PAYMENT-TRENDS

Die Transformation von der Karte zum smarten Bezahlen

Mirko Torgen Oesau, Foto: AndSus

Die Digitalisierung ist da. Bis hin zum "smarten" Bezahlen sind allerdings noch einige Schritte zu tun, so Mirko Torgen Oesau. Ein Schritt in diese Richtung ist die neue Ladesäulenverordnung, die Kunden an der E-Ladesäule das Bezahlen per Karte ermöglicht. Ohne Terminal geht es mit der App "Sparkasse PoS" für kleine Händler. Und bei einigen Einzelhändlern geht es sogar schon ohne Kasse. In-car-Payments treiben die nahtlose Integration des Bezahlens in den Alltag noch weiter, vieles weitere ist denkbar. Die klassische Karte bildet für alles das Fundament. Red.

Das Wort "Digitalisierung" ist seit einiger Zeit in aller Munde. Damit einher geht das Versprechen, steigender Schnelligkeit und Einfachheit bei vielen alltäglichen Aktivitäten. Das gilt auch und insbesondere für modernes Bezahlen. Die Deutschen sind bekanntlich Fans des Bargeldes. Das stimmt, aber sie werden auch immer mehr zu Fans des bargeldlosen Bezahlens. Insbesondere Jüngere fordern ein, dass das Bezahlen mit Karte oder Smartphone überall möglich sein soll. Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung bekanntlich einen zusätzlichen Schub verliehen, unabhängig vom Betrag. Das ist eine spannende Entwicklung.

Der Bargeldanteil am Umsatz im Einzelhandel betrug 2020 lediglich noch rund 40 Prozent, an Tankstellen sogar nur etwas mehr als ein Drittel. Der Anteil an Kartenzahlungen überwiegt, insbesondere von Debitkarten mit einem Anteil von jeweils mehr als 40 Prozent. Mit 5,5 Milliarden Transaktionen wurde die Girocard 2020 denn auch so häufig genutzt wie nie zuvor. Eine Steigerung um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr zeigt: Die Girocard trifft die Bedürfnisse der Verbraucher, aber auch des Handels.

Es braucht noch einige Zwischenschritte

Dazu beigetragen haben einmal mehr Vereinfachungen beim Bezahlen: Rund zwei Drittel der Girocard-Transaktionen werden mittlerweile kontaktlos durchgeführt und gelten zwischenzeitlich als normal am PoS. Zusätzlich kam die Deutsche Kreditwirtschaft dem Wunsch nach hygienischem Bezahlen nach und hat die Erhöhung PIN-freier Kontaktloszahlungen im letzten Jahr auf nunmehr 50 Euro vorgenommen.

Jüngster Trendverstärker ist die digitale Transformation der Karte. Die Tatsache, dass beispielsweise die Girocard mittlerweile mit allen gängigen Smartphones digital genutzt werden kann, ist schon heute für viele Kunden im Alltag erlebbar. Hierbei wird zwar vielfach noch eine Karte im Smartphone oder auch einer Smartwatch abgebildet, mit "PIN & Plastik" hat dies aber nicht mehr viel zu tun. Kartenzahlungssysteme sind also heute schon viel mehr. Die Digitalisierung im Payment ist da, - der "Next Step" zum smarten Bezahlen erfordert aber noch einige Zwischenschritte.

Brückenbauer zu mehr Elektromobilität?

Eine Herausforderung unserer Tage ist die E-Mobilität. Sie ist ein entscheidender Baustein dafür, den CO2-Ausstoß schnell und dauerhaft zu reduzieren. Damit sich mehr Menschen für ein Auto mit Elektroantrieb entscheiden, muss die Infrastruktur stimmen. Deshalb sorgt die Bundesregierung dafür, dass es bald deutlich mehr öffentliche Ladepunkte gibt. Erfolgreich wird dieses Programm jedoch nur sein, wenn diese Ladepunkte auch von allen Fahrern einfach genutzt werden können. Aus diesem Grund war für die Sparkassen-Finanz gruppe immer klar, dass Ladesäulen direkt mit einem gängigen Bezahlsystem ausgestattet und diskriminierungsfrei zugänglich sein müssen. Die bisherigen Bezahlwege sind das oft nicht. Sie werden heute noch häufig als geschlossene Systeme angeboten. Wer im Club ist, darf Strom "tanken" - wer nicht, muss schauen, dass er eine andere Ladestation findet.

Wie schon dargestellt, wünschen sich immer mehr Menschen, in allen Lebenslagen "mit Karte" bezahlen zu können. Sei es mit der physischen Karte oder durch ihr Abbild in einer Smartphone-App. Gemeinsam mit einem breiten Bündnis von weiteren Verbänden aus der Kreditwirtschaft, von kommunalen Spitzenverbänden und dem ADAC hat sich die Sparkassen-Finanzgruppe deshalb für eine einfache Lösung eingesetzt: In E-Ladesäulen genau dieselben Bezahlwege anzubieten, wie sie die Menschen auch sonst im Alltag kennen und nutzen. Das sind vor allem die Girocard sowie auch Debit- und Kreditkarten im Allgemeinen, so eine repräsentative Umfrage der Initiative Deutsche Zahlungssysteme aus dem September dieses Jahres unter Autofahrern. Da ist es nur folgerichtig, dass die Bundesregierung zusammen mit dem Bundesrat den Weg frei gemacht hat für flächendeckende Kartenzahlung an E-Ladesäulen - haptisch oder digital.

Mehr Kartenzahlung durch weniger Hardware

Was Fahrer zu Recht an der E-Ladesäule erwarten - dass sie schnell, sicher und komfortabel bezahlen können -, gilt auch für andere Lebenslagen. Immer mehr Händler bieten ihren Kunden daher bargeldloses Bezahlen an, vor allem kontaktlose Kartenzahlung. Die Sparkassen ermöglichen nun, mit einer Kartenakzeptanz lediglich per App insbesondere kleinen Händlern, dies ohne Aufwand ebenfalls anzu bieten: Vom Wochenmarkt-Beschicker und Handwerker über Erdbeer- oder Sonnenblumenfeld-Betreiber, Taxi-Unternehmer, Kioske bis zu Vereinen oder Hofladenbesitzern: "Sparkasse PoS" ergänzt das Kartenterminalangebot für Klein- und Kleinsthändler mit einer Funktionalität, die es bisher so nicht gab: Sie sind damit in der Lage, kontaktlose Kartenzahlungen - zunächst bis 50 Euro - einzig und allein mit einem Android-Smartphone entgegenzunehmen.

Das eigene Smartphone der Firmenkunden wird so zum mobilen Kartenlesegerät. Klassische Terminals oder weitere Akzeptanz-Hardware werden damit überflüssig. Der Einstieg ins bargeldlose Kassieren wird damit nicht nur einfacher, sondern auch ressourcenschonender und damit wirklich "smart". "Sparkasse PoS" ist nebenbei die erste Akzeptanz-App im deutschen Markt, an der auch Zahlungen mit der Girocard möglich sind.

Smarte Integration der "Karte" in den Alltag

Und der nächste Evolutionsschritt deutet sich bereits an: Der Wunsch nach digitalen Bezahlmöglichkeiten wird sich verstetigen, das Angebot entsprechend weiterentwickeln und die Transformation der einstmals haptischen Karte geht im smarten Bezahlen und in unterschiedlichen Anwendungsbereichen auf.

So wollen Supermärkte es den Kunden künftig ersparen, sich an einer Kasse anzustellen und die Ware aus- und einpacken zu müssen. Dies setzt integrierte Bezahllösungen voraus. So eröffnete die britische Handelskette Tesco dieser Tage in London ihren ersten Supermarkt ohne Kassen oder Bezahlschalter. Kameras und Sensoren sollen es Kunden ermöglichen, einfach mit ihren Waren aus dem Geschäft zu spazieren. Beim Betreten der Filiale muss dafür eine App der Handelskette aktiviert werden. Auch Amazon und Aldi haben bereits ähnliche Projekte gestartet. Rewe testete unter der Bezeichnung "Pick & Go" in Köln bereits im Sommer das Einkaufen ohne Kasse. Welche Verbreitung solche Systeme erreichen werden und ob die heutige Technik schon ausgereift genug ist, bleibt noch abzuwarten.

Noch einmal zurück zum Auto: Erste Modelle bieten "In-Car-Payment" an. Per Touchscreen im Auto sollen so allerhand Dienste initiiert und bezahlt werden können. Die Tankrechnung direkt an der Zapfsäule bezahlen? Das Parkhaus verlassen, ohne am Automaten anzustehen? Am Drive-In die Bestellung einfach nur noch entgegennehmen? Solche und ähnliche Szenarien sind schon möglich und ziehen langsam in den Alltag ein. Auch andere Alltagsgegenstände werden smart, sobald sie mit dem Internet verbunden sind. Vorstellbar ist damit, dass in Zukunft in jedem geeigneten Alltagsprodukt die Möglichkeit zum Bezahlen hinterlegt werden kann. Smarte Bezahlmöglichkeiten sind praktisch immer an der Seite der Kunden, wenn diese es wollen. Für all diese Ideen braucht es eine sichere und leistungsfähige Bezahlinfrastruktur. Denn Payment ist eine sensible Infrastruktur, die eine gesamtvolkswirtschaftliche Verantwortung in sich trägt. Als Instanz mit dem notwendigen Know-how bei hoch verfügbarer Zahlungsabwicklung und schon heute weitreichenden Sicherheitsstandards sowie einer engmaschigen Aufsicht kommt der Kreditwirtschaft in Deutschland und Europa nach wie vor eine zentrale Rolle hierbei zu.

Die Karte bildet das Fundament für Lösungen von morgen

Welche Rolle kommt bei all diesen Überlegungen dem Bargeld zu? Werden wir in einigen Jahren komplett darauf verzichten? Das sicherlich nicht. Bargeld hat als Äquivalent für den Wert von Dingen seit Jahrhunderten eine enorme gesellschaftliche Bedeutung, die wir nicht unterschätzen sollten. Bargeld lässt sich anfassen und verkörpert nach wie vor das Gefühl von Unabhängigkeit. Es spielt auch eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Erziehung von Kinder und Jugendlichen, wenn es darum geht, den Wert von Geld zu vermitteln.

Bargeldlos bezahlen wird immer einfacher und komfortabler. In Zukunft wird es mehr Bezahloptionen geben - optimiert für unterschiedliche Situationen im Alltag. Perspektivisch wird der Zahlungsvorgang dabei immer mehr in den Hintergrund rücken und den Alltag der Menschen erleichtern - sei es im Vorbeifahren oder Vorbeigehen. Bei allen heute bestehenden und künftigen Anwendungsfällen gilt immer: Die Kartenzahlung ist schon heute darauf eingestellt und bietet auch das Fundament für smartes Bezahlen von morgen.

Fußnoten

1) Quelle: EHI Retail Institute

2) Quelle: Stolte Consult

3) Quelle: Deutsche Kreditwirtschaft, August 2021.

4) https://www.initiative-deutsche-zahlungssysteme.de/presse/pressemitteilungen/2021/15092021/

Mirko Torgen Oesau , Abteilungsdirektor Vertrieb , Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V., Berlin

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