Provisionsgeschäft

Vermittlungsprovision: ein Reizthema

Seit es Beratung in Geldangelegenheiten gibt, spaltet eine Frage die Finanzbranche in zwei unversöhnliche Lager: Welcher Art soll die Vergütung eines Beraters sein? Dabei könnte alles so reibungslos laufen ... Dass der größte Teil der Bevölkerung in Sachen Geldanlage und Vorsorge ohne einen Berater hoffnungslos verloren wäre, das ist nicht nur die eigene Erfahrung. Gerade in komplexen finanziellen Angelegenheiten wie der Altersvorsorge zeigen viele Studien, dass Kunden ohne Beratung entweder gar nichts oder viele Dinge falsch machen. Viele schätzen ihre eigenen Möglichkeiten und Risiken "aus dem Bauch heraus" falsch ein. Die meisten Kunden, die sich nicht von einem Fachmann beraten lassen, haben relevante biometrische Risiken überhaupt nicht oder falsch abgesichert, und auch auf der Geldanlageseite werden kostspielige und folgenschwere Fehler gemacht. So zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass Kunden, die sich selbst um ihr Portfolio kümmern, im Durchschnitt deutlich schlechter abschneiden als diejenigen, die ein vorgegebenes Standard-Portfolio eines professionellen Fondsmanagers nutzen. Noch dazu schätzt der Einzelne Risiken subjektiv meist völlig falsch ein und investiert damit suboptimal.

Berater in Misskredit

Es dürfte also unstrittig sein, dass ein Berater in diesen Vorsorge- und Geldfragen einen Mehrwert bieten kann, um die Vorsorge des Einzelnen zu optimieren. Da der Markt und die schier endlose Auswahl von Produkten auch für den Berater ähnlich komplex wie für den Kunden ist, muss der Berater sich permanent informieren, fortbilden sowie die zeitintensiven Beratungs- und Dokumentationspflichten umsetzen, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dass diese Arbeitszeit wie auch die unmittelbare Beratung vergütet werden muss, ist ebenfalls einsichtig. Aber hier liegt eines der Kern-Probleme, über die sich Medien und Verbraucherschützer lange echauffiert haben. Die Qualität der Beratung war eben in vielen Fällen miserabel, da häufig die "Beratung" im Nebenberuf vom "Vermittler" erbracht wurde. Hier stand die Höhe der Vertriebskosten mit der Qualität der Beratung oftmals nicht in einem sinnvollen Verhältnis, was die Beraterschaft insgesamt in Misskredit gebracht hat.

Hier bessert sich die Situation glücklicherweise zusehends, teilweise durch geänderte gesetzliche Vorgaben und teilweise, weil die Vertriebe selbst sehen, welch wichtiger Wettbewerbsvorteil es ist, Kunden gut zu beraten und so langfristig an das eigene Unternehmen zu binden und zu begleiten. Denn es ist nicht damit getan, dem Kunden einmal möglichst viel zu verkaufen - ob es passt oder nicht - und sich dann nie wieder darum zu kümmern.

Kunden passen Portfolio zu selten an ...

Kunden sind in Finanzangelegenheiten generell eher träge. Auch hier belegen Studien, dass eine konstante und dauerhafte Beratung zumindest bei einigen Produkten absolut notwendig ist, wenn der Kunde nicht zur Gruppe derer gehört, die sich selbst aktiv um ihr Portfolio kümmern.

Eine Untersuchung der Boston- und der Harvard-University1) aus den achtziger Jahren zeigt, dass langfristige Fondssparkunden trotz kostenloser Umtauschmöglichkeit mehrheitlich eine einmal gewählte Allokation nie wieder anpassen. So wurde den Kunden der Teachers Insurance and Annuity Association eine Mischung aus Renten- und Aktienfonds angeboten, die der Kunde auswählen und jährlich kostenfrei anpassen konnte.

... daher kontinuierliche Beratung nötig

In den ersten sechs Jahren haben die Kunden folgendermaßen agiert: 72 Prozent der Kunden habe ihre Aufteilung noch nie verändert. 20 Prozent haben einmal angepasst, acht Prozent haben öfter als einmal angepasst. Dies verdeutlicht, wie wichtig bei diesen Kunden eine andauernde Beratung während der gesamten Ansparzeit ist, zumal Vermittler von fondsgebundenen Versicherungen in Maklerbefragungen und Fokusgruppen zum Beispiel von Towers Perrin-Tillinghast immer wieder bestätigen, dass die Wechselhäufigkeit hierzulande sogar noch niedriger liegt. Als Zwischenfazit sollte also festgehalten werden, dass qualitativ gute Beratung einen Mehrwert bringt und dass sie beim Berater erheblichen Aufwand erzeugt, der honoriert werden muss.

Das ist aber nicht das Ende der Diskussion. Spätestens seit August Zillmer im 19. Jahrhundert die sogenannte Zill merung erfunden hat, ist das Thema Abschlussprovision ein Reizthema, denn der Anbieter eines Produktes bezahlt den Berater bei Abschluss sofort und der Kunde "stottert" dieses Honorar über seine Beiträge in den ersten Jahren ab. Und hier beginnt die Diskussion oft, emotional zu werden.

Um das ganze besser zu verstehen, muss man das Problem in mehrere Teile zerlegen:

- Zeitpunkt von Beratungsleistungsleistung und Vergütung,

- Geschwindigkeit der Rückzahlung,

- Transparenz des Verfahrens.

Verbraucherschützer bemängeln häufig, dass bei Altersvorsorgeprodukten das Gros der Vergütung zu Beginn gezahlt und nicht analog zu Fondssparplänen über die ganze Laufzeit verteilt wird. Für den Kunden würde die Verteilung der Kosten über die gesamte Laufzeit durchaus sinnvoll sein, allerdings passt bei den meisten Vorsorgeprodukten diese Vergütung des Beraters in keiner Weise zum Beratungsaufwand.

Gerade Vorsorgeprodukte, die nicht der permanenten Betreuung und Beratung durch den Fachmann bedürfen, verursachen in der Beratung zu Beginn einen großen Aufwand und danach zumeist nicht mehr. Das ist bei klassischen Kapitalversicherungen der Fall oder bei vielen Garantieprodukten wie der Riesterrente, bei denen der Kunde wenig oder keinen Einfluss mehr auf die Anlage seines Kapitals hat.

Vermittler nur schwer für ungezillmerte Produkte zu begeistern

Anders stellt sich die Situation bei vielen "freieren" Produkten wie fondsgebundene Versicherungen oder Fondssparplänen dar. Hier hat der Kunde je nach Modell die Möglichkeit, die Allokation seiner Investments aktiv zu beeinflussen. Wie wir weiter oben gesehen haben, handelt er ohne Unterstützung vielfach nicht oder wenn, dann oft falsch. Eine stärker über die Laufzeit des Vertrages verteilte Vergütung des Beraters ist also sinnvoll, denn der Aufwand entsteht für den Berater nicht nur bei Abschluss, sondern auch über die Laufzeit bis ins hohe Alter seiner Kunden.

Es ist aber eine sehr akademisch geführte Debatte, Vermittler für den Verkauf von Produkten zu begeistern, die einmalig zu Beginn Beratung erfordern, die Vergütung dann aber über eine Laufzeit von mehreren Jahrzehnten verteilen. Bei anderen Dienstleistern wie Architekten oder Apothekern würde man auch nicht fordern, das Honorar auf 30 Jahre zu strecken, weil es für den Kunden zwar vorteilhafter wäre, aber dies mit der erbrachten Dienstleistung eigentlich nichts mehr zu tun hat.

Hier wäre das nächste Zwischenfazit fällig: Die Vergütung sollte idealerweise mit der Leistungserbringung harmonisiert sein. Dauerhafte Beratung sollte zu dauerhafter Vergütung führen - je nach Intensität unterschiedlich hoch. Einmaliger Aufwand zu Beginn sollte im Schwerpunkt einmalig vergütet werden.

Abschlusskosten zu schnell zurückgefordert

Ein weiterer Kritikpunkt bei der einmaligen Abschlussprovision war und ist, dass die Kosten, die durch den Abschluss des Vertrages entstehen, extrem schnell vom Kunden zurückgefordert wurden. So schnell, dass der Kunde gar kein Geld mehr für den eigentlichen Zweck des Produktes (meist Kapitalbildung) übrig hatte, und das teilweise über mehrere Jahre.

Diese Form der Rückvergütung des Beraterhonorars kommt dem Anbieter des Produktes sicherlich sehr entgegen, vernachlässigt den Bedarf des Kunden aber vollständig, besonders den Nutzen über den Zinseszinseffekt. Von daher ist es richtig, dass diese Praxis ab 2008 endgültig der Vergangenheit angehört. Denn es muss sichergestellt sein, dass die Interessen von Produktgeber, Kunden und Vermittler aufeinander abgestimmt sind. Dafür musste jetzt leider der Gesetzgeber sorgen und hat das zumindest teilweise getan.

Hier existieren zwar immer noch grundlos Unterschiede zwischen langfristig angelegten Fondssparplänen und versicherungsförmigen Lösungen (zum Beispiel Basis- oder Rüruprente), aber auch hier wird der Gesetzgeber hoffentlich bald ein "level playing field" für alle schaffen, die Altersvorsorgeprodukte anbieten. Das Fazit: Für alle Anbieter müssen gleiche Regeln gelten, und diese sollten sicherstellen, dass die Interessen aller Beteiligten ausgewogen berücksichtigt werden.

Qualität der Finanzdienstleistung bleibt zunächst offen

Hieran erhitzen sich die Gemüter ebenfalls und in diesem Fall uneingeschränkt zu Recht. Ganz gleich, ob ein Honorar in Höhe und Verteilung und die Bezahlungsform und -geschwindigkeit prinzipiell fair und angemessen erscheinen, letztlich muss der Kunde wissen, was, wie und wann er für diese Dienstleistung bezahlt. Es sollte selbstverständlich sein, dass ein Dienstleister seinen Kunden offenlegt, wie teuer seine Leistung ist, damit der Kunde die Angemessenheit der Kosten im Verhältnis zu Qualität und Umfang der Dienstleistung ins Verhältnis setzen kann.

Das ist bei einer abstrakten Dienstleistung im Finanzbereich schwer, zumal sich die Qualität der Dienstleistung anders als beim Arzt oder beim Reisebüro erst nach Jahrzehnten herausstellen können. Aber es gehört in vielen Fällen schon heute zum Handwerkszeug eines Vermögens- und Finanzberaters, dem Kunden seine Leistung und den Wert seiner Leistung darzustellen. Daran werden sich wohl alle Berater in diesem Markt gewöhnen müssen.

Letzten Endes wird die "neue Welt" der Transparenz, geschaffen unter anderem durch die VVG-Novelle, welche zum 1. Januar 2008 in Kraft tritt, oder die MIFID, guten Beratern helfen, bei denen der Kunde zur Überzeugung gelangt, dass der Nutzen die Kosten rechtfertigt. Im Gegenzug werden Berater, die sich nur deswegen am Markt halten konnten, weil der Kunde den Eindruck hatte, die Beratung koste sowieso nicht viel oder sei gar gratis, sukzessive aufgeben.

Hier lautet das Fazit klar: Ja, Transparenz muss zwingend sein. Der Kunde sollte gerade bei essenziellen "Finanzkäufen" wie bei langfristigen Vorsorgeprodukten wissen, wie viel er für das Produkt bezahlt und wie viel ihn die Beratung kostet. Er sollte ferner die Information erhalten, wie diese Gebühren genau erhoben werden. So hat er alle Information, seine Entscheidung zu treffen und die Qualität der Beratung dagegen abzuwägen.

Kunde entscheidet letztlich über den Preis der Beratung

Alles in allem können wir festhalten, dass gute Beratung ihren Preis hat und dass derjenige, der diese Beratung erhält dafür zahlen muss. Wie teuer eine solche Beratung sein darf, das hat jeder Kunde für sich selbst zu entscheiden, und es wird auch am Berater liegen, diese Entscheidung zu beeinflussen. So wird es immer unterschiedliche Vergütungsmodelle am Markt geben, die sich an Qualität und Umfang sowie am Zeitpunkt der Erbringung der Beratung orientieren. Der Markt entscheidet dann letztlich, welche Angebote ihre Käufer finden, und welche Angebote beim Kunden durchfallen.

Eigentlich ist hier nun nur noch wenig Platz für Emotionen, und das Thema Vertriebsprovision sollte auf lange Sicht kein Reizthema mehr sein. Das würde sicher helfen, sich in der Altersvorsorge auf die wirklich wichtigen Themen zu konzentrieren, nämlich den Bedarf der Kunden.

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