Gespräch des Tages

Bargeldversorgung - Konkurrenz für die Geldautomaten

Wieder einmal ist das Thema Bargeld in aller Munde: Wenn der Kunde es nicht erhält (weil er nicht mitbekommen hat, dass seine Bank aus Sicherheitsgründen die Karten nur gegen Voranmeldung für die Abhebung im Ausland freischaltet); wenn er zu viel dafür bezahlt (weil in infrastrukturschwachen Gebieten der Wettbewerb um die günstigsten Kundenentgelte nicht greift); oder auch, wenn er es an neuen Standorten gebührenfrei erhält.

Bei Letzterem drückt die Postbank gerade kräftig aufs Tempo. Bis zum Jahresende ermöglicht sie es nicht nur eigenen, sondern Kunden aller Kreditinstitute, an den 1300 Shell-Tankstellen gebührenfrei Bargeld abzuheben. So soll der 2009 eingeführte Service, für den Kunden der Nicht-Cash-Group-Banken üblicherweise 1,95 Euro bezahlen müssen, besser bekannt gemacht - und der eine oder andere Kunde mit dem Serviceargument neu gewonnen werden, wenngleich das nicht so kommuniziert wird. Zeitgleich hat die Postbank eine ähnliche Kooperation mit der Deutschen Bahn gestartet. In Aschaffenburg wird ein halbes Jahr lang die Bargeldabhebung im Reisezentrum der Bahn getestet. Verläuft der Test erfolgreich, könnten alle rund 400 Reisezentren in Deutschland mit den dafür erforderlichen bedienten Geldautomaten ausgestattet werden.

Und auch die rund 130 DB-Service-Stores, die Getränke, belegte Brötchen, aber auch Fahrkarten verkaufen, kämen dafür - je nach Ausbaustufe und Interesse des jeweiligen Franchisenehmers grundsätzlich in Frage, heißt es von der DB. Das alles ist zwar noch keineswegs ausgemacht. Und vielleicht ist der Erfolg am Bahnschalter auch gar nicht so groß wie an der Tankstelle, da die langen Warteschlangen den Bargeldbezug unabhängig von einem Fahrkartenkauf eher unattraktiv machen. Sollte die Bahn aber in den Roll-Out gehen, könnten die Postbank und mit ihr auch Deutsche Bank, Commerzbank und Hypovereinsbank sowie deren Töchter (namentlich über die Service Stores) damit wie schon mit den Tankstellen einmal mehr ihr kostenfreies Netz der Bargeldversorgung dort verbessern, wo für sie die Landkarte bisher "weiße Flecken" aufwies.

Bargeld für 1,95 Euro gäbe es dann immer häufiger auch dort, wo Sparkasse und/oder Volksbank bislang den einzigen Geldautomaten in einigem Umkreis unterhalten und vom Bundeskartellamt kritisch beäugt werden, ob sie diesen Wettbewerbsvorteil nicht für ungebührlich hohe Kundenentgelte bei Fremdverfügungen ausnützen. Hier kommen die Großbanken und ihre Töchter nun zwar nicht unbedingt mit eigenen Netzwerken, aber doch mit den Kooperationen ins Spiel.

Auch Cashback im Einzelhandel kann der Diskussion um die Preise fürs Bargeld den Druck nehmen: Der Kunde zahlt seinen Einkauf per Girocard, lässt einen höheren Betrag abrechnen und sich die Differenz in bar auszahlen. Möglich ist dies bislang bei Rewe. Mit der Aufnahme von Cashback in die neuen Girocard-Händlerbedingungen wird das von Rewe zunächst individuell mit der Aufsicht ausgehandelte Verfahren (als freiwillige Option für den Handel) aber institutionalisiert. Es ist also damit zu rechnen, dass weitere Händler folgen werden. Auszahlungen an der Ladenkasse sind dabei grundsätzlich an einen Mindestumsatz von 20 Euro gebunden, wie es Rewe schon jetzt praktiziert. Ein Entgelt erhoben werden darf dafür aber nicht.

Setzt sich das Verfahren durch, entsteht auch damit neuer Wettbewerb. Der Kunde hat bei der Bargeldversorgung außerhalb des Netzwerks seiner Hausbank immer häufiger die Wahl zwischen von den jeweiligen Betreibern festgelegten Kundenentgelten am Geldautomaten, den 1,95 Euro der privaten Banken bei deren Kooperationspartnern wie Shell oder der kostenfreien Bargeldversorgung im Rahmen eines Einkaufs. Auch für die von einigen Banken angebotene gebührenfreie Bargeldversorgung per Visa-Karte hat der BGH aktuell den Weg endgültig freigemacht, indem er die Revision gegen das Urteil des OLG München abgewiesen hat, wonach die selektive Sperre von Geldautomaten für die Vi-sa-Karten jener Emittenten unzulässig ist.

Ob sich die neuen Strukturen freilich schnell genug etablieren, um einem Eingreifen der Wettbewerbshüter zuvorzukommen, bleibt abzuwarten. Cashback wird jedenfalls von einigen Banken bereits als Methode der günstigen Bargeldversorgung propagiert. Die Targobank etwa will die Nutzung mit einem Gewinnspiel fördern, bei dem unter allen Kunden, die den Service bis Ende Juli nutzen, Preise verlost werden.

Der in Zukunft vielleicht häufigere Bezug von Bargeld an bemannten Stellen wie Tankstellen, Fahrkartenschaltern oder den Kassen des Einzelhandels hat schließlich auch noch einen weiteren Vorteil: Das Abgreifen von Magnetstreifendaten und Ausspähen der zugehörigen Geheimnummern zum Erstellen von Kartendubletten, das im vergangenen Jahr wieder um 50 Prozent zugenommen und die Deutsche Bank veranlasst hat, Bargeldabhebungen im Ausland nur bei vorheriger Anmeldung durch den Kunden zuzulassen, hat, ist in solchen Umgebungen nicht möglich. Auch dieses Sicherheitsargument lässt sich vermarkten.

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