Bausparen und Bausparkassen 2009

Prozessgestaltung bei Wohn-Riester-Produkten

Im Jahr 2008 stellte die Politik das Signal für die staatliche Förderung des selbst genutzten Wohneigentums wieder auf Grün: Mit der Verabschiedung des Eigenheim-Rentengesetzes wurde die Wohnimmobilie in die bestehende Al-tersvorsorge-Förderung integriert (sogenannter Wohn-Riester). Damit ist der neue Wohn-Riester die einzige Altersvorsorge, die man schon vor dem Ruhestand genießen kann. Denn Kunden, die ihren Traum von den eigenen vier Wänden heute oder zukünftig verwirklichen möchten, können Zulagen und gegebenenfalls Steuervorteile sowohl für Einzahlungen auf Sparverträge als auch für Tilgungsleistungen auf Darlehensverträge erhalten.

Bei einem Riester-Bausparvertrag werden diese Vorteile idealerweise zusammengeführt. Weil das Eigenheimrentengesetz keine Einkommensgrenzen kennt, können auch Besserverdienende von dieser Förderung profitieren. Die LBS Westdeutsche Landesbausparkasse (LBS West) hat bereits sehr frühzeitig die erforderlichen Weichenstellungen vorgenommen, um das neue Riester-Bausparen und die neue Förderung in den Mittelpunkt ihrer Marktaktivitäten zu rücken.

Bausparen bleibt Bausparen

Parallel zum Gesetzgebungsverfahren erarbeitete die LBS West ihr neues Ries-ter-Produktangebot, das von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigt und zertifiziert werden musste. Leitlinie war dabei: Bausparen bleibt Bausparen. Mit den neuen LBS-Riester-Produkten ging daher eine Tarifgeneration an den Start, die sich nur in wenigen Nuancen von den bekannten Classic-Finanzierungstarifen der LBS West unterscheidet. Denn wer "wohnriestert", hat eine Immobilien-Finanzierung vor Augen. Neben dem Angebot für Neukunden wurden für Bestandskunden Möglichkeiten geschaffen, Darlehen, die aus angesparten Bausparverträgen entstehen, bei der Tilgungsförderung zu berücksichtigen. Bei einem sofortigen Finanzierungsbedarf erhält der Kunde dagegen einen maßgeschneiderten LBS-Riester-Vorfinanzierungskredit.

Ebenso kann der Verbundpartner Sparkasse ein Sparkassen-Riester-Vorfinanzierungsdarlehen anbieten, das wiederum mit einem LBS-Riester-Bausparvertrag unterlegt ist. Hier übernimmt die LBS ebenfalls die Rolle des Anbieters für das zertifizierte Riester-Produkt und trägt die Verantwortung für die riesterspezifischen Prozesse. Die LBS ermöglicht so den Sparkassen, auf das Angebot eines eigenen Wohn-Riester-Produktes zu verzichten.

Auch wenn die neuen LBS-Riester-Produkte den bekannten Tarifen sehr ähneln, so haben diese Neuerungen doch massive Auswirkungen auf die Prozesslandschaft: Bearbeitungs- und die damit eng verbundenen IT-Prozesse wurden vor neue Herausforderungen gestellt und verlangten nach Lösungen in einem kurzen Zeitrahmen. Aber auch die Vertriebs- und dabei insbesondere die Beratungsprozesse mussten kurzfristig auf die neuen Produkte ausgerichtet werden.

Prozessaufgaben von ZfA und Anbietern

Die mit der neuen Eigenheim-Förderung verbundenen Aufgaben hat der Gesetzgeber auf staatlicher Seite der Deutschen Rentenversicherung Bund als "Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen" (ZfA) übertragen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um:

- Jährlich wiederkehrende Feststellung des Zulagenanspruchs.

- Berechnung und Auszahlung der Zulage. Die Auszahlung der Zulage erfolgt an den Anbieter und wird auf dem Riester-Vertrag des Zulageberechtigten verbucht.

- Eventuelle Rückabwicklung zu Unrecht gezahlter Zulagen.

- Steuerung des Verfahrens bei Verwendung von Kapital aus einem Altersvorsorgevertrag zum Erwerb oder zur Herstellung von selbst genutztem Wohneigentum.

- Datenabgleich mit dem Rentenversicherungsträger, den Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit, den zuständigen Besoldungsstellen und den Finanzämtern zur Überprüfung der gezahlten Zulage.

Auch beim Wohn-Riester muss sichergestellt sein, dass es für die steuerliche Förderung des Berechtigten in der Ansparphase zu einer nachgelagerten Besteuerung in der Auszahlungsphase kommt. Die Grundlage dafür bietet das neu eingeführte Wohnförderkonto. Dabei handelt es sich um einen Wertespeicher, in dem alle Wohn-Riester-Beträge (geförderte Sparbeträge nach Auszahlung beziehungsweise bei Rückführung des Vorfinanzierungskredites, Zulagen, Zinserträge auf gefördertes Kapital und geförderte Tilgungsleistungen) addiert und mit zwei Prozent jährlich als Entgelt für die unmittelbare Nutzung des Altersvorsorgevermögens verzinst werden.

Der Saldo des Wohnförderkontos ist Basis für die nachgelagerte Besteuerung und wird einmalig (mit einem 30-Pro-zent-Abschlag) oder in gleichmäßigen jährlichen Teilbeträgen bis zur Vollendung des 85. Lebensjahres mit dem persönlichen Steuersatz des Bausparers im Rentenalter versteuert.

Aufgabe eines jeden Anbieters von Wohn-Riester-Produkten ist es, die Zulagenabwicklung mit der ZfA (mit umfangreichen elektronischen Meldeprozeduren) sowie die Führung des Wohnförderkontos darzustellen. Dazu gehören unter anderem auch

- die Abwicklung der Beantragung der jährlichen Altersvorsorgezulage für den Kunden,

- die Erstellung verschiedener Steuer-Bescheinigungen (insbesondere der Bescheinigung über geleistete Altersvorsorgebeiträge für das Finanzamt sowie der Bescheinigung über geleistete Beiträge und geflossene Zulagen für die Unterlagen des Kunden),

- die Bearbeitung von Anbieterwechseln und von schädlichen Verwendungen,

- die Darstellung der Entnahme des Al-tersvorsorge-Eigenheimbetrages im Rahmen von Auszahlungen bei Zuteilungen oder Kündigungen. LBS-Gruppe mit gemeinsamem

Outsourcing-Partner

Für die LBS West stellte sich die Frage, ob diese Leistungen selbst umgesetzt oder ob diese Aufgaben auf einen Dienstleister übertragen werden sollten. Zur Verringerung der Risiken beim angestrebten schnellen Markteintritt sowie zur Entlastung der knappen IT-Ressourcen fiel die Entscheidung, die Prozessunterstützung eines in der Ries-ter-Thematik erfahrenen Unternehmens zu suchen. Daher wurde die Firma Arvato Direct Services Wilhelmshaven GmbH, ein Unternehmen des Bertelsmann-Konzerns, beauftragt, ein IT-System für die Zulagenabwicklung bereitzustellen sowie die Zulagenverwaltung und die Führung der Wohnförderkonten einschließlich der Kommunikation mit dem Bausparer und der ZfA zu übernehmen.

Diese Beauftragung wurde von allen zehn Landesbausparkassen gleichermaßen vorgenommen, sodass die LBS-Gruppe sich eines gemeinsamen Outsourcing-Partners bedient. Die sich daraus ergebenden Synergieeffekte kommen allen Landesbausparkassen zugute. Ein Anwenderkreis, in dem alle Landesbausparkassen sowie Arvato vertreten sind, stellt die Kommunikation zwischen den einzelnen Landesbausparkassen und Arvato sicher, erfasst und bündelt die Interessen der Landesbausparkassen zu einer Meinung und ermöglicht so ein gemeinsames Vorgehen.

Unter anderem ist der Anwenderkreis auch für die Überwachung der Einhaltung der vereinbarten Service Level Agreements sowie der Datenschutz- und Datensicherheitsanforderungen durch Arvato zuständig. Jedes Institut kann auf dieser Basis ergänzt um eigene Maßnahmen den einschlägigen Anforderungen des KWG beziehungsweise der MaRisk bei einer wesentlichen Auslagerung Rechnung tragen. Auch außerhalb der Sitzungen des Anwenderkreises findet eine enge Kommunikation zwischen Arvato und den einzelnen Landesbausparkassen statt. Nur so ist sicherzustellen, dass die Abwicklung für alle Beteiligten optimal und schnell erfolgen kann.

Einfache Prozesse für den Riester-Bausparer

Für den Riester-Bausparer ergibt sich trotz der Auslagerung kein spürbarer Bruch. So fungiert Arvato im brieflichen und telefonischen Kontakt zum Kunden als "Zulagenstelle der Landesbausparkassen". Kunden der LBS West, die im Zusammenhang mit der Zulagenbeantragung eine Frage haben, wählen eine angegebene Telefonnummer der LBS West und werden automatisch ohne Unterbrechung in das Service-Center von Arvato weitergeleitet.

Die LBS West hat das Ziel, den Prozess der Zulagenbeantragung für den Kunden so einfach wie möglich zu gestalten. So werden bereits zum Zeitpunkt des Antragsabschlusses im Beratungsgespräch die für die Beantragung der Zulage erforderlichen Daten einschließlich eventueller Kinderdaten formularmäßig erhoben. Diese Formulare werden von Arvato zeitnah erfasst, sodass der zu stellende Zulagenantrag in der Regel bereits alle Daten enthält.

In Verbindung mit der bei Vertragsabschluss ebenfalls vom Kunden eingeholten Vollmacht zur jährlichen Beantragung der Altersvorsorgezulage durch die LBS kann der gesamte Prozess regelmäßig ohne weitere Aktivitäten des Bausparers - bis auf die Mitteilung eventuell eingetretener Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen - jährlich automatisch ablaufen. Dies bringt nicht nur für den Kunden eine Entlastung, sondern führt auch zu einer standardisierten und damit kostengünstigen Prozessabwicklung.

Die Einbeziehung von Arvato löst aber nicht alle Fragestellungen für die LBS West. Umfangreiche Anpassungen des eigenen IT-gestützten Bearbeitungssystems mussten und müssen noch vorgenommen werden (zum Beispiel Einbindung der neuen Riester-Tarife in die bestehenden Prozessabläufe im Spar- und Kreditbereich, Schaffung von Schnittstellen zu den Arvato-Systemen, Entwicklung von Beratungsmodulen). Ein weiteres besonderes Augenmerk liegt auf dem Aufbau von umfangreichem Riester-Wissen, um der hohen Beratungsintensität der Riester-Produkte gerecht zu werden.

Dazu wurde im Bearbeitungsbereich ein Riester-Kompetenzteam gebildet, das - unterstützt durch eine selbst entwickelte Wissensdatenbank - Anlaufstelle für alle Fragen rund um Riester für die Bereiche des Hauses, den Außendienst, die Sparkassen und die Bausparkunden ist. Intensive Riester-Verkaufsschulungen in den Vertriebsbereichen ergänzt durch Werbemittel und sonstige Verkaufsförderungsaktionen runden die Aktivitäten der LBS West als neuen Ries-ter-Anbieters ab.

Weitere Prozessaufgaben für die LBS West

Die Entwicklungen zu diesem neuen komplexen Thema sind noch nicht abgeschlossen. In den nächsten Monaten werden weitere zurzeit noch manuell vorzunehmende Bearbeitungsschritte technisch umgesetzt (zum Beispiel die Bearbeitung von Anbieterwechseln). Auch sind die Prozessschritte bei der ZfA gerade für die Zulagenverfahren bei Riester-Darlehen noch nicht abschließend definiert, sodass von dieser Seite weitere Vorgaben für die Kommunikationsprozesse von und zur ZfA erwartet werden.

Die LBS West hat mit dem engagierten Einstieg in das geförderte Riester-Bausparen die Weichen für ein neues Bausparzeitalter gestellt. Der Markterfolg im Jahr 2008 mit 25 000 abgeschlossenen Riester-Bausparverträgen machte die LBS West auf Anhieb zum branchenweiten Marktführer in diesem neuen Altersvorsorgesegment. Dies gelang nicht zuletzt durch eine effiziente Prozessgestaltung der LBS West bei ihren Wohn-Riester-Produkten.

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