Landesbanken im Immobiliengeschäft

Osteuropa - Perspektiven für die Westdeutsche Immobilienbank

Die sogenannten Wachstumsmärkte im Osten, auch gerne als Emerging Markets oder Schwellenländer bezeichnet, unterscheiden sich heute nicht mehr von den westlichen Märkten. Sie sind jedoch besser und aufgrund ihrer hohen Wachstumsraten für bestimmte Investoren auch interessanter.

Wo liegt Osteuropa?

Der Begriff Emerging Markets im Sinne von Wachstumsmärkten ist enger mit den asiatischen Tiger- (Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur) oder Pantherstaaten (Indonesien, Malaysia, Thailand und die Philippinen) verknüpft als mit den osteuropäischen Ländern. Seit deren EU-Beitritt zum 1. Mai 2004 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern) und zum 1. Januar 2007 (Bulgarien und Rumänien) werden diese Länder innerhalb der EU als gleichberechtigte Partner mit teilweise deutlich höherem Wirtschaftswachstum wahrgenommen, daher trifft auch der Begriff "Wachstumsmärkte" den Kern besser als Emerging Markets.

Schwellenländer sind aufkommende, junge Märkte, die meist von einer sehr niedrigen Wirtschaftsleistung kommend eine Entwicklung durchmachen, wie sie viele westliche Staaten Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts ebenfalls erlebt hatten. Ein Wandel vom primären Wirtschaftssektor (Rohstoffgewinnung) hin zu einem Rohstoffe verarbeitenden Land (sekundärer Sektor) und anschließend hin auf den tertiären Sektor (Dienstleistung). Ein solcher Umbau ist meist nur mithilfe eines sehr tiefen Lohnniveaus möglich. Deshalb sind Schwellenländer geprägt durch einen starken Gegensatz zwischen Arm und Reich und anfällig für politische Unsicherheiten. Mit Osteuropa wird allgemein der östliche, Mitteleuropa benachbart gelegene Teil Europas bezeichnet. Während des Kalten Krieges wurden darunter die kommunistischen Länder Europas zusammengefasst. Dies hat sich im Sprachgebrauch so eingebürgert, dass noch heute Polen, Tschechien, und Ungarn meist als "osteuropäische Länder" bezeichnet werden.

Die Strategie der Westdeutschen Immobilienbank AG (Westimmo) fokussiert sich aktuell auf die Beitrittsländer Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien, die im Folgenden unter dem Begriff "Osteuropa" zusammengefasst werden.

Die aktuelle Strategie

Die Westimmo befasste sich zum ersten Mal im Frühjahr 2000 mit dem osteuropäischen Markt, der Schwerpunkt lag dabei auf dem größten Markt, Polen. Die Bank handelte nach der Strategie "mit bestehenden und bekannten Kontakten neue Märkte zu betreten" und folgte so ihren Kunden in die neuen Märkte. Erste Finanzierungen wurden für einen deutschen Kunden genehmigt, wobei aus Risikogründen zunächst keine Projektentwicklungen, sondern nur fertiggestellte und vermietete Objekte als Finanzierungsgegenstand in Betracht kamen. Im nächsten Schritt begleitete die Bank auch neue, internationale Investoren in die jeweiligen Märkte, insbesondere im Bereich von Büroobjekten. Gerade in diesem Sektor lag der Schwerpunkt auf den jeweiligen Hauptstädten, da hier die Nachfrage besonders hoch war, in seltenen Fällen wurden auch Objekte in der Region finanziert.

Im Jahr 2007 erfolgte der nächste Schritt im Markt Osteuropa. Nachdem die Kunden sehr lange durch Mitarbeiter aus der Zentrale in Mainz betreut worden waren, wurde Anfang des Jahres die erste osteuropäische Repräsentanz in Warschau eröffnet. Neben den bestehenden Repräsentanzen in den klassischen westeuropäischen Metropolen wie Paris, Madrid und London bedeutete dies ein klares Bekenntnis zu der Region und ihren Wachstumsaussichten. Es ist aber auch die Erkenntnis, dass ein Land mit einer Einwohnerzahl (38,6 Millionen) ähnlich der von Spanien (40,2 Millionen), einer Fläche (312 685 Quadratkilometer) fast so groß wie Deutschland (357 114 Quadratkilometer) und noch dazu einer der wichtigsten wirtschaftlichen Nachbarn langfristig eine große Rolle nicht nur im Immobiliensektor spielen wird.

Die Mitarbeiter in Warschau kümmern sich um die Betreuung der lokalen Immobilieninvestoren sowie um die mittlerweile zahlreich vorhandenen lokalen Projektentwickler, die ihren Heimatmarkt immer mehr als Osteuropa definieren, inklusive Ländern wie Russland und Ukraine. Dabei sind nicht nur die lokalen Projektentwickler in Polen zunehmend in eine führende Rolle gewachsen, auch in Tschechien oder Ungarn haben sich starke lokale Firmen gegenüber internationalen Projektentwicklern behauptet. Nicht selten suchen sogar große ausländische Investoren den Schulterschluss mit den osteuropäischen Spezialisten, wohlwissend, dass diese über das bessere lokale Know-how und die besseren politischen Kontakte verfügen, die in Osteuropa immer noch eine bedeutende Rolle spielen können. Neue Marktteilnehmer und Kunden der Bank sind aber auch die lokalen Investmentfonds, die teilweise börsennotiert beziehungsweise ähnlich den deutschen Offenen Immobilienfonds gesetzlich aufgestellt sind.

Mit der Eröffnung der Repräsentanz kann der Markt intensiver durchdrungen werden. Sprachliche Barrieren scheiden aus, die Kultur und Denkweise des Kunden werden besser verstanden. Die Beschränkung von Objektfinanzierungen überwiegend auf die Hauptstadt Warschau konnte aufgegeben werden auch, weil der Markt es verlangte. Es gibt keine Unterscheidung mehr in der Finanzierungsstrategie zwischen Märkten wie Frankreich, Spanien oder Großbritannien. Im Gegenteil. Gegenüber den oftmals gesättigten Märkten Westeuropas bietet gerade Polen durch seine Ländergröße sehr viele gute Möglichkeiten für in- und ausländische Immobilieninvestoren und damit auch für Banken: im Bereich Einzelhandelsflächen im gesamten Land, damit verbundenen neuen Logistikzentren, aber auch Büroflächen in den Secondary Cities, das heißt den größeren Städten nach der Hauptstadt Warschau, wie zum Beispiel Lodz (982 508 Einwohner), Krakau (756 336 Einwohner), Breslau (633 950 Einwohner), Posen (564 035 Einwohner) und Danzig (456 103 Einwohner). Bei diesen Angaben handelt es sich nur um die Einwohnerzahl der Städte, das umliegende Einzugsgebiet ist oftmals deutlich größer. Kattowitz hat zwar nur rund 313 461 Einwohner, aber die Region um Kattowitz umfasst mehr als 2,5 Millionen Menschen.

Im Jahr 2008 wurde die Bedeutung Osteuropas als Wachstumsmarkt für die Westimmo durch die Eröffnung einer Repräsentanz in Prag, zuständig für Tschechien und die Slowakei, nochmals hervorgehoben. Nach den sehr positiven Erfahrungen aus Polen und dem damit verbundenen Neugeschäft von rund 400 Millionen Euro im ersten Jahr war die Eröffnung in Prag ein weiterer konsequenter Schritt. Beide Geschäftsstellen werden auch als die ersten Risikomanager der Bank gesehen, da sie viel näher am Marktgeschehen sind und somit aufkommende Trends, Schwierigkeiten in einzelnen Objektarten oder Sättigungstendenzen viel früher erkennen können.

Dynamik in Tschechien, schwieriger Markt Ungarn

Kunden in Ungarn werden momentan durch die WestLB vor Ort beziehungsweise ungarisch sprechenden Mitarbeitern in der Zentrale in Mainz betreut. Obwohl Ungarns Einwohnerzahl ähnlich groß wie die Tschechische Republik ist, liegt das Wirtschaftswachstum deutlich unter dem Niveau von Polen oder Tschechien und auch der Immobilienmarkt weist schwierigere Rahmenbedingungen auf (etwa zwölf Prozent Leerstand im Bürobereich in Budapest gegenüber rund drei Prozent in Warschau). Insbesondere die oben angesprochene Regionalisierung in kleinere Städte findet in Ungarn nur zögernd statt.

Finanziert werden in diesen Ländern alle vier Objektarten (Büro, Einzelhandel, Logistik und Hotels), unabhängig von der Größe der Stadt und auch unabhängig davon, ob es sich um ein fertiggestelltes oder ein noch zu errichtendes Gebäude handelt. Gerade in den regionalen Städten besteht weiterhin ein großer Bedarf an Einzelhandelsflächen und den damit verbundenen Logistikobjekten. Selbst Bürogebäude in ausgewählten kleineren Städten sind in der aktuellen Phase sehr gut zu vermieten. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass in den Hauptstädten nahezu keine Arbeitslosigkeit besteht, Fachkräfte ein echter Mangel sind, es aber in anderen Städten durchaus noch gut ausgebildete Leistungsträger zu geringerem Lohnniveau gibt. Sicherlich muss gerade bei Büroimmobilien immer wieder die Größe der Stadt, die bereits vorhandene Gesamtfläche und die jährliche Neuvermietungsquote beobachtet und als Maßstab herangezogen werden. Die Westimmo hat mit Class-A-Bürogebäuden in regionalen Märkten bisher sehr gute Erfahrungen gemacht.

Im Jahr 2007 konnte die Bank auch den Markteintritt in Rumänien (21,5 Millionen Einwohner) mit einer ersten Portfoliofinanzierung realisieren. Dieser Markt und seine Kunden, ebenso wie der deutlich kleinere Markt in Bulgarien (7,7 Millionen Einwohner), werden momentan noch über die Zentrale in Mainz betreut, wobei die Betreuung für Rumänien auch hier durch rumänisch sprechende Mitarbeiter erfolgt. Bei diesen beiden Märkten handelt es sich um Wachstumsmärkte, das BIP-Wachstum liegt bei 6,2 Prozent jährlich in Bulgarien und 7,7 Prozent per annum in Rumänien, im Immobiliensektor herrscht hier noch eine Knappheit an Class-A-Büroflächen ebenso wie an guten Einzelhandelsflächen.

Zwar sind bereits viele Objekte projektiert, aber die hohen Wachstumsraten und die weiter steigende Kaufkraft lassen einen Einbruch im Immobiliensektor auf absehbare Zeit als unwahrscheinlich erscheinen. Dennoch beschränkt sich die Bank hier zunächst nur auf die Finanzierung von bestehenden und vermieteten Objekten im Bereich Büro, Einzelhandel und Logistik, wobei der Schwerpunkt nicht mehr nur auf der Hauptstadt Bukarest oder Sofia liegen muss. Der Trend hin zu kleineren Städten, der sich in Polen und Tschechien erst langsam herausbildete, wird in den beiden neuen Ländern in einem viel schnelleren Tempo vollzogen.

Die Entwickler haben verstanden, dass das erste Shoppingcenter in Constanta (Rumänien) vielversprechender ist als eines von vielen in Bukarest. Ebenso denken und handeln die internationalen Investoren, die sich nicht vor dem Erwerb von Objekten in solchen Städten scheuen, wo sie sich in den anderen Ländern doch lange sehr schwer taten, in der Region zu investieren. Auch haben die konservativeren internationalen Investoren dieses Mal nicht so lange gezögert, in diese beiden neuen Märkte zu investieren. Man möchte jetzt die zu erwartende Wertsteigerung selbst realisieren und nicht mehr nur die Objekte auf dem Höchststand erwerben und halten.

Somit erlebt Rumänien in gerade einmal etwas mehr als drei Jahren einen Schnelldurchlauf im Immobiliensektor, für den Polen mehr als zehn Jahre benötigt hat. Für die Banken gilt es dabei aber nicht zu vergessen, dass es in Polen eben auch Zeiten gegeben hat, in denen der Leerstand bei etwa 20 Prozent lag (heute 3,2 Prozent) und die Spitzenmiete im Central Business District bei etwa 16 bis 18 Euro pro Quadratmeter (heute bei rund 30 bis 35 Euro pro Quadratmeter).

Perspektiven

Bei den genannten osteuropäischen Ländern handelt es sich um Wachstumsmärkte. Es besteht weiterhin in fast allen Bereichen ein großes Aufholpotenzial und damit sehr gute Perspektiven gegenüber den westlichen Märkten, so auch im Immobiliensektor. Vergleicht man diesen in seiner Struktur, seinen Marktteilnehmern und seinen Objekten, so stellt man sehr schnell fest, dass sich diese nicht mehr so sehr von anderen Immobilienmärkten unterscheiden, nur die Aussichten und die Möglichkeiten sind für Investoren, Entwickler und Banken viel positiver.

Hinzu kommen weitere attraktive Märkte, die vielleicht nicht unbedingt zu Osteuropa zählen, aber sicherlich einen ähnlichen Prozess wie die osteuropäischen Länder durchmachen. Hier sind insbesondere die Türkei mit mehr als 70 Millionen Einwohnern und Russland mit mehr als 142 Millionen Einwohnern zu nennen. Allein Moskau hat mit geschätzten 14 Millionen Einwohnern mehr als die Tschechei und die Slowakei zusammen. Das sind doch Perspektiven.

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