Gespräch des Tages

Kartendienstleistungen - Streit ums Bargeld

Dass Visa Europe im Gegensatz zu Mastercard noch eine Mitgliederorganisation ist, hat auch Nachteile: Wenn sich die Mitglieder streiten, kann Visa kein Machtwort sprechen und gleichsam von oben herab eine Entscheidung treffen. Ein solcher Streitfall ist das Thema Bargeldversorgung. Immer mehr Institute nicht nur aus dem Direktbanklager gehen dazu über, ihren Kunden die weltweit oder doch europaweit kostenlose Bargeldabhebung per Kreditkarte zu versprechen. In aller Regel kommt dazu die Visa-Karte zum Einsatz. Eine solche Strategie ärgert namentlich die Verbünde mit ihren dichten Geldautomatennetzen. Sie sehen in den betreffenden Wettbewerbern Trittbrettfahrer, die es Sparkassen und Genossenschaftsbanken überlassen, in teure Infrastruktur zu investieren, um dann ihrerseits ihren Kunden Serviceversprechen zu machen, die auf der Mitnutzung eben dieser Infrastruktur basieren. Der Verweis auf den öffentlichen Auftrag der Sparkassen muss da schon ein bisschen wie Hohn verstanden werden. Hinzu kommt: Ausgerechnet die DKB, die als Tochter der Bayern-LB dem S-Verbund zuzurechnen ist, hat diesen Trend ins Rollen gebracht.

Ganz unentgeltlich ist eine solche Mitnutzung der Geldautomaten von Wettbewerbern zwar nicht zu haben. 1,74 Euro kostet eine Bartransaktion per Visa-Karte in den entsprechenden Kontomodellen die der emittierende Bank. Der Satz ist seitens der Kartenorganisation festgelegt - im Gegensatz zu Abhebungen per Debitbeziehungsweise Bankcard, wo die Institute in der Festsetzung der Gebühren, die sie für die Fremdnutzung ihrer Automaten berechnen, frei sind. Eben diese Willkür mit teilweise überhöhten Spitzenpreisen hat das Umschwenken vieler Häuser auf die Kreditkarte freilich erst bewirkt. Dies wird auch in den Verbünden nicht bestritten. Der Ärger über die Direktbanken hält dennoch an. Namentlich die Sparkassen haben sich jetzt gewehrt: 50 Institute haben ihre Geldautomaten für die Visa-Karten von Barclaycard, BMW Bank, Citibank, Comdirect, DKB, GE Money Bank, ING-Diba, Mercedes Benz Bank, Postbank, Santander Consumer Bank und Volkswagen Bank gesperrt - übrigens durchaus konform mit den Visa-Regularien. Sie sehen eine solche selektive Sperre explizit vor, unter der Maßgabe, dass man den Karteninhabern an der Kasse Bargeld auszahlt.

Ein solcher Boykott konnte nicht unwidersprochen bleiben. Vier der betroffenen Institute haben rechtliche Schritte eingeleitet und bereits bei drei Gerichten Erfolge erzielt. Als erstes verhängte das Landgericht Verden gegen die Sparkasse Nienburg eine einstweilige Verfügung, der zufolge die GAA-Sperre für Visa-Karten der betroffenen Institute aufgehoben werden musste. Mittlerweile folgten die Landgerichte Heilbronn und Bückeburg bezüglich der Kreissparkasse Heilbronn und der Sparkasse Schaumburg. Bis die Frage abschließend gerichtlich geklärt ist, wird vermutlich noch einige Zeit ins Land gehen. Schlimmstenfalls droht eine Kartellamtsentscheidung. Bis dahin aber könnte sich das Thema längst anderweitig erledigt haben. Zum einen steht die Umsetzung der europäischen Payments Service Directive in nationales Recht ins Haus - und hierbei ist es den einzelnen Staaten freigestellt, ein sogenanntes Surcharging-Verbot, wie es bei Visa (im Gegensatz zu Mastercard) besteht, zuzulassen oder zu verbieten. Zu welcher Option der deutsche Gesetzgeber neigt, ist nach Informationen aus Lobbykreisen einstweilen noch unentschieden. Sollte das Surcharging-Verbot jedoch gesetzlich gekippt werden, wären Kundenentgelte am Geldautomaten vermutlich bald die Regel - und zumindest eine transparente Lösung. Der Kunde hätte dann die Wahl, den geforderten Preis zu zahlen oder sich anderswo mit Bargeld zu versorgen. Geprüft werden entsprechende Lösungen in den Verbünden schon heute. Und auch bei Mastercard geht man davon aus, dass solchen Modellen die Zukunft gehört. Eine entsprechende Freigabe der Gebühren für Bartransaktionen ist fürs kommende Jahr angekündigt.

Nicht zuletzt: Bargeldversorgung ist längst kein Thema allein für den Geldautomaten mehr. Das Stichwort lautet hier "Cash Back" - an der Ladenkasse nämlich. Bereits seit September 2003 können Kunden bei Rewe Kartenzahlungen nutzen, um einen höheren Betrag als den Einkaufswert abrechnen und sich die Differenz in bar auszahlen zu lassen. Und die Postbank hat angekündigt, ab Mitte 2009 bei der Bargeldversorgung mit Shell zu kooperieren. Beide Beispiele gelten nur als Vorreiter eines neuen Trends. Zumindest Mastercard will den Handel ganz gezielt auf diese Möglichkeiten ansprechen - immer in Verbindung mit einem Einkauf. Im Zweifelsfall hätte der Kunde dann also die Wahl: Ein Entgelt am Geldautomaten oder ein eigentlich vielleicht nicht benötigter Einkauf als "Basistransaktion" für die Bargeldversorgung im stationären Einzelhandel.

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