Karten-Blickpunkte

Geldautomatenstreit: Neue Dimension

In dem nunmehr seit rund einem Jahr schwelenden Geldautomatenstreit zwischen Sparkassen und einigen privaten Banken sieht es für die Sparkassen recht gut aus: In den sechs Verfahren, mit denen die ING-Diba, Citibank, Santander und Volkswagen Bank einstweilige Verfügungen beantragt hatten, wurde nur einmal gegen die Sparkasse entschieden. Das Landgericht Bückeburg verurteilte die Sparkasse Schaumburg, ihre Geldautomaten wieder für die Visa-Karten der betreffenden Institute zu öffnen. In den übrigen fünf Fällen sahen die Richter in der selektiven Geldautomatensperre keine wettbewerbsgefährdende Behinderung.

Auch kenne das Wettbewerbsrecht kein allgemeines Diskriminierungsgebot, so zum Beispiel das Landgericht Halle in seiner Zurückweisung des Antrags auf einstweilige Verfügung.

Ganz aufgegeben haben diejenigen Banken, die bei der Bargeldversorgung auf die Visa-Karte setzen, die Sache jedoch nicht. In ihrer Klage gegen die Sparkasse Ingolstadt haben ING-Diba, Citibank und VW Bank (diesmal ohne die Santander Consumer Bank) ein Hauptsacheverfahren angestoßen, bei dem es nicht um eine einstweilige Verfügung, sondern eine grundsätzliche Klärung der Angelegenheit geht.

Als Musterfall soll die Sache damit bis vor den BGH gebracht werden, um eine abschließende Klärung der Streitfrage zu erreichen, statt einen steten und teuren Kleinkrieg auf regionaler Ebene zu betreiben. Dies kann sicher nur im Interesse aller Beteiligter sein - nicht zuletzt von Visa, fürchtet die Kartenorganisation doch durch den Dauerstreit einen Schaden für die Marke.

Auch wenn die Sparkassen und die in der Auseinandersetzung zwar bislang weniger in Erscheinung getretenen, aber gleichwohl sehr interessierten Genossenschaftsbanken sich letztlich durchsetzen können - und dafür scheinen die Voraussetzungen angesichts des Bisherigen gar nicht so schlecht - könnte die Angelegenheit jedoch unerwünschte Nebenwir kungen haben. Denn der Dauerstreit hat - wie von vielen Marktteilnehmern befürchtet - das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen.

Ein formelles Verfahren haben die Wettbewerbshüter zwar noch nicht eingeleitet. Immerhin stellt sich die Beschlussabteilung "Fragen betreffend die Vereinbarkeit der bestehenden Geldautomatenverbünde mit den kartellrechtlichen Anforderungen", wie es in einem Brief an den ZKA heißt. Dabei geht es unter anderem um die Transparenz der Geldautomatengebühren für die Kunden, insbesondere im Hinblick auf die Interbankenentgelte, um lokale Spitzen bei den Preisen für Abhebungen von Drittkunden, um die laufenden Kosten für den Geldautomatenbetrieb mit dem Stichwort kostendeckende Geldautomatengebühren oder die Offenheit der Geldautomatenverbünde für den Beitritt weiterer Mitglieder.

Das Ergebnis solcher Prüfungen könnte am Ende das bisher gepflegte Gebührenmodell stärker berühren als das Ergebnis der gerichtlichen Auseinandersetzung. Denn während es dort nur um die ver gleichsweise geringe Zahl an Visa-Transaktionen geht, nimmt das Kartellamt gleich die gesamte Bargeldversorgung unter die Lupe. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X