Im Gespräch

"Wir wollen ein neues Bewusstsein für das Thema Qualität schaffen"

Herr Homberg, lieben die Kunden die Taunus Sparkasse? Herr Homberg: Natürlich ist die Wertschätzung der Kunden für die Taunus Sparkasse da, sonst wären sie nicht Kunde bei uns. Dabei spielt zum einen unsere Zuverlässigkeit im Bankgeschäft eine große Rolle, die durch alle Kundengruppen hinweg eine hohe Wertschätzung genießt. Gleichzeitig wird die Nachhaltigkeit honoriert, denn die Menschen registrieren durchaus, was eine Sparkasse für die Region an Unterstützung liefert, und zwar nicht nur im Bankwesen, sondern auch im kulturellen, sozialen und sportlichen Bereich. Durch solche Dinge wird das Image eines Kreditinstitutes wesentlich bestimmt. Woran lässt sich Zuneigung festmachen? Die Taunus Sparkasse hat 2009 das Einlagenvolumen gegenüber dem Rekord-Vorjahr stabil gehalten, obwohl sie sich nicht auf den Preiswettbewerb eingelassen hat. Im ersten Halbjahr hat unser Haus schon rund 55 Millionen Euro an neuen Geldern hinzugewonnen. Davon kommt jeweils die Hälfte aus dem Privatkundenbeziehungsweise aus dem Firmenkundenbereich. Woran macht der Kunde die Qualität eines Finanzdienstleisters fest? Frau Eisert: Die Auswertung unserer aktuellen Kundenbefragung hat ergeben, dass es hierbei vor allem auf sogenannte "weiche Faktoren" ankommt. Kunden legen größten Wert auf ein persönliches Vertrauensverhältnis zu ihrer Sparkasse, ihrem Betreuer. Ebenfalls eine Rolle spielen Freundlichkeit in der Ansprache und eine ausgeprägte regionale Präsenz. Eine Differenzierung über Produkte erfolgt dagegen nur untergeordnet, denn diese ist heutzutage kaum noch möglich. Also gar nicht so sehr Preis und Rendite? Herr Homberg: Der Kunde muss das Gefühl haben, einen fairen Preis zu bekommen. Dann ist er auch bereit, diesen zu bezahlen. Selten war es unsere Strategie, kostenlose Produkte anzubieten. Damit sind wir bislang nicht schlechter gefahren als die Konkurrenz, die durch Einführung beispielsweise kostenloser Girokonten auch nicht mehr Kunden gewonnen hat. Vielmehr sind deren Kunden vom Konto mit Gebühren zur kostenlosen Variante gewechselt. Das Geschäft mit kostenlosen Produkten oder Prämien - wie Tankgutscheine - führt nicht dazu, dass ein Kreditinstitut Geld verdient. Bei vielen gerade größeren Banken zeigt sich, dass sich die Erträge aus dem Privatkundengeschäft in den vergangenen Jahren mehr als halbiert haben. Das kann auf Dauer kein Geschäftsmodell sein. Hier muss wieder Vernunft einziehen, auch im Interesse der Kunden. Zu der angesprochenen Befragung "Kunde im Fokus": Wie muss ich mir das vorstellen? Frau Eisert: Ziel war es, eine wirklich persönliche Kundenbefragung durchzuführen, sich damit von der Masse abzuheben und natürlich auch ein direktes Feedback der Kunden zu erhalten. Dafür wurde an drei Tagen insgesamt 22 mal in 13 verschiedenen Geschäftstellen die Veranstaltung "Kunde im Fokus" durchgeführt. Teilgenommen haben rund 250 ausgewählte Kunden, Gewerbetreibende ebenso wie Privatpersonen. Um den organisatorischen und logistischen Aufwand zu bewältigen, waren über 100 Mitarbeiter der Taunus Sparkasse eingebunden. In einem exklusiven Ambiente wurden die Teilnehmer per Videobotschaft vom Vorstand begrüßt, der Abend wurde moderiert vom jeweiligen Geschäftsstellenleiter. Wie wurden die Teilnehmer ausgewählt? Frau Eisert: Der Einladungsprozess ist über die jeweilige Einheit gesteuert worden. Aber es gab natürlich bestimmte Kriterien anhand derer die Auswahl erfolgte. So wollten wir einmal einen Kunden mit einem hohen Deckungsbeitrag, dann jemanden, der noch nicht lange Kunde ist, jüngere ebenso wie ältere Kunden, damit es einen guten Durchschnitt ergibt. Dabei wurde die Zahl der Teilnehmer pro Veranstaltung auf zwölf begrenzt. Wie lief der Abend ab, war es eine offene Diskussion? Frau Eisert: Es gab zwar ein festes Drehbuch und als Hilfe für den Moderator fünf vorher definierte Qualitätsdimensionen, über die gesprochen werden sollte, aber natürlich konnten die Kunden alles sagen, was ihnen durch den Kopf ging - positiv wie negativ. Es war die Aufgabe des Moderators herauszuholen, woran vor allem Unzufriedenheiten festgemacht werden, um anschließend konkrete Ansatzpunkte für Verbesserungen oder Veränderungen zu erhalten. Das hat weitestgehend sehr gut funktioniert. Sind daraus konkrete Handlungsempfehlungen entstanden? Herr Homberg: Ja, wobei natürlich immer auch zu bedenken ist, dass diese rund 250 Kunden nicht das alleinige Bild sind, aus dem eine Sparkasse Veränderungen ableiten sollte. Für die Taunus Sparkasse war diese Veranstaltungsreihe der Einstieg in einen Dialog mit den Kunden. Wir wollten die Kunden mit einbeziehen. Dieser Weg wird auch in Zukunft fortgesetzt. Der zweite wichtige Punkt war, auch ein Signal nach innen zu setzen. Dafür mussten vor allem die Führungskräfte in den Marktbereichen, die eine Filiale, ein Beratungs- oder Gewerbekundencenter leiten, in den Prozess eingebunden werden, um auch hier ein neues Bewusstsein für das Thema Qualität zu schaffen. Das Thema ist nun drin, die Sensibilität ist deutlich erhöht. Denn dieser Weg ist eine andere Ebene, als wenn der Vorstand ein Rundschreiben macht und die Mitarbeiter zu mehr Qualitätsbewusstsein auffordert oder neue Qualitätsrichtlinien definiert. Frau Eisert: Veränderungsprozesse können nur über Erleben gestaltet werden, nicht über anonyme Vorgaben aus der Zentrale. Dinge selbst zu erleben zieht mehr Verantwortungsbewusstsein nach sich, Veränderungen umzusetzen. Wie wichtig war Ihnen der Imageeffekt? Herr Homberg: Ob es einen positiven Effekt für das Image gibt, hängt davon ab, was wir nun im Nachgang aus dieser Veranstaltung machen. Die Kunden müssen merken, dass die Anregungen umgesetzt werden. Zum anderen haben wir die Teilnehmer angeschrieben und gefragt, ob sie bereit sind, in einem Kundenbeirat mitzuwirken. Zwei solcher Beiräte, wie es sie auch schon für andere Segmente gibt, wollen wir nun im Laufe des zweiten Halbjahres einrichten - je einen für den Main-Taunus-Kreis und den Hochtaunus-Kreis. So soll der Dialog kontinuierlich fortgesetzt werden. Ist der Zeitpunkt für so etwas ein guter? Denn dieses oder Ähnliches machen doch gerade jetzt auch einige Ihrer Wettbewerber. Herr Homberg: Machen sie das wirklich? Oder ist das nicht gerade vielmehr ein Marketingtrend, um auch der Politik zu zeigen, dass die Banken aus ihren Fehlern gelernt haben? Frau Eisert: Im Nachgang zu der Kundenveranstaltung macht ein solcher Schritt zu einer weiteren Einbeziehung in Form eines Beirats schon Sinn. Was kann in einem solchen Beirat wirklich diskutiert werden - Kunden können sich doch nicht in strategische Entscheidungen des Vorstands einmischen? Frau Eisert: Ausgehend von den Ergebnissen will sich die Taunus Sparkasse zunächst auf drei Themen konzentrieren. Das eine ist ein Kommunikationsthema: Die schriftliche Kommunikation, die der Kunde erhält, ist nicht immer optimal. Hier wurde ein Projekt aufgesetzt. Das zweite betrifft das Thema "Erreichbarkeit", drittens das "Filial-Erscheinungsbild". Auch hier wurden noch Wünsche geäußert. Und auch hier kann die Sparkasse noch Verbesserungen erreichen, die für den Kunden erlebbar sind. Dem Kundenbeirat kommt an dieser Stelle die Aufgabe eines "Spiegels" zu, der misst, wie gut die Projektarbeit und die Fortschritte sind. Herr Homberg: Noch ist die Sparkasse hier vor allem auf der nicht-strategischen Ebene unterwegs. Aber wenn sich ein solcher Beirat einmal etabliert hat, ist durchaus vorstellbar, dass auch über Produkte gesprochen wird. Wir machen seit Jahren im Firmenkundengeschäft positive Erfahrungen mit solchen Modellen und haben auch im Frühjahr einen Beirat für das gehobene Privatkundengeschäft ins Leben gerufen. Banken haben hier viel zu lange auf der Sonnenseite gelebt und munter produziert, ohne wirklich auf den Verbraucher zu schauen. Ein solcher Umgang miteinander kann dann auch helfen, Irritationen zu vermeiden, wenn es mal nicht so läuft. Denn in den vergangenen Monaten haben alle schmerzhaft gelernt, dass der Weg nicht nur nach oben geht und dass auch der Zusammenbruch einer Bank nicht gänzlich auszuschließen ist. Haben sich die Ansprüche der Kunden an eine Bank in jüngerer Vergangenheit verändert? Herr Homberg: Der Kunde möchte wesentlich aktiver angesprochen werden. Das gilt vor allem auch dann, wenn eine Produktempfehlung einmal nicht so gut gelaufen ist. Der Kunde erwartet den Dialog über die Gründe und über mögliche Alternativen wie Verbleib oder Verkauf und Neuanlage. Dieses Gespräch muss von der Sparkasse ausgehen. Dabei ist aber auch festzustellen, dass die Verbraucher heute deutlich risikoaverser sind. Sicherheit steht im Vorder grund. Waren das schon die zentralen Ergebnisse der Kundenbefragung oder gibt es noch weitere Erkenntnisse? Frau Eisert: Zunächst einmal haben wir die Ergebnisse in zwei Dimensionen unterteilt: Was macht die Taunus Sparkasse gut, wo gibt es noch Ansatzpunkte für Verbesserungen? Was vielen Kunden am Herzen liegt, ist die Diskretion im Schalterbereich. Die Wahrnehmung ist so, dass beim gemeinsamen Arbeiten am sogenannten Service-Desk mit dem Mitarbeiter die Diskretion nicht hundertprozentig gegeben ist, weil der nachfolgende Kunde zu nah aufrückt. Hier wird die Taunus Sparkasse Lösungen präsentieren. Darüber hinaus ist die Bereitschaft zu warten, nicht immer ausgeprägt. Kunden möchten, dass ihr Berater umgehend für sie zur Verfügung steht, ob am Telefon oder in der Filiale. Das geht natürlich nur, wenn er nicht gerade in einem anderen Gespräch ist. Auch hier wird sich unser Haus etwas einfallen lassen, um den Kunden entgegen zu kommen. Drittens wünschen die Verbraucher Kontinuität. Beraterwechsel werden nicht geschätzt. Dabei mangelt es nicht etwa am Verständnis für persönliche Veränderungen des jeweiligen Beraters, sondern es wird der neue Berater thematisiert. Hier wünschen unsere Kunden einen noch besseren Übergang der Informationen, um ein neuerliches "Einführungsgespräch" zu vermeiden. Weiteres Stichwort: Bearbeitungszeiten gerade im Kreditgeschäft. Nun ist die Kommunikation zwischen Sparkasse und Kunde auch ein gutes Stück weit gesetzlich geregelt. Empfindet der Kunde die neuen Vorschriften als tatsächlich besser, weil sie die Qualität der Beratung erhöhen? Herr Homberg: Der Großteil der Kunden, so unsere Erfahrungen, empfindet dies auch schon als zu viel des Guten. Die Abarbeitung all der Maßnahmen ist sehr aufwendig. Man muss aufpassen, dass das Ziel, den Kunden über Chancen und Risiken einer Geldanlage aufzuklären, nicht im Gestrüpp der Vorschriften hängenbleibt. Der Anspruch an die Finanzwirtschaft wird sein, das alles in den IT-Systemen noch besser zu verankern, um den Berater optimal zu unterstützen und ihm so die Zeit für eine echte Beratung zu geben. Frau Eisert: Das ist ein schmaler Grat. Denn was der Kunde auf der einen Seite will, ist natürlich Klarheit und Einfachheit. Gleichzeitig wünscht er aber auch bei aller Standardisierung noch ein individualisiertes Angebot. Herr Homberg: Die Gefahr bei einem zu stark vorgegebenen Ablauf eines Beratungsgesprächs mittels Produktinformationsblättern, Beratungsprotokollen und, und, und ist doch, dass der Berater nicht mehr auf das wirkliche Kundenbedürfnis eingeht, sondern nur noch seine Liste abarbeitet. Doch was einem Kunden an Risiko gerade recht ist bei der Anlage, ist dem anderen schon zu viel, obwohl beide in der selben Risikoklasse eingestuft sind und bei den Produkten "grünes Licht" leuchtet. Wo bekommt man das Personal her, das aktiv auf die Kunden zugehen kann und all diese Anforderungen bewältigt? Das ist nicht unbedingt der typische Banker, den wir die letzten 20 Jahre kannten. Frau Eisert: Wir versuchen sehr stark, über eigene Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen die Mitarbeiter dahingehend zu qualifizieren. Über den Markt alleine wäre das nicht darstellbar. Herr Homberg: Dazu gehört auch, dass die Auszubildenden die Ausbildung wirklich als Chance begreifen. Die Taunus Sparkasse übernimmt jeden, der in seiner Ausbildung konstante, gute Leistungen gezeigt hat. Denn eines ist doch klar: Die geburtenschwachen Jahrgänge kommen erst noch, und wer sich dann nicht gut um junge Leute gekümmert hat, bekommt ein Problem. Fließen denn Dinge, die Sie nun aus "Kunde im Fokus" gelernt haben, in die Aus- und Weiterbildung ein? Frau Eisert: Sicherlich werden über das Strategieteam, in dem die Ergebnisse verarbeitet werden, auch Dinge in die Aus- und Weiterbildung einfließen. Das Wichtigste an "Kunde im Fokus" war aber, dass alle beteiligten Mitarbeiter das Thema Qualität nun mit ganz anderen Augen betrachten. Wie geht der angefangene Dialog mit den Kunden nun weiter? Sie sprachen vorhin von der Fortsetzung. Was sind die nächsten Schritte? Herr Homberg: "Kunde im Fokus" ist nicht die einzige Interaktion mit Kunden. Beispielsweise lief kürzlich eine Internet-Umfrage. Aus all diesen Maßnahmen ziehen wir Erkenntnisse, die wir dann wiederum in weiteren Kundenaktionen in den Regionen einsetzen können. Aus den Anregungen aus dem Kundenbereich will die Taunus Sparkasse dann gezielte weiterführende Maßnahmen ableiten. Wenn die Erfahrungen positiv sind, werden wir perspektivisch ähnliche Aktionen sicherlich wiederholen, um eine Steigerung der Kundenzufriedenheit auch messen zu können. Das ist dahingehend wichtig, da in den Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern zunehmend zu den "harten Zielen", wie viele Geschäfte abgeschlossen worden sind, auch "weiche Ziele", beispielsweise Kundenzufriedenheit oder Qualität, nebst einer variablen Vergütungskomponente eingebaut werden. Dafür muss man diese Dinge messbar machen. Gab es unterschiedliche Erkenntnisse in den Regionen, beispielweise Unterschiede zwischen Stadt und ländlichen Regionen? Frau Eisert: Keine gravierenden.

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