Preisgestaltung im Retail

Mit Mehrwerten zu mehr Ertrag und Kundenbindung

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Mehr als jede zweite Sparkasse in Deutschland wertet inzwischen ihre Kernleistungen im Zahlungsverkehr mit Zusatzleistungen auf. Solche Mehrwertkonten stärken die Kundenloyalität und damit auch die Profitabilität. Wenn das Mehrwertangebot stimmt, so Mustafa Öztürk, kommen Preisdiskussionen um Kontoführungsgebühren gar nicht auf. Bewährt hat sich ein Dreiklang aus Leistungen in den Bereichen Bankdienstleistungen, Sicherheit und Freizeit. Red.

In kaum einem anderen Land sind die Bankdienstleistungen so günstig wie in Deutschland. Kein Wunder, denn auch bei vielen Geldinstituten hat seit Ende der neunziger Jahre eine "Gratiskultur" Einzug gehalten: Immer mehr Institute werben mit (vermeintlich) kostenlosen Girokonten. Instituten, die sich in diesen Preiswettkampf begeben, fehlen dann häufig 60 bis 80 Euro pro Kunde im Jahr. Auch Sparkassen spüren den wachsenden Wettbewerbsdruck, ausgelöst durch neue branchenfremde Marktteilnehmer, zunehmende Online- und Kostenlos-Konkurrenz, steigende Regulierungskosten und niedrige Margen.

Zudem sorgt ein breites, kostenintensives Berater- und Geschäftsstellenangebot für Handlungsbedarf. In ihrer Geschäftsstrategie haben sich die Sparkassen darauf festgelegt, ihre Marktchancen nicht über den Preis, sondern über die besondere Qualität ihrer Angebote auszuschöpfen. Im besonders umkämpften Privatkundenmarkt setzen sie deshalb vielfach auf innovative Kundenbindungsmaßnahmen, beispielsweise über Vorteilskonten. Dabei machen sie die Erfahrung, dass selbst die preisempfindlichen Deutschen bereit sind, für Produkte mit einem echten Mehrwert mehr zu zahlen.

Entscheidend ist die Preiswahrnehmung

Doch wie lösen Sparkassen ihr Markenversprechen von Regionalität, Vertrauen und Verantwortung ein und sichern gleichzeitig die wichtigen Erträge aus dem Privatgirogeschäft? Als Full-Service-Anbieter in der Sparkassen-Finanzgruppe verfügt die Mehrwert Servicegesellschaft (MWSG) über langjährige Erfahrung in der Konzeption und Umsetzung von Kundenbindungslösungen unterschiedlicher Ausprägung. Das Beteiligungsunternehmen des Deutschen Sparkassenverlags und der Deutschen Assistance Service betreut über 150 Auftraggeber der größten deutschen Kreditinstitutsgruppe.

Als Schlüssel zur Hauptbankverbindung und Drehscheibe zu allen anderen Finanzdienstleistungen hat das Privatgirokonto eine zentrale Bedeutung für die Sparkassen: Bei einem Marktanteil von über 50 Prozent sind Privatgirokonten und Zahlungsverkehr noch immer Ertragsbringer Nummer eins. Die Erfahrungen der Finanzkrise haben vielen Kunden die Stärken der regional verankerten Institute noch einmal deutlich vor Augen geführt und das Image der Sparkassen gestärkt. Sie punkten mit persönlich bekannten Ansprechpartnern, Nähe, Verlässlichkeit (auch wirtschaftlich) und ihrem gesellschaftlichem Engagement.

Kritik am Preis-Leistungsniveau gibt es allerdings bei Sparkassen ebenso wie bei anderen Finanzdienstleistern. Entscheidend ist hier aber vor allem, wie der Preis wahrgenommen wird. Der Kunde muss davon überzeugt sein, dass er mehr für sein Geld bekommt als beim Wettbewerber. Der Mehrwert setzt bei der Kontoverbindung an: Hier zählt die Qualität der Beratung passend zur Lebenswelt des Kunden gepaart mit einem bedarfsgerechten Angebot.

Bei Finanzdienstleistern verorten Experten eine eher schwach ausgeprägte Kundenbindung. Die Top 70 Banken und Sparkassen in Deutschland erzielen nach einer Marktstudie von ibi research, Universität Regensburg, selbst bei der "Beratungsqualität" nur einen durchschnittlichen Zielerreichungsgrad von 54 Prozent. Auch die im digitalen Zeitalter zunehmend wichtige Bereitschaft, die eigene Bank online oder über Apps weiterzuempfehlen, ist oft gering ausgeprägt.

Um die eigene Marktposition zu verteidigen, ist eine stärkere Kundenfokussierung über alle Kanäle hinweg erforderlich: An sämtlichen Berührungspunkten mit dem Konsumenten muss "Sparkasse" positiv erlebbar werden. Nur so lässt sich das strategische Ziel, "meistempfohlener Finanzpartner in Deutschland" zu werden, erreichen. Zufriedene Kunden sind in einem gesättigten Markt besonders wichtig, denn sie empfehlen fünf Mal häufiger weiter als kritische und halten im Schnitt 30 Prozent mehr Produkte. Vor diesem Hintergrund kann eine Produktdifferenzierungsstrategie, die das Girokonto auch emotional erlebbar macht, wesentlich zum Markterfolg beitragen.

Vorteilsrechnung vermeidet Preisdiskussionen

Die Sparkasse Neuss entschied sich vor vier Jahren, jungen Erwachsenen ein Mehrwertkonto zum Pauschalpreis anzubieten. Mit einem umfangreichen Vorteilspaket an zielgruppengerechten Leistungen sollten die abwanderungsgefährdeten Kunden frühzeitig an das Institut gebunden werden. Denn zum Zeitpunkt der auslaufenden Entgeltbefreiung waren zuvor viele zur (Kostenlos-)Konkurrenz abgewandert. Das neue "S-Pool" Konto für 18- bis 29-Jährige bietet zusätzlich zu allen wichtigen Bankleistungen zahlreiche Freizeit- und Sicherheitsleistungen. Trotz 8,00 Euro pro Monat für Berufsanfänger und 2,50 Euro für Azubis und Schüler verkaufte sich das Konto von Anfang an gut. Preisdiskussionen kamen gar nicht erst auf.

Die Berater überzeugten ihre Kunden per individueller Vorteilsrechnung schnell davon, dass sich das Konto lohnt. Das neue Konto wurde aktiv weiterempfohlen und auch ältere Kunden interessierten sich für die angebotenen Mehrwerte. Als Zugpferd erwiesen sich Vorteilsleistungen bei regionalen Partnern der Sparkasse (Rabatte bei Shopping, Freizeit, Genuss). Aus Sicht des Instituts waren auch Schulungen der Berater entscheidend für den Erfolg: Nach dem Motto "kann was, kostet was" lernten sie, noch überzeugender zu verkaufen. Inzwischen nutzen über 18 000 Kunden das Konto, fast ein Viertel sind Neukunden.

Dreiklang aus Bank-, Sicherheits- und Freizeitleistungen überzeugt

Die Ergebnisse einer Studie der icon Wirtschafts- und Finanzmarktforschung mit 1 200 Teilnehmern zwischen 18 und 30 Jahren ("Junge Erwachsene: Ihre Lebenswelt - ihr Konto", Juni 2012) bestätigen die Praxiserfahrungen der Sparkasse Neuss: Ein stimmiger Dreiklang aus Bank-, Sicherheits- und Freizeitleistungen beim Girokonto trifft genau den Nerv der Zielgruppe, die den Austausch über die sozialen Medien sucht und auf beruflichen Erfolg und Sicherheit Wert legt. Ganz selbstverständlich informiert sie sich im Internet und kauft dort gerne preis- und qualitätsbewusst, etwa auch Reisen.

Das optimale Konto ist demnach ausgestattet mit Vorteilsangeboten zu Weiterbildung, Festivals, Freizeitparks und Shopping. Kostenlose Produkttests der Stiftung Warentest sind ebenso beliebt wie der Reisebuchungsservice mit fünf Prozent Rückvergütung.

Dem Sicherheitsbedürfnis der Kunden entspricht eine mobile Elektronikversicherung für Laptop, Tablet und Handy, denn mindestens zwei Drittel der jungen Erwachsenen besitzen ein hochwertiges Smartphone. Notgeld- und Schlüsselfund-Service sowie 24-Stunden-Notfall-Hotline unterstützen im Ernstfall und die telefonische Erstberatung des Rechtsberatungs-Rechtsschutzes hilft Anwaltskosten sparen.

Um das Leistungsportfolio in den Fokus zu rücken und Gesprächsanlässe für Cross-Selling zu schaffen, ist ein auf Dauer angelegter, kanalübergreifender Dialog wichtig - via Online-Portal, Kundenmagazin, E-Mail-Newsletter, App mit den Vorteilsangeboten oder Facebook-Auftritt.

Mehrwert für alle Zielgruppen

Aufgrund der positiven Resonanz baute die Sparkasse Neuss ihr Mehrwertkonto-Angebot 2013 aus: Jetzt wählen alle Privatkunden zwischen drei S-Quin-Modellen mit Rundum-Sorglos-Ausstattung, sodass die jungen Kunden nach Vollendung des 30. Lebensjahres nicht auf Top-Vorteile verzichten müssen. Das Institut positioniert sich damit als Partner für fast alle Lebenslagen und nutzt die Mehrwerte als Türöffner für den Kundenkontakt. Das Ergebnis ist eine verbesserte Wahrnehmung des Preis-Leistungs-Verhältnisses und die emotionale Aktivierung der Kunden, die über Bankleistungen allein nicht erreicht werden könnte. "Den Konto-Claim "S-Quin, mein Gewinn" können Neusser Privatkunden wörtlich nehmen.

Dafür sorgen außergewöhnliche Leistungen wie beispielsweise der Auftragsservice, der auch ausgefallene Wünsche erfüllt, der Ticketservice zu Vorzugskonditionen oder der Reisebuchungsservice mit Rückvergütung. Durch die regelmäßige Ansprache per Kundenmagazin und Online-Portal bleiben die Angebote ständig in Erinnerung.

Die Sparkasse bestätigt, dass Firmenkunden gerne als Vorteilsgeber für S-Quin bereit stehen. So wird das Programm zum Gewinn für alle Beteiligten. Die Entscheidung für Qualitätskonten hat sich bewährt: Die gute Ertragslage im Privatkundengeschäft lässt eine vorzeitige Amortisation der Investitionen erwarten.

Erfolgsfaktoren der Mehrwertstrategie

Die Qualitätsstrategie der Sparkassen im Privatgirogeschäft rechnet sich: Denn sie können mit maßgeschneiderten Vorteilskonten

- ihre Kunden langfristig binden,

- sich vom Wettbewerb abheben und

- mehr Erträge aus dem Girogeschäft generieren.

Ergänzend zur Qualitätsstrategie ist emotionale Erlebbarkeit ein Hauptziel der Markenpositionierung. Genau dabei unterstützen Vorteilskonten. Die MWSG berät Institute bereits bei der Konzeption: In Workshops lassen sich zum Beispiel mit Wirtschaftlichkeitsanalysen und Business-Case-Rechnungen Effekte unterschiedlicher Szenarien abbilden. Bei Schulung und Motivation der Mitarbeiter unterstützt das Trainerteam mit passgenauen Vertriebstrainings und Kick-Off-Veranstaltungen. Die Berater lernen die Kundenerwartungen in den Vordergrund zu stellen und Emotionen zu wecken. Sie erfahren, wie sie die Kontovorteile über alle Kommunikationskanäle gezielt als Türöffner für Cross- oder Up-Selling-Gespräche nutzen. Die bereitgestellten Mehrwertleistungen für alle Lebenslagen helfen Sparkassen, die Erwartungen ihrer Kunden zu übertreffen. Bei der Kundenkommunikation sowie beim Kooperations- und Innovationsmanagement profitieren sie vom Know-how der MWSG. Das Servicecenter ist rund um die Uhr an 365 Tagen erster Ansprechpartner der Mehrwertkontoinhaber und erzielt eine Weiterempfehlungsquote von 95 Prozent.

Kundenloyalisierung hat sich bewährt

Die Perspektiven der Sparkassen hängen in starkem Maße von der Zufriedenheit und Loyalität ihrer Kunden ab. Zufriedene Kunden bleiben ihrer Bank nicht nur treu, sie sind auch öfter bereit, diese weiterzuempfehlen. Zudem ist ihr Ertragspotenzial im Durchschnitt bis zu 60 Prozent höher.

Neuere Studien zeigen, dass Kreditinstitute bis 2020 ihre Kosten im Durchschnitt um etwa 30 Prozent senken müssen, um Margenrückgänge auszugleichen. Umso wichtiger sind die Deckungsbeiträge aus dem Privatkundengeschäft, die nur mit innovativen Konzepten langfristig gesichert werden können. Es gilt vor allem die jungen Potenzialkunden frühzeitig für das Angebot zu begeistern. Daher bauen einige der größten Sparkassen aktuell ihre Mehrwert-Programme weiter aus. Über die Hälfte aller Sparkassen werten ihre Kernleistungen im Zahlungsverkehr mit attraktiven Zusatzleistungen auf. Ein klares Indiz dafür, dass sich das Konzept der "Kundenloyalisierung" in der Sparkassen-Finanzgruppe durchgesetzt hat.

Zum Autor

Mustafa Öztürk, Geschäftsführer, Mehr-Wert Servicegesellschaft mbH, Düsseldorf

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