Immobilien an der Börse

Wie Immobilienaktien richtig positioniert werden

Anfang 2007 wurden in Immobilienaktien sehr hohe Erwartungen gesetzt. Nachdem sich vor allem deutsche Papiere in den Jahren 2005 und 2006 besser als der Gesamtmarkt entwickelt hatten (Anstieg des europäischen Immobilienindex Epra in den Jahren 2005 und 2006 um 22 Prozent beziehungsweise 46 Prozent und des Epra Deutschland um 38 Prozent respektive 50 Prozent im Vergleich zum Dax-30 mit 27 Prozent und 22 Prozent) war die Kursentwicklung bei Immobilienwerten im Jahr 2007 deutlich negativer als der Gesamtmarkt. Epra sowie Epra Deutschland verzeichneten 2007 Kursrückgänge von 34 beziehungsweise 41 Prozent im Vergleich zu 22 Prozent im Dax-30.

Abschläge auf NAV und weniger Börsengänge

Dies hat vor allem zu einer deutlichen Reduzierung der Bewertung von Immobilienaktien geführt. Nachdem europäische Immobilienaktien zum Zeitpunkt der Höchststände im Februar 2007 bei etwa 30 bis 35 Prozent Prämie zum Nettovermögenswert (Net Asset Value - NAV) gehandelt wurden, sind die Bewertungen derzeit mit einem 15- bis 25-prozentigen Abschlag auf einem signifikant niedrigeren Niveau.

Der Bewertungsrückgang hat sich auch deutlich auf die Anzahl der Börsengänge ausgewirkt. Vor zwölf Monaten lag zum Beispiel für Deutschland die Konsenserwartung bei mindestens zehn Börsengängen bis zum Jahresende 2007 im Zuge der im März 2007 verabschiedeten G-REIT-Gesetzgebung. Tatsächlich war der 412-Millionen-Euro-IPO der Alstria Office REIT-AG vom April 2007 (begleitet durch JPMorgan als alleinigem Konsortialführer) der einzig nennenswerte G-REIT, der seit Verabschiedung der G-REIT-Gesetzgebung erfolgreich an der Frankfurter Wertpapierbörse notiert wurde. Vor diesem Hintergrund ist auch die Frage der zukünftigen erfolgreichen Positionierung von Immobilienaktien zu betrachten. Wie bei anderen Anlageentscheidungen auch, sollten Anleger bei Immobilienaktien ebenfalls grundsätzlich ihre Kauf- und Verkaufsentscheidungen auf der Basis von langfristigen Erfolgsfaktoren treffen.

Neben der Betrachtung langfristiger Erfolgsfaktoren sollte auch die fundamentale Bewertung einen entscheidenden Einfluss auf die Investitionsentscheidung haben. Nach dem Kursrückgang des vergangenen Jahres (Epra minus 34 Prozent, Epra Deutschland minus 41 Prozent im Jahre 2007) scheint seit Jahresanfang eine Bodenbildung stattgefunden zu haben (Epra minus drei Prozent, Epra Deutschland minus zehn Prozent seit Jahresbeginn 2008 im Vergleich zu minus 19 Prozent im Dax-30). Auf Basis des NAV handeln deutsche Immobilienaktien aber weiterhin mit einem Abschlag von um die 20 Prozent.

JP Morgan hat in den vergangenen 15 Monaten als Konsortialführer federführend eine erhebliche Anzahl von Kapitalmarkttransaktionen von Immobilienunternehmen aus Deutschland und Österreich begleitet. Dazu gehörten neben dem bereits erwähnten Börsengang der Alstria Office REIT-AG zum Beispiel die Wandelanleihe für die Immofinanz AG in Höhe von 750 Millionen Euro im Januar 2007, die Wandelanleihe für die IVG Immobilien AG in Höhe von 400 Millionen Euro im Februar 2007, die 414 Millionen Euro Kapitalerhöhung für Conwert Immobilien im April 2007 sowie eine weitere Wandelanleihe in Höhe von 750 Millionen Euro für die Immofinanz AG im November 2007.

Langfristige Erfolgsfaktoren bei Immobilienaktien

Aus den zuvor genannten Transaktionserfahrungen lassen sich die folgenden Erfolgsfaktoren ableiten, die derzeit die Anlageentscheidungen vor allem von institutionellen Investoren in Immobilienaktien entscheidend beeinflussen:

- Mindeststreubesitz/-liquidität: Aufgrund der hohen Volatilität in den Aktienmärkten hat sich in den vergangenen Monaten bei Investoren eine allgemeine Präferenz hin zu sogenannten Large Caps, das heißt Aktien mit hoher Marktkapitalisierung und Liquidität, abgezeichnet. Für Immobilienaktien bedeutet dieses, dass eine Marktkapitalisierung von 500 Millionen US-Dollar von vielen Fondsmanagern generell als Mindestvoraussetzung für ein Investment angesehen wird.

Vor allem auf Immobilienaktien fokussierte institutionelle Investoren (also sogenannte Spezialisten) sind aufgrund der Marktbedingungen der vergangenen Monate, und insbesondere auch durch Mittelabflüsse aus dem verwalteten Fondsvermögen, deutlich selektiver geworden. Von daher ist es gerade in volatilen Aktienphasen für Immobilienunternehmen sehr wichtig, nicht nur auf Immobilienaktien spezialisierte institutionelle Investoren angewiesen zu sein.

- Geografischer Fokus auf eindeutig definierte Immobilienklassen: Internationale institutionelle Investoren bevorzugen Investments in Immobilienaktien mit einem klaren geografischen Fokus (zum Beispiel auf ein Land wie Deutschland) beziehungsweise eine Immobiliengattung (beispielsweise Büro- oder Wohnimmobilien).

Dieser Investmentansatz ist vor allem für Spezialisten sehr wichtig und erlaubt es diesen, das Portfolio ganz gezielt nach ihrer jeweiligen Markteinschätzung zu positionieren. Der Börsengang der Alstria Office REIT-AG wurde mehrheitlich von auf Immobilienaktien spezialisierten Investoren gezeichnet und nur zu einem geringen Teil von Hedgefonds und Kleinanlegern (inklusive sogenannter High Net Worth Individuals). Auch zwölf Monate nach dem Börsengang ist das Handelsvolumen weiterhin sehr stark durch Spezialisten geprägt.

Durch eine gezielte Fokussierung gelingt es dem jeweiligen Management von Immobilienunternehmen, sich glaubhafter als Investment mit lokaler Ma-nagement-Expertise zu positionieren und sich erfolgreich von Immobilienwerten mit einer diversifizierten Unternehmensstrategie (wie zum Beispiel dem Investmentansatz, in mehreren Ländern und/oder mehreren Immobiliengattungen zu investieren) zu differenzieren.

- Etablierte Unternehmen und Manage-ment-Teams: Die derzeit volatilen Finanzmärkte stellen an das Management von Immobilienunternehmen ebenfalls erhöhte Anforderungen. So ist, neben einem umfangreichen Netzwerk sowie detaillierter Kenntnis des lokalen Immobilienmarktes, vor allem Expertise bei dem Umgang mit Investoren und Banken im Rahmen der Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital sowie Erfahrung in der täglichen Investor-Relations-Arbeit mehr denn je gefragt.

Investoren legen daher noch stärker als vor zwölf oder 18 Monaten bei ihren Investitionsentscheidungen Wert auf einen erfolgreichen und langjährigen Track-Record der Geschäftsführung. So werden es zukünftig Management-Teams, die erst kurz vor einem Börsengang "zusammengestellt" wurden, am Kapitalmarkt deutlich schwerer haben.

- Visibilität der zukünftigen Profitabilität: Institutionelle Investoren und Aktienanalysten basieren ihre Bewertungen von Immobilienaktien vor allem auf dem kommunizierten NAV und den Annahmen hinter den jeweiligen Bewertungsgutachten der Immobilienunternehmen. Eine Prämienbewertung zum NAV beziehungsweise zu anderen Vergleichsunternehmen erfordert sowohl eine plausible Wachstumsstrategie als auch ein entsprechendes Marktumfeld und erfahrenes Management. Von daher ist die Visibilität der zukünftigen Profitabilität respektive des NAV ein entscheidendes Kriterium bei der Positionierung von Immobilienunternehmen.

- Qualität des Geschäftsmodells: Investoren bevorzugen bei Immobilienunternehmen ein Management, das Mehrwert generieren kann, und präferieren daher Immobilienaktien mit einem internen (im Vergleich zu einem externen) Ma-nagement-Team. Eine Equity Story, die auf organischem Wachstum basiert (zum Beispiel durch Potenzial bei den Leerstandsraten der Portfolioimmobilien, kurze Laufzeit der Mietverträge) sowie eine Corporate Governance, basierend auf besten internationalen Standards, sind ebenfalls wichtig für eine erfolgreiche Positionierung am Kapitalmarkt.

- Zweck der Mittelverwendung: Im Fall von Börsengängen sind weitere Erfolgsvoraussetzungen zu berücksichtigen. Die Emissionserlöse sollten idealerweise aus der Ausgabe neuer Aktien resultieren und zu einer Finanzierung von Wachstum durch Immobilienkäufe dienen. Schwieriger zu positionieren bei einem Börsengang sind vor allem Platzierungen von Altaktien sowie eine Aufnahme von neuem Kapital ohne einen klar definierten Verwendungszweck (sogenannte Blind Pools).

Wieder Kurspotenziale nach Schwächephase

Nach hohen Erwartungen aufgrund der G-REIT-Gesetzgebung war die Anzahl der Börsengänge von Immobilienunternehmen in den vergangenen zwölf Monaten in Deutschland eher enttäuschend. Mit der Alstria Office REIT-AG ist derzeit nur ein G-REIT mit nennenswerter Marktkapitalisierung an der Frankfurter Börse notiert. Seit Jahresbeginn scheint aber zumindest bei Immobilienaktien eine Bodenbildung stattgefunden zu haben (Kursentwicklung zum Beispiel der Alstria seit Jahresbeginn plus 24 Prozent versus minus 19 Prozent im Dax-30).

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern erscheinen die Bewertungen deutscher Immobilienaktien weiterhin auf einem eher moderaten Niveau. Eine Euphorie durch die Einführung von G-REITs in Deutschland blieb bisher aus. Ausländische institutionelle Investoren sind in deutschen Immobilienaktien zum Teil signifikant investiert, während institutionelle Investoren aus Deutschland respektive Kleinanleger eher unterinvestiert sind.

Bei einem langfristigen Investitionsansatz bieten deutsche Immobilienaktien allerdings derzeit gute Chancen. Investoren sollten aber trotz des im Vergleich vor zwölf Monaten attraktiveren Bewertungsniveaus, wie auch bei anderen Anlageentscheidungen, vor allem auf Basis von langfristigen Erfolgsfaktoren entscheiden.

In Ländern wie zum Beispiel den USA sind REITs mittlerweile seit Jahrzehnten etabliert. Die Erfahrungen aus diesen Ländern zeigen, dass sich fokussierte REITs (beispielsweise mit Schwerpunkt auf Büro- oder Industrieimmobilien) erfolgreich am Kapitalmarkt etabliert haben. Hieraus sowie aus den Aktienplatzierungen der vergangenen zwölf Monate im deutschsprachigen Raum, lassen sich eine Reihe von Erfolgsfaktoren für die Positionierung ableiten.

Abschließend kann festgehalten werden, dass Investoren Immobilienunternehmen mit einer ausreichenden Marktkapitalisierung/Liquidität beziehungsweise einer eindeutigen Fokussierung im Geschäftsmodell bevorzugen. Eine klare Wachstumsstrategie sowie eine hohe Visibilität der Profitabilität und des NAV verkörpert durch ein erfahrenes Management-Team sind weitere Erfolgsfaktoren, die zu einer Differenzierung am Kapitalmarkt und einer damit einhergehenden Prämienbewertung führen sollten.

Jörg Martin , Projektleiter beim Merck Finck Outsourcing-Projekt, Die Software, Ebersberg
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