Expo Real 2006

Messeausgabe 2006 Investmentbanking-Impulse für den deutschen Markt

Real Estate oder Immobilien-Investmentbanking hat in den letzten Jahren die klassische Immobilienfinanzierung nicht ersetzt, jedoch grundlegend verändert. Auch zukünftig wird die traditionelle Kreditfinanzierung von Immobilienobjekten undunternehmen zugunsten einer Kapitalmarktfinanzierung weiter in den Hintergrund treten und um vielfältige Lösungen des Investmentbanking ergänzt werden.

Der Begriff des Real Estate Investmentbanking umfasst nicht nur die Beschaffung von langfristigem Fremd- und Eigenkapital (zum Beispiel Börsengang und Kapitalerhöhungen) für Einzelobjekt- und Portfolio-Transaktionen sowie für Unternehmen. Weitere wichtige Leistungen sind vor allem die gezielte, kundenorientierte Beratung für die Strukturierung von Finanzierungen sowie die Steuerung von Prozessen bei Verkäufen von Immobilien-Portfolien.

Aufschwung am Immobilienmarkt begünstigt Finanzinnovationen

Der Einzug des Real Estate Investmentbanking in Deutschland wurde durch einen Immobilienmarkt beschleunigt, der in den letzten Jahren deutlich an Schwung gewonnen hat. Mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich: Einerseits führten anhaltend niedrige langfristige Zinsen zu einem ausgesprochenen Investitionsappetit vor allem ausländischer Investoren. Gleichzeitig haben Immobilieneigentümer wie die öffentliche Hand und Unternehmen aus den verschiedensten Gründen damit begonnen, sich von ihren wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Immobilienbeständen zu trennen.

Dieser Marktaufschwung wurde begleitet von einer qualitativen Entwicklung: Organisierte Verkaufsauktionen, angelsächsische Bewertungs- und Due-Diligence-Methoden haben zu einer signifikanten Verbesserung der Transparenz und nicht zuletzt der Liquidität des Immobilienmarkts beigetragen. Strukturierte Finanzierungen, einschließlich der Verbriefung von Immobilienkrediten (Commercial Mortgage Backed Securities, CMBS) sowie die zurzeit viel diskutierten Real Estate Investment Trusts (REITs) sind typische Finanzierungs- und Eigenkapitallösungen, anhand derer exemplarisch veranschaulicht werden kann, welche Vorteile und Innovationen das Real Estate Investmentbanking nach Deutschland gebracht hat.

Zunehmende Verfeinerung der Finanzierungstechniken

Finanzierungen für den Ankauf großer Einzelobjekte und Immobilienpakete werden nahezu ausschließlich als so genannte Non-Recourse-Finanzierungen gestaltet. Dabei hat der Kreditgeber keinen Rückgriff auf den Sponsor beziehungsweise Investor. Das Asset selbst stellt die primäre Sicherheit dar. Das Strukturierungs-Know-how der im Im-mobilien-Investmentbanking aktiven Banken erlaubt es, die Ausgestaltung der Ankaufsfinanzierung mit den aus den Immobilien erzielbaren Cash-Flows und dem Businessplan des Investors in Einklang zu bringen.

Während bei der klassischen Immobilienfinanzierung Zinszahlung und Zinssicherung untrennbar miteinander verbunden sind, ermöglichen Zins-Hedging-Instrumente aus dem Investmentbanking die Entkoppelung der beiden Parameter. Beispiele hierfür sind Caps, Swaps und davon abgeleitete komplexere exotische Strukturen.

Mit diesen Instrumenten kann die Zinssicherung ein gestaffeltes Zinsniveau berücksichtigen, sie kann kürzer oder länger als die Kreditlaufzeit sein und sie kann Portfolio(teil)verkäufe berücksichtigen, deren Zeitpunkt und Höhe noch nicht feststehen. Damit bietet sie im Vergleich zu einer Festsatzfinanzierung eine deutlich höhere Flexibilität und Transparenz, da die Gestaltung der Finanzierung üblicherweise auf veröffentlichten Euribor-Zinssätzen basiert.

Ein weiterer zu beobachtender Trend ist die Refinanzierung und Ausplatzierung von Immobilienkrediten auf dem Kapitalmarkt mittels Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS). Während sich Banken in der Vergangenheit eher auf synthetische Verbriefungen konzentrierten, bei denen zur Entlastung des regulatorischen Eigenkapitals nur das Kreditausfallrisiko an den Kapitalmarkt transferiert wird, werden Verbriefungen gewerblicher Immobilienkredite zunehmend auch zu Refinanzierungszwecken genutzt.

Hierbei können zwei Strukturen unterschieden werden: Zum einem bündeln Banken kleinere Kredite auf der eigenen Bilanz zu Paketen, um diese anschließend über eigene, so genannte CMBS-Conduits am Kapitalmarkt zu platzieren. Ein Beispiel hierfür ist die Plattform White Tower der Société Générale in London. Zum anderen findet diese Technik bei großen Einzeltransaktionen - in der Regel über 250 Millionen Euro - Anwendung, bei denen der vorrangige Teil der ausgereichten Kredite über Einzelemissionen am Kapitalmarkt platziert wird.

Die Nutzung von Verbriefungsstrukturen hat zu einer Senkung der Finanzierungskosten vor allem bei moderaten Beleihungsausläufen und Objekten mit stabilen Cash-Flows geführt. Die Investoren profitieren von dieser Senkung der Zinsmarge, die auf die Effizienz der Kapitalmärkte und deren beachtlichen Liquidität zurückzuführen ist. Folglich konnten auf diesem Weg die Ankäufe deutscher Jumbo-Wohnungsportfolien der letzten Jahre kosteneffizient durch Emissionen bisher unüblicher Größenordnung refinanziert werden: Allein bis zu 5,5 Milliarden Euro für das Deutsche Annington-Portfolio (Bahnwohnungen/Viterra), das Anfang August 2006 auf den Markt gebracht wurde.

Großbritannien zieht nach wie vor den Löwenanteil des europäischen CMBS-Marktes an sich, da diese Finanzierungstechnik dort seit Jahren Anwendung findet und sich der rechtliche Rahmen unter anderem durch die dort üblichen langfristigen Mietverträge für Verbriefungen sehr gut eignet. Allerdings holt Deutschland zunehmend auf.

Der Anteil Deutschlands am europäischen CMBS-Markt ist vor allem durch die Transaktionen von Wohnungsportfolios deutlich gestiegen: von 8, 5 Prozent in 2005 auf 31, 9 Prozent in 2006 mit insgesamt rund 12, 1 Milliarden Euro. Dabei nahmen die Transaktionsvolumina - in absoluten Zahlen gerechnet - allein zwischen 2004 und 2005 um mehr als das 14-fache zu und verdreifachten sich nochmals in den ersten drei Quartalen dieses Jahres. Darüber hinaus sind deutsche Immobilien in den jüngsten CMBS-Conduit-Emissionen zunehmend vertreten.

REITs - ein europäisches Erfolgsmodell

Die Diskussionen um die Einführung steuerlich begünstigter Real Estate Investment Trusts in Deutschland ist in vollem Gange. Doch noch immer gibt es keinen offiziellen Gesetzentwurf, sondern lediglich interne Arbeitspapiere des Finanzministeriums. Der Einführung zum 1. Januar 2007 wurde gerade eine Absage erteilt, die mit der langwierigen Diskussion um die Ausgestaltung der deutschen REIT-Strukur begründet wird.

Dabei ist das REIT-Konzept keine neue deutsche Erfindung. Im europäischen Ausland gibt es diese Form der Immobilienkapitalgesellschaft seit Jahren, und die Erfahrungen, die dort gemacht wurden, können wertvolle Anhaltspunkte für die Gestaltung der deutschen Struktur liefern. REITs wurden erstmals in den sechziger Jahren in den USA entwickelt.

In Europa gibt es sie zurzeit in Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden. Spanien und Italien haben REIT-ähnliche Strukturen eingeführt, und auch in Großbritannien sollen in Kürze REITs auf den Markt gebracht werden. Den am weitesten entwickelten Markt und das bei weitem größte Volumen innerhalb Europas kann jedoch Frankreich vorweisen.

Die französische Form des REIT wird als SociÃ(c)tÃ(c) d'Investissement Immobilier Cotée (SIIC) bezeichnet und wurde im Jahre 2003 eingeführt. Französische REITs müssen die folgenden Kriterien erfüllen:

- Börsennotierung an der französischen Euronext;

- Befreiung von der Unternehmenssteuer;

- 85 Prozent der Gewinne müssen ausgeschüttet werden;

- es gilt ein ermäßigter Steuersatz bei der Realisierung stiller Reserven von 16,5 Prozent;

- die Haltefrist für Immobilien beträgt fünf Jahre;

- maximal 20 Prozent des gesamten Immobilienportfolios darf innerhalb eines Jahres veräußert werden.

Das französische Konzept in seiner aktuellen Fassung ist wohl der beste Kompromiss zwischen Investoren, Immobiliengesellschaften und Fiskus. Seit der REIT-Einführung hat interessanterweise vor allem der französische Staat durch den erhöhten Umschlag von Immobilien profitiert.

Wesentliche Einnahmequelle ist hier die so genannte Exit-Tax, das heißt die reduzierte Besteuerung der Immobilien bei Einbringung in einen REIT. Der Verkäufer von Immobilien spart dadurch 50 Prozent der sonst fälligen Kapitalgewinnsteuern - unter der Voraussetzung, dass die veräußerte Immobilie für mindestens fünf Jahre im Besitz des Käufers bleibt.

Diese Steuer ist auch im deutschen Konzept geplant; ihre Bedeutung wird in der aktuellen Debatte jedoch unzureichend berücksichtigt.

Seit Jahrzehnten stecken nämlich in den Bilanzen deutscher Großkonzerne Immobilienvermögen, die erst durch die Einbringung in einen REIT besteuert werden würden und könnten. Eine Verzögerung der Einführung von kapitalmarktgerechten REITs in Deutschland führt daher unweigerlich auch zu Verzögerung von Steuereinahmen - die sonst übrigens überhaupt nicht anfallen würden.

Erst die reduzierte Exit-Tax und die Etablierung eines liquiden Marktes werden auf breiter Front Anreizsysteme für die Unternehmen zum Verkauf ihrer Immobilienportfolios schaffen. Der Staat wird vor allen Dingen durch die reine Größe dieser besteuerten Portfolios profitieren: Allein die Dax-Unternehmen verfügen laut Analystenschätzungen über Immobilien mit einem Wert von weit über 50 Milliarden Euro.

REIT - Nachfrager kommen vor allem aus dem Ausland

Die Einführung von REITs sollte darüber hinaus auch im eigenen Interesse der Bundesregierung liegen: Große staatliche Wohnungsgesellschaften warten auf ihre Privatisierung und ein REIT-Börsengang ist für alle Beteiligten eine attraktive Alternative zum reinen Verkauf. Wichtig in der deutschen Diskussion ist ein Blick über die Grenze allemal. In Frankreich und den Benelux-Ländern hat sich im Laufe der Jahre eine große spezialisierte Investorenbasis gebildet, die sich nur mit Real Estate Investments befasst.

Diese Spezialaktienfonds werden zunächst durch die fehlende deutsche spezialisierte Investorenbasis auch bei deutschen REIT-Börsengängen einen Großteil der Nachfrage stellen. So wird ein vermehrtes Engagement ausländischer Investoren daher nicht nur dem deutschen Finanzplatz, sondern auch der Liquidität und der Performance deutscher Immobilienaktien zugute kommen.

Der Immobilienmarkt und die Immobilienfinanzierung in Deutschland verändern sich - nicht zuletzt aufgrund von Impulsen aus dem Ausland - getrieben durch das Real Estate Investmentbanking. Dies trägt dazu bei, die Bedürfnisse der Kapitalanleger mit denen der Kapitalsuchenden - also den Emittenten von Fremd- und Eigenkapital - besser in Einklang zu bringen und die Effizienz, Transparenz und Liquidität des gesamten Immobilienmarkts zu steigern.

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