Interview

Redaktionsgespräch mit Joachim Häger - "Der deutsche Wealth-Management- Markt wird noch wettbewerbsintensiver."

Welche Volumina repräsentiert das Private Wealth Management im Deutsche-Bank-Konzern? In welchen Weltregionen werden Schwerpunkte gesetzt?

Das Private Wealth Management (PWM), die Betreuung der vermögenden Privatkunden, ist eines von fünf Kerngeschäftsfeldern der Deutschen Bank. Als globaler Geschäftsbereich verantwortete PWM zum Jahresende 2009 mehr als 190 Milliarden Euro Kundenanlagen, davon 55 Milliarden Euro im Heimatmarkt Deutschland. Neben dem dynamischen Wachstum in Deutschland haben wir vor allem in Amerika und Asien viele neue Kundenvermögen gewinnen können.

Bringt die internationale Aufstellung wirklich Synergieeffekte?

Zweifellos, die globale Aufstellung der Deutschen Bank ist aus Kundensicht ein sehr wichtiges Differenzierungsmerkmal. Beispielsweise wurde der globale Investmentprozess weiter optimiert: Unsere strategische Vermögensallokation für die Portfolios unserer Kunden ist von uns in den letzten Monaten zu einer dynamischen Steuerung der Vermögensallokation weiterentwickelt worden. Wir sind überzeugt, dass aufgrund immer kürzerer Marktzyklen die alte Börsenweisheit "buy and hold" der Vergangenheit angehört. Eine zeitgemäße Vermögensanlage verlangt heute flexibleres Handeln und schnelleres Reagieren auf Marktveränderungen.

Diese viel dynamischere Vermögensallokation setzt einen wirklich globalen Investmentprozess voraus, das heißt konkret die Einbeziehung der Marktexpertise aus Amerika, Asien und Europa in unsere Portfolioentscheidung. An dieser entscheidenden Stelle können wir auf weit über 100 Portfoliomanager und Analysten vertrauen und weltweit die Chancen in den einzelnen Märkten optimal nutzen.

Der Berater kann darüber hinaus seinen vermögenden Kunden den Zugang zu den Spezialisten des Investmentbanking und zum Asset Management erschließen. Gerade im deutschen Markt ist das ein geschätzter Mehrwert.

Sind Sie mit dem Konzept der dynamischen Asset Allocation nicht vielen Ihrer sicherheitsbedachten Kunden voraus?

Der Zeitraum zwischen Marktschocks, das heißt größeren und nachhaltigen Verwerfungen an den Kapitalmärkten, ist aufgrund der globalen Verflechtung immer kleiner geworden. In den vergangenen zehn Jahren haben wir allein fünf bis sechs solcher Krisen gesehen. Deshalb halten wir es nicht mehr für zeitgemäß, wenn eine einmal gewählte Vermögensallokation mit Aktien, Renten und Cash mit fest vereinbarten Prozentsätzen statisch beibehalten wird. Der Grund hierfür ist einfach: Insbesondere für große Vermögen ist der Werterhalt und die Erzielung einer inflationsgeschützten Rendite das oberste Ziel. Die Jagd nach Rendite ohne Berücksichtigung des eingegangenen Risikos entspricht nicht unserem Verantwortungsgefühl für die Sicherung dieser Vermögen. Dieser Zielsetzung folgt unsere dynamische Asset Allocation, bei der wir mindestens einmal im Monat unsere eigene Anlagemeinung auf den Prüfstand stellen.

Würden Sie dazu ein Beispiel geben?

Im März 2009, auf dem Tiefpunkt der Krise, lag die Aktienquote in einem ausgewogenen Portfolio bei unter 25 Prozent, zum Jahresende waren wir bei knapp 50 Prozent. Ende Januar 2010 hatten wir den Aktienanteil aufgrund der Verwerfungen an den Kapitalmärkten schon wieder auf deutlich unter 40 Prozent abgebaut. Die Anpassung der Kunden-Portfolios in kürzere Zyklen ist nicht, wie oft vermutet, die riskantere Strategie.

Ganz im Gegenteil: Die Verbindung von Expertise und Flexibilität gibt uns und damit unseren Kunden die Sicherheit, große Vermögen auch über längere Zyklen im Wert zu erhalten. Aber natürlich streben wir nach mehr als dem reinen Werterhalt: Wir sind gerade mit Blick auf die Resultate unserer Wettbewerber stolz auf die risikoadjustierte Performance unserer Vermögensverwaltung in den letzten beiden, sehr anspruchsvollen Jahren.

Die Wettbewerber sehen diese internationale Aufstellung und die Querverbindungen zu anderen Einheiten im Konzern nicht unbedingt als Vorteil. Alle Dienstleistungen, so die These, lassen sich in bester Qualität am Markt einkaufen. Wo also ist Ihr Vorteil?

Wir im Wealth Management setzen auf eine offene Architektur, das heißt wir sind keineswegs allein an die Ressourcen der Deutschen Bank gebunden. Aber natürlich stärkt der direkte Zugang zu den hauseigenen Spezialisten im Investmentbanking und Asset Management unsere Leistungsfähigkeit. In vielen individuellen Kundensituationen entwickeln wir im Zusammenspiel mit den Spezialisten maßgeschneiderte Konzepte. Insbesondere diese umfassenden Anlagekonzepte haben dazu geführt, dass wir bei großen, komplexen, international diversifizierten Vermögen besonders stark wachsen.

Hinzu kommt die Nähe zu unseren Kunden, die wir suchen. Wir sind in Deutschland mit Teams an 36 Standorten präsent. Das schafft Vertrauen und stärkt das Verständnis auch für den regional geprägten Betreuungsbedarf unserer mittelständischen Unternehmer, die eine unserer wichtigsten Kundengruppen darstellen.

Diese Basis ist die Grundlage für unseren langjährigen Erfolg im Heimatmarkt. Wir sind überzeugt, in dem sich deutlich verändernden Markt auch zukünftig weiter kräftig wachsen zu können. Gemeinsam mit Sal. Oppenheim wollen wir unsere marktführende Position ausbauen.

Was ist der aktuelle Stand der Dinge zu Sal. Oppenheim und zur BHF-Bank?

Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den Kollegen von Sal. Oppenheim. Damit können wir das Private Wealth Management mit einer zweiten Marke ausbauen und weiter nach vorne bringen.

Wird die Akquisition von Sal. Oppenheim Synergien bringen?

Sal. Oppenheim bleibt unabhängig und behält seinen eigenen Investmentprozess. Der Chief Investment Officer steht für eine eigene Marktmeinung, die sich auch in eigenen Lösungsansätzen niederschlägt. Der eine oder andere Kunde fragt, wie er sich nun verhalten soll. Mein Rat ist immer der gleiche: Wer mit seiner Betreuung bei Sal. Oppenheim zufrieden ist, hat keine Veranlassung zur Deutschen Bank zu wechseln. Wer zusätzlich die Breite und die Tiefe des Deutsche-Bank-Angebotes schätzt, der hat auch in der Vergangenheit einen Teil seines Vermögens von der Deutschen Bank betreuen lassen. Das war bisher ein gutes Miteinander und wird es auch zukünftig sein.

Vor einigen Jahren hat das PWM Ihres Hauses die Zahl der betreuten Familien auf rund 5 000 beziffert. Wie hat sich das entwickelt?

Heute zählen wir 7 500 Familien und betreuen darüber hinaus ausgewählte institutionelle Kunden, wie zum Beispiel Stiftungen und Kirchen, aber auch Unternehmensvermögen. Vermögensverwalter und Family Offices sind ebenfalls sehr wichtige Partner unseres Hauses.

Wie entwickelt sich das Geschäft mit Family Offices?

Hier sollten wir unterscheiden zwischen Single- und Multi-Family Offices. Mit der Deutschen Family Office GmbH sowie der Wilhelm von Finck AG verwalten wir aus Frankfurt beziehungsweise München heraus die Vermögen vieler Unternehmerfamilien und übernehmen neben dem Finanzreporting vor allem die Kontrolle der Vermögensmanager. In diesem Bereich verzeichnen wir deutliche Zuwächse.

Single Family Office, die sich ausschließlich um ein Unternehmervermögen beziehungsweise um eine Familie kümmern, wachsen derzeit besonders dynamisch. Mit Blick auf die Erbfolge in vielen Familien geht Unternehmensvermögen in Privatvermögen über. Wir sind überzeugt, dass durch die sich nun wieder belebenden Unternehmensveräußerungen im deutschen Markt zukünftig noch viel mehr Liquidität geschaffen wird. In diesen Fällen großer Vermögensübergänge raten wir unseren Kunden, sich neben dem Bankpartner auch einen oder mehrere persönliche Berater zur Seite zu stellen. Für die verantwortungsvolle Steuerung und das Management der Vermögen ist es wichtig, Kompetenz auf beiden Seiten zu haben.

Welche Art der Betreuung brauchen Unternehmerkunden? Mutieren die Firmenkundenbetreuer zunehmend zum Private Wealth Manager?

Ganz und gar nicht, beides gehört im Tandem zusammen. Entgegen mancher Meinung im Markt registrieren wir heute bei vielen mittelständischen Unternehmern eine hohe Wertschätzung, das heißt ein großes Interesse an einer gemeinsamen Betrachtung des Privat- und Unternehmensvermögens. So sehen uns viele Unternehmer als Hausbank, bei der sie sowohl große Teile des Privatvermögens als auch ihre Firmenkundenbeziehung unterhalten. Durch unser Selbstverständnis im Private Wealth Management, das Gesamtvermögensmanagement im Blick zu behalten, bieten wir Lösungen für das Privatvermögen nur dann an, wenn sie auch die Besonderheiten des unternehmerischen Vermögensteils berücksichtigen. An dieser Stelle haben wir mit unserem Firmenkundenbereich ein hervorragendes Teamspiel etabliert. Wir haben die Berater wechselseitig ausgebildet und werden nicht nachlassen, die gegenseitige fachliche Information und Weiterqualifikation auszubauen.

Entscheidend für das Wachstum im Wealth Management ist und bleibt aber die Kontinuität in der Beratung, in der organisatorischen Aufstellung, in der regelmäßigen Überprüfung des Leistungsangebotes und dadurch auch in der Stabilität einer risikoadjustierten Performance. Diese Kontinuität ist der wichtigste Maßstab für unser Handeln. Und für unsere gesamthafte Betreuung erfahren wir häufig hohe Anerkennung.

Stichwort Erfolgskontrolle: Können Sie Ihren Kunden verdeutlichen, dass sie mit höchst individuellen Anlagestrategien in Ihrem Haus besser wegkommen als bei den Wettbewerbern?

Jede Kundenbeziehung im Wealth Management ist anders. Der gemeinsame Ursprung liegt darin, das Risiko- und Renditeprofil und damit die Risiko- und Renditeerwartungen des Kunden zu ermitteln und so seine persönlichen Erwartungen zu treffen, besser noch: zu übertreffen. In der Vergangenheit haben sich viele Banken darauf beschränkt, Performanceziele zu definieren und diese zu schlagen. Bei uns steht heute das Risikomanagement eindeutig im Vordergrund. Wir zeigen dem Kunden, mit welchem Risiko - gemessen an der Sharpe Ratio oder an der Volatilität - wir ein Ergebnis erzielt haben.

Welcher Erfolg zeigt sich für 2009?

Ziel für unsere auf Werterhalt ausgerichtete Vermögensstrategie war es, in einem volatilen Umfeld eine Rendite von Euribor plus 200 Basispunkten zu erreichen. Tatsächlich waren es mehr als elf Prozent. Und das mit einem Risiko, das bei einer Volatilität von 3,7 dem einer rentenähnlichen Anlage entsprach.

Aber kann das in jedem Jahr funktionieren?

Dafür gibt es keine Garantie, aber wir sind überzeugt, mit dem Wechsel zu einer deutlich dynamischeren Asset Allocation und dem Einsatz von Instrumenten, mit dem wir Extremrisiken begrenzen können, den richtigen Weg zu beschreiten. Wealth Management ist gerade in unruhigen Zeiten Vertrauensmanagement. Vertrauen, dieses höchste Gut aufzubauen und zu erhalten, braucht viel Zeit. Vertrauen setzt Kontinuität voraus. Die langjährige Zugehörigkeit unserer Mitarbeiter zur Deutschen Bank und zum Wealth Management von mehrheitlich mindestens 15 Jahren zeigt diese Kontinuität.

Mit welchen Strukturen und Mitarbeitern pflegt man eine solche Vertrauensbildung?

Wir betreuen die Kunden grundsätzlich im Teamansatz. In Deutschland stehen mehr als 400 Mitarbeiter im direkten Austausch mit unseren Kunden. Die Gesamtverantwortung für jede große Kundenbeziehung liegt bei einem Relationship Manager. Er betreut 40 bis 50 Familien und berät den Kunden strategisch. Im Sinne unseres Gesamtvermögensmanagements ist er Türöffner zu den gesamten Dienstleistungen der Deutschen-Bank-Gruppe. Im Team ist immer auch ein Portfolio Consultant eingebunden, der die Kunden mit Schwerpunkt auf der Kapitalmarktseite begleitet. Das reicht von der Ausrichtung der Asset Allocation bis hin zur regelmäßigen Wertpapierberatung. Der Assistenzrolle im Kundenteam kommt eine entscheidende Aufgabe zu. Wir wissen, am Ende ist es der erlebte Service einer Bank, der das Entscheidungskriterium für den Kunden bei der Auswahl seines Wealth Managers darstellt.

Welche Spezialisten können Sie bedarfsweise hinzuziehen?

Für besondere Vermögensverwaltungsmandate werden die Portfoliomanager durch das Kundenteam direkt eingebunden. Gerade in der Finanzkrise war die Nachfrage nach unserer Beratung durch das Immobilienteam sehr groß. Neben den Produktspezialisten für alternative Anlagen sind es auch häufig die Stiftungsexperten, die dem Wunsch von immer mehr Kunden nachgehen, im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung einen Teil ihres Vermögens an die Gesellschaft zurückzugeben.

Wie beurteilen Sie die Marktstruktur und die Wettbewerbsverhältnisse im PWM in Deutschland?

Zusammen mit Sal. Oppenheim haben wir unsere Marktführerschaft weiter deutlich ausgebaut. Der deutsche Markt bleibt insgesamt sehr attraktiv, wenngleich die Verschiebung der Marktanteile in den vergangenen Jahren gering waren. Es gibt unabhängige Privatbanken, einige sind jüngst in andere Hände gewechselt. Daneben wird der deutsche Markt auch von ausländischen Instituten als interessant und lukrativ angesehen, weil es der größte Onshore-Markt Europas ist.

Welche Rolle spielt die Unabhängigkeit des Anbieters? Gibt es einen gewissen Bodensatz an PWM-Kunden, an den eine Großbank gar nicht herankommt?

Unabhängigkeit ist kein Wert, der für sich gesehen im Mittelpunkt stehen sollte. Wir haben in der Finanzkrise erlebt, wie wichtig eine offene Architektur ist. Diese Unabhängigkeit wollen wir nicht gefährden, indem die Portfolios unserer Kunden durch Deutsche-Bank-Lösungen dominiert werden. Aber gerade in der Krise hat sich auch gezeigt, dass die Nähe zum Asset Management und zur Investment Bank unseres Hauses uns tiefere Einblicke in die Stabilität von Produkten erlaubt, als dies in Krisensituationen bei Produkten anderer Banken möglich ist.

Wie schätzen Sie die Schweizer und amerikanischen Banken als Wettbewerber ein?

Wie bereits erwähnt, sehe ich die Kontinuität in der Beratung, die Kontinuität bei unseren Mitarbeitern, im Geschäftsmodell, in der Strategie, in den Investitionen und in der Aufstellung als entscheidend an. Natürlich darf man das nicht statisch betrachten, sondern muss es als einen Entwicklungsprozess sehen. Mal im Heimatmarkt "expansiv" Gas zu geben und dann wieder auf die Bremse zu treten, ist nicht das, was der Kunde sucht und honoriert. Andererseits bin ich überzeugt, dass der deutsche Wealth-Management-Markt in zwölf bis 18 Monaten noch wettbewerbsintensiver sein wird und wir diesem Wettbewerb aber selbstbewusst entgegensehen.

Droht damit die Abwerbung von Mitarbeitern oder ganzer Teams?

In der Expansionsphase einiger Wettbewerber, vor allem in den Jahren 2005 bis 2008, haben die angebotenen Vergütungen für wechselbereite Mitarbeiter Dimensionen erreicht, die für ein auf Kontinuität und Stabilität ausgerichtetes Geschäft nicht gut waren. Wir haben an diesem Wettlauf nicht teilgenommen. Wir haben vielmehr bei vereinzelten Mitarbeiterabgängen gesehen, dass PWM-Kunden Kunden der Deutschen Bank sind, nicht jedoch Kunden eines einzelnen Beraters, dem sie quasi blind folgen. Für uns war das ein Beweis der Stärke der Deut-schen-Bank-Marke und unseres Betreuungsansatzes im Team.

Auch Teamabwerbungen haben wir im deutschen Markt erlebt, vor allem, wenn Banken neue Standorte erschließen wollen. Auch das halte ich nicht für sinnvoll. Beratungsteams, die sich heute zu einem Institut bekennen, können morgen kaum überzeugend und glaubwürdig eine andere Fahne vor sich hertragen.

Im Übrigen ist der schnelle Aufbau im Wealth Management durch das begrenzte Angebot an Kompetenz limitiert. Eine systematische Nachwuchsentwicklung, auf die unser Haus setzt, braucht ihre Zeit.

Zurück zum Wettbewerb in Deutschland: Wie nehmen Sie die Aktivitäten der beiden großen Verbundgruppen im Private Banking wahr?

Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist eine einheitliche Strategie für den gesamten Heimatmarkt Deutschland - und das auch geschäftsbereichsübergreifend. In der Geschäftsleitung der Deutschen Bank für Deutschland erfolgt die Abstimmung der Geschäftsstrategien für das Firmenkundengeschäft, das Asset Management und das Privatkundengeschäft.

Der zweite Erfolgsfaktor ist wie ausgeführt die räumliche Nähe. Die PWM-Teams sitzen quasi Tür an Tür mit den Kollegen des Firmenkundengeschäfts, sodass ein Austausch da möglich ist, wo er vom Kunden gewollt ist. Selbstverständlich ist die volle Diskretion gewährleistet: Die Transparenz der Privatvermögen unserer Kunden ist auf das Private Wealth Management begrenzt. Da wo Kunden eine gewisse Durchlässigkeit schätzen, wollen wir sie auch pflegen. Wenn ein Kunde sein Risiko auf der Unternehmensseite hat, sollten ihm keine Anlagekonzepte vorgestellt werden, die den Schwerpunkt auf Private Equity legen und damit sein Risiko weiter kumulieren.

Welcher Anteil an Produkten und Dienstleistungen kommt aus der Deutschen Bank?

Das ist je nach Vermögensallokation von Depot zu Depot sehr unterschiedlich und auch schwankend. In der Lehman-Krise beispielsweise haben wir eine Reihe von Portfolios mit Lösungen aus dem eigenen Haus angepasst, weil wir hier den Prüfungsprozess sehr viel schneller und intensiver durchführen konnten als das bei externen Managern der Fall ist. Wir haben dadurch das Vermögen unserer Kunden in einer schwierigen Kapitalmarktphase gesichert. Grundsätzlich aber bedeutet eine offene Architektur für uns, jede Lösung aus dem eigenen Investmentbanking oder Asset Management gegen Angebote anderer Wettbewerber zu spiegeln und einen fairen Auswahlprozess zu führen.

In welchem Rahmen bewegen sich die Vorgaben seitens des Konzerns für die Ertragsziele Ihres Bereiches?

Ein profitables Geschäftsfeld zeichnet sich durch überproportional starkes Wachstum aus. Wir haben letztes Jahr in Deutschland beim Neugeld um fünf Milliarden Euro zugelegt, das ist eine Wachstumsrate von elf Prozent. Konkret sind wir zum Jahresbeginn mit 44 Milliarden Euro Kundenvermögen gestartet und haben das Jahr mit insgesamt 55 Milliarden Euro beendet. Die Differenz spiegelt das Marktwachstum. Unser Ziel ist es, über die Gewinnung weiterer Kundenvermögen profitabel zu wachsen. Es macht keinen Sinn, für einzelne Kundenverbindungen Ertragsziele auszugeben. Und es ist falsch, starr an Ertragszielen festzuhalten, wenn sich die Marktverhältnisse deutlich ändern.

Gibt es nicht einen ständigen Kampf um die Kapitalausstattung? Würde der Konzern die verfügbaren Eigenkapitalmittel für das PWM nicht lieber in andere Regionen der Welt lenken, in denen die Ertragsaussichten noch besser sind als in Deutschland?

PWM Deutschland fühlt sich bestens von der Deutschen-Bank-Gruppe unterstützt: Erstens teilen wir uns eine Plattform mit den Kollegen von Private & Business Clients und realisierten damit große Kostenvorteile, die wir unseren Kunden in einem fairen Preis-/Leistungsverhältnis zurückgeben können. Auch hinsichtlich der hohen Investitionskosten, die heute in eine Infrastruktur getätigt werden müssen, bringt das klare Wettbewerbsvorteile.

Und zweitens greift unser Bereich auf die globalen Ressourcen von PWM zurück. Durch den Austausch mit PWM-Kollegen in Asien, Amerika und Deutschland wählen wir die besten Produktlösungen für unsere Kunden aus.

Viele Ihrer Ausführungen erinnern stark an die Betreuung von institutionellen Vermögen. Wie groß sind mittlerweile die Berührungspunkte zu diesen Geschäftsfeldern?

Die Zeit von Aktien und Renten als alleinige Hauptbestandteile eines Portfolios sind vorbei. Heute geht es darum, bei kürzeren Trends und schnelleren Zyklen alpha, marktunabhängige Rendite zu generieren. Mit Hedge Fonds, Private Equity und anderen derivativen Strukturen können wir auch unabhängig von Marktverwerfungen die Erwartungen der Kunden treffen. Die besonders großen Vermögen suchen die völlige Transparenz für ihr Gesamtvermögen bei verschiedenen Depotbanken und einer Vielzahl von Managern. Sie suchen zu allererst eine stabile Plattform, die sich auch in der Finanzkrise bewährt hat, verlangen nach einem institutionellen Pricing und wollen in den direkten Austausch mit den Experten der Investmentbank. Einige unserer Family-Office-Kunden nutzen bereits die Handelssysteme der Deutschen Bank, diese Brücke haben wir aus dem Wealth Management für unsere halbinstitutionellen Kunden gebaut.

Spüren Sie Auswirkungen der Diskussionen um den Ankauf von Steuer-CDs aus der Schweiz oder ähnliche Themen wie Vergütungsfragen und Boni auf Ihre Klientel?

Mir persönlich sind diese Diskussionen nie angetragen worden. Die variable Vergütung spielt im PWM eine viel geringere Rolle als etwa im Investmentbanking, sowohl hinsichtlich der absoluten Höhe als auch des prozentualen Anteils an der Gesamtvergütung. Das wissen auch unsere Kunden. Und mit Blick auf die Steuerthematik gibt es bei uns klare Vorgaben: Wir leisten keine Hilfe zu Steuerflucht und bieten auch keine steuerliche Beratung, sondern verweisen auf den Steuerberater.

Gängelt Sie der Verbraucherschutz?

Wir haben schon immer zwischen Kundenpräsentation und Kundendokumentation unterschieden und Produktinformationsblätter eingesetzt. Die Neuerungen sind damit nur eine Bestätigung für unseren Standard und geben uns zugleich Anhaltspunkte für eine weitere Optimierung. Das Ziel des Verbraucherschutzes ist auch unser Ziel: Transparenz durch Wahrheit und Klarheit unserer Investmentlösungen.

Messen Sie die Kundenzufriedenheit weiter über eigene Erhebungen?

Ja, wir pflegen Kundenzufriedenheitsmessungen über die Befragung an den Standorten. Hier steht die nächste Erhebung gerade an, die uns über die oft genannte Vertrauenskrise wichtige Erkenntnisse geben wird. Darüber hinaus nutzen wir Zusammenkünfte mit Family Officern, mit Vermögensverwaltern und ausgewählten Kunden, um im direkten Austausch den Bedarf zu überprüfen. Mit der erlebten Offenheit, bei der es auch die eine oder andere Kritik auszuhalten gilt, fühle ich mich durch unsere Kunden sehr gut beraten.

Über welche Kanäle läuft die Kundenakquise?

Kunden, die über große Vermögen verfügen, sind durch herkömmliche Marketingmaßnahmen nicht zu gewinnen. Der Erstkontakt erfolgt vor allem über Empfehlungen von zufriedenen Kunden. Darüber hinaus spielen Netzwerke eine große Rolle. Deshalb legen wir Wert darauf, dass unsere Berater in ihrer Region gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.

Wie wichtig sind Events?

Sie sind Teil unserer Kundenkommunikation, aber wir konzentrieren uns dabei auf die Vermittlung von Inhalten, etwa über das Kapitalmarktforum als zentrales Eventformat zu aktuellen Entwicklungen an den Kapitalmärkten. Formate, die die Hobbys der Kunden thematisieren, sehe ich nicht als gewinnbringend für einen intelligenten, vertrauensbildenden Austausch. Hier ist das Wealth Management gut beraten, mehr Distanz, mehr Bescheidenheit zu wahren. Interessanterweise wird dies auch von mittelständischen Kunden bestätigt, die sich bei solchen Einladungen zunehmend zurückhalten.

Welche Bedeutungen haben Beauty Contests bei der Kundengewinnung?

Beauty Contests sind eine feste Einrichtung zur effizienten Auswahl von Vermögensverwaltern. Das ist wie im täglichen Leben. Man schaut erst, was andere bieten. Wenn es um neue Vermögen geht, raten wir dazu, mit mehreren Banken zu sprechen. Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen, dass das primäre Interesse des Mittelständlers seinem Unternehmen gilt. Ihm im Falle eines Unternehmensverkaufs einen Profian die Seite zu stellen, um Profis auf der Bankenseite beurteilen zu können, ist absolut richtig. Wir scheuen diesen Wettbewerb nicht.

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