Im Gespräch

Wir sind die Privatbank im Weltkonzern

Herr Baratta, was ist das Besondere am Private Wealth Management der
Deutschen Bank?
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Wir sind eine Privatbank in einem Weltkonzern. Die Kunst einer
Privatbank ist es, mit höchster Diskretion im engen Kundenkontakt
zuverlässig zu arbeiten. Gleichzeitig sind wir Teil der Deutschen
Bank.
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Dabei bewahren wir uns unsere eigene Identität, die sich konsequent
auf das Kundeninteresse fokussiert. Deshalb ist es für uns die beste
Werbung, wenn wir von zufriedenen Kunden weiterempfohlen werden.
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Wie wird die Kundenzufriedenheit gemessen?
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Damit beauftragen wir im Konzern eine von PWM unabhängige Stelle, die
wiederum ein unabhängiges Institut beauftragt. Dessen Mitarbeiter
führen bis zu 45-minütige Interviews mit unseren Kunden. Die
Auswertungen der Gespräche erhalten wir in anonymisierter Form und die
Ergebnisse zeigen, dass wir im Vergleich zu früher heute weitaus
bessere Werte erzielen. Seit drei Jahren halten wir uns ganz oben. Das
ist vor dem Hintergrund der erwähnten Mund-zu-Mund-Propaganda sehr
wichtig, denn wir müssen davon ausgehen, dass in unserem Marktsegment
jeder Kunde mindestens drei Bankbeziehungen hat. Allerdings: 72
Prozent unserer Kunden sind sehr eng mit der Deutschen Bank verbunden
und haben über 60 bis 70 Prozent ihres Vermögens bei uns.
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Woran messen Sie die Kundenzufriedenheit? Was sind Kriterien, die
"abgefragt" werden?
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Unter anderem Beratungskompetenz, Intensität, Qualität und Kontinuität
der Betreuung, Produktinnovation, Service, Image und natürlich die
Wertentwicklung der Anlage. Darüber hinaus wollen wir auch wissen, wie
zufrieden die Kunden mit uns als Anbieter komplexer Problemlösungen
sind.
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Sie haben auch die Bedeutung des Brands angesprochen.
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Wo hilft die Marke Deutsche Bank im speziellen Geschäft Wealth
Management, wo schadet Sie?
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Natürlich hilft die Marke Deutsche Bank, denn sie steht für hohe
Kompetenz und Innovationskraft, Internationalität und
Professionalität. Trotzdem ist unsere Positionierung als "Die
Privatbank im Weltkonzern" in gewisser Weise ein Widerspruch, denn das
Stichwort "Privatbank" verbinden viele Menschen mit der Schweiz,
Mahagoni, gediegen, diskret, klein. Der Kunde fühlt sich
wertgeschätzt. Mit einem Weltkonzern assoziieren die Leute eher
Begriffe wie global, technisch, professionell, unabhängig, aber eben
auch unpersönlich. Darin begründet sich das Vorurteil mancher Kunden,
mitunter etwas weniger exklusiv betreut zu werden.
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Wir versuchen dennoch beide Dinge zu verbinden und ich glaube, wir
haben den Spagat geschafft. Wir bieten Privatbankqualität und wir
liefern sie diskret. Wir setzen auf Kontinuität, und wir haben ein
Konzept entworfen, das es für den Kundenberater hoch attraktiv macht,
langfristig in der Beratung zu bleiben, statt zu wechseln. Dies
sicherzustellen ist in einer Bank die große Kunst, da gute Leute oft
bei einer Beförderung auch vom Kunden weggehen.
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Wie können Sie dies umgehen?
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Wir haben Deutsche-Bank-weit gefragt, "wer hat Lust, sich voll und
ganz dem Kunden zu widmen? ". Unser Motto lautet "Lust auf Menschen",
denn es sind unsere Kunden, die über unseren Erfolg als Berater und
als Bank entscheiden. Die Resonanz war gut, viele Berater und Experten
wollen einfach gerne und in der Hauptsache mit Menschen zu tun haben.
Um dem Kundenwunsch ganz nahe zu kommen, muss man Teil des
unmittelbaren Netzwerks der Kunden werden, und dafür braucht der
Berater erfahrungsgemäß sieben bis acht Jahre.
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Jeder Mitarbeiter, der ins Wealth Management wechseln wollte, musste
daher die Bereitschaft mitbringen, für mindestens 15 Jahre vor Ort zu
bleiben. Im Gegenzug bieten wir eine attraktive Berater-Karriere, denn
Kontinuität ist entscheidend für Kunden- und Mitarbeitererfolg.
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Wie viele Leute haben Sie in Deutschland?
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Derzeit etwa 700. Davon arbeiten mehr als 85 Prozent direkt am Kunden.
Unsere Philosophie ist, so viel wie möglich dezentral - und damit nah
am Kunden - zu gestalten.
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Wie viele Regionen gibt es?
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16 in Deutschland, verteilt auf große und mittelgroße Städte, in denen
wir ein entsprechendes Potenzial für unsere Dienstleistungen
ausgemacht haben. Am jeweiligen Potenzial einer Region orientiert sich
die personelle Ausstattung. Große Teams bestehen aus bis zu 50
Mitarbeitern, kleinere aus 15 bis 20. Dabei ist der Mix innerhalb
eines Teams ganz entscheidend. Nur wenn alle das gleiche Interesse an
einer guten Zusammenarbeit haben, kommt es zu kreativen Lösungen.
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Die Alleinstellung der Privatbank im Konzern, war das der Schritt zum
Erfolg?
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Ja, ganz eindeutig. Und ich sage Ihnen warum. Weil wir von der
weltweiten Expertise der Bank profitieren, indem wir sie in
individuelle Konzepte für unsere Kunden umsetzen. Denn unsere
Zielgruppe ist allein der vermögende Privatkunde.
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Gibt es dabei eine starre Grenze?
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Nein, die haben wir nicht. Ab einer gewissen Größenordnung ist es ganz
einfach die Individualität, die alle Kunden verbindet. Was sie
außerdem gemeinsam haben, ist die Komplexität ihrer
Vermögenssituation. Darauf haben wir unsere Angebote und Strukturen
ausgerichtet, nach dem Motto "Es lohnt sich, in Relationship zu
investieren".
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Bei so viel Individualität müssen Sie mir erklären, wie Lösungen für
die Kunden entstehen?
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Viele Produktinnovationen der letzten zweieinhalb Jahre haben wir
gemeinsam mit unseren Kunden erfunden. Die Verbindung zwischen
Kundenbeziehung und Produktentwicklung stellen wir in einem
"Drei-Wellen-Ansatz" her. Die direkte Betreuung des Kunden im
Relationshipmanagement bildet dabei die erste Welle. Alle
Informationen aus der Kundenbeziehung werden in einer zweiten Welle
bearbeitet und umgesetzt. Das sind Expertenteams, die ganz bewusst im
Hintergrund arbeiten, obwohl sie eine ganz entscheidende Funktion
haben. Die dritte Welle, das sind die Spezialisten der Investmentbank.
Hier haben wir den entscheidenden Vorteil gegenüber anderen
Privatbanken, denn die zweite Welle braucht unbedingt die dritte Welle
um die entwickelten Lösungen auch tatsächlich an den weltweiten
Kapitalmärkten realisieren zu können. Da aber bei vielen unserer
Wettbewerber das vertiefte Expertenwissen einer Top-Investmentbank
nicht vorhanden ist, ist unser Ansatz nur schwer kopierbar.
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Wenn ich Sie richtig verstehe: Man hat den Kundenkontakt, man weiß was
der Kunde will, holt dann sein Team zusammen und verhandelt im Detail
mit den Kunden beziehungsweise dessen Beratern. Da kommen dann wohl
größere Gruppen zusammen?
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Sehr richtig. Wir bringen alle wichtigen Experten mit an den Tisch. So
wie übrigens die Kunden auch. Die sind meistens in Begleitung eigener
Spezialisten und Berater.
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Andere, die sich auf dieser Ebene bewegen, wie zum Beispiel
J.P.Morgan, behaupten das genauso zu machen.
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Es funktioniert aber nur mit einem regional verankerten Netzwerk. Die
Berater müssen jeden Tag die ganze Woche vor Ort sein, nur so sind sie
in der Region und im gesellschaftlichen Leben wirklich vernetzt.
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Was muss ich mir unter den so genannten Experten vorstellen?
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Der Kunde erwartet einfach, dass er es mit Spezialisten zu tun hat.
Das können Strukturierer, Risiko- oder Steuerspezialisten sein,
Stiftungsfachleute, Finanzplaner oder Kreditexperten. Aber auch
Kunstexperten. Wir beschäftigen allein drei Kunstexperten, das ist
einzigartig.
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Wie sieht für Sie ein interessanter Kunde aus?
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Interessant sind Kunden für uns, wenn sie von der Breite unseres
Leistungsspektrums auf verschiedene Art und Weise profitieren können.
Das hat aber nicht notwendigerweise etwas mit der Größe des Vermögens
zu tun.
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Wenn ein Kunde mehrere Beziehungen zur Deutschen Bank hat, mit dem
Wealth Management als Privatkunde und mit dem Corporate Finance als
Unternehmer. Wie undurchlässig sind die Chinese Walls?
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Chinese Walls sind nie durchlässig - da gibt es keine Ausnahmen. Das
heißt aber nicht, dass man nicht zusammenarbeitet. Sofern es unter
Compliance-Aspekten möglich ist, arbeiten wir natürlich Hand in Hand.
Mit dem Bereich Firmenkunden wollen wir beispielsweise die
Zusammenarbeit noch sehr viel stärker ausbauen, denn der Unternehmer
hat natürlich auch den Bedarf für private Vermögensanlage. Da können
wir noch Potenzial erschließen.
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Wie wird das aussehen?
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Nehmen wir zum Beispiel einen Standort wie Duisburg. Dort sind wir
nicht mit einem eigenen PWM-Standort vertreten. Aber die Kollegen aus
dem Firmenkundengeschäft sind seit vielen Jahren vor Ort und gut
vernetzt. Man könnte sich etwa vorstellen, dass einer von ihnen
künftig auch PWM-Geschäft macht, ohne dass er dafür notwendigerweise
zu uns wechselt. Zusätzlich zu seinem bisherigen Geschäft würde er die
Dienstleistung Private Wealth Management vertreten.
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Sie nutzen also die Beziehung zum Unternehmen auch in Richtung
Unternehmer?
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Das haben wir bislang auch gemacht. Nun aber könnte der Betreuer aus
dem Firmenkundengeschäft, den man schon lange kennt, auch für die
private Bankbeziehung verantwortlich werden. Wir denken, dass eine
relevante Mehrheit unserer Kunden das gutheißen werden. Der Betreuer
ist vor Ort, hat seine Infrastruktur und ist im Netzwerk.
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Die Kunden werden informierter und kritischer. Wie gehen Sie mit dem
Thema Open Architecture um? Ist das in Ihrem Geschäft überhaupt ein
Thema oder sind die Produkte zu individuell?
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Doch, es ist ein wichtiges Thema. Allerdings hat dieser Trend
interessanterweise eine natürliche Grenze und das ist die Qualität der
Produkte. Das heißt so lange wir sehr gute und leistungsstarke
Konzerngesellschaften wie eine DWS haben, bevorzugt der Kunde diese
Produkte. Denn er weiß um die Qualität. Genauso wie er an anderer
Stelle vielleicht einen externen Produktbaustein haben möchte. Da sind
wir offen, denn niemand kann ausnahmslos in allen Kategorien mit
eigenen Produkten der beste sein. Was Kunden zu recht nicht
akzeptieren ist, wenn man ihnen Produkte verkauft, nur weil sie aus
dem eigenen Haus kommen.
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Sitzen in der dritten Welle nur Deutsche-Bank-Mitarbeiter oder nutzen
Sie auch externe Spezialisten und deren Fachwissen?
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Wir nutzen natürlich auch externe Fachkräfte, beispielsweise arbeiten
wir auch eng mit Wirtschaftsprüfern zusammen. Daneben haben wir auch
Adviser für Private Equity und Hedgefonds. Wir leben hier von einer
Vernetzung im Markt der Experten.
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Drohen gerade für Wirtschaftsprüfer hier nicht auch
Interessenkonflikte, wenn diese zu den Kunden ein Mandat in anderer
Sache haben?
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Das kann es natürlich geben, aber auch da gelten sehr strikte Chinese
Walls, aus diesen Beziehungen erfahren wir nichts.
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Woran messen Sie den Erfolg Ihrer Berater?
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Es spielen mehrere Kriterien eine Rolle, aber Kundenzufriedenheit und
Kundenperformance kommen ganz oben. Viele unserer internen Meetings
haben wir etwa so verändert, dass an erster Stelle zunächst die
Kundenperformance betrachtet wird. Wir analysieren, wie viel der Kunde
verdient hat, im Verhältnis zu seinem Risikoprofil. Daneben schauen
wir auch auf die Wettbewerber.
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Wen betrachten Sie als Mitbewerber, weltweit und in Deutschland? Sind
Sie schon Spitze?
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Weltweit ist im Private Wealth Management sicherlich die UBS die
Nummer eins. Asset- und Private Wealth Management hat dort das größte
Gewicht. In Deutschland arbeitet keiner unserer Wettbewerber so wie
wir: Viele haben Elemente des Retail oder des Asset Management in ihre
"PWM"-Zahlen miteingerechnet. In Deutschland sind wir sicherlich
führend bei der Betreuung komplexer Vermögen. Die Invested Assets von
Private Wealth Management betragen zirka 44 Milliarden Euro, das
entspricht etwa einem Viertel der weltweiten PWM-Assets. Wir betreuen
in Deutschland rund 5 000 Familien.
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Hat sich die Wettbewerbssituation in den vergangenen Jahren verändert?
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Der Wettbewerb ist härter geworden, und das liegt nicht zuletzt an
unserem Erfolg. Das spornt andere an.
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Wächst der Markt denn überhaupt noch?
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Derzeit erleben wir vor allem einen Verdrängungswettbewerb. Einige
Anbieter versuchen, das über den Preis auszutragen. Darauf lassen wir
uns nicht ein. Wir haben den Anspruch, für unsere Kunden zusätzlichen
Wert zu schaffen. Gleichzeitig müssen wir in der Lage sein, den Preis
zu verhandeln, den das kostet.
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Sie setzen also auf Qualitätswettbewerb und nicht auf Preiswettbewerb?
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Genau, auf Preiswettbewerb wollen wir uns nicht einlassen.
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Wie schützen Sie sich, wenn einer Ihrer Mitarbeiter das Unternehmen
verlässt hinsichtlich der Kundenbeziehungen dieses Beraters?
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Wir haben nach wie vor eine erfreulich geringe Fluktuation, obwohl
unsere Leute gute Angebote von Wettbewerbern bekommen. Wir haben aber
auch sehr stark an der Gemeinschaft gearbeitet. Grundsätzlich muss man
außerdem wissen, dass die Kunden in Deutschland stärker an die Bank
gebunden sind, als an den Berater, sie bleiben bei der Bank. Anders
ist das in Amerika, dort spielt der Betreuer eine wesentlich
wichtigere Rolle.
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Gibt es ein paar Zahlen zum Geschäftserfolg von Private Wealth
Management?
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Als Privatbank wollen wir nicht über die Zahlen reden. Nur so viel:
Innerhalb des Konzerns waren wir im vergangen Jahr ein Geschäftsfeld,
das die gesteckten Ziele deutlich übertroffen hat.
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Wie schätzen Sie ihren Marktanteil in Deutschland ein, Sie haben
gesagt, Sie haben etwa 5 000 Familien als Kunden?
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Das lässt sich nicht auf eine Prozentzahl festlegen. Wir sprachen
vorhin darüber, dass wir keine starre Abgrenzung haben, folglich gibt
es auch keine definierte Peer-Group. Je höher das zu verwaltende
Vermögen der Familien ist, desto mehr Bankverbindungen gibt es auch.
Ein bereinigter Marktanteil lässt sich daher kaum erfassen.
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Haben Sie 2005 Kunden gewonnen oder verloren?
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Kunden gewonnen - und zwar überproportional.
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Nimmt das Spezialistentum innerhalb des Private Wealth Management noch
weiter zu?
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Ja, Spezialisten werden stark nachgefragt. Wir stimmen aber immer mit
den Regionen ab, wie viele neue Spezialisten wir einstellen, denn die
Kosten werden auf die Regionen umgelegt. Die müssen entscheiden.
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Die Kommunikationsquerelen rund um die Deutsche Bank - Rekordgewinne
und Stellenabbau, Mannesmann, Offene Immobilienfonds - spüren Sie das
in Ihrem Geschäft?
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Sicherlich, aber anders als Sie denken. In aller Regel wollen die
Kunden mit uns über diese Themen diskutieren.
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Das sind ja in der Regel selber Unternehmer. Die haben zu solchen
Dingen eine dezidierte Meinung und wir sprechen mit ihnen sehr
intensiv darüber. Gespräche festigen bekanntlich die Kundenbeziehung.

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