Schwerpunkt Personalmanagement

Erfolgsgeschichte Immobilienfrau - wenn der Markt die Nachfrage erzwingt?

Zu den Fachthemen, die die Immobilienwirtschaft lange eher am Rande von Messen oder Diskussionsrunden erörterte, gehört zweifelsfrei das Thema "Frauen", oft ergänzt durch Nachsilben wie "-förderung", "-quote" oder als Teil übergeordneter Themenspektren wie "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" bis hin zur Forderung von "Gleiches Gehalt für gleiche Leistung". Nach wie vor ist offensichtlich: Während auf der einen Seite (der theoretisch-gesetzlichen Perspektive) eine klare Gleichheit unterstellt wird, liegen auf der anderen Seite (der Praxis) deutliche Defizite vor. Vielleicht wäre das Thema sogar noch präsenter, wenn in der deutschen Immobilienbranche mehr Transparenz herrschen würde, beispielsweise beim Thema Gehalt.

Dass Bewegung in die Sache kommt, hat drei maßgebliche Gründe: den zunehmenden politischen Druck, die Fortschritte bei der Berichterstattung nach Corporate-Sustainability-Standards sowie die immer offensichtlicheren Effekte des demografischen Wandels. Selbstverständlich bedingen sich diese Effekte gegenseitig. Und vor allem dynamisieren sie sich gegenseitig. Dennoch hat es lange gebraucht, bis das Thema seinen Exotenstatus verloren hatte. Vielleicht, weil die Problemstellungen vordergründig zu den weichen, sozialen und nicht unmittelbar marktbeeinflussenden Immobilienthemen gezählt werden - gerne mit dem Hinweis, dass zu allem Überfluss auch oftmals noch eine unbequeme emotionale Komponente mitschwingt.

Vorhandene Skepsis

So dürfte es wenig überraschen, dass - wenngleich das Thema zwar zunehmend diskutiert wird - ein Großteil der Branche auch heute immer noch skeptisch ist. Die Studie "Frauen in der Immobilienwirtschaft" der IVG hat ergeben: Nur wenige Unternehmen treffen spezifische Maßnahmen zur Frauenförderung. Noch seltener nennen sie die Frauenförderung als Ziel ihrer Unternehmensstrategie. Hierin liegt offensichtlich der Grund, dass sich mehr als die Hälfte der befragten Frauen für eine feste Frauenquote und noch einmal ein Viertel für eine flexible Frauenquote ausgesprochen haben. Denn augenscheinlich werden die freiwilligen Maßnahmen von den Unternehmen kaum genutzt.

Für die breite Masse der Immobilienmarktakteure - Männer und Frauen gleichermaßen - ist die Diskussion unter tendenziell negativen Vorzeichen abgespeichert. Löst es nicht bereits latentes Unbehagen aus, eine Position einnehmen zu müssen, die gesellschaftlich eigentlich gar nicht zur Debatte stehen dürfte? Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Gleichstellung von Männern und Frauen - wer will da ernsthaft widersprechen? Es gibt hier nichts zu widersprechen, und doch tun sich viele Diskutanten schwer. Unnötigerweise.

Weiter als gedacht

Denn der Markt wird die Diskussion in Kürze eingeholt haben, teilweise überholt - zwar bei weitem nicht in allen Punkten, aber doch immerhin in einigen. Das zeigt sich beispielsweise an den immobilienwirtschaftlichen Hochschulen, die die Immobilienprofis (beiderlei Geschlechts) von morgen hervorbringen. Rund 65 Prozent aller Erstsemester an Berufsakademien mit Immobilienschwerpunkt sind heute weiblich. In Mitteldeutschland liegt dieser Wert teilweise bei 80 Prozent. Allein dies verdeutlicht, dass es lediglich eine Frage der Zeit ist, bis die bisherige Männerdominanz gebrochen wird - auch wenn es mit Blick auf die heutigen Führungspositionen noch nicht so aussieht (die gegenwärtige Männerdominanz ist natürlich noch Ausdruck der mittelbaren Vergangenheit).

Hinzu kommen Initiativen wie "Frauen in den Chefetagen - Selbstverpflichtung für Europa". Hier werden auch börsennotierte europäische Immobilienunternehmen zur Unterzeichnung einer freiwilligen Selbstverpflichtung aufgerufen werden, um den Frauenanteil in Aufsichtsräten beziehungsweise Vorständen bis 2015 auf 30 Prozent und bis 2020 auf 40 Prozent zu erhöhen. Qualifizierte Frauen werden aktiv als Ersatz für ausscheidende männliche Mitglieder angeworben.

In Teilsegmenten sind die Anteile von Frauen bereits enorm hoch. In der Heterogenität der Immobilienwirtschaft wird dies teilweise übersehen. Heterogenität ist in doppelter Hinsicht zu verstehen: Immobilienunternehmen fokussieren auf Property, Asset und Investmentmanagement, Brokerage, Research, Pro-jektentwicklung und -steuerung oder Wohnraumverwaltung, um nur einige zu nennen. Die einzelnen Felder sind unterschiedlich attraktiv für Frauen. Und in vielen Unternehmen wiederum gibt es Tätigkeitsbereiche, die erneut unterschiedlich attraktiv sind. Marketing, Personalentwicklung und die Rechtsabteilungen sind gegenwärtig die Hauptsammelbecken für Hochschulabsolventinnen.

Übersehen wird oft eine erfreuliche und deutliche Entwicklung der vergangenen Jahre: Gerade in der Vermietung/Brokerage und im Investmentmanagement - aber auch in weiteren Beratungsfeldern - wächst der Frauenanteil überdurchschnittlich. Der Trend wird anhalten. Die Branche hat gar keine andere Wahl, der Fachkräftemangel und der "War for Talents" infolge des demografischen Wandels spielen hier eine enorme Rolle. Und es scheint, dass sich die Frauen ihrer Bedeutung für die Zukunft der Immobilienwirtschaft längst bewusst sind.

Forderungen statt Förderungen

In den Ziel- beziehungsweise Orientierungsgesprächen mit der Personalabteilung geht es oft weniger um Fragen der Förderung, sondern um Forderungen, die die Frauen haben. Am häufigsten genannt werden Teilzeitarbeit, flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten, Gender-Themen wie gleiches Geld für alle und der Nachweis der Gleichberechtigung, interne Schulungen, Unterstützung von Mitgliedschaften, Mentoring-Programme und Kinderbetreuungsangebote. Solche Forderungen sind in vielen Fällen Ausdruck ernüchternder Erfahrungen der Vergangenheit.

Ein weiteres Thema: Viele Frauen arbeiten noch in der sogenannten klassischen Teilzeit. Die meisten Frauen wünschen sich aber eine Beschäftigung, die nicht in Richtung 20 Stunden geht, sondern eher in Richtung 30 Stunden. Die Rahmenbedingungen zwingen sie aber (noch) zu 20-Stunden-Modellen. Es muss im Sinne jedes Unternehmens sein, die jeweiligen Strukturen zu hinterfragen, wenn diese den jeweiligen Arbeitnehmerinnen und den Unternehmen Potenziale verbauen. Das bedeutet sicherlich in vielen Fällen zuallererst den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung, aber es muss weiter gedacht werden, um mehr Frauen in die Immobilienwirtschaft zu bringen und sie auch zu halten. Und dabei eine hohe Zufriedenheit im Job sicherzustellen.

Mitarbeiterzufriedenheit

Wenn die Personalarbeit nicht an die Ansprüche der Mitarbeiter angepasst ist, steigen die Unzufriedenheit und der Wunsch nach einem Arbeitsplatzwechsel. Es steigen die Krankenstände und die Fehlzeiten, Motivation und Engagement sinken. Die Identifikation des Mitarbeiters mit seinem Unternehmen geht verloren und damit auch ein großer Teil der Wertschöpfungskraft. Das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Die Lösungen jedoch müssen geschlechtsspezifisch unterschiedlich sein, letztlich müssen sie dabei natürlich auch die jeweilige Persönlichkeit berücksichtigen. Es hilft deshalb weder den Unternehmern noch den Beschäftigten, Angebote von der Stange bereitzustellen. Letztendlich erzwingt der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern bei gleichzeitig abnehmender Zahl an Erwerbsfähigen die Unternehmen, für Frauen attraktiver zu werden.

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