Kapitalmarkt

Neue Ratings für Covered Bonds der Ansatz von Fitch

Fitch Ratings hat dieser Tage ein neues Konzept zur Bewertung der
Kreditwürdigkeit von Covered Bonds vorgestellt und Marktteilnehmer zur
Abgabe von Kommentaren aufgefordert. Ein neuer Bestandteil der Analyse
ist der "Discontinuity Factor", der den Einfluss misst, der ein
Ausfall des emittierenden Finanzinstitutes auf deren ausstehenden
Covered Bonds haben dürfte. Damit wird Kreditanalysten eine Antwort
auf die Frage gegeben, wie stark das Rating der Covered Bonds vom
Rating des Finanzinstituts abhängt. Interessierten Marktteilnehmern
steht auf der Website www.fitchratings.com unter dem Sektor Financial
Institutions, Covered Bonds die komplette Studie, in Form eines
Exposure Drafts, zur Verfügung; entsprechende Kommentare sind per
E-Mail cvb. feedback[at]fitchratings[dot] com erbeten.
\
Bestimmungsfaktoren für Continuity Risk
\
Fitch hat vier Kernbereiche identifiziert, die Einfluss darauf haben,
wie - im Falle der Insolvenz des Finanzinstituts - schnell und
problemlos aus dem Deckungsstock Zahlungen an die
Covered-Bonds-Investoren erfolgen können, um einen Zahlungsausfall
dieser Titel zu vermeiden. Grundvoraussetzung ist die sichere
Abtrennung der Deckungsmasse vom Zugriff anderer Gläubiger des
insolventen Emittenten. Entsprechend erhält dieser Bereich die höchste
Gewichtung im Scoring.
\
Der Schutz bevorzugter Rechte der Covered Bonds Investoren ist in der
Regel der Hauptgegenstand der jeweiligen Covered Bonds Gesetze
beziehungsweise der vertraglichen Vereinbarungen (in Ländern ohne
spezielle gesetzliche Grundlagen). Geprüft wird unter anderem durch
Rechtsgutachten die Gültigkeit und Wirksamkeit entsprechender
Klauseln. Wie üblich steckt der Teufel aber im Detail und
Schwierigkeiten liegen oft in der Verfügbarkeit von freiwilliger
Überdeckung, der grenzübergreifenden Anerkennung des Vorranges und den
Kompensationsrechten der zugrunde liegenden Schuldner.
\
Im Falle der Insolvenz des emittierenden Finanzinstituts müssen sich
Covered Bonds Investoren darauf verlassen können, dass ein
Ersatzverwalter (Alternative Manager) für den Deckungsstock und die
Covered Bonds alle nötigen Schritte unternimmt, um die Zahlung von
Zins und Tilgung zu gewährleisten. Verzögerungen bei der Beauftragung
beziehungsweise Einsetzung eines Ersatzverwalters, der die Interessen
der Covered Bonds Investoren wahrzunehmen hat, würden die zeitgerechte
Bedienung be- oder sogar verhindern.
\
Die Verantwortlichkeiten eines Alternative Managers sollten nicht auf
das Servicing (Verwalten) der Deckungswerte begrenzt sein, sondern
auch das Recht zum Verkauf von Aktiva als auch die Aufnahme von
Finanzmitteln - um Zahlungen an Covered-Bond-Gläubiger sicher zu
stellen - beinhalten. In der Praxis wird die Fähigkeit des
Ersatzverwalters, seiner Aufgabe gerecht zu werden, durch die
Organisation der insolventen Bank beschränkt werden. Dazu gehört
beispielsweise das Problem der Identifizierung bestimmter Aktiva,
insbesondere wenn sie sich teilweise in und außerhalb der Deckung
befinden.
\
Von Bedeutung sind auch Liquiditätsinkongruenzen (Liquidity Gaps)
zwischen dem Amortisationsprofil des Deckungsstockes und der Covered
Bonds, die die zeitgerechte Bedienung der Covered-Bond-Gläubiger
beeinträchtigen würden. Auf Systemebene gibt es Beispiele, wie diese
Risiken aus dem Weg geräumt werden (zum Beispiel durch
Pass-Through-Amortisation). Umgekehrt gibt es auch Fälle, in denen die
Weiterführung der Covered Bonds durch die geltenden
Insolvenzvorschriften verhindert werden (wie im Falle einer sofortigen
Fälligkeit von ausstehenden Schuldverschreibungen).
\
Beurteilung der Liquiditätsrisiken
\
Abgesehen von diesen beiden Extrempositionen spielen die
Charakteristika der Deckungswerte eine kritische Rolle in der
Beurteilung der Liquiditätsrisiken unmittelbar nach einer Insolvenz
des Emittenten. In diesem Zusammenhang hängt die pünktliche Bedienung
von gedeckten Verbindlichkeiten davon ab, ob es einen aktiven Markt
für diese Werte gibt. Des Weiteren ist von Bedeutung, ob Ersatzdeckung
in Form von liquiden Titeln zulässig ist, und tatsächlich ausreicht,
um die Liquiditätsinkongruenzen ausgleichen zu können, bevor reguläre
Deckungswerte verkauft werden können.
\
Fitch berücksichtigt bei der Bewertung des Continuity Risk auch die
Funktion und mögliche Einwirkung der nationalen Aufsicht. Hierbei wird
nicht auf die hypothetische Intervention einer Aufsichtsbehörde
spekuliert, die Druck auf andere Banken ausüben könnte, um diese zur
Rettung eines Deckungsstockes und der entsprechenden Covered Bonds
aufzufordern, um damit eine Vertrauenskrise zu vermeiden. Vielmehr
wird die Überwachungsfunktion von Risikofaktoren für Covered Bonds und
die Erfahrung in der Implementierung von Richtlinien zur
Gewährleistung der Sicherheit des Instruments - im Vorfeld einer
Verschlechterung - anerkannt.
\
Jeder der oben aufgeführten vier Faktoren wird im Lichte der
bestehenden rechtlichen, regulatorischen oder vertraglichen
Rahmenbedingungen sowie der Charakteristika des Cover Pools und des
Emittenten bewertet. Das Ergebnis erfolgt in gewichteter Form und wird
in einen so genannten Discontinuity Factor, als Prozentzahl zwischen
null und 100 ausgedrückt. Null Prozent bedeutet hierbei, dass
prinzipiell nichts der Fortführung der Zahlungen an
Covered-Bond-Investoren, im Falle der Insolvenz des Finanzinstituts,
im Wege steht. Dagegen drückt ein Wert von 100 Prozent aus, dass die
Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls bei den Covered Bonds der der Bank
entspricht.
\
Issuer Default und Discontinuity Factor
\
Der Discontinuity Factor zielt darauf ab, die beste zu erreichende
Ausfallwahrscheinlichkeit von Covered Bonds einzuschätzen. Er wird
berechnet aus der Ausfallwahrscheinlichkeit des emittierenden
Finanzinstituts multipliziert mit dem Discontinuity Factor. Zur
Bestimmung der Ausfallwahrscheinlichkeit der Bank zieht Fitch das
langfristige Issuer Default Rating (IDR) auf einer idealisierten
kumulativen Fünfjahres-Default-Kurve heran. Das Ergebnis der Formel
wird zurückübertragen auf die gleiche Kurve, die also nur für
Kalibrierungsgründe verwendet wird.
\
Beispiel: Covered Bonds, begeben von einem "A" gerateten
Finanzinstitut (Fünf-jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit: 0,561 Prozent)
und mit einem Discontinuity Factor von 40 Prozent (basierend sowohl
auf die Rahmenbedingungen als auf die individuellen Eigenschaften des
Emittenten und ihres Deckungsstockes) kann maximal ein "AA" auf Basis
der Ausfallwahrscheinlichkeit erhalten (0,561 Prozent mal 40 Prozent
ist gleich 0,224 Prozent, was auf der
Fünfjahres-Ausfallwahrscheinlichkeitsskala dem für ein "AA"
entsprechenden Wert von 0,203 Prozent am nächsten kommt). Die
nachstehende Matrix-Tabelle zeigt weitere Kombinationen von IDR und
Discontinuity Factors.
\
Allerdings wird den Covered Bonds nicht automatisch die bestmögliche
Ausfallwahrscheinlichkeit zugeteilt. Obwohl Covered Bonds die wichtige
Übergangsperiode - bei der der Deckungsstock die Quelle der Zahlungen
an die Covered-Bond-Gläubiger zu übernehmen hat überleben, könnte die
Überdeckung in einem Amortisierungsszenario unzureichend sein, um auch
die weiteren Zahlungen auf die Covered Bonds sicherzustellen. Um die
Ausfallwahrscheinlichkeit von Covered Bonds zwischen der des
emittierenden Finanzinstituts und dem durch den Discontinuity Factor
indizierten Wert zu positionieren, testet Fitch die Cash-Flows aus dem
Deckungsstock im Vergleich zu den Zahlungsverpflichtungen an die
Covered-Bond-Gläubiger unter Stressannahmen.
\
Sollte die Cash-Flow-Simulation ergeben, dass die Zins- und
Tilgungsverpflichtungen gegenüber den Covered-Bond-Gläubigern nicht -
im Rahmen des angestrebten Stresstestlevels - ausreichen, wird eine
weniger strikte beziehungsweise ausgeprägte Verschlechterung bis hinab
zum Niveau des Emittentenratings des Finanzinstituts modelliert.
\
Drei Faktoren im Cash-Flow-Modell
\
Das Covered-Bond-Cash-Flow-Modell von Fitch Ratings beinhaltet die
folgenden Risikofaktoren: Kreditrisiko der Deckungswerte (insbesondere
Ausfall- und Recovery-Erwartungen), Inkongruenzen zwischen dem
Deckungsstock und den emittierten Covered Bonds (vor allem in Bezug
auf Fälligkeit, Zins und Währungen) und der Kosten eines
Ersatzmanagers. Die Bewertung der Kreditqualität von Cover Assets
führt Fitch auf Basis der bestehenden Methodologien für die Analyse
von Verbriefungstransaktionen vergleichbarer Assetklassen durch.
\
So wird beispielsweise die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Pools von
Hypothekenkrediten an private Schuldner bestimmt durch die
ursprüngliche Beleihungsquote (Loan-to-Value, LTV) - je höher die LTV,
desto höher die Ausfallwahrscheinlichkeit - und Angaben zum
ursprünglichen Verschuldungsgrad des Kreditnehmers (Debt-to-income,
DTI) - je höher der DTI-Ratio, desto höher die
Ausfallwahrscheinlichkeit.
\
Einschätzung der Ausfallraten bei Hypotheken- und Staatsrenditen
\
Die gestressten erwarteten Recovery-Annahmen für einen ausgefallenen
Hypothekenkredit werden anhand der gegenwärtigen LTV und dem
angenommenen Preisverfall des Marktwerts der finanzierten Immobilie
berechnet. Für gewerbliche Hypothekenkredite spiegeln "Debt Service
Coverage"-Ratios die Risikogefährdung des Engagements wider, während
die Verlustschwere nach einem Ausfall eine Funktion der LTV und der
Annahmen bezüglich der Immobilienpreisrückgänge ist.
\
Die Ausfallrate von Krediten an oder Emissionen vom öffentlichen
Sektor hängt von der individuellen Schuldnerkreditqualität, der
Restlaufzeit und den verwendeten Korrelationen ab. Bei den
Recovery-Annahmen werden Schätzungen der Fitch-Analysten aus den
Bereichen Staaten und Sub-Nationals herangezogen.
Laufzeitinkongruenzen zwischen dem Deckungsstock und den Covered Bonds
resultieren generell in einem Stress-Szenario im größten Bedarf an
Überdeckung.
\
Simulation der Deckungsmassen im Insolvenzfall
\
In einer Abwicklungsphase nach dem Ausfall des Emittenten, wenn keine
neuen Werte in Deckung genommen und keine neuen Covered Bonds
emittiert werden, ergäben sich alternative Perioden von
Cash-Überschüssen oder Cash-Unterdeckung. Das Cash-Flow-Modell
simuliert die Anlage von Überschussliquidität zu Sub-Euribor-Sätzen
und die Finanzierung von Cash-Unterdeckung auf Basis einer gestressten
Marge über Euribor.
\
Zusätzlich gilt es zu beachten, dass beim Deckungsstock und den
Covered Bonds die Anteile variabel- und festverzinslicher
Portfolioteile beziehungsweise die Währungen nicht perfekt
übereinstimmen. Die meisten gesetzlichen oder vertraglichen
Rahmenbedingungen lassen das Hedging dieser Marktrisiken mittels
privilegierten Swap-Vereinbarungen zu. Die Fortführung der Zahlungen
an die Swap-Kontrahenten erfolgt in gleicher Weise wie an
Covered-Bond-Investoren, die also über die Insolvenz des Emittenten
hinaus gegen Zins- und Währungsschwankungen geschützt sind. Jede
verbleibende Position wird im Rahmen von Standardannahmen für die
Volatilität variabler Zinsen und Währungskurses, die zum Beispiel für
Verbriefungstransaktionen Anwendung finden, gestresst.
\
Beim Test der Cash-Flows in Bezug auf das angestrebte Rating-Level,
simuliert Fitch den Ausfall des Emittenten zu unterschiedlichen
Zeitpunkten in der Zukunft und extrapoliert das Profil der
Deckungswerte auf diese zukünftigen Daten. Die meisten Emittenten von
Covered Bonds halten eine größere Überdeckung vor, als gesetzlich oder
vertraglich notwendig.
\
Die Investoren sind in unterschiedlichem Umfang gegen eine plötzliche
Reduzierung dieses Sicherheitsinstruments geschützt. Generell ist zu
sagen, dass das Risiko des Abziehens von freiwilliger Überdeckung mit
abnehmender Kreditqualität des Emittenten größer wird.
\
Bewertung der Überdeckung
\
Dementsprechend wird Fitch Ratings bei der Modellierung der Cash-Flows
die verfügbare Überdeckung unterschiedlich berücksichtigen, und zwar
in dieser Reihenfolge: vertraglich vereinbarte oder vom Emittenten
öffentlich zugesagte Überdeckung.
\
In Abwesenheit von solchen Verpflichtungen, wird der niedrigste
Überdeckungsgrad der vergangenen zwölf Monate verwendet, so lange der
Emittent über ein Kurzfristrating von mindestens "F2" verfügt. Für
Emittenten mit einem Kurzfristrating von "F3" oder darunter, setzt
Fitch bei der Analyse nur die rechtliche oder regulatorische
Mindestüberdeckung an.
\
Nachdem die Ausfallwahrscheinlichkeit für die Covered Bonds auf Basis
der IDR des Finanzinstituts, des passenden Discontinuity Factors und
dem Ergebnis der Cash-Flow-Simulation bestimmt wurde, analysiert Fitch
den Einfluss von Recoveries im verbleibenden Deckungsstock, sollten
die Covered Bonds ausfallen. Zu einem Ausfall der Covered Bonds - im
Anschluss an den Ausfall des emittierenden Finanzinstituts könnte es
kommen, wenn der Wert des Deckungstockes unter den Nominalbetrag der
ausstehenden Covered Bonds fiele.
\
Im Einklang zu Fitchs Methodologie für Recovery Ratings (siehe
Tabelle), gibt es die Möglichkeit - im Vergleich zum Rating, welches
sich aus der Ausfallwahrscheinlichkeit ergäbe -, ein höheres oder
niedriges Rating zu erteilen. Die jeweilige Einstufung ergibt sich aus
den erwarteten Recovery-Annahmen. Im Falle eines Defaults der Covered
Bonds, werden die zu erwartenden Recoveries aus dem Pool definiert als
der Barwert der künftigen Cash-Flows in einem Stress-Szenario, das dem
angestrebten Rating (nach der eventuellen Einfügung der Notches
aufgrund der Recoveries) entspricht.
\
Tendenziell besser: Public Sector Covered Bonds
\
Der große Vorteil des Discontinuity Factors liegt in der Klarheit der
Aussage, inwieweit das Rating von Covered Bonds ceteris paribus von
der Ratingherabstufung der Kreditwürdigkeit des Emittenten betroffen
sein wird. Die Spannweite der bisher errechneten Discontinuity Factors
für deutsche Emittenten würde es einem Nicht-Investment-Grade
eingestuften Institut praktisch unmöglich machen, ein "AAA" für die
Pfandbriefe zu erhalten - unabhängig von der bereitgestellten
Überdeckung.
\
Generell schneiden Mortgage Covered Bonds beim Discontinuity Factor
weniger günstig ab als Public Sector Covered Bonds. Diese Titel
profitieren davon, dass die Deckungswerte in der Regel liquider und
einfacher zu verwalten sind. Die meisten von Fitch gerateten Covered
Bonds dürften von den Recovery-Annahmen profitieren, sollten sie nicht
unabhängig davon schon das "AAA" auf Basis der
Ausfallwahrscheinlichkeiten erhalten haben. Nach der Verabschiedung
der neuen Methodologie wird Fitch mit der graduellen Umsetzung
beginnen und mit den Emittenten mit den niedrigsten Ratings starten.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X