Im Gespräch

"Der Trend geht zu stärkerer Segmentierung"

Im deutschen Kartengeschäft tobt der Streit um die Bargeldversorgung per Kreditkarte. Welche Strategie verfolgt Mastercard bei diesem Aspekt des Kartengeschäfts?

Unser Anliegen ist, dass unsere Karten rundum genutzt werden können, auch am Geldautomaten. Wir lassen deshalb Kundenentgelte am Geldautomaten zu, wie wir es heute schon am Point of Sale tun, auch wenn der Handel diese Möglichkeit nicht nutzt. Die Geldautomatenbetreiber können dann selbst die Gebühren festlegen, und der Kunde hat beim Einschieben der Kar te die Wahl, ob er diese Gebühren zu zahlen bereit ist. Damit ist Transparenz gegeben.

Daneben treiben wir das Thema Cash-Back per Kredit- oder Debitkarte voran. Der Kunde soll die Wahl haben, wo er sich mit Bargeld versorgt, am Geldautomaten oder im Einzelhandel. Aus Sicht des Händlers hat dieser Service zweierlei Vorteile: Er bietet den Kunden eine Dienstleistung an und reduziert gleichzeitig seine Kosten für das Bargeld-Handling.

Wir haben unser Cash-Back-Konzept der Aufsichtsbehörde vorgelegt und warten jetzt auf deren Antwort. Welchen Anteil am Kartenumsatz könnte das Cash-Back-Geschäft letztlich haben?

In Holland und England gibt es das Konzept seit Jahren. Hier hat sich der Umsatzanteil bei etwa sieben Prozent eingependelt.

Eine interessante Beobachtung ist die Tatsache, dass Cash-Back nicht zulasten der Geldautomaten genutzt wird. Der Umsatz am Automaten wurde dadurch nicht deutlich geschwächt. Im Einzelhandel werden eher kleinere, zusätzliche Beträge abgeholt.

Cash-Back ist also nicht kontraproduktiv für das bargeldlose Zahlen?

Nein, gar nicht. Der "Bargeldkauf" muss immer mit einem Warenkauf verbunden sein. Dafür schlagen wir eine gewisse Größenordnung vor, um eine Art Standar disierung zu ermöglichen. Gleiches gilt für den Bargeld-Höchstbetrag, damit die Händler kalkulieren können.

Erhöht Cash-Back nicht das Missbrauchsrisiko, wenn Täter mit gefälschten oder gestohlenen Karten nicht nur am Automaten, sondern auch im Einzelhandel Bargeld bekommen können?

Wir gehen nicht davon aus, dass hier in großem Stil Missbrauch passieren wird - denn die Bargeldversorgung ist kein typisches Thema für Laufkundschaft. Ohnedies wird sich die Sicherheitsproblematik durch den Chip ganz stark verändern. Bislang tragen rund 60 Prozent aller deutschen Karten einen Chip - und nur 15 Prozent aller Lesegeräte sind chipfähig. Insofern ist hier tatsächlich noch ein Schwachpunkt. Bis 2010 soll jedoch auch terminalseitig die Migration abgeschlossen sein. Und auf die Umsetzung dieser Vor gaben achten wir sehr genau.

Wenn bei der Umsetzung der Payments Service Directive in nationales Gesetz ein Verbot des Surchar chings gesetzlich ausgeschlossen werden sollte - werden Kundenentgelte am Geldautomaten dann die Regel?

Das ist schwer zu sagen. Wenn es so umgesetzt werden sollte, ändert das bei uns ohnehin nichts, weil wir bereits in dieser Richtung unterwegs sind. Kundenentgelte sind eine transparente Lösung, bei der jeder weiß, woran er ist. Und durch die Transparenz erwarte ich, dass sich mit der Zeit eine bestimmte Spanne herausbilden wird, innerhalb derer sich die Preise bewegen.

Unterstützen die Geldautomaten solche Lösungen überhaupt schon?

Es wird wohl Änderungen in der Software geben müssen. Aber hier sind wir bereits in der Vorbereitungsphase.

In Bezug auf Mastercard sind viele Banken über die Null-Interchange für grenzüberschreitende Zahlungen - und sei sie auch nur temporär - verärgert und fühlen sich für Fehler seitens Mastercard zur Verantwortung gezogen. Was sagen Sie diesen Banken?

Das ist sicher im Einzelfall Gegenstand der Verhandlungen. Im Großen und Ganzen habe ich jedoch den Eindruck, dass es schon Verständnis gibt.

Eines der großen Probleme, die wir momentan haben, ist die große Unklarheit, mit der es die Politik sich selbst und den Banken schwer macht. Irgendwann wird es eine Grundsatzentscheidung geben, die wohl auch eine Benchmark für die nationalen Wettbewerbsbehörden setzen wird. Dafür kämpfen wir.

Hat Mastercard in der Interchange-Diskussion also den Schwarzen Peter dessen, der die Auseinandersetzung erst einmal bis zu einem Grundsatzurteil treiben muss, um wieder Klarheit zu schaffen?

Nein, wir sehen das nicht als Schwarzen Peter. Sondern wir sind diejenigen, die aktiv die Interessen des Geschäftsmodells der Banken verteidigen und dafür auch vor Gericht gehen.

Aber die Emittenten müssen bis dahin eine Durststrecke durchstehen ...

Wir müssen im Zusammenhang mit Inter change den Banken noch intensiver als bisher erklären, was wir hier tun und warum wir es genau so tun. Außerdem arbeiten wir permanent an Produkten, mit denen wir und unsere Kunden Geld ver dienen.

Welche Möglichkeiten zur Ertragssteigerung bieten sich produktseitig an?

Was wir sehr stark verfolgen, ist das Thema Kundenorientierung. Alle nur denkbaren Anwendungen auf eine Karte zu packen funktioniert heute nicht mehr. Der Trend geht hin zu stärkerer Segmentierung, die sich bei den Produktmerkmalen stärker an den Kundenbedürfnissen bestimmter Zielgruppen orientiert.

Derzeit sind Kartenzahlungen eine Commodity. Und wir müssen dahin kommen, dass die Karte ein Produkt wird, für das der Kunde auch zu zahlen bereit ist. Wenn der Kunde die Karte als Mehrwert empfindet, wird er auch bereit sein, dafür zu zahlen. Deshalb müssen wir uns mehr in Richtung Segmentierung orientieren und die Produkte anbieten, die der Kunde wirklich braucht.

Und je näher die Karte an den Bedürfnissen des Kunden ist, desto häufiger wird sie auch eingesetzt. Deshalb passt auch Paypass sehr gut zur Kreditkarte, weil die Karte dadurch breiter einsetzbar ist.

Ein weiterer neuer Bereich, an dem wir derzeit arbeiten, ist Prepaid. Prepaid ist ein neues, sehr spezifisches Segment, das in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern noch nicht so weit entwickelt ist. Das liegt daran, dass klassische Anwendungen - etwa für Menschen ohne Bankverbindung - in Deutschland wegfallen. Viele Möglichkeiten bieten sich aber im Jugendbereich oder im großen Feld der Geschenkkar ten.

Funktioniert im Prepaid-Bereich auch die Kundenbindung?

Im Jugendbereich ist genau das ein wichtiges Argument: Hier werden sowohl die Kinder als auch ihre Eltern mit eingebunden. Zudem bieten sich in diesem Segment im Co-Branding viele Möglichkeiten.

Im Gutschein-Bereich dagegen wird die Prepaid-Karte zum Kundenbindungsinstrument für den Händler. Stichwort Paypass: Wann geht es hier über den Frankfurter Flughafen hinaus?

Wir sind zuversichtlich, die Präsenz im Markt bald kräftig ausbauen zu können. Die Vorbereitungen bei den großen Acqui rern sind weitgehend abgeschlossen. Somit gehen wir davon aus, dass das kontaktlose Zahlen gegen Jahresende verstärkt in den Markt getragen wird.

Weltweit entwickelt sich Paypass sehr positiv: Innerhalb des letzten Jahres konnten wir die Zahl der ausgegebenen Karten von 22 auf 37 Millionen steigern, auch die Zahl der Akzeptanzstellen nahm von 102 000 auf 122 000 Terminals zu.

Mobile Payment ist in Deutschland bislang kein Thema?

Ja. Das ist ein Thema, das in Deutschland noch nicht ganz oben angekommen ist. Außerhalb Europas haben wir jedoch einige Projekte laufen, bei denen unter schiedliche Modelle getestet werden.

Auch im Bereich Akzeptanz haben Sie verstärkte Aktivitäten angekündigt. Was gibt es dort Neues?

Das Thema Akzeptanz treiben wir immer parallel im Kredit- und Debitkartenbereich voran. In Frankfurt haben wir ein Vertriebsteam, das sich um die Acquirer kümmert und auch Händlerkontakte hat. Ausgebaut wird eine Gruppe namens "Commerce Development". Dabei geht es darum, dass wir von der Produktseite sehr viel mehr machen können als ein Acquirer. Die Vor gehensweise ist aber immer mit den Acquirern abgestimmt.

Im Kreditkartenbereich geht es im Bereich Elektronik-Fachhandel voran. Promarkt akzeptiert Kreditkarten, und auch bei einem weiteren großen Anbieter läuft ein Pilotprojekt.

Bei Maestro haben wir heute im Inland gegenüber dem nationalen Verfahren ein Akzeptanzniveau von etwa 85 Prozent und hoffen, dass dies bis zum Jahresende auf 90 Prozent steigen wird. Lücken in der Abdeckung gibt es vor allem noch im kleinteiligen Bereich.

Vorangetrieben haben wir die Maestro-Akzeptanz aus zwei Gründen: Zum einen nehmen nicht nur in grenznahen Regionen die grenzüberschreitenden Transaktionen spürbar zu. Immer mehr Kunden mit ausländischen Karten wollen ihre Karte auch in Deutschland einsetzen. Zum anderen ist auch im Inland die Akzeptanz erforder lich - beispielsweise für die Sparda-Banken, die ihren Kunden künftig Maestro-only-Karten ausstellen wollen.

Wie groß ist noch die Schere zwischen der Akzeptanz im Kredit- und Debitkartenbereich?

Europaweit gibt es 7,7 Millionen Akzeptanzstellen für Mastercard Kreditkarten. Die Maestroakzeptanz liegt dagegen bei 6,6 Million Akzeptanzstellen. Wie Sie wissen, war Deutschland bislang ein Debitland. Entsprechend ist das Verhältnis hier etwas anders und die Debitkartenakzeptanz ist höher.

Akzeptanz ist immer auch eine Frage der Konditionen. Und hier beklagt der Einzelhandel die Anhebung der Mass Volume Fees zum 1. Oktober als Versuch, die Aussetzung der Cross-Border-Interchange durch die Hintertür zu umgehen. Was hat es damit auf sich?

Ein Zusammenhang mit der Aussetzung der Cross-Border-Interchange besteht nicht - schon allein deswegen, weil die Aussetzung der Interchange nur eine vorübergehende ist. Was man in der Diskussion nicht vergessen darf: Wir hatten die Mass Volumes lange nicht angehoben. Zudem geht es um Preise im Cent-Bereich.

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