LEASING

" Viele Unternehmen in Deutschland wollen die Bindung an ihre Hausbank lockern"

Interview mit Steve Gee

Steve Gee, CEO der Industrial Equipment Division von Close Brothers Asset Finance und der deutschen Niederlassung in Mainz, Close Brothers Asset Finance

In Großbritannien hat sich Asset Finance bereits seit langem als Finanzierungsform etabliert, im Maschinen- und Anlagenbau wird sie für einen großen Teil der Investitionen genutzt. FLF sprach mit Steve Gee, CEO der Industrial Equipment Division und der deutschen Niederlassung von Close Brothers Asset Finance, über Besonderheiten des britischen und Unterschiede zum deutschen Leasing-Markt. (Red.)

Wie steht es um Asset Finance und Leasing in Großbritannien und Deutschland?

Großbritannien und Deutschland sind die dritt- und viertgrößten Leasing-Märkte der Welt und die beherrschenden in Europa. Auf sie entfielen zuletzt 42 Prozent des europäischen Marktes und 13 Prozent des Weltmarktes.

Der Leasing-Markt in Großbritannien ist mit 70 Milliarden Euro dabei deutlich größer als Deutschland mit 55 Milliarden Euro. Das bedeutet, dass die Marktdurchdringung - laut Global Leasing Report 2018 - im Vereinigten Königreich 33,7 Prozent erreicht, während dieser Wert in Deutschland mit 17 Prozent etwa nur halb so hoch ist.

Welche praktischen Vorteile von Asset Finance werden bei der Ansprache britischer Unternehmen herausgestellt?

Finanzierer wie wir halten sich gerne an ein paar Kernaussagen über die Vorteile der Asset-Finanzierung, die diese gegenüber herkömmlichen Krediten haben. Wie das Wachstum unserer Branche in Großbritannien zeigt, funktioniert das offensichtlich.

Zu den Kernaussagen gehören die nachfolgenden: Jeder Kredit ist vollständig oder weitgehend durch den zu finanzierenden Vermögenswert abgesichert, sodass der Bedarf an zusätzlichen Sicherheiten geringer ist. Es besteht Sicherheit für den Nutzer, da das Darlehen während der Vertragslaufzeit nicht zurückgerufen werden kann. Asset-Finanzierungen lassen sich direkt von spezialisierten Anbietern oder in direkt über Gerätelieferanten oder Finanzmakler beziehen. Die Finanzierungsform bietet ultimative Flexibilität, da Unternehmen das Equipment am Ende der Mietdauer ersetzen oder aktualisieren können. In Großbritannien sind die Leistungen über ein Netzwerk von rund 5 000 Gerätehändlern und 400 Maklern sowie direkt von Finanzunternehmen erhältlich.

Wie verbreitet ist Asset Finance und Leasing in Großbritannien?

Unser Branchenverband ist als Finance and Leasing Association (FLA) bekannt. Es ist der führende Branchenverband für die Asset-Finance-Branche in Großbritannien und die größte Organisation ihrer Art in Europa.

Im Jahr 2017 stellten seine Mitglieder der Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst einen Rekordbetrag von 32 Milliarden Britischen Pfund (etwa 36 Milliarden Euro) zur Verfügung, was mehr als einem Drittel der britischen Investitionen in Maschinen, Ausstattung und Software im dem Jahr entspricht. Davon entfielen 18,6 Milliarden Britische Pfund (rund 20,9 Milliarden Euro) auf kleine und mittlere Unternehmen - 12 Prozent mehr als im Jahr 2016. In den zwölf Monaten bis Juni 2018 wuchs der Asset-Finance-Markt um rund 1 Prozent.

Das kontinuierliche Wachstum zeigt uns, dass Asset Finance und Leasing eine wichtige und wachsende Finanzierungsquelle für kleine und mittlere Unternehmen sind.

Die am häufigsten verwendeten Produkte sind Leasing und Mietkauf, gefolgt von Operating-Leasing, Finanzierungs-Leasing und anderen Finanzierungsformen. Pkw sind die am häufigsten geleasten Vermögenswerte in Großbritannien, gefolgt von Nutzfahrzeugen, Maschinen und Anlagen sowie IT-Ausrüstungen. Geschäftsausstattung und Flugzeuge, Schiffe und Schienenfahrzeuge liegen bei der Beliebtheit auf den Plätzen fünf und sechs.

Die Direktfinanzierung ist der am häufigsten genutzte Kanal. Die Absatzfinanzierung liegt an zweiter, die Brokerfinanzierung an dritter Stelle.

Wie unterscheidet sich der Umgang mit Asset Finance zu dem in Deutschland?

Der Unterschied zwischen den beiden Ländern liegt nicht so sehr in den Produkten, sondern darin, wie bekannt die alternative Finanzierung ist. In Deutschland haben Unternehmen eine starke Bindung an ihre Hausbank, aber wir wissen auch, dass laut einer aktuellen Umfrage 57 Prozent der Befragten diese Bindung lockern möchten. Gleichzeitig haben jedoch 75 Prozent der befragten Unternehmer wenig oder gar keine Kenntnisse über alternative Finanzierungsprodukte wie Refinanzierung. Besonders stark ist dieses Unwissen bei kleinen Unternehmen mit einem Umsatz bis 2,5 Millionen Euro sowie bei Unternehmen der Bauwirtschaft und des Handwerks.

Wie erwähnt ist die Marktdurchdringung in Großbritannien so viel stärker, Asset Finance so viel beliebter als in Deutschland, dass der Leasing-Markt insgesamt dort - trotz des erheblich höheren deutschen BIPs - sehr viel größer ist.

Wird es künftig eine Angleichung beider Märkte geben?

Mit Blick auf die aktuellen Trends wachsen beide Märkte weiter, wobei die Marktdurchdringung in beiden Regionen stetig steigt. In Deutschland ist das Wachstumspotenzial aufgrund der relativ geringeren Größe des Asset-Finanzierungs- und Leasing-Marktes noch größer. Dieses Potenzial hat uns ermutigt, eine Tochtergesellschaft in Deutschland zu eröffnen, und bisher sieht es sehr gut aus.

Dass viele Unternehmen ihre Bindung an ihre Hausbank lockern wollen, ist zum Beispiel ein weiterer Indikator für die Wachstumsmöglichkeiten. Der Wunsch deckt sich damit, was wir in unserer Zeit in Deutschland bereits selbst erfahren haben. Wie in Großbritannien halten viele Unternehmer die von den Banken geforderte Sicherheit sowie das Antrags- und Erteilungsverfahren für zu aufwendig. Dementsprechend stoßen Refinanzierungslösungen mit dem Schwerpunkt auf die Assets auf großes Interesse. Was Unternehmen schätzen, ist die Flexibilität der angebotenen Deals sowie die Asset-Expertise der Menschen, mit denen sie zu tun haben.

Können Sie Beispiele nennen, wie Unternehmen aus der Bau- und Druckbranche die Finanzierungsalternativen in Großbritannien genutzt haben?

Ich beginne mit dem Druck. Taylor Bloxham ist ein Familienunternehmen, das in Großbritannien seit über 75 Jahren führend in der Druckindustrie ist und seine Stärken in den Bereichen Litho, Ultra-High-Definition-Druck, Digitaldruck, Großformat und Druckweiterverarbeitung hat. Darüber hinaus sind sie Experten für "Augmented Reality" im Zusammenhang mit ihren Drucken, auf denen sie optische Elemente einbinden können, die über spezielle Mobile Apps zu Animationen auf mobilen Geräten führen. Das Unternehmen suchte finanzielle Unterstützung für die Anschaffung einer neuen KBA B1-Maschine, die zwei in Betrieb befindliche Maschinen ersetzen sollte.

Nach Prüfung der Jahresabschlüsse des Unternehmens haben wir darauf hingewiesen, dass die am besten geeignete Finanzierungslösung ein Mietkaufprodukt über einen Zeitraum von 60 Monaten ist - mit der Option, den Vermögenswert am Ende der Laufzeit zu erwerben. Es war klar, dass das Geschäft mit dieser Investition weiter wachsen würde. Ein komplexerer Deal im Bausektor bestand darin, zwei miteinander verbundene Unternehmen mit maßgeschneiderten Finanzierungslösungen bei der Umsetzung ihrer Wachstumspläne zu unterstützen.

Das erste Unternehmen, Denbow International Limited, wurde ursprünglich gegründet, um hochwertige gebrauchte Maschinen und Anlagen aus der ganzen Welt zu kaufen und zu verkaufen. Aufgrund der Nachfrage nach Outsourcing in Großbritannien änderte Denbow sein Geschäftsmodell hin zur Vermietung mobiler Maschinen. Ziel war es, flexible Lösungen für mittel- bis langfristige Aufträge in der Rohstoff-, Abfall-, Bau- und Logistikbranche anzubieten. Mit einer großen Flotte mittelgroßer bis großer moderner Maschinen an verschiedenen Standorten in Großbritannien bietet Denbow Hochleistungsgeräte für den Einsatz bei großen Tiefbauprojekten.

Die Investoren, die mit Denbow verbunden sind, investierten kürzlich in Duo Mineral Processing Ltd, das zweite Unternehmen. Seit 2010 bietet Duo Mineral Processing der Zuschlagstoff-, Recycling- und Materialtransportindustrie Lösungen in der Materialverarbeitung an. Zudem werden eigene Steinbruch- und Mineralienabbauprojekte durchgeführt, in der Regel, um große Bauprojekte mit Zuschlagstoffen zu versorgen. Um beide Unternehmen weiter auszubauen, planten die Investoren eine zusätzliche Firmenübernahme. Gleichzeitig benötigte Duo Finanzierungslösungen für den Kauf verschiedener Anlagen - darunter Waschanlagen und Brechwerke - für Großaufträge seiner Kunden.

Wir hatten bereits eine langjährige Beziehung zu beiden Unternehmen aufgebaut. Unter anderem hatten wir zuvor das Kraftwerk Hinckley Point finanziert und zuletzt bei der Akquisition eines Unternehmens geholfen, um den Umsatz von Denbow auf rund 20 Millionen Britische Pfund zu steigern.

Nach einer Überprüfung der Unterlagen beider Unternehmen und des Bedarfs wurde für Denbow ein Refinanzierungsprodukt vorgeschlagen. Damit sollten die Mittel für die geplante Übernahme des anderen, als strategisch gut geeignetes Unternehmens beschafft werden. Für Duo wurde eine Mietkauflösung empfohlen, die den Kauf der benötigten Assets ermöglichte.

Die anhaltende Strategie der Investoren besteht darin, ihr Geschäft durch Akquisitionen und organisches Wachstum weiter auszubauen und gleichzeitig langfristige Verträge mit Blue-Chip-Unternehmen aufrechtzuerhalten. Mit den neuen Anlagen wird Duo weiterhin ein konkurrenzloses Sortiment an Ersatzteilen ab Lager führen und seinen Kunden Verarbeitungslösungen anbieten.

Wie wird sich das Leasing- und Asset-Finance-Geschäft in Großbritannien weiter entwickeln?

Analysten und Branchenvertreter sind optimistisch, dass Asset Finance und Leasing in Großbritannien weiter wachsen und sich entwickeln werden. Der Grund dafür ist, dass der Leasing-Markt im In- und Ausland nach wie vor wächst: Die Top-50-Länder verzeichneten ein Wachstum des Neugeschäftsvolumens von 9,4 Prozent, in Großbritannien von 9 Prozent. Auch die Kunden werden sich zunehmend der Vorteile des Leasings bewusst, wie zum Beispiel das anhaltend starke Wachstum des Auto-Leasings zeigt.

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