MIPIM Special

REITs und Offene Immobilienfonds im internationalen Kontext

Ein wesentliches Argument in der Diskussion um die Einführung von Real Estate Investment Trusts (REITs) in Deutschland war und ist, dass es sich dabei um ein international übliches und etabliertes Investmentvehikel handelt. International agierenden Investoren, so heißt es, seien REITs aus ihren Heimatmärkten vertraut, und zudem seien sie sukzessive in immer mehr Ländern eingeführt worden. Dies ist alles zweifellos richtig. Doch handelt es sich dabei keineswegs um eine Einbahnstraße. Vielmehr verfügt Deutschland mit den Offenen Immobilienfonds ebenfalls über ein seit Jahrzehnten etabliertes Vehikel der indirekten Immobilienanlage, das wegen seiner spezifischen Vorteile zunehmend auch in anderen Ländern auf Interesse stößt.

Offene Immobilienfonds das deutsche Schwergewicht

Die gelegentlich diskutierte Frage, ob der Markt langfristig sowohl den Offenen Immobilienfonds als auch REITs hinreichend Platz biete, um nebeneinander bestehen zu können, trifft daher nicht den Kern der Sache. Denn ein Blick auf die Entwicklung in anderen Ländern zeigt, dass sich REITs und Offene Immobilienfonds keineswegs ausschließen und dass auch nicht von einer Ablösung des einen Produkts durch das andere auszugehen ist. Warum dies so ist, wird spätestens dann deutlich, wenn man die spezifischen Positionierungsmerkmale beider Produktkategorien sowie ihre jeweiligen Zielgruppen und deren Erwartungen miteinander vergleicht.

Heute bilden die Offenen Immobilienfonds ein Schwergewicht unter den großen institutionellen Immobilieninvestoren in Deutschland. Ihr Anteil an den etwa 300 Milliarden Euro Gesamtvolumen der indirekten Immobilienanlagen in Deutschland beträgt rund 30 Prozent. Insbesondere seit den neunziger Jahren hat das Marktsegment der Offenen Immobilienfonds erheblich an Bedeutung gewonnen.

Gab es 1959 erst einen einzigen Fonds mit einem Volumen von umgerechnet rund sieben Millionen Euro, so waren es im Jahr 2000 bereits 19 Fonds mit einem Gesamtvolumen von 47,9 Milliarden Euro. Per Ende 2006 wies die Fondsstatistik des BVI Bundesverbandes Investment und Asset Management e.V.39 Offene Immobilienfonds mit einem Volumen von insgesamt gut 75,5 Milliarden Euro aus.

Vor allem bei privaten Anlegern haben sich Offene Immobilienfonds seit nunmehr fast einem halben Jahrhundert als wertstabile Anlageform etabliert. In den vergangenen zehn Jahren lagen die Renditen der Fonds um bis zu vier Prozentpunkte - und in keinem Jahr weniger als einen halben Prozentpunkt - über der Inflationsrate. Das bedeutet, dass Anleger mit dieser Produktkategorie kontinuierlich reale Wertzuwächse erzielen konnten.

Auch dank der geringen Renditeschwankungen konnten sich die Offenen Immobilienfonds als sicherheitsorientierte Asset-Klasse etablieren. Mit einer durchschnittlichen Volatilität, die nur knapp oberhalb von Geldmarktfonds und deutlich unterhalb von festverzinslichen Anleihen und Rentenfonds liegt, stehen die Grundstückimmobilienfonds vor allem für Stabilität. Dass die Korrelation zum Börsengeschehen sogar leicht negativ ist, wird von vielen Anlegern hingegen sehr positiv gesehen: Die Offenen Immobilienfonds eignen sich als stabiles Fundament im Wertpapierdepot, da sie praktisch keinerlei Börsenrisiken aufweisen.

Stabilität geht vor Rendite

Vergleicht man die Renditen Offener Immobilienfonds mit denen anderer Anlageformen, dann ist die oftmals weitgehende Steuerfreiheit der Ausschüttungen zu berücksichtigen. So können bei im Privatvermögen gehaltenen Fondsanteilen durchaus mehr als 70 Prozent der an die Anleger gezahlten Ausschüttungen einkommensteuerfrei sein.

Damit sprechen Offene Immobilienfonds vor allem solche Anleger an, die primär auf Sicherheit und langfristige Wertstabilität bei attraktiver Nachsteuerrendite setzen. Dies sind mehrheitlich Privatanleger, die die Fonds beispielsweise zum Vermögensaufbau oder für ihre Altersvorsorge nutzen wollen. Befragungen haben ergeben, dass Sicherheit für die Anleger Offener Immobilienfonds einen deutlich höheren Stellenwert hat als etwa die Höhe der erzielten Rendite.

Eine Auswertung der Depotgrößenklassen des Hausinvest Europa, mit einem Fondsvolumen von rund 8,2 Milliarden Euro Marktführer unter den Offenen Fonds, belegt die vorrangige Fokussierung auf private Anleger. Sie machen einen Anteil von über 90 Prozent aus.

International wachsendes Interesse

Dass Offene Immobilienfonds ein attraktives Produkt zur indirekten Immobilienanlage sind, zeigt auch die Entwicklung in anderen europäischen Ländern. Über lange Zeit hinweg war die Schweiz neben Deutschland das einzige Land, das diese Anlageform kannte. Doch in den vergangenen Jahren haben mit Österreich (2003) sowie Frankreich und Tschechien (beide 2006) bereits drei weitere europäische Länder Offene Immobilienfonds eingeführt.

Bemerkenswert ist dabei vor allem die Entwicklung in Frankreich. Hier folgte die Einführung der den Offenen Immobilienfonds vergleichbaren Opci (Organisme de Placement Collectif Immobilier) zum 1. Januar 2006 mit nur wenigen Jahren Abstand zu den Siic (Société d'Investissement Immobilier CotÃ(c)e), mit denen 2003 bereits ein französisches Pendant zu REITs geschaffen worden war. Offenbar wird hier also sowohl für das eine als auch für das andere Investmentvehikel ein entsprechendes Potenzial gesehen.

Erfahrungen aus den USA

Für eine Analyse der wesentlichen Merkmale und Zielgruppen von REITs empfiehlt sich vor allem ein Blick auf die USA, wo sich im Laufe von mehr als vier Jahrzehnten der weltweit umfangreichste REIT-Markt entwickelt hat. Auch wenn die Rahmenbedingungen in vielen Punkten unterschiedlich sein mögen, lassen sich daraus doch einige Schlussfolgerungen bezüglich der Rolle ziehen, die REITs nach ihrer Einführung auch in Deutschland spielen dürften.

Bei der Einführung von REITs mit dem Real Estate Investment Trust Act im Jahre 1960 verfolgte man in den USA vor allem das Ziel, ein speziell für Privatanleger geeignetes Investitionsvehikel zu etablieren. Die Einführung der UPREIT-Struktur und die Möglichkeit, Immobilien steuerbegünstigt in REITs einzubringen, haben dem Marktsegment seit 1992 wesentliche Wachstumsimpulse verliehen. Im Jahr 2006 erreichte die Marktkapitalisierung der REITs in den USA insgesamt rund 400 Milliarden US-Dollar. Anders als ursprünglich gedacht, haben sich die REITs in den USA jedoch vorrangig zu einem wichtigen Investmentvehikel für institutionelle Anleger entwickelt, während der Anteil privater Investoren weniger als 20 Prozent beträgt.

Investoren, die sich an US-REITs beteiligen, schätzen diese Anlageform vor allem wegen der im Vergleich zu anderen Aktien meist höheren Renditen bei gleichzeitig geringerer Volatilität. Doch wenngleich die Volatilität eines REITs für eine Aktienanlage relativ gering sein mag, liegt sie dennoch deutlich höher als bei Renten- oder Geldmarktanlagen - und im Übrigen auch deutlich höher als bei Offenen Immobilienfonds.

REIT-Strukturen weltweit auf dem Vormarsch

Hinsichtlich ihrer Investitionsschwerpunkte fokussieren sich REITs in den USA überwiegend auf bestimmte Regionen. So investieren die Top 11 unter den im S&P 500 vertretenen US-REITs zu fast zwei Dritteln (64 Prozent) selektiv im Inland, während selektive Investments im In- und Ausland sowie weltweite Investments nur 27 Prozent beziehungsweise neun Prozent ausmachen. Hinzu kommt typischerweise eine starke Spezialisierung auf bestimmte Immobilienmarktsektoren oder Immobiliennutzungsarten, wobei ein breites Spektrum bis hin zu unterschiedlichen Spezial- und Betreiberimmobilien abgedeckt wird.

Bemerkenswert ist, dass Wohnimmobili-en-REITs mit 19 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung einen sehr hohen Anteil stellen, ebenso wie auch Büro-REITs mit 17 Prozent. Besonders aktiv sind REITs auch im Bereich des Einzelhandels; Regional Malls und Shopping Malls erreichen Anteile von 13 beziehungsweise zwölf Prozent. Im Vergleich dazu sind europäische Immobilienaktiengesellschaften derzeit noch wesentlich breiter diversifiziert.

Wegen ihrer spezifischen, von zahlreichen Investoren geschätzten Vorteile haben sich REITs und vergleichbare Strukturen in den vergangenen Jahren in zahlreichen weiteren Ländern etabliert. So gibt es REITs heute bereits in 19 Ländern; darüber hinaus wurden in fünf Staaten REIT-ähnliche Strukturen eingeführt. Für 2007 steht die Einführung von REITs in vier weiteren Ländern - Großbritannien, Deutschland, Finnland und Indien - auf der Agenda.

Dass der überwiegende Teil der Länder, in denen heute REITs oder vergleichbare Investmentvehikel zur Verfügung stehen, sich in der jüngeren Vergangenheit seit Mitte der neunziger Jahre dafür entschieden hat, dürfte maßgeblich durch das starke Wachstum des REIT-Marktes in den USA im selben Zeitraum zu erklären sein.

Auch wenn die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Detail durchaus unterschiedlich gestaltet wurden, stimmen sie doch in den wesentlichen Punkten überein.

So wird typischerweise verlangt, dass das Vermögen von REITs zum überwiegenden Teil in Immobilien zu investieren ist beziehungsweise dass die Erträge überwiegend aus der Bewirtschaftung von Immobilien stammen müssen. Zudem ist regelmäßig ein hoher Anteil der erzielten Gewinne an die Aktionäre auszuschütten. Bei Erfüllung der vorgeschriebenen Kriterien werden die betreffenden Unternehmen dann in der Regel auf der Gesellschaftsebene nicht besteuert.

Kaum Substitutionseffekte zu erwarten

Generell ist also festzustellen, dass sowohl REITs als auch Offene Immobilienfonds international auf dem Vormarsch sind, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Dabei ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anzunehmen, dass es in Ländern, die beide Produktkategorien eingeführt haben, zu nennenswerten Substitutionseffekten kommen wird.

Denn wegen der erheblichen Unterschiede bei wesentlichen Produktmerkmalen und dem Chancen-Risiken-Profil darf als sicher gelten, dass beide Produktkategorien auch künftig von unterschiedlichen Investoren-Zielgruppen nachgefragt und kaum als unmittelbare Alternativen wahrgenommen werden.

Für den Erfolg beider Produktkategorien in Deutschland wird letztlich vor allem entscheidend sein, inwieweit es gelingt, den spezifischen Anforderungen und Erwartungen der jeweiligen Investoren-Zielgruppe gerecht zu werden und dies auch klar zu kommunizieren. Der Erfolg der jeweils anderen Produktkategorie dürfte dagegen eine deutlich geringere Rolle für das Wachstum beider Märkte spielen, als mitunter im Vorfeld angenommen worden ist.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X