Kapitalmarkt

Covered Bonds: Der Markt sorgt für Standards

Der Covered Bond-Markt gehört zu den dynamischsten Segmenten des
europäischen Kapitalmarkts. Noch vor etwa zehn Jahren galten deutsche
Hypothekenbanken als Pioniere, die den Pfandbrief über die nationalen
Grenzen hinweg vermarkteten. Gedeckte Schuldverschreibungen aus
anderen Ländern wie beispielsweise aus Dänemark, Frankreich oder der
Schweiz wurden mehr oder weniger ausschließlich an nationale
Investoren verkauft.
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Pfandbrief erobert Europa seit einem Jahrzehnt
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Getrieben vom internationalen Erfolg des Pfandbriefs entwickelten im
Laufe der Jahre eine Reihe weiterer Länder gedeckte
Schuldverschreibungen oder reaktivierten und modernisierten in
Vergessenheit geratene Produkte aus vergangenen Zeiten. Dem Ziel der
jeweiligen Emittenten, das hohe Qualitätsbedürfnis der Investoren zu
befriedigen, den europäischen Standard nach Art. 22 Abs. 4 der so
genannten Investmentrichtlinie (OGAW-Richtlinie) zu erfüllen und an
den Erfolg des deutschen Pfandbriefs anzuknüpfen, ist es
zuzuschreiben, dass die unterschiedlichen Produkte in ihren
Grundstrukturen vergleichbar sind und eine Asset Klasse Covered Bonds
entstehen konnte. Mittlerweile existieren in weit über 20 europäischen
Ländern Covered Bonds, die zumeist auf einer spezifischen rechtlichen
Grundlage emittiert werden. In den wenigen verbliebenen Ländern ohne
Covered Bond Gesetze gibt es zumindest Überlegungen in diese Richtung.
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Vor dem Hintergrund des dynamischen Wachstums des Segments und seiner
zunehmenden Internationalisierung sowie anstehender
Richtlinienvorhaben auf europäischer Ebene mit Einfluss auf Covered
Bonds drängte sich die Gründung einer europäischen
Interessenvertretung förmlich auf. Im Oktober 2004 war es so weit, das
European Covered Bond Council (ECBC) wurde als Bestandteil des
Europäischen Hypotheken Verbandes (EHV) aus der Taufe gehoben.
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Ende 2005 verzeichnete das ECBC bereits 75 Mitglieder aus über 14
europäischen Ländern. Im ECBC sind mit Emittenten, Investmentbanken,
Ratingagenturen und Handelsplattformen die wesentlichen
Marktteilnehmer vertreten. Das ECBC versteht sich als das Sprachrohr
der am Covered Bond Markt agierenden Institutionen, als internationale
Diskussionsplattform, als Promoter des Covered Bonds und
Ansprechpartner für den europäischen Gesetzgeber und seine Behörden.
In diesen Funktionen muss es ein Anliegen des ECBC sein, dafür zu
sorgen, dass der Covered Bond das hält, was sein Label verspricht:
Sicherheit.
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Covered Bonds werden als weitgehend standardisierte, sehr risikoarme
und liquide Anleihen angeboten, die es dem Investor ermöglichen, ohne
intensive Kreditanalyse ein Produkt mit hohen Bonitätsnoten und
leichten Renditeaufschlägen gegenüber Staatsanleihen zu kaufen.
Covered Bonds leben von ihrem Ruf als einfaches und sicheres, und so
betrachtet "langweiliges", Investment. Diese positive Beurteilung ist
kein Selbstläufer, sondern beruht auf den Anstrengungen und der
vernünftigen, investorenfreundlichen Handlungsweise der beteiligten
Akteure. Diesen Ruf gilt es zu schützen, und zwar in einem Umfeld ohne
spezifischen pan-europäischen Gesetzesrahmen.
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Zwar basieren alle Covered Bonds auf spezifischen nationalen Gesetzen
oder auf allgemeinen Rechtsgrundlagen mit spezifischen vertraglichen
Verpflichtungen, die durch strenge Anforderungen an die Emittenten die
Sicherheit des Produktes gewährleisten. Aber eine europäische
Legaldefinition des Begriffs Covered Bond, die einen gesetzlichen
Mindeststandard setzen würde, gibt es nicht.
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Covered Bonds in der OGAW-Richtlinie
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Lange Zeit galt die Erfüllung des Artikels 22 Absatz 4 der
OGAW-Richtlinie als das Maß für Covered Bonds. Die OGAW-Richtlinie
(Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) bildet die
europäische Rechtsgrundlage für die Anlage von Investmentfonds. In
Artikel 22 Abs. 4 ist festgelegt, welche Voraussetzungen
Schuldverschreibungen erfüllen müssen, damit Investmentfonds nicht nur
fünf Prozent, sondern bis zu 25 Prozent ihres Vermögens in solchen
Papieren eines Emittenten investieren dürfen.
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Danach muss es sich um von einem Kreditinstitut begebene
Schuldverschreibung handeln, die auf Basis gesetzlicher Vorschriften
emittiert werden, die eine besondere Aufsicht der Emittenten
vorschreiben und die durch Vermögenswerte gedeckt sind, auf die der
Käufer der Schuldverschreibung ein Konkursvorrecht besitzt. An die
Erfüllung dieser Anforderungen sind eine Reihe weiterer Privilegien
geknüpft. So genießen Banken als Investoren solcher Papiere in den
meisten europäischen Ländern eine ermäßigte
Eigenkapitalunterlegungspflicht von zehn Prozent.
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Es lässt sich wohl zu Recht bezweifeln, ob alleine die Erfüllung
dieser grob gestrickten Anforderungen selbst bereits eine hohe
Sicherheit der Anleihen gewährleistet. Darüber hinaus hat sich
gezeigt, dass der Markt auch dann von Covered Bonds spricht, wenn die
entsprechenden gedeckten Schuldverschreibungen, die Bedingungen der
OGAW-Richtlinie nicht erfüllen. Dies gilt zum Beispiel für britische
Covered Bonds, deren Emittenten bisher nicht einer besonderen Aufsicht
unterliegen und damit Art. 22 Abs. 4 nicht erfüllen.
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Kein "Markenschutz"
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Die OGAW-Kriterien sind mithin nicht nur unzureichend, sondern vor
allem im Hinblick auf die Nutzung des Begriffs Covered Bond nicht
bindend. Letzteres gilt auch für die Capital Requirement Directive
(CRD). Zwar wird in dieser Richtlinie erstmals der Begriff Covered
Bond definiert. Danach sind Covered Bonds Schuldverschreibungen, die
Artikel 22 Abs. 4 OGAW-Richtlinie erfüllen und bei denen nur
spezifizierte Werte, nämlich Hypotheken-, Staats- und
Schiffsfinanzierungen, sowie in begrenztem Maße Mortgage Backed
Securities (MBS) und Forderungen gegen Kreditinstitute, zur Deckung
verwendet werden dürfen.
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Das heißt aber noch lange nicht, dass damit Schuldverschreibungen, die
die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, nicht den Namen Covered
Bond verwenden dürften. Denn der Regelungsgehalt der CRD richtet sich
nicht auf den Schutz des Begriffs, sondern auf die Spezifizierung der
Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit eine
Schuldverschreibung in den Genuss einer privilegierten
Risikogewichtung kommt. Das bedeutet, erfüllt eine Schuldverschreibung
die Voraussetzungen der CRD nicht, wird sie bei der
Eigenkapitalunterlegung nicht privilegiert behandelt, darf sich aber
trotzdem Covered Bond nennen.
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Gegenüber der Situation vor der CRD hat sich damit in Richtung
Covered-Bond-Namensschutz nichts verändert. Es ist somit nicht zu
verhindern, dass unter dem Deckmantel Covered Bond auch zweifelhafte
Qualität emittiert werden könnte. Zwar würden die Analysten von
Ratingagenturen und Investmentbanken so etwas schnell aufdecken, aber
der Name Covered Bond wäre dennoch mit einem Makel behaftet. Würde ein
Covered Bond in Probleme kommen oder gar ausfallen, käme es zu einem
gewaltigen Imageschaden für die gesamte Assetklasse. Da viele deutsche
Pfandbriefbanken, aber auch andere europäische Institute, auf die
günstige Refinanzierung über den Pfandbrief beziehungsweise Covered
Bond angewiesen sind, hätte dies nicht nur fatale Folgen für die
Kreditinstitute, sondern auch für deren Kunden.
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In solchen Fällen liegt der Ruf nach dem Gesetzgeber nahe. Ganz davon
abgesehen, dass die Folgen eines solchen Rufes nicht absehbar sind,
müsste nachgewiesen werden, dass ein Regelungsbedarf besteht. Dieser
liegt derzeit nicht vor, da sich die Marktteilnehmer
verantwortungsbewusst verhalten. Darüber hinaus hat sich der
europäische Wettbewerb bisher durchaus positiv auf die Produkte, deren
Vielfalt und das Marktverhalten ausgewirkt.
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Um den verantwortungsbewussten Umgang mit dem Produkt sicherzustellen
und dies auch den Investoren sichtbar zu vermitteln, hat es sich das
ECBC zum Ziel gesetzt, Qualitätsmerkmale für Covered Bonds
auszuarbeiten. In einem ersten Schritt wurde eine Arbeitsgruppe
eingerichtet, die die derzeit existierenden Covered-Bond-Modelle
analysiert. Damit sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufgezeigt
werden. Auf Basis dieser Ergebnisse können in einem nächsten Schritt
die für die Sicherheit von Covered Bonds wesentlichen Kriterien
herausgearbeitet und entsprechende Mindestqualitätsstandards
entwickelt werden. Darüber hinaus wird damit die Transparenz der
Produkte erhöht.
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Wirkung von Mindeststandards
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Mit solchen Mindeststandards wird sich ein Missbrauch des Labels
Covered Bond nicht gänzlich ausschließen lassen. Aber sie könnten zwei
Dinge bewirken: Sie dürften einen hohen Gruppendruck auslösen, das
heißt Emittenten werden aus Imagegründen versuchen, die
ausgearbeiteten Mindeststandards zu erfüllen, da - und das ist das
zweite Ziel - die ECBC-Mindeststandards eine Art Gütesiegel darstellen
können, das den Investoren eine hohe Sicherheit des Produktes
signalisiert.
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Die Schwierigkeit bei der Erarbeitung der Mindeststandards liegt
zweifelsohne darin, den richtigen Weg zwischen Erhalt der Vielfalt und
Abgrenzung der Assetklasse zu finden. Covered-Bond-Investoren legen
großen Wert auf Diversifizierung, sowohl in Bezug auf Emittenten als
auch in Bezug auf Produkte. Wichtig für die Investoren ist jedoch
immer, dass sie ein sicheres Produkt erwerben. Bei den Maßnahmen zur
Erreichung der Sicherheit werden unterschiedliche Wege beschritten.
Während für die einen eine sehr hohe Überdeckung im Vordergrund steht,
legen andere möglicherweise besonderen Wert auf eine rigorose
Begrenzung von Laufzeitinkongruenzen. Die einen halten die
Spezialisierung auf nationale Deckungswerte für sicherheitserhöhend,
während andere eine über Europa und darüber hinaus diversifizierte
Deckungsmasse für den besseren Weg erachten.
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Standardisierung versus Vielfalt
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Die auszuarbeitenden Mindeststandards müssen den unterschiedlichen
Vorgehensweisen Rechnung tragen, da auch Investoren unterschiedliche
Präferenzen haben. Gleichzeitig gilt es aber, eine zu große
Zersplitterung und damit ein Auseinanderbrechen der Assetklasse zu
vermeiden und das Label Covered Bond zu schützen. Diese Gratwanderung
lässt sich durch eine Selbstregulierung des Marktes erfolgreich
bewerkstelligen, ohne den Gesetzgeber beanspruchen zu müssen.
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Neben der Schaffung von Qualitätsmindeststandards und der Erhöhung der
Transparenz besteht ein Interesse der ECBC-Mitglieder, das
Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Dabei steht die Frage der
Liquidität insbesondere im Jumbosegment im Vordergrund. Auch in diesem
Punkt hat der ECBC sich organisiert. Eine Arbeitsgruppe
Tradingstandards befasst sich mit den Fragestellungen des
Covered-Bond-Handels. Die Diskussion um die Jumbo-Pfandbriefe der AHBR
hat über die Grenzen des Pfandbriefs hinaus Relevanz. Dies ergibt sich
schon alleine daraus, dass die Market Maker meist international
aufgestellte Häuser sind, die die Emission der Covered Bonds
unterschiedlicher Provenienz begleiten. Es ist somit nur konsequent,
wenn die in Deutschland geführten Diskussionen europäisch ausstrahlen.
In dem Bereich der Handelsusancen dürfte das Erzielen eines
gemeinsamen Marktstandards leichter zu entwickeln sein, da die
Unterschiede hier weitaus geringer ausgeprägt sind als bei den
Produkten selbst.
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Da die Emittenten und Intermediäre ihre Bemühungen an den
Investoreninteressen ausrichten, ist die Qualitätssicherung über das
Setzen von Marktstandards ohne Abstriche am Anlegerschutz ohne
weiteres möglich und sinnvoll. Das ECBC ist die dazu berufene und am
besten geeignete Institution. Für die europäischen Regulierer dagegen
sollte die von der britischen FSA zuletzt genutzte Maxime gelten: "If
it's not broken don't fix it! "

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