Großer Bilanzvergleich

Die deutschen Bausparkassen 2007: Sehnsucht nach der Förderung

Der Countdown läuft. Wenn ab dem 1. November dieses Jahres die ersten staatlich anerkannten Wohn-Riester-Produkte in den Vertrieb gehen, dann wollen die Bausparkassen zu den ersten Anbietern zählen, um aus dem zuletzt - auf hohem Niveau - stagnierenden Neugeschäft wieder eine Wachstumsgeschichte zu machen. Entsprechend eifrig komponieren die Aktuare Produkte, die den Vorgaben des Gesetzgebers entsprechen, sich für den Anbieter rechnen sowie vom Außendienst und vom Kunden verstanden und gewünscht werden. Diese Aufgabe hätten sich die Baufinanzierer gerne etwas leichter gemacht, doch konnten sie sich mit ihrem wesentlich einfacheren Fördermodell nur teilweise durchsetzen. Vor allem zwei Pillen schmecken den Bausparkassen nicht: die nachgelagerte Besteuerung auf einen virtuellen Kapitalstock, der dem Häuslebauer schwer zu vermitteln sein wird, und die Aufhebung der Zweckbindungsgrenze für die Wohnungsbauprämie.

Dass Letzteres erst für Verträge gilt, die ab dem 1. Januar 2009 abgeschlossen werden, nutzen die Bausparkassen bereits als willkommenes Absatzargument. Auch wenn damit 2008 und 2009 noch eine Sonderkonjunktur im Bausparen möglich sein sollte, so kann den Instituten die unstete Förderpolitik nicht gefallen. Denn der Eigenheimerwerb wird in der Regel langfristig geplant und vorbereitet, staatliche Subventions- und Steuerwillkür verunsichert mehr, als dass sie Ansporn gibt. Entsprechend traurig sieht nach wie vor die Statistik aus. Gerade einmal 95 000 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern wurden 2007 genehmigt. Im Geschosswohnungsbau waren es gerade einmal 61 000 Wohnungen.

Gleichwohl die Bausparkassen zunehmend Maßnahmen im Bestand finanzieren, so spüren sie doch die Lustlosigkeit am Eigenheimerwerb. Umso bemerkenswerter ist, dass es die Branche offensichtlich verstand, die politische Diskussion um den Fortbestand der Wohnungsbauprämie bereits im Frühjahr 2008 für eine Trendwende im Bauspargeschäft zu nutzen. Lag die Zahl der Brutto-Neuabschlüsse im ersten Halbjahr 2007 noch bei 1,83 Millionen Verträgen über eine Bausparsumme von 49,7 Milliarden Euro und damit um beachtliche 11,3 Prozent bei der Stückzahl beziehungsweise 9,1 Prozent bei der Summe unter den Vorjahreswerten, so präsentiert sich das erste Halbjahr 2008 bereits wieder mit einem - wenn auch noch bescheidenen - Wachstumserfolg.

Denn zwischen Januar und Juni dieses Jahres stieg die Zahl der vermittelten Verträge um 6,6 Prozent auf 1,95 Millionen Stück. Deren kumulierte Bausparsumme betrug 52,5 Milliarden Euro, was einem Plus von immerhin 5,6 Prozent entspricht. Von diesen Neuverträgen wurden durch vollständige Zahlung der Abschlussgebühr bis 30. Juni 2008 rund 1,7 Millionen Policen eingelöst. Das sind immerhin noch 1,5 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum. Gemessen an der Bausparsumme wuchs das Netto-Neugeschäft um 0,7 Prozent auf 44,7 Milliarden Euro.

An dieser Entwicklung waren die privaten Bausparkassen mit etwa 1,2 Millionen vermittelten Verträgen über eine Bausparsumme von 34 Milliarden Euro beteiligt. Damit steigerten sie das Brutto-Neugeschäft bezogen auf die Stückzahl und das Volumen um jeweils neun Prozent. Nach Auskunft des Verbandes der privaten Bausparkassen kamen davon mehr als eine Millionen Verträge über eine Bausparsumme von 28,3 Milliarden Euro zur Einlösung. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2007 entspricht das einem Zuwachs um 1,3 Prozent bei der Anzahl der Policen und einem Plus um 1,9 Prozent bezüglich der Bausparsumme. Damit hat sich der Anteil der privaten Bausparsumme am Gesamtmarkt - gemessen an der Bausparsumme - seit Jahresanfang von 62,8 auf 63,3 Prozent erhöht.

Bei den Baugeldauszahlungen verbuchten die privaten Bausparkassen 14,4 Milliarden Euro - ein Plus von 16,5 Prozent. Laut Bundesverband der privaten Bausparkassen erhöhten die Institute ihren Marktanteil damit auf 75,1 Prozent. Allerdings geben diese Werte noch keine Auskunft darüber, wie viel der ausgezahlten Gelder auf das kollektive und außerkollektive Geschäft entfallen, wie viel lediglich die Abrufung von Guthaben beinhaltet beziehungsweise wie viel der ausgereichten Mittel Darlehen waren. Die Sparleistungen erhöhten sich um 0,5 Prozent auf 7,9 Milliarden Euro. Insgesamt erreichte der Geldeingang, der neben den Sparbeträgen auch Tilgungen, Zinsen sowie Zulagen wie vermögenswirksame Leistungen und die Wohnungsbauprämie enthält, per Ende Juni 11,5 Milliarden Euro - ein Plus von 0,2 Prozent.

Die öffentlich-rechtlichen Bausparkassen setzten in der ersten Hälfte dieses Jahres mit gut 750 000 Bausparverträgen etwa so viele Policen ab wie im Vergleichszeitraum. Auch die Bausparsumme blieb mit rund 18,5 Milliarden Euro auf dem Niveau des ersten Halbjahres 2007. Im Netto-Neugeschäft hat die LBS-Gruppe laut der Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband rund 684 000 Bausparverträge über eine Bausparsumme von 16,4 Milliarden Euro abgeschlossen. Das entspricht einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 1,5 Prozent bei der Stückzahl und einem Minus von 1,3 Prozent beim Volumen.

Da sich der politische Nebel hinsichtlich der künftigen Ausgestaltung der Wohnungsbauprämie und der staatlich geförderten Eigenheimrente mittlerweile gelichtet hat und klare Festlegungen getroffen wurden, sollte sich die insgesamt positive Entwicklung der ersten sechs Monate im weiteren Jahresverlauf fortsetzen lassen. Vor allem von Wohn-Riester dürften wieder deutlichere Impulse für den Wohnungsmarkt und die Bausparkassen ausgehen.

Im Rückblick war 2007 für die deutschen Bausparkassen ein weiteres Jahr im Wartestand. Nach dem Wegfall der Eigenheimzulage zum 31. Dezember 2005 musste die Branche ohne die bei Kunden und Vertrieb so geliebte Förderung auskommen. Dass es die Bausparkassen dennoch verstanden, ihre Absatzzahlen auf dem hohen Niveau der Vorjahre zu halten, verdient Anerkennung. Möglich wurde dies wohl auch, weil dem Volk glaubhaft vermittelt werden konnte, dass auf staatliche Hilfen in gewohnter Form wohl auch künftig nicht mehr zu hoffen sei, sodass sich der Traum vom Eigenheim und mietfreien Altersruhesitz nur noch über höhere und vor allem gezielte Vorsparleistungen realisieren lässt.

Gleichwohl machen die Neugeschäftszahlen deutlich, dass die Streichung der Eigenheimzulage das Bauspargeschäft spürbar erschwerte. Hatte das Netto-Neugeschäft des Jahres 2006 noch teilweise davon profitiert, dass der kurz vor Jahresende 2005 entstandene Stau an Neuabschlüssen in den Folgemonaten abgearbeitet werden musste, so blieben diese Sondereffekte im Jahr 2007 nahezu aus. Erst die im Dezember angestoßene Diskussion über die mögliche Abschaffung der Wohnungsbauprämie sorgte für ein Anziehen der Nachfrage nach Bausparprodukten.

So verminderte sich das Netto-Neugeschäft insgesamt um 6,17 Prozent auf 90,4 Milliarden Euro. Mit einem Minus von 7,03 Prozent auf 56,8 Milliarden Euro waren die privaten Bausparkassen von diesem Rückgang stärker betroffen als die LBS-Gruppe, deren eingelöstes Abschlussvolumen mit 33,6 Milliarden Euro um 4,67 Prozent unter dem Vorjahr lag. Somit verbesserten die öffentlichrechtlichen Institute ihren Marktanteil von 36,6 auf 37,2 Prozent. Unter den Landesbausparkassen wiesen lediglich die LBS Bremen (3,93 Prozent), die LBS Rheinland-Pfalz (2,20 Prozent) und die LBS Nord (0,85 Prozent) eine positive Absatzentwicklung auf. Vor allem bei der LBS Rheinland-Pfalz machte sich die neue, direkte Eigentümerschaft der Sparkassen, die sich zum wichtigsten Vertriebsweg des Mainzer Baufinanzierers entwickelten, positiv bemerkbar. Der in den Tabellen gezeigte Zuwachs um mehr als 50 Prozent bei der LBS Schleswig-Holstein-Hamburg gibt die Wirklichkeit insofern nicht wieder, da der Vergleichswert für 2006 lediglich das Neugeschäft der LBS Schleswig-Holstein beinhaltet. Unter Einbeziehung des 2006 eingelösten Neugeschäfts der LBS Hamburg ergibt sich für die am 31. August 2007 aus der Fusion beider Bausparkassen entstandene LBS Schleswig-Holstein-Hamburg ein Rückgang bei den Neuabschlüssen um 12,2 Prozent. Unterdessen blieben sämtliche privaten Bausparkassen im Netto-Neugeschäft unter ihrem 2006 erreichte Niveau. Mit einem Minus von 3,51 Prozent verbuchte Schwäbisch Hall aber immerhin den zweitniedrigsten Rückgang. Auf die zum genossenschaftlichen Finanzverbund gehörende Bausparkasse entfallen damit 29,3 Prozent des gesamten Bausparmarktes im Jahr 2007. Damit verbesserte das Institut seine Position um 0,8 Prozentpunkte und bleibt damit absatzstärkstes Einzelunternehmen. Lediglich die LBS kommt als Gruppe mit 37,17 Prozent auf einen höheren Marktanteil. Auf der Ebene der Einzelinstitute rangiert die LBS West mit 9,47 Prozent allerdings hinter Schwäbisch Hall und der BHW Bausparkasse, deren Marktanteil sich auf 11,0 Prozent verschlechterte.

Trotz des insgesamt niedrigeren Neugeschäft erhöhte sich der eingelöste Vertragsbestand über alle Bausparkassen betrachtet von 738,5 Milliarden Euro um 0,67 Prozent auf 743,4 Milliarden Euro. Dabei verzeichnete die LBS-Gruppe einen Zuwachs um 1,06 Prozent auf 251,3 Milliarden Euro, nachdem das Gesamtportfolio im Vorjahr noch 248,6 Milliarden Euro maß. Wesentlich getragen wurde die Bestandserweiterung von den beiden größten Gruppenmitgliedern LBS Bayern (plus 3,39 Prozent) und LBS West (plus 1,79 Prozent). Bei den privaten Bausparkassen betrug der Anstieg 0,47 Prozent auf 492,1 (2006: 489,8) Milliarden Euro. Dabei stand einem Plus von immerhin 3,72 Prozent bei Schwäbisch Hall, auf die bereits 26,6 Prozent des gesamten Bausparmarktes entfällt, ein Minus von 0,97 Prozent bei dem BHW, der Nummer zwei unter den privaten Bausparinstituten, gegenüber. Aufgrund des deutlich ermäßigten Neugeschäfts und dem zielgerichteten Abbau von ertraglosen beziehungsweise nicht mehr besparten Verträgen ermäßigte sich der Bestand der Wüstenrot Bausparkasse um 4,6 Prozent auf 70,9 Milliarden Euro.

Erklärt werden kann die gegensätzliche Entwicklung von Neugeschäft und Bestand zum einen mit dem wieder anziehenden Zinsniveau. Dieses trug offensichtlich dazu bei, dass sich die Abgänge durch Kündigungen der Bausparer reduzierten. Zum anderen ist das Wachstum der Kollektive aber auch ein Verdienst der Bausparkassen, die ihr Produktangebot und ihren Vertrieb stärker auf Finanzierer ausrichten. Diese dafür geschaffenen Tarife zeichnen sich in der Regel durch eine deutlich höhere Bausparsumme aus als die sogenannten Rendite- oder Hochzinstarife, die vor allem für Bausparneulinge konzipiert und oft nur mit kleinen Beträgen bespart werden. Auch der steigende Absatz von kombinierten Hypothekendarlehen und Bausparverträgen - die sogenannten Konstantdarlehen - bewirken tendenziell höhere Bausparsumme pro Vertrag.

Entsprechend wuchs die durchschnittliche Bausparsumme im Neugeschäft über alle Bausparkassen um 8,6 Prozent von 26 783 Euro auf 29 099 Euro. Dies zeigte wie beschrieben auch Wirkungen auf den Bestand, wo die Bausparsumme pro Vertrag von 23 237 Euro um 7,7 Prozent auf 25 024 Euro wuchs. Noch deutlicher ist der Anstieg bei den zugeteilten Verträgen, deren durchschnittliche Bausparsumme sich von 19 036 Euro auf 26 760 Euro erhöhte (plus 40,6 Prozent). Traditionell sind die Bausparsummen pro Vertrag bei den Bausparkassen der Großbanken am höchsten. So betrugen die durchschnittlichen Bausparsummen bei der Deutsche Bank Bauspar AG im Neugeschäft 33 197 (plus 4,2 Prozent) Euro und bei der Allianz Dresdner Bauspar AG 31 451 Euro (plus 5,9 Prozent). Im Jahr 2007 wurden jedoch beide bei den Neuabschlüssen von der Quelle Bauspar AG übertroffen. Bei der sich ausschließlich auf den Direktvertrieb via Internet und Makler stützenden Bausparkasse hatten neu abgeschlossene Verträge im Mittel eine Summe von 33 349 Euro, nachdem es im Vorjahr lediglich 26 787 Euro gewesen sind (plus 24,5 Prozent). Aus der Gruppe der Landesbausparkassen hat die LBS Baden-Württemberg mit 31 355 Euro pro neu vermittelter Police den höchsten Wert. Auf Rang fünf folgt die Bausparkasse Schwäbisch Hall mit durchschnittlich 31 085 Euro pro Abschluss.

Beim Vergleich der Jahresüberschüsse ist zu berücksichtigen, dass die Bausparkasse Schwäbisch Hall aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages ihre Gewinne in Höhe von 70 Millionen Euro vollständig an die DZ Bank AG durchreichten. Mit einem Ergebnis von 20,56 Millionen Euro ist die BHW Bausparkasse nach einem Verlust von 0,42 Millionen Euro im Vorjahr wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt. Auch die Wüstenrot Bausparkasse hat nach erheblichen Korrekturen im vergangenen Jahr den Turnaround geschafft. Bei der Bausparkasse des W&W-Konzerns scheint damit das gruppenweite Programm zur Effizienz- und Rentabilitätssteigerung zu greifen. Zeigte das Unternehmen im Jahr 2006 noch einen Jahresfehlbetrag von 77,9 Millionen Euro, so wurde daraus im Jahr 2007 ein Überschuss von 14,47 Millionen Euro.

Damit bildet Wüstenrot hinsichtlich der Rentabilität nicht mehr das Schlusslicht unter den privaten Bausparkassen, sondern erreichte mit 2,14 Prozent im vergangenen Jahr eine Position im hinteren Mittelfeld. Gemessen an der Eigenkapitalrentabilität (Jahresüberschuss zu Eigenkapital) führt unverändert die Deutsche Bank Bauspar AG mit 9,15 Prozent die privaten Bausparkassen an. Auf konstant hohem Niveau ist die Debeka Bausparkasse, die auch 2007 wieder eine Eigenkapitalrendite von 8,4 Prozent erwirtschaftete. Werden bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall die abgeführten Gewinne ins Verhältnis zum Eigenkapital gesetzt, so erreicht das Institut eine Rendite von 3,86 Prozent.

Bei den Landesbausparkassen weist die LBS Bayern trotz eines Rückgangs um 20 Prozent mit 16,0 Millionen Euro den höchsten absoluten Jahresüberschuss aus. Die LBS Baden-Württemberg und die LBS Nord folgen mit konstant gebliebenen 13,63 beziehungsweise 13,60 Millionen Euro. Dass die LBS Ost für 2007 mit einem Jahresfehlbetrag in Höhe von 38,9 Millionen Euro abschließt, erklärt sich vor allem aus der Verschmelzung der LBS Ostdeutsche Landesbausparkasse AG mit ihrer Tochtergesellschaft LBS Grundstücksverwaltungsgesellschaft Potsdam mbH & Co. Immobilien KG zum 1. Oktober 2007. Beim Erwerb ihres Grundstücks im Jahre 1991 und dem anschließenden Neubau ihres Verwaltungsgebäudes hatte die LBS die Investition über eine Kommanditgesellschaft außerhalb ihrer Bilanz getätigt. Dies war notwendig, weil das Eigenkapital der Bausparkasse für die Investition nicht ausgereicht hätte. Die frühestens für 2009 vorgesehene Verschmelzung der Kommanditgesellschaft und der Landesbausparkasse auf dem Weg einer "Anwachsung" wurde auf 2007 vorgezogen, weil die LBS inzwischen ihr Eigenkapital und die Gewinnrücklagen in ausreichendem Maße erhöht hat. Die Maßnahme noch im vergangenen Jahr durchzuführen, hängt allerdings auch mit der im Juli 2007 beschlossenen Unternehmenssteuerreform zusammen, die unter anderem Zins- und Mietschranken einführt. (Red.)

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