Blickpunkte

Bargeldversorgung I - Die Postbank gibt Gas

Während beim Thema Geldautomatengebühren neue Unruhe hinsichtlich eines doch noch wahrscheinlichen Eingreifens des Kartellamts ausgebrochen ist, gibt die Postbank in Sachen Bargeld richtig Gas. Gemeinsam mit Shell hat sie sich vorgenommen, die Funktion der Tankstellenkasse als bedienter Geldautomat stärker publik zu machen. In einer bis zum Jahresende befristeten Sonderaktion können Kunden aller Kreditinstitute an rund 1300 Shell-Stationen gebührenfrei Bargeld abheben. Wer dafür die Kosten trägt (üblicherweise werden für Kunden von Banken, die nicht der Cash-Group angehören, die von den privaten Banken vereinbarten 1,95 Euro fällig), wird nicht veröffentlicht. Dieser Teil der vertraglichen Vereinbarung ist vertraulich.

Ziel der Aktion ist es, den Mitte 2009 eingeführten Bargeldservice stärker publik zu machen, der bislang von 800 000 Postbank-Kunden genutzt wurde und in dessen Rahmen bislang 3,4 Millionen Auszahlungen vorgenommen wurden. Shell profitiert davon durch die Entlastung in Sachen Bargeldlogistik, aber auch bei der Sicherheit. Auch für die Postbank ergeben sich durch das Bargeldrecycling sinkende Logistikkosten. Zudem ist die Erweiterung des "Geldautomaten"-Netzes ein wichtiges Serviceargument. Durch die Aktion lässt sich so vermutlich der eine oder andere Neukunde gewinnen, nach dem Motto: "Wenn Sie die Bequemlichkeit des Bargeld-Abhebens an der Tankstelle auch in Zukunft nutzen wollen, wechseln Sie zur Postbank! "

Fast zeitgleich mit der Sonderaktion bei Shell haben die Bonner noch eine andere Kooperation zum Thema Bargeld begonnen. Am 4. Juli wurde in Aschaffenburg ein Pilotprojekt mit der Deutschen Bahn gestartet. Im dortigen Reisezentrum können Kunden zunächst sechs Monate lang mit ihrer Girocard am Schalter Bargeld abheben. Für Kunden der Postbank beziehungsweise der übrigen Cash-Group- Institute ist der Service kostenfrei, alle anderen zahlen 1,95 Euro. Nach Ablauf des Projekts wollen die Partner über die Einführung des Bargeldservices auch in weiteren Reisezentren entscheiden.

Unbestritten: Auch mit solchen Kooperationen werden die privaten Banken mit ihrer Geldautomatendichte nicht an das Netz der Sparkassen heranreichen. Ihr gebührenfreier Bargeldservice für ihre Kunden erreicht aber dadurch ohne Zweifel auch bisher "weiße Flecken" auf der Landkarte.

Und: Der Preisdruck nach unten bei den Kundenentgelten für Nichtkunden nimmt durch neue Möglichkeiten der Bargeldbeschaffung zu. Zugegeben, die Kooperation mit der Deutschen Bahn ist nur bedingt geeignet, den jetzt von den Wettbewerbshütern verstärkt ins Visier genommenen Wettbewerb in den ländlichen Regionen zu befeuern, selbst wenn der Bargeldservice auf alle rund 400 Reisezentren bundesweit ausgedehnt würde. Denn abseits der Städte sind die bemannten Fahrkartenschalter eher die Ausnahme geworden. Bei den Tankstellen sieht das aber anders aus.

Auch die Aufnahme von Cash-Back als freiwillige Option in die Girocard-Händlerbedingungen dürfte die Bargeldversorgung über die Ladenkasse künftig befördern. Dort ist die Bargeldauszahlung zwar nur bei einem Mindesteinkauf von 20 Euro möglich. Dafür aber ist sie - sofern sie denn angeboten wird - für Kunden aller Banken gebührenfrei.

Gemeinsam haben Cash-Back und neue Kooperationen in Sachen Bargeld also durchaus das Zeug dazu, mittelfristig neuen Wettbewerb bei der Bargeldversorgung zu erzeugen. Das gilt auch dort, wo die Geldautomaten von Sparkasse und Volksbank die einzigen weit und breit sind. Mögen die Kundenentgelte dort auch hoch bleiben - der Kunde hätte dann dennoch die Wahl. Freilich müssen sich hierfür nicht nur die neuen Services etablieren. Auch das Bewusstsein dafür, dass es neben dem Geldautomaten andere Möglichkeiten gibt, muss erst wachsen. Auch beim Bundeskartellamt. Red.

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