Bargeld - doch schneller als die Karte?

Swantje Benkelberg

Die Kartenzahlung ist schneller als die Barzahlung. So lautet eines der Hauptargumente der Paymentbranche im Wettbewerb mit dem Bargeld. Untermauert wurde diese These im Jahr 2017 durch eine GfK-Studie im Auftrag von Euro Kartensysteme. Bei einer Messung von 840 Transaktionen im Mai/Juni 2017 kam die Dauer einer Barzahlung im Schnitt auf 24 Sekunden, die Girocard war mit 23 Sekunden eine Sekunde schneller und die kontaktlose Girocard-Zahlung mit 11 Sekunden einsame Spitze.

Die im Februar dieses Jahres veröffentlichte Studie "Kosten der Bargeldzahlung im Einzelhandel" der Deutschen Bundesbank in Kooperation mit dem EHI Retail Institute, basierend ebenfalls auf Zahlen des Jahres 2017, kommt nun zu ganz anderen Ergebnissen. Dieser Untersuchung zufolge ist die Barzahlung im Schnitt nicht nur schneller als die Girocard, sondern liegt in Sachen Geschwindigkeit sogar deutlich vorn: Mit 22,3 Sekunden läuft ein durchschnittlicher Bezahlvorgang mit Bargeld demnach 7,1 Sekunden schneller ab als einer per Girocard mit PIN.

Bis 100 Euro ist Bargeld am schnellsten

Dabei gibt es natürlich Unterschiede nach Betragshöhen, Branchen sowie dem Alter der Kunden. Bei allen Beträgen unter 100 Euro ist die Barzahlung am schnellsten, erst ab 100 Euro aufwärts liegt die Girocard vorn. Aus der Tatsache, dass der Zahlbetrag ein wesentlicher Faktor für die Dauer des Bezahlvorgangs ist, erklären sich die Unterschiede nach Branchen: Bäckereien liegen aufgrund der kleinen Bonsummen mit 15,4 Sekunden je Barzahlung bei der Geschwindigkeit ganz vorn, Baumärkte und Möbelhäuser ganz hinten.

Nach Altersgruppen dauert der Bezahlprozess (über alle Zahlungsmittel hinweg) erwartungsgemäß bei Älteren am längsten. Menschen ab 60 brauchen zum Beispiel für eine Barzahlung mit 24 Sekunden doppelt so lange wie unter 18-Jährige. Dennoch schneidet die Barzahlung im Geschwindigkeitsvergleich auch bei ihnen am besten ab - und der Zeitvorsprung gegenüber der Kartenzahlung ist sogar noch größer als bei jüngeren Vergleichsgruppen, sowohl beim Bezahlen mit Karte und Unterschrift als auch beim PIN-gestützten Verfahren. So beträgt der Zeitunterschied zwischen Barzahlung und Karte mit PIN bei den über 60-Jährigen 11,0 Sekunden, bei den 30- bis 59-Jährigen sind es nur 6,7 Sekunden und bei den 18- bis 29-Jährigen 7,9 Sekunden.

Kontaktlose Zahlungen lassen Transaktionskosten sinken

Für Händler neben dem Tempo an der Kasse ebenso wichtig ist nach wie vor der Kostenfaktor. Bei den Kosten je Transaktion ist der Studie zufolge das Bargeld die kostengünstigste Zahlungsvariante, Umsatzbezogen ist es die Girocard.

Die Aufgliederung der einzelnen Kostenbestandteile zeigt auf, dass die Kassierzeit ein ganz wesentlicher Kostenblock ist. Und hier hat die Studie ihre eigentliche Schwäche: Da zum Zeitpunkt der Messungen im Jahr 2017 die Kontaktlostechnik noch wenig verbreitet war, war der Anzahl der Kontaktlostransaktionen so niedrig, dass die Untersuchung hier mit Blick auf die Kosten mit Simulationen arbeitet. In einem Szenario werden sämtliche Kartentransaktionen kontaktlos abgewickelt und alle Transaktionen unter 25 Euro ohne Autorisierung. Dann würde die durchschnittliche Dauer einer Kartenzahlung auf 24 Sekunden sinken (die GfK-Studie kam 2017 auf 11 Sekunden). Aufgrund der kürzeren Kassier zeiten würden in diesem Szenario die Kosten einer Girocard-Zahlung von 33 auf 30 Cent je Transaktion beziehungsweise von 0,67 auf 0,61 Prozent vom Umsatz sinken.

In weiteren Simulationen werden die Kosten für zwei weitere Szenarien berechnet, die auf dem ersten beruhen: eines, in dem alle Transaktionen zudem den gleichen Durchschnittsbon aufweisen, ein weiteres, in dem alle Transaktionen über nur ein Bezahlverfahren abgewickelt werden. Die tatsächlichen Kosten dürften irgendwo dazwischen liegen, da sie von einer Reihe von Faktoren wie durchschnittlichen Zahlungsbeträgen oder Transaktionsanteilen der Bezahlarten abhängen.

Bis 20 Euro am günstigsten Insgesamt bestätigen die Berechnungen jedoch Forschungsergebnisse, nach denen Barzahlungen relativ geringe Fixkosten und dafür etwas höhere variable Kosten verursachen, die wiederum nur geringfügig über den variablen Kosten von Girocard- und ELV-Zahlungen sowie deutlich unter den variablen Kosten von Kreditkartenzahlungen liegen. Bis zu einem durchschnittlichen Zahlungsbetrag von knapp 20 Euro ist demnach Bargeld das günstigste Zahlungsmittel für den Einzelhandel, bei darüber liegenden Beträgen ist die Girocard günstiger. Werden Zahlungen mit Girocard und ELV als Debitkartenzahlungen zusammengefasst, ist Bargeld bis zu einem Zahlungsbetrag von rund 50 Euro das günstigste Zahlungsmittel.

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