Prepaid-Karte

Geldwäschegesetz: Ende anonymer Prepaid-Karten?

Im Mai 2011 wurde ein Regierungsentwurf des Gesetzes zur Optimierung der Geldwäscheprävention veröffentlicht, der das Ende für das anonyme Bezahlen mit Hilfe von Prepaid-Karten bedeuten könnte.

Motivation und Ziel für die neuen Regelungen ist die Optimierung der Geldwäscheprävention. Das Bundesministerium der Finanzen wies im Hinblick auf die Änderungen darauf hin, dass es im Bereich von Prepaid-Karten in der Vergangenheit zu Geldwäschemissbrauchsfällen gekommen sei, die durch die neuen Regelungen im Geldwäschegesetz verhindert werden sollen. Die grundsätzliche Zielsetzung, die Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf Makroebene zu verbessern und die Integrität des Finanzstandorts Deutschland zu stärken, ist begrüßenswert.

Nullschwellenwert beim Vertrieb von Prepaidkarten

Allerdings schießen die geplanten Neuregelungen im Bereich der Prepaid-Karten nach Ansicht der betroffenen Kartenemittenten und ihrer Vertriebspartner im Handel über das Ziel hinaus. Sie laufen derzeit in Berlin Sturm gegen die Neuregelungen. Hierbei können sie gute Argumente anführen. Zudem findet die Branche in den Datenschutzbeauftragten einen (wenn auch unerwarteten) starken Verbündeten, der für den Erhalt des anonymen Bezahlens im Internet plädiert.

Der Gesetzesentwurf plant drei Änderungen für den Vertrieb von Prepaid-Karten in Deutschland. Agenten von Banken sollen in Zukunft eigenständiger Pflichtenadressat des Geldwäschegesetzes (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 b Geldwäschegesetz) wer den. Agenten sind selbstständige Handelsvertreter der Banken. Sie sind nach Ansicht von Michael Findeisen, verantwortlicher Ministerialrat im Bundesministerium der Finanzen, bisher unzureichend in die geldwäscherechtliche Organisations- und Vertriebsstruktur der Banken eingebunden.

Zudem soll - voraussichtlich ab 1. Januar 2012 - ein Nullschwellenwert bei der Entgegennahme von Bargeld durch Agenten bei Vertrieb von Prepaid-Karten gelten. Das bedeutet, dass jeder Kunde, der bar eine Prepaid-Karte kaufen möchte, vom Verkäufer gemäß den Anforderungen nach dem Geldwäschegesetz identifiziert werden muss.

Inhaber-Identifizierung geplant

Ferner müssen E-Geld-Emittenten für jeden E-Geld-Inhaber Schattenkonten führen, in denen alle ausgegebenen und zurückgetauschten E-Geld-Beträge aufgezeichnet werden. Diese Änderung bedeutet, dass der E-Geld-Emittent die Umsätze nicht nur pro Instrument (zum Beispiel Karte), sondern auch pro E-Geld-Inhaber verzeichnen müsste.

Bei wiederaufladbaren anonymen Prepaid-Karten müsste der Inhaber dann identifiziert werden, damit seine Umsätze, die über mehrere Karten verteilt sein könnten, gebündelt werden können. Eine Zuordnung oder Identifizierung per Handy oder E-Mail - wie es bisher Praxis in der Branche ist - würde nicht ausreichen, da der Inhaber über mehrere E -Mails/Handys verfügen kann. Eine anonyme Vorauszahlung mit Bargeld ohne irgendeine Kennzeichnung des E-Geld-Inhabers wäre abgesehen von den oben genannten Änderungen nicht mehr möglich. Das Gleiche gilt für die Übertragbarkeit von E -Geld-Karten an Dritte.

Im deutschen Markt sind eine Reihe von anonymen Prepaid-Produkten betroffen, wie zum Beispiel Prepaid-Kreditkarten internationaler Kreditkartenorganisationen (Mastercard und Visa), die im Internet von unterschiedlichen Emittenten vertrieben werden.

Darüber hinaus sind kontoungebundene Geldkarten in Fußballstadien (Arena Card der Vereine FC Bayern München und TSV 1860 München) betroffen.

Das Gleiche gilt für Kundenkarten von Groß- und Einzelhändlern, die eine Zahlungsfunktion gegenüber anderen Händlern anbieten, um gegebenenfalls dort gesammelte Treuepunkte zu verwenden.

Ferner sind andere Prepaid -Produkte für Zahlungen im Internet betroffen, sofern sie gegen Barzahlungen bei Vertriebspartnern in Deutschland aufgeladen werden können (zum Beispiel Paysafecard).

Kontogebundene Geldkarte nicht betroffen

Von dem Regulierungsvorhaben nicht betroffen ist die von den Kreditinstituten herausgegebene Geldkarte als eines der bisher erfolgreichsten Prepaid -Produkte in Deutschland. Die Geldkarte fällt nicht unter die Neuregelung, da sie nicht gegen Bargeld, sondern mittels Überweisung von den damit verknüpften Girokonten aufgeladen wird. Diese Auflademöglichkeit bieten die Kreditinstitute bequemer weise an ihren Geldautomaten an. Das bargeldlose Aufladen von Prepaid -Produkten löst nach den neuen Vorschriften keine Identifizierungspflicht der Agenten aus.

Anonyme E-Geld-Produkte sind gesetzlich in den europäischen Regelungen (Artikel 11 Abs. 5 d) der Richtlinie 2005/60/EG (sogenannte 3. Geldwäscherichtlinie) bisher ausdrücklich vorgesehen, sodass das deutsche Regulierungsvorhaben über die Vorgaben des europäischen Gesetzgebers hinausgeht.

Übererfüllung europäischer Vorgaben benachteiligt deutsche Marktteilnehmer

Dieses Übererfüllen europäischer Vorgaben (sogenanntes "Gold Plating") führt zu einer Benachteilung des deutschen Marktes, da Banken und Händler als deren Vertriebspartner hierzulande Prepaid-Produkte wegen der hohen Auflagen praktisch nicht mehr vertreiben können. Kein anderer Mitgliedstaat der europäischen Gemeinschaft hat in diesem Bereich schärfere Vorschriften.

Die deutschen Banken und Vertriebspartner sind einem starken Wettbewerb im einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum ausgesetzt. Aufsichtsrechtliche und insbesondere geldwäscherechtliche Rahmenbedingungen sind ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Sie können über den wirtschaftlichen Erfolg von Produkten und Dienstleistungen im Bereich des Zahlungsverkehrs entscheiden, da sie die Wertschöpfungskette nachhaltig beeinflussen.

Das Ziel der Richtlinie 2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Zahlungsdiensterichtlinie) besteht darin, in den EU-Mitgliedstaaten einen aufsichtsrechtlich und zivilrechtlich vollharmonisierten Markt für Zahlungsdienste mit gleichen Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Unterschiedliche Vorschriften innerhalb der Europäischen Union zur Geldwäscheprävention im Zahlungsverkehrsbereich laufen dieser Zielrichtung zuwider, auch wenn sie rechtsdogmatisch möglich sind, da sie im Geldwäscherecht vorgenommen werden.

Schärfere Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten erschweren den Marktzutritt und erhöhen die Kosten für die Einführung neuer Produkte. Sie sind zudem ein signifikanter Wettbewerbsnachteil für Zahlungsinstitute und Kreditinstitute mit Sitz in Deutschland, da im Inland höhere Standards als in den anderen Ländern der Europäischen Union bestehen werden. Der Wettbewerbsnachteil gilt auch für die Händler, die im Inland Prepaid-Produkte vertreiben.

Konsens auf europäischer Ebene suchen

Die Attraktivität des Standorts Deutschland für Zahlungsinstitute und die führende Bedeutung Deutschlands als Finanzzentrum im Bereich des Zahlungsverkehrs leidet unter den von der Bundesregierung geplanten nationalen Verschärfungen der deutschen Geldwäschebekämpfungsstandards und der damit verbundenen Abweichung von europäischen Standards der 3. Geldwäscherichtlinie.

Deshalb sollten sämtliche Änderungsvorschläge, die über die EU-Standards hinausgehen, zurückgestellt werden und zunächst auf europäischer Ebene der Konsens gesucht werden, um auch hinsichtlich der Geldwäschebekämpfung einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Marktteilnehmer innerhalb der Gemeinschaft zu erzielen.

Praktische Wirksamkeit fraglich

Der Nutzen des Regulierungsvorhabens ist zumindest äußerst fraglich, wenn man bedenkt, dass sich das Geschäft im Zeitalter des Internets in die angrenzenden Nachbarstaaten (Niederlande, Belgien, Luxemburg, Österreich, Tschechien und Polen) verlagern wird. Die praktische Wirkung, nämlich die erhoffte Bekämpfung der Geldwäsche, wird sich dadurch nicht einstellen. Die Geldwäschebekämpfung funktioniert nicht mittels nationaler Gesetze, sie erfordert vielmehr ein abgestimmtes Handeln auf europäischer und internationaler Ebene (G20, Baseler Ausschuss und Financial Action Task Force). Statt effektiver Geldwäschebekämpfung bleiben in jedem Fall die Benachteilung des heimischen Marktes und seiner Bürger sowie nicht unerhebliche finanzielle Auswirkungen.

Wenn die Neuregelungen, wie im derzeit aktuellen Regierungsentwurf vorgesehen, in Kraft treten, wäre das anonyme Bezahlen im Internet mittels Prepaid-Karten nicht mehr möglich. Das hat unter anderem auch die Datenschutzbeauftragten auf den Plan gerufen, die gerade für das Internet wegen der letzten Datenschutzskandale (zum Beispiel bei Sony) den Verkauf von anonymen Prepaid-Karten sicherstellen wollen und deshalb den Regierungsentwurf kritisieren.

Interessenskonflikt mit dem Datenschutz

Der Interessenskonflikt zwischen Datenschutz und Geldwäschebekämpfung ist offensichtlich. Im Hinblick auf den eingeschränkten Nutzen der geplanten Geldwäschemaßnahmen schlägt das Pendel diesmal zugunsten des Datenschutzes. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn auf europäischer oder internationaler Ebene entsprechende Änderungen vorgenommen würden.

Der Gesetzgeber sollte deshalb von dem Regulierungsvorhaben absehen und im Rahmen der europäischen und internationalen Gremien versuchen, seine Position durchzusetzen. Alternativ sollte er im Rahmen der geplanten Änderungen in § 3 Satz 3 des Geldwäschegesetzes zumindest die Schwellenwerte aus der 3. Geldwäscherichtlinie (250 Euro für nicht wiederaufladbare Karten und 2500 Euro für wiederaufladbare Karten) berücksichtigen.

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