Digitale Bezahldienste: Nutzung und Verbraucherbeschwerden nehmen zu

Swantje Benkelberg

Durch die Corona-Pandemie haben sich Einkaufs- und auch das Bezahlverhalten verändert. Im stationären Einzelhandel geht der Trend weg vom Bargeld hin zum bargeldlosen und vor allem kontaktlosen Bezahlen. Und im Dauer-Lockdown verlagert sich das Einkaufen immer stärker ins Internet. Das bedeutet auch: Während der Pandemie haben Online-Bezahldienste Konjunktur. Das merken auch die Verbraucherzentralen. Denn in dem Maße, wie solche Dienste noch stärker als bisher genutzt werden, steigt naturgemäß auch die Anzahl der Beschwerden, die bei den Verbraucherschützern aufschlagen. Darüber berichtet der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., Berlin (VZBV).

Eine Auswertung der Beschwerden in den Verbraucherzentralen zu mobilen Payments und Online-Bezahldiensten ergab demnach einen kontinuierlichen Anstieg der Fallzahlen. Bereits im Jahr 2019 stiegen sie um 37 Prozent, im Pandemiejahr 2020 haben sie sich im Vergleich zum Vorjahr sogar fast verdoppelt. Das Resümee lautet deshalb: Bezahldienste wie Paypal oder Klarna sind nur auf den ersten Blick nutzerfreundlich, sie bergen jedoch auch einige Risiken. Beispielsweise würden Forderungen eingetrieben, obwohl die Ware nie ankam oder längst zurückgeschickt wurde. Verbraucher beklagten, dass sie sich neben dem Händler zusätzlich mit dem Zahlungsabwickler auseinandersetzen müssen, um ihr Geld zurückzuerlangen, so der VZBV. Zudem hätten Betrüger Online-Bezahldienste entdeckt und kauften ohne Wissen der Verbraucher, aber auf deren Kosten, ein. Verbraucher hätten danach Mühe, das Geld von den Bezahldiensten wieder zurückzuholen.

Rechnungsstellung und Inkasso waren deshalb die häufigsten Beschwerdegründe bei den Verbraucherzentralen (46 Prozent), gefolgt von unlauteren Geschäftspraktiken (20 Prozent) und Vertragsbestimmungen und Vertragsauflösung (9 Prozent).

Schwerpunktthemen Rechnungsstellung und Inkasso

Neu ist das alles nicht. Bereits im Juni 2020 hatte die Verbraucherzentrale Hamburg konkret vor der Bezahlmethode "Kauf auf Rechnung" bei Zahlungsdiensten wir Klarna oder Paypal gewarnt. Denn diese suggeriere dem Kunden die Sicherheit eines Rechnungskaufs, die aber gar nicht gegeben sei. "Bei dieser Methode handelt es sich eigentlich um das genaue Gegenteil, nämlich eine Art Vorkasse. Also genau das, was man beim Kauf auf Rechnung eigentlich vermeiden möchte", so Kerstin Völler von der Verbraucherzentrale Hamburg. Liefere der Händler die Ware nicht, forderten die Dienstleister unter Androhung eines Mahnverfahrens trotzdem das Geld vom Kunden ein und wiesen gleichzeitig jegliche Haftung für die Lieferung der Ware von sich. Aus den Nutzungsbedingungen der Bezahldienste sei häufig nicht klar zu ersehen, welche Bedingungen für die einzelnen Zahlungsmethoden gelten.

Ein weiterer Faktor, den Verbraucherschützer schon vor der Corona-Pandemie kritisch im Auge hatten, ist der "Käuferschutz", der den Kunden vor Zahlungen für gar nicht erhaltene Waren schützen soll. Hierzu wird angemerkt, dass dieser Service nicht in allen Fällen greift - beispielsweise dann nicht, wenn der Händler die Ware zwar verschickt hat, diese aber auf dem Postweg verloren geht. Auch dieses Werbeversprechen, so die Kritik, wiege den Kunden somit in trügerischer Sicherheit.

Das alles ist sicher richtig. Und jeder Kunde, der auf eines der genannten Probleme stößt, hat jedes Recht, unzufrieden zu sein. Der überwältigende Markterfolg der Bezahldienste, gerade in Deutschland, spricht allerdings dafür, dass dies doch eher Einzelfälle sind. Würden sie sich häufen, müsste das im digitalen Zeitalter, in dem sich negative Mund-zu-Mund-Propaganda viral verbreitet, die Nutzung von Paypal und Co. drastisch einbrechen lassen. Dafür gibt es jedoch keine Anzeichen. Im Gegenteil: Laut EHI ist der Umsatzanteil von Paypal im deutschen E-Commerce im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 von 20,2 Prozent auf 24,9 Prozent gestiegen.

Überschaubare Beschwerdezahlen

Die Gesamtzahl der Verbraucherbeschwerden bei den Verbraucherzentralen zu digitalen Bezahldiensten lag laut VZBV im Jahr 2020 "im niedrigen dreistelligen Bereich". In 67 Prozent der Fälle wurden dabei Paypal und Klarna genannt. Das heißt: Im Höchstfall waren es also 335 Beschwerden, die diese beiden Unternehmen betrafen. Sicher darf man davon ausgehen, dass die Dunkelziffer derjenigen Nutzer, die Probleme hatten, sich damit aber nicht an die Verbraucherzentralen wenden, deutlich höher liegt. Gemessen an fast 30 Millionen Paypal-Nutzern in Deutschland und einem Marktanteil von fast einem Viertel am E-Commerce-Umsatz in Deutschland ist sie aber wohl dennoch sehr überschaubar. Das heißt nicht, dass Verbraucherschützer nicht weiterhin genau hinschauen sollten. Die jetzt geäußerte Kritik erscheint aber wie "Meckern auf hohem Niveau" und wird der Marktmacht von Paypal keinen Abbruch tun. Damit bleibt die Messlatte für die Bemühungen der DK und der European Payment Initiative weiterhin hoch.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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