Geschlossene Fonds

Prospektierung geschlossener Fonds - ein Zwischenfazit

Seit dem 1. Juli 2005 gibt es eine Prospektpflicht für geschlossene Fonds. Das Anlegerschutzverbesserungsgesetz, in dem diese Prospektpflicht enthalten ist, wurde vor dem Hintergrund negativer Erfahrungen beschlossen, die nicht wenige Anleger mit geschlossenen Fonds gesammelt hatten.

In den neunziger Jahren war die Mehrzahl der geschlossenen Fonds steuerorientiert. Im Vordergrund stand weniger die Wirtschaftlichkeit der Investition als die Höhe der Verlustzuweisung. Insbesondere das Fördergebietsgesetz mit der Sonderabschreibung für die neuen Bundesländer ermöglichte die Auflage von Fonds mit hohen Verlustzuweisungen. Neben seriösen Marktteilnehmern nutzten auch schwarze Schafe das Zauberwort der "Steuerersparnis", um Anleger für ihre zweifelhaften Angebote zu gewinnen.

BaFin-Prüfung ein stumpfes Schwert

Die Prospektpflicht für geschlossene Fonds richtet sich insbesondere gegen diese schwarzen Schafe. Doch mehr als zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes muss konstatiert werden, dass die nunmehr vorgeschriebene Prüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) keinen Fortschritt für den Anlegerschutz gebracht hat und nur ein stumpfes Schwert gegen unseriöse Angebote ist.

Die BaFin prüft nicht, ob die Angaben in einem Prospekt richtig oder plausibel sind. Es handelt sich um eine rein formelle Prüfung, bei der die BaFin lediglich bestätigt, dass in der Verordnung vorgeschriebene Angaben auch im Prospekt enthalten sind. So sind beispielsweise Risikoangaben im vorderen Prospektteil vorgeschrieben. Ob diese Risikohinweise jedoch vollständig und richtig sind, wird nicht geprüft. Es ist also durchaus möglich, dass der Anbieter eines Fonds zwar eine Liste möglicher Risiken präsentiert, wesentliche Risiken jedoch nicht benennt und dennoch die Erlaubnis zum Vertrieb des Fonds durch die BaFin erhält.

Der Branchendienst "Fondstelegramm" enthält denn auch regelmäßig Besprechungen über Fonds höchst zweifelhafter Anbieter, die stolz auf die BaFin-Gestattung ihrer Prospekte hinweisen oder teilweise sogar auf ihrer Website Links zur BaFin anbringen, um damit Seriosität vorzutäuschen. Bei nicht wenigen Anbietern dieser Art ist der Prospektherausgeber auch nicht etwa der Initiator - wie dies bei seriösen Anbietern der Fall ist -, sondern die Fondsgesellschaft selbst zeichnet als Herausgeber des Prospektes verantwortlich. Wollte der Anleger also wegen fehlerhafter Angaben im Prospekt klagen, dann müsste er sich faktisch selbst verklagen.

Inhaltlich sehr viel umfassender als die Prüfung durch die BaFin ist die Prospektbeurteilung durch einen Wirtschaftsprüfer nach dem Standard IDW S4 des Institutes der Wirtschaftsprüfer. Das IDW hat im Jahr 2006 den bis dahin gültigen Standard angepasst und insbesondere mit den Anforderungen der BaFin-Prüfung harmonisiert.

Die Prospektbeurteilung durch den Wirtschaftsprüfer, die inzwischen von allen seriösen Initiatoren in Auftrag gegeben wird, geht weit über die Prüfung durch die Aufsicht hinaus. Zwar ist es auch nicht die Aufgabe des Wirtschaftsprüfers, ein Urteil darüber abzugeben, ob das Fondsangebot wirtschaftlich sinnvoll ist. Er prüft aber sehr wohl die Plausibilität, Klarheit, innere Widerspruchsfreiheit und rechnerische Richtigkeit der Prospektangaben und lässt sich beispielsweise sämtliche zugrunde liegenden Verträge zur Prüfung vorlegen - was die BaFin nicht tut.

Leistungsbilanzen sind Pflicht

Der aktualisierte IDW S4 sieht auch vor, dass der Prospektherausgeber Leistungsnachweise über in der jüngeren Vergangenheit aufgelegte Fonds darstellen muss. Inzwischen ist es in der Branche ohnehin üblich, dass seriöse Initiatoren sogenannte Leistungsbilanzen vorlegen, in denen sie Rechenschaft über die Entwicklung der in der Vergangenheit aufgelegten Fonds ablegen.

Für die Mitglieder des Verbandes geschlossene Fonds (VGF) sind künftig solche - von einem Wirtschaftsprüfer testierten - Leistungsbilanzen Pflicht. Der Verband hat im Juni 2007 Richtlinien verabschiedet, die solange für die Verbandsmitglieder Gültigkeit haben sollen, bis sich ebenfalls das IDW dieses Themas annimmt und einen verbindlichen Standard für Leistungsbilanzen vorgibt. Leistungsbilanzen sind für die Beurteilung eines Fondsangebotes von erheblicher Bedeutung, weil sie die Prognosegenauigkeit und die Verlässlichkeit eines Initiators dokumentieren.

Eine Leistungsbilanz enthält Vergleiche zwischen den seinerzeit in den Emissionsprospekten in Aussicht gestellten Einnahmen und Ausschüttungen sowie den später tatsächlich erzielten Ergebnissen. Leistungsbilanzen sind also für die Beurteilung eines Initiators durch den Vertrieb beziehungsweise die Anleger von erheblicher Bedeutung.

Kein seriöser Vertrieb wird heute bereit sein, einen Prospekt ohne ein Wirt-schaftsprüfer-Gutachten nach IDW S4 und ohne eine Leistungsbilanz zu vertreiben. Umgekehrt muss jedoch betont werden, dass weder die BaFin-Gestattung noch das Vorliegen eines beanstandungsfreien Wirtschaftsprüfer-Gutachtens oder einer Leistungsbilanz Gewähr dafür bieten, dass es sich bei einem konkreten Fonds um ein wirtschaftlich tragfähiges Angebot handelt.

Zunehmende Bedeutung von Ratings

Zusätzlich zu den Wirtschaftsprüfer-Gutachten haben in den letzten Jahren auch Ratings an Bedeutung gewonnen. Renommierte Ratingagenturen wie etwa Feri Rating & Research nehmen eine inhaltliche Beurteilung von Fondsangeboten aus der Sicht eines Investors vor. In den Ratings werden die Investitionsobjekte, das Management und die Fondskonstruktion unter die Lupe genommen, um am Ende zu einer Aussage über die Qualität des Fondsangebotes zu gelangen.

Trotz der verschiedenen gesetzlich vorgeschriebenen oder freiwilligen Prüfungen und Beurteilungen bleibt es die Verantwortung eines Initiators, ein Fondsangebot so zu konzipieren, dass der Anleger gute Aussichten auf ein erfolgreiches Investment hat. Sieht man von aktuell am Markt angebotenen Fund-in-Fund-Modellen und von Fonds ab, die bewusst im höheren Chancen-Risiko-Segment angesiedelt sind, dann richten sich geschlossene Immobilienfonds traditionell und überwiegend an Anleger, die zwar bereit sind, die Risiken einer unternehmerischen Beteiligung einzugehen, grundsätzlich jedoch eher konservativ ausgerichtet sind. Dem sollten die Initiatoren Rechnung tragen.

Keine waghalsigen steuerlichen Konstruktionen

Konkret heißt dies: Der Initiator sollte zwar beispielsweise steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten - soweit es diese noch gibt - nutzen, jedoch nicht bis an ihre Grenze "austesten" und von waghalsigen steuerlichen Konstruktionen Abstand nehmen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Qualität der von einem Initiator herangezogenen rechtlichen und steuerlichen Berater von großer Bedeutung. Der Initiator sollte Berater verpflichten, die selbst kritisch und konservativ agieren - es ist weder ihm und erst recht nicht dem Anleger geholfen, wenn scheinbar "preisgünstige" Berater aus der zweiten oder dritten Reihe verpflichtet werden, die unkritisch allen Wünschen eines Initiators folgen.

Bei der Konzeption eines Fonds gibt es zahlreiche sogenannte Stellschrauben, die darüber entscheiden, wie realitätsnah die im Prospekt dargestellten Prognosen sind. Der Initiator sollte sich nicht dazu verleiten lassen, an diesen Stellschrauben zu "drehen", nur um aus vertrieblichen Gründen gewünschte höhere Ausschüttungen darstellen zu können.

Eine beliebte Stellschraube war in der Vergangenheit insbesondere die Annahme über die künftige Inflationsrate. Da Mietpreise von Gewerbeimmobilien in der Regel durch Wertsicherungsklauseln im Mietvertrag an die Entwicklung der Inflationsrate gekoppelt sind, ist die Annahme der künftigen Inflationsrate von hoher Bedeutung für die Prognose künftiger Ausschüttungen sowie auch der Gesamtrendite des Angebotes. Obwohl die aktuelle Inflationsrate über 2,5 Prozent liegt, hat die Hannover Leasing bei ihren in der jüngeren Vergangenheit aufgelegten Fonds lediglich mit einer Geldentwertungsrate zwischen 1,5 und zwei Prozent kalkuliert.

Verkaufsfaktor

Aktuell von großer Bedeutung für eine konservative Prospektierung ist die Annahme des Verkaufsfaktors beim geplanten Verkauf der Immobilie. Wird ein hoher Verkaufsfaktor prognostiziert, dann beeinflusst dies die Gesamtrendite erheblich. Initiatoren sollten jedoch gerade unter den aktuellen Marktbedingungen in dieser Hinsicht vorsichtig sein. Oftmals heißt es, es sei ausreichend vorsichtig, einen Verkaufsfaktor in der Höhe des Einkaufsfaktors zu unterstellen.

Bei den heutigen Marktbedingungen, wo die Renditen weit unter dem historischen Durchschnitt liegen, erscheint es uns jedoch angemessener, beim Exit-Szenario einen Verkaufsfaktor zugrunde zu legen, der mindestens eine bis drei Jahresmieten unter dem Einkaufsfaktor liegt. Sollte es doch möglich sein, die Immobilie später zu einem höheren Faktor zu verkaufen, dann ist dies umso besser - aber der Initiator sollte nie den "Best Case" seiner Prospektprognose zugrunde legen.

Ähnlich verhält es sich mit den Finanzierungskonditionen sowie den Annahmen über die Anschlussfinanzierung, die die Prognoserechnung ebenfalls maßgeblich beeinflussen. Zunächst halten wir es aus Sicht eines konservativen Anlegers grundsätzlich für richtig, eine Zinsbindung zu vereinbaren, die nicht unter zehn Jahren liegen sollte. Bei dem aktuellen Fondsangebot "Substanzwerte Deutschland 3" wurde die Zinsbindung sogar über 30 Jahre vereinbart - ebenso lange wie der Mietvertrag mit dem Landkreis Offenbach läuft.

Werden kürzere Zinsbindungen vereinbart, so stellt sich für die Prognose stets die Frage, welche Annahmen über die Anschlussfinanzierung nach dem Auslaufen der Zinsbindung unterstellt werden sollten. Insbesondere in Zeiten sehr niedriger Zinsen sollte der Initiator nicht der Versuchung erliegen, für die Zukunft ähnlich niedrige Zinsen zu unterstellen, nur um damit dann im Prospekt höhere Ausschüttungen darstellen zu können. Widersprüchlich wäre es auch, von einer relativ hohen Inflationsrate auszugehen, ohne auch für die Anschlussfinanzierung einen höheren Zinssatz anzunehmen. Beide Größen korrelieren miteinander, und das muss auch in der Prognoserechnung berücksichtigt werden.

Anschlussfinanzierung

Insgesamt gilt hier ähnliches, was für die Annahmen über die Inflationsraten und über den Verkaufsfaktor gesagt wurde: Sollten die Zinsen später tatsächlich niedrig sein, dann ist das umso besser, in diesem Fall kann der Fonds mehr ausschütten als prognostiziert. Der Initiator sollte jedoch nicht mit zu optimistischen Annahmen rechnen und im übrigen niemals einen Fonds so konzipieren, dass für den Anleger die Rechnung nur dann aufgeht, wenn alle Zukunftsannahmen genauso eintreten wie im Prospekt prognostiziert. "Das einzig Vorhersehbare ist das Unvorhersehbare", hat schon Goethe gesagt, und ein Initiator, der Annahmen über wirtschaftliche Entwicklungen in den nächsten zehn oder gar zwanzig Jahren trifft, sollte dies nie vergessen.

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