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Karten im Bankvertrieb

po. - Der Druck auf die Kreditkarten wächst. Siegbert Steinmetz, Direktor der Dresdner Bank, hat auf dem jüngsten "Bankkartenforum" der Zeitschrift "cards Karten cartes" dazu fünf zentrale Punkte ausgemacht: die Regulierungsdichte egal ob aus Brüssel oder Berlin steigt stetig an, die Einnahmenseite wird durch sinkende Interchange-Gebühren nachhaltig beeinträchtigt, trotzdem setzt ein Verdrängungswettbewerb über einen Preiskampf bei den Jahresgebühren ein, der Revolving Credit wird hier nicht kurzfristig helfen und die Debitkarten werden weiter an Bedeutung gewinnen. Bei all diesen Entwicklungen spielt die Single European Payment Area (Sepa) der EU eine wichtige Rolle, die den "mühelosen" grenzüberschreitenden Kartenzahlungsverkehr verlangt. Laut Steinmetz könnte allein die Ertragserosion durch die sinkende Interchange die deutsche Kartenwirtschaft bis zu 170 Millionen Euro per annum kosten.

In einem solchen Szenario ist es natürlich besonders ärgerlich, wenn einer Kartengesellschaft Vertriebspartner abhanden kommen. So geschehen im Fall Mastercard und Commerzbank. Die deutsche Großbank setzt nun zumindest im Premium-Bereich auf American Express. Künftig werden neben Mastercard und Visa, einen vollständigen Verzicht wird es nicht geben, von der Commerzbank in den Filialen und im Private-Banking-Bereich American- Express-Produkte angeboten. Die Gold-Karte im klassischen Filial-Vertrieb (das übrigens lockend zu nur 99 Euro statt 140 Euro Jahresgebühr) und die beiden Spitzenkarten Platinum und Centurion über die Vermögensberater. Wie interessant den Gelben die Sache erscheint, zeigt die Tatsache, dass man per Brief den eigenen Kunden den Wechsel von der World Signia aus dem Hause Mastercard zur Platinum Card von American Express empfahl.

Damit ist es Amex gelungen, namhaft in den von Mastercard und Visa dominierten deutschen Bankvertrieb einzubrechen. Die Amerikaner waren bislang eher auf kleinere Deals beispielsweise mit der Dresdner Bank eingeschränkt. Denn die deutschen Banken, gleich ob Private, Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken setzten lieber auf Mastercard und Visa, weil sie an diesen genossenschaftsähnlichen Mitgliedsunternehmen beteiligt waren. American Express dagegen galt als Finanzkonzern mit ausgeprägten Eigeninteressen zu Recht als Konkurrent. Dabei spielt durchaus eine Rolle, dass Amex geradezu erbittert lieber die langjährige Marktführerschaft bei Kreditkarten in Deutschland an Eurocard/Mastercard und Visa abgab, statt den Bankvertrieb wenigstens im Cobranding zu akzeptieren.

Aber was hat es Amex gekostet, die Commerzbank zu gewinnen? Es ist nur schwer vorstellbar, dass die Bank ihren Kunden die Amex-Produkte einfach aus Überzeugung anbietet. Und auch das neue Mem-bership-Rewards-Programm von Amex müßte die Commerzbanker nicht außerordentlich beeinflusst haben. Denn die feinen Prämien kommen den Kunden zu Gute, nicht der Bank. Diese ist, wie es im knallharten Vertriebswettbewerb stets so ist, am Monetären interessiert. Wie viel bekommt Sie als Interchange? Steht ihr die volle Jahresgebühr zu? Gibt es weitere Provisionen? Mutig ist die Bank allemal. Denn die Kartenkonten werden künftig nicht mehr bei der Commerzbank, sondern wie gewohnt im Hause Amex geführt. Vielleicht setzen die Platinum-Kunden mit ihrer Karte auch mehr um. Wird damit das Risiko ausgeglichen, dass Amex den Kartenkunden gerne das eigenen Cross-Selling andient?

Für den Markt durfte das alles aber nicht mehr als ein kleines Signal pro Amex und contra Mastercard sein, denn die Marktanteile wird der Deal nicht deutlich verändern. Per Ende 2005 standen hier 48 Prozent für Mastercard, 44 Prozent für Visa und 6,8 Prozent für Amex zu Buche. Für Mastercard setzt sich damit aber die etwas schwierige Image-Lage der vergangenen Wochen und Monate fort. Der Abschied von Commerzbank-Kunden, der noch ungelöste Streit um die Interchange, die laufende Fifa-Klage, der Verlust der deutschen Stimme im Board nach dem Börsengang - all das hat den Ruf der Kartengesellschaft in Deutschland nicht gefördert. Für den Vertriebserfolg von Amex und allen anderen Kartenorgansiationen ist entscheidend, dass die beteiligten Banken das Kreditkartengeschäft als strategisches Geschäftsfeld mit Einnahmemöglichkeiten erkennen und akzeptieren, als Profit Center also und es dementsprechend ernsthaft bewirtschaften. Das war bislang kaum der Fall. Nur das berliner Cobranding mir dem ADAC ist eine Ausnahme gewesen. Solange der Einsatz als bloßes Zusatzprodukt überwiegt, aufgehängt irgendwo zwischen Retail-, Produktions- und Organsiationsabteilung, wird es auch American Express schwer haben, seine ehrgeizigen Ziele zu erfüllen: Der Anteil des Bankvertriebs soll von derzeit fünf auf 20 Prozent ausgeweitet werden. Doch zu wessen Lasten? Denn - dass Premium-Kunden noch keine (Pre-mium)-Karte besitzen, ist doch sehr, sehr unwahrscheinlich.

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