lynch. (2012). World Wealth Report 2012.

McKinsey & Company. (2010). McKinsey Private Banking Survey 2010.

McKinsey & Company. (2011). McKinsey Private Banking Survey 2011.

McKinsey & Company. (2012). McKinsey Private Banking Survey 2012.

Rudolf, M., & Seiler, V. (2012). Kundenzufriedenheit im Private Banking. Working Paper, WHU - Otto Beisheim School of Management, Universität Paderborn.

Fußnoten

1) Anmerkungen Vgl. McKinsey & Company (2011) über P/E Multiples im Banking: Privatbanken = 11; Investmentbanken = 7; Retailbanken = 7; Universalbanken = 5.

2) Vgl. McKinsey & Company (2012).

3) Vgl. McKinsey & Company (2012).

4) Vgl. McKinsey & Company (2012), McKinsey & Company (2011), McKinsey & Company (2010), Capgemini und Merrill Lynch (2009).

5) Vgl. Rudolf und Seiler (2012) für eine detaillierte Modellbeschreibung.

6) Vgl. Capgemini und Merrill Lynch (2012) und das statistische Bundesamt zum Stand 2011.

7) Aufgrund der geringen Anzahl an Datensätzen für unabhängige Vermögensverwalter müssen die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden. Verallgemeinernde Schlussfolgerungen sind nicht möglich.

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