VERBUNDSTRATEGIE

Genossenschaftsverband rügt schiefe Wahrnehmung

Ingmar Rega, Foto: Genossenschaftsverband_Stefan Krutsch Photographie-Graut

Ingmar Rega, der Vorstandsvorsitzende des Genossenschaftsverbands, ärgert sich. In der öffentlichen Wahrnehmung gebe es eine Schieflage. Denn es werde viel mehr über die Weitergabe von Negativzinsen seitens der Banken an die Kunden diskutiert als über den ausbleibenden Vermögensaufbau für die Altersvorsorge - und das, obwohl von Negativzinsen oder "Verwahrentgelten" eine sehr viel kleinere Gruppe betroffen ist. Unter den Mitgliedsbanken des Genossenschaftsverbands haben bisher nur "sehr wenige Banken" Negativzinsen "an relativ wenige Kunden" weiter gegeben.

Der Grund für die angesprochene Wahrnehmungsverzerrung ist naheliegend: Es ist nun einmal sehr viel einfacher, medienwirksam über mögliche Verbote der Weitergabe von Negativzinsen zu sprechen, als wirksame steuerliche Anreize für die (kapitalmarktorientierte) Altersvorsorge zu setzen. Während also die Impulse aus der Politik für die Altersvorsorge weiterhin ausbleiben, stimmen die politisch Verantwortlichen lieber in die Bankenschelte ein, um von den eigenen Versäumnissen abzulenken.

Die Erfolge der Bemühungen der Banken, wenn es darum geht, Kunden von einem langfristigen Vermögensaufbau jenseits des Tagesgeldkontos zu gewinnen, werden dagegen viel zu wenig gewürdigt, so Rega. Stattdessen wirft die Politik Banken und Sparern mit ihren Plänen zur Finanztransaktionssteuer eher noch Knüppel zwischen die Beine und gefährdet damit die beginnende Veränderung des Anlageverhaltens, die Rega als noch zartes Pflänzchen bezeichnet.

Natürlich liegen die Bemühungen der Banken um das Wertpapiersparen ebenso in ihrem eigenen Interesse wie dem der Kunden. Denn die verstärkte Beratung in Richtung Wertpapiere stärkt die Ertragslage der Banken und die Rendite der Kunden. Die Ertragswirkung von "Verwahrentgelten" wird dagegen nach Einschätzung Regas überzeichnet. Bei beratungsresistenten Kunden seien sie aber durchaus legitim. Immerhin setzt sich die Entwicklung der letzten Jahre auf der Einlagenseite kontinuierlich fort. Mit 5,4 Prozent fiel das Wachstum bei den Mitgliedsbanken des Genossenschaftsverbands sogar noch höher aus als im Vorjahr; bei den täglich fälligen Sichteinlagen lag das Plus sogar bei 8,7 Prozent auf über 245 Milliarden Euro. Ihr Anteil an den gesamten Einlagen stieg damit von 67,3 auf 69,4 Prozent.

Eine ähnliche Schieflage der Wahrnehmung wie bei den Negativzinsen registriert der Verband auch beim Thema Bankenstruktur. Auch hier werde die Diskussion, die sich vornehmlich um die privaten Großbanken und eine zu geringe Bankenkonzentration in Deutschland dreht, den tatsächlichen Verhältnissen oft nicht gerecht, so der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Siegfried Mehring. Denn in einem Land, dessen Wirtschaft stärker als in anderen Ländern mittelständisch geprägt ist, decke das bewährte Drei-Säulen-System der Kreditwirtschaft mit einer großen Zahl regionaler Institut passgenau die Unterschiedlichen Erfordernisse der Wirtschaft ab. Pauschale Aussagen zur Bankenstruktur seien wenig hilfreich.

Das Thema Größe gewinnt gleichwohl an Relevanz. So können Fusionen helfen, durch Skalierung die Ertrags und Innovationskraft zu erhalten, auch wenn es dabei keinen Automatismus gibt. 21 Fusionen im Verbandsgebiet im Jahr 2019 spiegeln die schwierigen Rahmenbedingungen wider. Für 2020 sind bisher 12 geplante Zusammenschlüsse gemeldet.

Zunehmend entstehen dabei Flächenbanken mit hoher räumlicher Ausdehnung in den ländlichen Räumen. Deshalb ist die durchschnittliche Bilanzsumme der Banken doppelt so schnell gestiegen wie die aggregierte. Im Durchschnitt wiesen die Mitgliedsbanken des Genossenschaftsverbands 2019 eine Bilanzsumme von 1,3 Milliarden Euro auf - 11,5 Prozent mehr als 2018.

Als Alternative zur Fusion nennt der Verband allerdings auch Kooperationen. Einer Mitgliederumfrage zufolge kooperieren 35 Prozent der Banken bereits in Teilbereichen, weitere 50 Prozent planen eine Zusammenarbeit. Und lediglich 16 Prozent können sich so etwas gar nicht vorstellen. Banken teilen sich zum Beispiel Kundendialogcenter. Erste Ansätze gibt es auch auf der Ebene der Marketingabteilungen. Sehr weit gediehen sind Kooperationen bei Geldautomaten und SB Stellen. Bei personenbesetzten Filialen planen dagegen nur vier Prozent der Banken eine Zusammenarbeit. Dafür, dass Modelle der Zusammenarbeit mit Sparkassen, wie es die Frankfurter Volksbank mit der Taunussparkasse tut, sich flächendeckend ausbreiten werden, gebe es jedoch keine Anzeichen. Red.

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